Marktplatzangebote
4 Angebote ab € 32,00 €
  • Buch mit Leinen-Einband

"Er ist der Best im Gemal" Albrecht Dürer
Giovanni Bellini (ca. 1435/38–1516) gilt mit seinen Schülern Giorgione und Tizian als Begründer der Renaissancemalerei in Venedig. Er arbeitete für Dogen und Fürstenhäuser; er erfand die venezianische Sacra Conversazione und schuf Porträts sowie allegorische und mythologische Bilder. Oskar Bätschmann zeichnet kenntnisreich das Leben Giovanni Bellinis nach, schildert dessen Arbeitsweise und stellt das Gesamtwerk mit Blick auf den historischen und sozialen Kontext vor. Wie positionierte sich Giovanni Bellini als eigenständiger Künstler neben seinem…mehr

Produktbeschreibung
"Er ist der Best im Gemal"
Albrecht Dürer

Giovanni Bellini (ca. 1435/38–1516) gilt mit seinen Schülern Giorgione und Tizian als Begründer der Renaissancemalerei in Venedig. Er arbeitete für Dogen und Fürstenhäuser; er erfand die venezianische Sacra Conversazione und schuf Porträts sowie allegorische und mythologische Bilder. Oskar Bätschmann zeichnet kenntnisreich das Leben Giovanni Bellinis nach, schildert dessen Arbeitsweise und stellt das Gesamtwerk mit Blick auf den historischen und sozialen Kontext vor.
Wie positionierte sich Giovanni Bellini als eigenständiger Künstler neben seinem Vater Jacopo, seinem Bruder Gentile und seinem Schwager Andrea Mantegna? Er modernisierte traditionelle Sujets wie die Madonna mit dem Kind, importierte das flämische Porträtschema und entwickelte den venezianischen Bildtypus der Sacra Conversazione (die Versammlung der Heiligen um den Thron der Madonna). Giovanni Bellini wies der Landschaft im Bild eine neue Bedeutung zu und entwickelte eine einzigartige Farbenharmonie in Analogie zur musikalischen Harmonie. Als einer der Ersten in Italien wechselte er von der Tempera zur Technik der Ölmalerei, die von Flandern nach Italien importiert wurde. Bereits zu Lebzeiten erlangte er großen Ruhm weit über Venedig hinaus. Albrecht Dürer, der den venezianischen Meister auf seiner zweiten Italienreise kennenlernte, gehörte zu seinen Bewunderern. Für viele Künstler war Giovanni Bellini ein wichtiger Lehrer, und an seinen Werken schulten sich Maler wie Carpaccio, Giorgione, Tizian und Veronese, die für die venezianische Renaissancemalerei höchsten Ruhm erlangten.
Autorenporträt
Oskar Bätschmann, geb. 1943, ist Professor für Kunstgeschichte an der Universität Bern und Experte für die neuzeitliche Malerei.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.07.2008

Der eigensinnige Meister

Giovanni Bellini gilt als Begründer der venezianischen Hochrenaissance-Malerei. Oskar Bätschmann hat dem Maler nun eine kluge und opulent bebilderte Gesamtdarstellung gewidmet.

In seiner "Anleitung zum Genuß der Kunstwerke Italiens", dem "Cicerone", schrieb Jacob Burckhardt zur Gesamtcharakteristik der venezianischen Schule: "Die Hauptsache sind aber dem Venezianer die Charaktere. Nicht zu scharfen und dadurch effectreichen Contrasten, sondern als Töne eines und desselben Accordes stellte er sie zusammen; nicht überirdisches Sehnen, nicht jäher Schmerz, sondern der Ausdruck ruhigen Glückes sollte sie beseelen; dieser, in energischen und wohlgebildeten Gestalten ausgesprochen, ist es, welcher den Sinn des Beschauers mit jenem innigen Wohlgefallen erfüllt, das keine andere Schule der Welt auf dieselbe Weise erweckt. Der Typus dieses Menschengeschlechtes steht der Wirklichkeit noch so nahe, dass man es für möglich hält, solche Charaktere anzutreffen und mit ihnen zu leben." Der "Größte" unter den Venezianern des späteren sechzehnten Jahrhunderts aber war für Burckhardt unbestreitbar Giovanni Bellini.

