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Angesichts des unaufhaltsamen Vordringens der Digitalisierung in alle Lebensbereiche läßt sich fragen: Wozu noch Kunst im Medienzeitalter? Prägen nicht längst die elektronischen Massenmedien die ästhetische Wahrnehmung? Eine solche Technikdominanz verfechten lautstark jene Vertreter der Medienwissenschaft, die für sich die Faktizität der Naturwissenschaften beanspruchen und ästhetischen Fragen keinen Raum mehr geben. Kunstwissenschaftler wiederum fühlen sich für die Invasion der Medien nicht gerüstet, in denen sie zwar die eigentlichen Erben der Kunstgeschichte sehen, ohne aber deren…mehr

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Produktbeschreibung
Angesichts des unaufhaltsamen Vordringens der Digitalisierung in alle Lebensbereiche läßt sich fragen: Wozu noch Kunst im Medienzeitalter? Prägen nicht längst die elektronischen Massenmedien die ästhetische Wahrnehmung? Eine solche Technikdominanz verfechten lautstark jene Vertreter der Medienwissenschaft, die für sich die Faktizität der Naturwissenschaften beanspruchen und ästhetischen Fragen keinen Raum mehr geben. Kunstwissenschaftler wiederum fühlen sich für die Invasion der Medien nicht gerüstet, in denen sie zwar die eigentlichen Erben der Kunstgeschichte sehen, ohne aber deren Wirkungsmechanismen zu erfassen. Dagegen zeigt der Autor, daß im Verlauf der vergangenen zweihundert Jahre die jeweils aktuellsten Medien - von der Telegrafie bis zum Internet - zwar viele Funktionen übernehmen, die ehemals der Kunst vorbehalten waren. Aber er belegt auch, wie die Künste die technische Entwicklung anregten, deren Auswirkungen oftmals vorwegnahmen. Moderne und Medien erweisen sich so als die zwei Seiten einer Medaille. In seinem interdisziplinären Ansatz entwirft das Buch für jeden, der sich mit kritischer Neugier der Geschichte der Medien nähert, ein überraschendes Panorama der Interferenzen: für den Kommunikationswissenschaftler wie für den Soziologen, für den technikgeschichtlich Interessierten, den Kunsthistoriker und nicht zuletzt den Medienkünstler.
Autorenporträt
Dieter Daniels baute 1991-1994 die Mediathek am ZKM, Karlsruhe, auf. Seit 1993 Professor für Kunstgeschichte und Medientheorie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.07.2003

Auf dem Funkturm
Wie die Kunst beim Senden
ans Ende kommt
Es gibt ein Gedicht von Guillaume Apollinaire aus dem Jahr 1914, „Lettre Ocean”: Sieht man lang genug hin, so schält sich aus den über die Seite verstreuten Buchstaben der Umriss eines Funkturms heraus. Sieht man noch länger hin, so ordnen sich die Buchstaben zu Linien, die Radiowellen gleichen.
Solche Schnittstellen zwischen elektronischen Medien und den Künsten behandelt Dieter Daniels Studie über „Kunst als Sendung”. Das Interesse gilt den Pionieren der elektronischen Kommunikation im 19. und frühen 20. Jahrhundert und den Berührungen zwischen neuen Medien und alter Kunst.
Bis zu den Avantgarden der zwanziger Jahre sieht Daniels die Künste mit der Nase vorn. An Figuren wie Daniel Morse oder Nikola Tesla, die sich gleichermaßen als Techniker wie als Künstler verstanden, entwickelt er seine These von der Vorreiterrolle der Kunst in der technischen Moderne.
Avantgardisten wie Apollinaire oder Robert Delaunay können schon nicht mehr zu den Visionären und Erfindern neuer Techniken gerechnet werden. Immerhin inszenieren und begrüßen ihre Werke die durch Funk und Telegraphie veränderten Kommunikations- und Wahrnehmungsverhältnisse. Mit der Digitalisierung und der industriellen Nutzung der elektronischen Medien sieht Daniels die Künste dann ins Hintertreffen geraten. Allenfalls die zeitgenössische Medienkunst gilt ihm noch als Reservat, in dem ein reflexives Verhältnis zur „banalen Wirklichkeit der Massenmedien” erprobt wird.
In der harschen Ablehnung der elektronischen Alltagskultur der Gegenwart gibt die zunächst als Geschichte von Telegraphie, Rundfunk und Internet angelegte Studie sich dann als neue Variation auf das alte Thema vom „Ende der Kunst” zu erkennen. „Kunst als Sendung” meint nicht nur Kunst in Übertragungsmedien wie Rundfunk oder Internet. Es ist Daniels auch um eine kulturelle Mission der Kunst zu tun. So werden die elektronischen Medien als „Substitution für Kunst” eingestuft, Substitute, die ihrer „Sendung”, neue Wahrnehmungs- und Denkweisen auszuloten, dann aber kaum nachkommen. Folge sei der „Untergang der ästhetischen und utopischen Motive in der industriellen Eigendynamik der Massenmedien”.
Ob die These vom Ende der Kunst in der technischen Moderne als Erklärungsmodell für das Verhältnis von Kunst und Medien noch aktuell ist, sei dahingestellt. Ähnliches gilt für die Frage, ob man die Entdeckung der Eigenwertigkeit der künstlerischen Materialitäten, erst mit den technischen Medien im 19. Jahrhundert beginnen lassen will.
Das kulturelle Prestige der flüchtigen Operation „Übertragen” ist stets geringer gewesen als das der Operationen Speichern oder Verarbeiten. Das Internet vielleicht ausgenommen, ist daher auch die Geschichte der elektronischen Übertragungsmedien weit weniger gut dokumentiert als die von Schrift, Druck oder Photographie. Schließen kann diese Lücke auch das vorliegende Buch nicht. Wohl aber gibt es einen materialreichen Einstieg in ein mediengeschichtlich weniger bekanntes Gebiet
CAROLINE PROSS
DIETER DANIELS: Kunst als Sendung. Von der Telegrafie zum Internet, C. H. Beck, München, 2002, 315 S., 28 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Das Buch des Leipziger Medientheoretikers über die wechselseitige Beziehung von Kunst und Technik, schwärmt Malte Oberschelp, ist alles zugleich: Erfinder-Biografie, Kunst- und Technikgeschichte, Diskursanalyse, ästhetische Theorie und Bilderbuch. Und auch wenn Oberschelp nicht alle Gedanken teilt, findet er den Band einfach deshalb spannend, weil er völlig unaufgeregt mit jeder etablierten Medientheorie breche. Wie Oberschelp zusammenfasst, geht es Daniels darum zu zeigen, dass nicht nur die Technik die Kunst verändert, sondern Künstler auch Funktionsweise und Wirkung der Medien antizipieren. Damit widerspreche Daniels nicht nur dem berühmten Diktum "The Medium is the Message", sondern auch der einflussreichen These, dass jede mediale Innovation auf Militärtechnik beruht. Gefallen haben dem Rezensenten auch die "intermedialen Parallelen", etwa wenn Daniels den "zeitungszappenden Flaneur" im Sinne Benjamins mit dem Internet-Surfer vergleicht oder Baudelaires Polemiken gegen die Fotografie mit der Big-Brother-Debatte verschaltet.

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