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Bereits zu Lebzeiten war Maria Theresia Paradis (1759–1824) eine berühmte Pianistin, Komponistin und Sängerin. Ihr musikalisches Talent gleichermaßen wie ihre außergewöhnliche Persönlichkeit wurden von Haydn, Mozart und Salieri, aber auch von Pfeffel, Klopstock und Bürger bewundert. In frühester Kindheit erhielt das hochbegabte, im Alter von drei Jahren erblindete Mädchen eine profunde Musik-ausbildung. Schon mit ihren ersten öffentlichen Auftritten in Wien erwarb sie sich die Gunst des Publikums, insbesondere der Kaiserin Maria Theresia. Doch auch in anderen Städten feierte sie während einer…mehr

Produktbeschreibung
Bereits zu Lebzeiten war Maria Theresia Paradis (1759–1824) eine berühmte Pianistin, Komponistin und Sängerin. Ihr musikalisches Talent gleichermaßen wie ihre außergewöhnliche Persönlichkeit wurden von Haydn, Mozart und Salieri, aber auch von Pfeffel, Klopstock und Bürger bewundert. In frühester Kindheit erhielt das hochbegabte, im Alter von drei Jahren erblindete Mädchen eine profunde Musik-ausbildung. Schon mit ihren ersten öffentlichen Auftritten in Wien erwarb sie sich die Gunst des Publikums, insbesondere der Kaiserin Maria Theresia. Doch auch in anderen Städten feierte sie während einer dreijährigen Konzertreise durch Europa große Erfolge. Nach ihrer Rückkehr trat sie überwiegend als Komponistin hervor. Mit einem eigens für sie konstruierten Notensetzbrett konnte sie ihre Werke – Kantaten, Lieder, Klavierkonzerte, Kammermusik und Opern – komponieren. Im Jahre 1808 gründete sie eine Musikschule für junge Frauen – ein Novum in damaliger Zeit. Darüber hinaus setzte sie, die einen äußerst aufsehenerregenden, doch erfolglosen Heilungsversuch des Arztes und Magnetiseurs Franz Anton Mesmer erdulden musste, sich nachdrücklich für die Erziehung und Bildung von Blinden ein. Mit diesem Band werden Leben und Werk einer eindrucksvollen Künstlerin dem aufsteigenden Dunkel des Vergessens entrissen und somit ein weiterer Baustein einer Musikgeschichte gelegt, in der Bedeutung und Anteil des weiblichen Geschlechts eine adäquate Würdigung erfahren.
Autorenporträt
Marion Fürst ist Dozentin für Musikwissenschaft an der Universität Koblenz-Landau und im Nebenberuf Kirchenmusikerin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.02.2006

Wer den Zeitgeschmack nicht ehrt, ist der Musik nicht wert
Der eigenwilligste Beitrag zum Mozart-Jahr: Marion Fürst schildert das Leben der blinden Gedächtniskünstlerin Maria Theresia Paradis

Im Musikleben der Mozart-Zeit nahm man es mit Namen und Fakten in Zeitungsartikeln, Briefen und auf Programmzetteln offenbar nicht so genau. Typisches Beispiel ist eine Bemerkung in Leopold Mozarts Brief vom 14. Februar 1785 an seine Tochter Nannerl: Bei der Wiener Akademie der italienischen Sängerin Laschi am 12. Februar spielte "dein Bruder (Wolfgang) ein herrliches Conzert, das er für die Paradis nach Paris gemacht hatte".

Welches Klavierkonzert? Einige Indizien sprechen für das B-Dur Konzert KV 456, aber sicher ist dies nicht. Die Widmungsträgerin ist bekannt: die blinde Wiener Pianistin, Sängerin, Komponistin und Musikpädagogin Maria Theresia Paradis, die mit Mozart und seiner Familie bekannt war und in deren Wiener Salon Mozart verkehrte. Doch ob "die Paradis" dies Konzert tatsächlich in Paris spielte, wofür die Komposition offenbar gedacht war, ist nicht überliefert. Die Uraufführung bei jener Akademie, inmitten eines damals üblichen Programmsammelsuriums aus Arien und einem Cellokonzert, spielte jedenfalls Wolfgang selbst.

Solcher dokumentarischer Leichtsinn, der sich freilich mitunter aus der Bekanntheit der Fakten erklärt, ist der Schrecken heutiger Musikwissenschaftler. Dennoch gelingt es Marion Fürst, Dozentin an der Universität Koblenz-Landau, aus Hunderten von oft vagen, lückenhaften Zeitzeugnissen ein anschauliches Porträt der europaweit erfolgreichen, auch von Haydn, Salieri, den Dichtern Klopstock und Bürger sowie von Kaiserin Maria Theresia geschätzten Künstlerin zu rekonstruieren. Licht fällt dabei nicht allein auf entscheidende Lebensstationen, sondern auch auf kulturgeschichtliche Bedingungen.