Giovanni als "Meister der venezianischen Malerei" - so der etwas unzeitgemäß-bildungsbürgerliche Untertitel - hat Oskar Bätschmann jetzt eine thematisch klug pointierte Gesamtdarstellung gewidmet. Erfreulicherweise betreibt der opulent bebilderte, gleichzeitig durch Beschränkung auf das Interessante bestechende Text keine Attribuzzlerei (um den Burckhardtschen Terminus zu verwenden). Keine beckmesserischen Diskussionen einzelner, in der Forschung umstrittener Datierungen erwarten den Leser - sondern eine spannende Präsentation der künstlerischen Leistung Bellinis, die die Frage nach Vorbildern und Einflüssen stellt. Das Selbstverständnis des Malers, die spezifisch ästhetischen Probleme in seinen Bildern und das Verhältnis von Werk und Betrachter bilden den Fokus von Bätschmanns Studie. Eine detaillierte Chronologie im Anhang entlastet den Text von den Lesefluss störenden Literaturdebatten und bietet biographische Informationen über die Familie Bellini und die Genese ihrer Werke.

Zunächst räumt Bätschmann mit den Konfusionen auf, die Vasari in Bezug auf Bellinis Alter und den sozialen Status der Familie im gehobenen venezianischen Bürgertum angerichtet hat, und rekonstruiert die sozialen, wirtschaftlichen und historischen Hintergründe der expandierenden Bellini-Werkstatt. Der obengenannte "Meister"-Titel, den Bätschmann Bellini verleiht, könnte auch gelesen werden als der eines Vorstehers eines florierenden Familienbetriebs mit gewiefter Geschäftspolitik, die klug kalkulierend den Bedürfnissen des auf Wettbewerb ausgerichteten Kunstmarktes nach Spezialisierung auf einzelne Kunstgattungen, nach Aktualisierung des Angebots, nach geographischer Streuung von Dependancen in der Stadt und nach prestigeträchtigen Heiratsverbindungen entsprach. Zugleich tritt Giovanni Bellini dem Leser in seinen frühen Jahren als ein gelehriger Schüler Jacopos gegenüber, der jedoch von Anbeginn seiner künstlerischen Karriere den Modus der Aneignung der väterlichen Vorgaben mit dem der eigenständigen Abstoßung verband. Dies galt dann später in besonderem Maße auch für Bellinis künstlerische Auseinandersetzung mit seinem Schwager Mantegna. Weder maß er sich an Mantegnas gekonnten Untersichten noch an dessen Dramatik der Bilderzählung.

Ein Neuerer und "Meister" war Bellini in einer der prominentesten Bildfindungen der venezianischen Renaissance, der erst seit 1763 so genannten "Sacra Conversazione". In dieser Gattung gruppiert sich eine Schar von Heiligen um die Madonna. Diesen Bildtypus entwickelt Bellini aus seinen typischen Halbfigurenszenen, die dem Betrachter durch die porträtähnliche Gegenwärtigkeit heiliger Gestalten Bewunderung abnötigen. Ob Antonello da Messina mit seiner Pala di S. Cassiano oder Giovanni Bellini den Primat über die Erfindung dieses Bildtypus beanspruchen darf, hat allerdings nur in der Kunstgeschichtsschreibung Relevanz.

Einen Höhepunkt in der Entwicklungsgeschichte der "Sacra Conversazione" markiert die berühmte Pala di San Giobbe, die sich heute in der Accademia in Venedig befindet. Burckhardt, dem die venezianische Existenzmalerei als die Verbildlichung eines gelungenen Lebensglücks erschien, schreibt im "Cicerone" hierüber: "Das Beisammensein der heiligen Gestalten, ohne Affect, ja ohne bestimmte Andacht, macht doch einen übermenschlichen Eindruck durch den Zusammenklang der glückseligen Existenz so vieler freier und schöner Charaktere. Die wunderbaren Engel an den Stufen des Thrones mit ihrem Gesang, Lauten- und Geigenspiel sind nur ein äusseres Symbol dieses wahrhaft musikalischen Gesammtinhaltes." Dieser quasimusikalischen Harmonie in den Bildern Bellinis geht Bätschmann in seinem letzten Kapitel nach. Nicht nur das Verhältnis von Akustischem und Visuellem wird von Bellini immer wieder ins Bild gesetzt. Auch Fragen nach dem Paragone von Malerei und Musik wirft er in vielen seiner Bilder auf. Indem er Harmonien, die in einem realen Konzert immer schon wieder verklungene und damit vergängliche sind, mit malerischen Mitteln im Bild auf Dauer stellt, beweist er die Überlegenheit der malenden über die Tonkunst. Aus einem solchen "harmonistischen" Blickwinkel auf Bellinis berühmtes Bacchanal für den "Camerino" des Alfonso d'Este in Ferrara wird Tizian für Bätschmann zum Zerstörer einer "einzigartigen musikalischen Komposition", als er Bellinis "harmonische Farbenmelodie" durch seine Teilübermalung stärker an seine eigenen Gemälde für den "Camerino" anzugleichen suchte.

Bätschmann verfolgt in Bellinis Werk die stetige Aufwertung der freien künstlerischen Phantasietätigkeit, die ihren eigenen Gesetzen folgt. Diese Entwicklung wird schlagend dokumentiert mit den Auseinandersetzungen um das Bild für den Studiolo der Isabella d'Este, in denen sich Bellini im Gegensatz zu seinem Malerkollegen Perugino erfolgreich den detaillierten Inhaltsvorgaben der Auftraggeberin widersetzt. Ihre hochgesteckten Erwartungen, eine antike Historie von ihm zu erhalten, macht er durch Nichtlieferung zunichte und lässt sich nach langwierigem Hin und Her nur zu einem kleineren Bild religiösen Inhalts herab. Aber auch hier fühlt er sich erneut von Isabellas Wünschen in seiner künstlerischen Autonomie beschnitten. Er überführt die sich so gern als gelehrt und kunstsinnig Stilisierende der ikonographischen Unkenntnis und des ästhetischen Dilettantismus, indem er darauf hinweist, dass der von ihr verlangte Johannes der Täufer in einer Darstellung der Geburt Christi nichts zu suchen habe. Damit hatte er den Rangstreit um das Monopol auf künstlerische Kreativität und ästhetische Erfindung erfolgreich für sich entschieden und Isabella als Möchtegern-Künstlerin decouvriert.

In seinen immer wieder in den Text eingestreuten Beschreibungen erweckt Bätschmann Bellinis Bilder zum Leben. Er folgt damit ganz dem Burckhardtschen Impetus des "Mitleben-Lassens", aber er belässt ihnen auch ihre ästhetische Offenheit: Die sogenannte "Allegoria sacra", diese berühmte Schau-Bühne mit schwer zu identifizierendem Personal, die schon so viel Gelehrtenschweiß hat fließen lassen, versucht er nicht einer eindeutigen Lesart zu unterwerfen. Er würdigt gerade ihren bewusst offenen Charakter, der die Dinge einer neuen Ordnung unterwirft. Dem Betrachter eröffnet sich damit ein weites Feld der Überlegungen und Deutungen, das ihn selbst kreativ werden lässt: "Die Allegoria sacra bietet eine Meditation an über die Terra Santa, über Erlösung, Heilung und Rettung sowie nicht zuletzt auch über die Stadt Venedig. Das Bild macht ein Angebot und trägt dazu nur wenige Feststellungen vor. Der Betrachter wird engagiert und zur eigenen Tätigkeit angeregt, vielleicht im frommen Sinn und sicher auch aus Vergnügen an einer geistreichen Malerei, die den ingegno des Malers demonstriert." All dies sind Qualitäten, die auch Bätschmanns Buch lesenswert machen.

CHRISTINE TAUBER

Oskar Bätschmann: "Giovanni Bellini". Meister der venezianischen Malerei. Verlag C. H. Beck, München 2008. 255 S., 82 Farb- u. 104 S/W-Abb., geb., 58,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Dieser Band hat Arno Widmann für die Schönheit Bellinis die Augen und die Ohren geöffnet. Was umso bemerkenswerter ist, als die Abbildungen in diesem Band nach Angaben des Rezensenten recht unglücklich sind. Trotzdem: Dem Rezensenten die Augen geöffnet hat der Kunsthistoriker Oskar Bätschmann mit seiner Schilderung von den Schlachten, die Bellini im Kampf um die Freiheit der Kunst gegen seine Mäzenin, die Fürstin Isabelle d'Este, schlagen musste. Oder mit seiner Beschreibung der Arbeit in einer Malerwerkstatt, in der handwerkliches Geschick und eigene Bildsprache sehr genau austariert werden mussten. Vor allem aber hat Bätschmann dem Rezensenten gezeigt, welch Ruhe in Bellinis Bildern liegt. So genau zeichnete Bellini die Wirklichkeit, das Widmann sogar die Lautlosigkeit vernehmen konnte: "Zu spüren ist alles, zu hören nichts."

© Perlentaucher Medien GmbH