So schildert die Autorin die Aufsehen erregende, letztlich jedoch erfolglose Behandlung des Augenleidens durch den Magnetiseur Franz Mesmer, den Mozart in seiner Oper "Così fan tutte" karikierte, im Zusammenhang mit Therapien und dem Stand der Medizin um 1777. Die Europatournee, die die Blinde vom August 1783 bis April 1786 in die Schweiz, nach Paris, London, Brüssel, Prag sowie in zahlreiche deutsche Städte führte, wirkt im Kontext der Reisestrapazen im Pferdekutschenzeitalter noch erstaunlicher - von der Behinderung der Künstlerin einmal abgesehen. Und im geschichtlichen Rahmen der Blindenförderung ist ihr Verdienst als Mitinitiatorin von Valentin Hauys weltweit erster Blindenschule in Paris, deren Absolvent Louis Braille die heute noch gültige Punkt-Tastschrift erfand, ebensowenig zu unterschätzen wie ihre Rolle als innovative Lehrerin für junge blinde Musikerinnen.

Auf ihrem schwierigen, doch befriedigenden Weg halfen ihr zunächst verständnisvolle Eltern, die in einer Zeit der Diskriminierung von Frauen und Behinderten für eine erstaunlich umfassende Bildung ihrer Tochter sorgten. Dank eines phänomenalen Gedächtnisses beherrschte sie auch schwierige Stücke, etwa ihres Lehrers Leopold Kozeluch, schon nach einmaligem Anhören. Ein Notensetzbrett, das ihr Lebensgefährte Johann Riedinger konstruierte, erlaubte ihr das Komponieren von Liedern, Klavier- und Kammermusik, Kantaten und Opern.

Doch das ohnehin nicht allzu umfangreiche OEuvre ist - wie die Werkliste im Anhang des Buches verrät - durch hohe Verluste zusätzlich geschmälert. Marion Fürsts eindringliche Werkanalysen, vor allem der "Zwölf Lieder auf ihrer Reise in Musik gesetzt" (1784 bis 1786), verraten eine lyrisch-empfindsame, auf natürlichen Ausdruck zielende Anpassung an die Wiener Klassik. Musikkritiken zufolge huldigte Maria Theresia Paradis auch pianistisch und sängerisch dem Zeitgeschmack von Brillanz und "zärtlichem" Espressivo. Daneben wird die Persönlichkeit der Künstlerin einprägsam konturiert. Ohne ihr Kommunikationstalent, das ihr Seilschaften aus Beziehungen und Freundschaften zu knüpfen half, hätte sie wohl kaum eine derart kreative Karriere aufbauen können, der sie mit ihrer allzu selbstkritischen Bescheidenheit aber auch wieder schadete. Andererseits zeugt dieser Charakterzug, der damals von Frauen erwartet wurde, "auch von großer menschlicher Stärke", wie die Autorin in den subjektiv resümierenden "Nachklängen" zu ihrem Buch treffend anmerkt. Dabei dürfte sich die lebensfrohe, charmant-geistreiche "blinde Zauberin" bewußt gewesen sein, daß das Aufsehen, das sie hervorrief, auch auf das "Conto ihrer verlohrnen Augen" ging.

Die Verfasserin schildert Maria Theresia Paradis, an die seit 1894 im neunzehnten Wiener Bezirk die Paradisgasse erinnert, überzeugend als eine Individualistin, für die persönliche und gesellschaftliche Grenzen als Frau und Blinde nicht unangefochten galten. Das Wien der Paradis war auch das Wien Mozarts. Insofern ist dieses Buch auch ein Beitrag zum Mozart-Jahr, obwohl der derzeit so betriebsam Gefeierte allein schon mangels Quellen nur am Rand auftaucht.

ELLEN KOHLHAAS

Marion Fürst: "Maria Theresia Paradis". Mozarts berühmte Zeitgenossin. Reihe "Europäische Komponistinnen", Band 4. Herausgegeben von Annette Kreutzinger-Herr und Melanie Unseld. Böhlau Verlag, Köln, Weimar, Wien 2005. 405 S., 21 Abb., 8 Notenbeispiele, geb., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Dass der "eigenwilligste Beitrag zum Mozart-Jahr", wie Ellen Kohlhaas diesen Band nennt, ausgerechnet eine ganz andere Figur zum Thema hat, und der Puderschopf höchstens am Rand auftaucht, stört die Rezensentin nicht weiter. Das Wien der porträtierten blinden Pianistin Maria Theresia Paradis sei schließlich auch dasjenige Mozarts gewesen. Überhaupt scheint Kohlhaas die schon von Haydn und Salieri hochgeschätzte Künstlerin, so wie sie der Band anhand "eindringlicher Werkanalysen" und auf Basis "oft vager, lückenhafter Zeitzeugnisse" dennoch anschaulich darstellt, zu imponieren. Kein Wunder. Die Verfasserin nämlich zeigt Paradis als produktive Künstlerin, Individualistin, Kommunikationstalent, und "innovative Lehrerin für junge blinde Musikerinnen". Als wertvoll erachtet die Rezensentin auch die Rekonstruktion der kulturgeschichtlichen Bedingungen, die Leben und Werk Paradis' begleiteten.

© Perlentaucher Medien GmbH