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Der erste Roman über den "Aufstand des Gewissens" am 20. Juli 1944 An zwei Tagen im Juli 1944 werden die Fesseln der Geschichte für einen Augenblick abgestreift. Für die Dauer weniger Stunden ist der Frieden in Nazi-Deutschland greifbar nah - weil einzelner Mann den Mut eines Helden hat: Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Stig Dalager erzählt in diesem Tatsachenroman die wohl dramatischsten 48 Stunden der deutschen Geschichte. Eindringlich porträtiert er den Tyrannen Hitler und setzt den Menschen, die vergeblich gegen das Böse kämpften, ein wunderbares Denkmal. Erfolgsregisseur Joseph…mehr

Produktbeschreibung
Der erste Roman über den "Aufstand des Gewissens" am 20. Juli 1944
An zwei Tagen im Juli 1944 werden die Fesseln der Geschichte für einen Augenblick abgestreift. Für die Dauer weniger Stunden ist der Frieden in Nazi-Deutschland greifbar nah - weil einzelner Mann den Mut eines Helden hat: Claus Schenk Graf von Stauffenberg.
Stig Dalager erzählt in diesem Tatsachenroman die wohl dramatischsten 48 Stunden der deutschen Geschichte. Eindringlich porträtiert er den Tyrannen Hitler und setzt den Menschen, die vergeblich gegen das Böse kämpften, ein wunderbares Denkmal.
Erfolgsregisseur Joseph Vilsmaier ("Schlafes Bruder", "comedian harmonists") bereitet einen großen internationalen Film vor, der auf "Zwei Tage im Juli" beruht.
Autorenporträt
Stig Dalager, geb. 1952 in Frederiksberg, Dänemark. Studium der Vgl. Literaturwissenschaft in Arhus, Promotion. Redakteur, seit 1982 freier Schriftsteller. Längere Aufenthalte in Leipzig, New York und Wien. Lebt heute in Bronshoj, Kopenhagen, zwei Töchter. Gehört zu den bekanntesten Schriftstellern Dänemarks
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.07.2005

Überblick über Untersberg
Stig Dalager scheitert mit einem Romanversuch über den Juli 1944

Es sind nur "Zwei Tage im Juli", von denen der dänische Schriftsteller Stig Dalager in seinem gleichnamigen Roman erzählt, aber es ist vom Juli 1944 die Rede, und zwar just von den Tagen des Attentats auf Adolf Hitler und des gescheiterten Versuchs eines Staatsstreichs. An die Ereignisse dieser Tage klammert sich die deutsche Vergangenheitsbewältigung wie an einen Strohhalm, wenn sie in einem goldhagenschen Meer aus Kollektivschuld unterzugehen droht. Bei einem solchen Romanthema ist also allemal besondere Aufmerksamkeit geraten, zumal das Buch in eine Zeit fällt, in der Geschichte gern zum Geschichtenerzählen verwendet wird.

Mit dem Verschwinden der Zeitzeugen beginnt die Phase der Geschichtserfinder. Die lange vorherrschende Scheu, einen Menschen wie Adolf Hitler zum Protagonisten einer Erzählung zu machen, war nicht zuletzt eine Frage der Perspektive. Fiktionale Autorschaft ist in den allermeisten Fällen immer auch Komplizenschaft, ob es sich um Axtmörder, Kinderschänder oder Diktatoren handelt. Wenn ein Autor sich dieser drohenden Komplizenschaft bewußt ist und damit künstlerisch umzugehen versteht, können dabei Meisterwerke wie "Schuld und Sühne" oder "Lolita" entstehen, wenn jemand die Perspektive jedoch so ungeschickt handhabt wie Stig Dalager in "Zwei Tage im Juli", wird das Ergebnis schnell und nicht nur in literarischer Hinsicht problematisch.

Dalager schildert, vor allem in der ersten Hälfte seines Romans, die Geschichte vom Hitler-Attentat als ein Duell zweier Geisteshaltungen. In aufeinanderfolgenden Abschnitten gewährt er dem Leser Einblick in die Gedankenwelt des Verschwörers Claus Schenk Graf von Stauffenberg sowie die seines erwünschten Opfers Adolf Hitler, zunächst am Vorabend und dann am Tag der Tat. Er will uns beide Männer gleichermaßen nahebringen, verliert dabei jedoch die Unterscheidung zwischen Erzählerstimme und Figurenperspektive aus dem Blick. Wenn Hitler beispielsweise als "der Führer" bezeichnet wird, bleibt unklar, ob dies aus der Sicht des Erzählers heraus geschieht oder ob er schon zur Perspektive Hitlers gewechselt ist. Aber würde Hitler denn, ein paar Sätze weiter, Jesus Christus als den "Messias" bezeichnen? Wenn es über Stauffenberg heißt: "Er hatte nie gelernt, wie ein Mörder zu handeln", so fragt man sich, um wessen Aussage es sich da handelt. Dalager schreckt offensichtlich davor zurück, sich ganz auf seine Figuren einzulassen, doch die wie mit dem Pfefferstreuer im Text verteilten auktorialen Passagen destabilisieren sein gesamtes literarisches Unternehmen bedrohlich.

Dalagers Lieblingsstilmittel zur Darstellung des Bewußtseins seiner Figuren ist die imaginäre Frage, die sich der Beantwortung durch den Leser entzieht. Das sieht dann etwa so aus: "Er ist verzweifelt, hatte er nicht zu Ludwig Thormaehlen gesagt: ,Ich bin fast darüber verzweifelt, daß ich wieder gesund wurde.'" Hatte er es gesagt? Ist er verzweifelt? Kaum eine Seite kommt ohne solche Fragestellungen aus, manchmal folgen vier bis fünf aufeinander, bis man sich als Leser wirklich über gar nichts mehr sicher ist, von stilistischer Holprigkeit einmal ganz abgesehen: "Sah er nicht in Hitlers einschüchternden Blick, als er ihm 42 im aufgeheizten Hof des Heereshauptquartiers in Winniza, wo die Fliegen und Mücken eine Plage waren, zum erstenmal von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand und Hitler am Ende den Blick abwenden mußte?"

Nun könnte man zugunsten des Autors davon ausgehen, daß solche Fragen eben ein Kennzeichen der Denkweise Stauffenbergs waren und jedenfalls dessen kritische und abwägende Natur widerspiegeln sollen. Doch einen Abschnitt weiter müssen wir feststellen, daß er diese Eigenschaft anscheinend mit Adolf Hitler teilt: "Wenn er seine Stunde auf dem Berghof hatte und vor dem größten versenkbaren Fenster der Welt im Wohnzimmer mit der schwindelerregenden Aussicht über Untersberg und die Bergmassive in Berchtesgaden und Salzburg saß, konnte er dann nicht erzittern und sich daran ergötzen, daß gerade er berufen war, in die Fußspuren des großen bayerischen Fürsten und römischen Kaisers Karl VII. zu treten und das Reich wieder in seiner Herrlichkeit herzustellen?" Besonders schlimm wird es, wenn sich der "Führer" über Eva Braun den Kopf zerbricht. Da kann sich die Fragenkaskade schon mal über eine ganze Seite ziehen.

Überhaupt - der Führer privat. Man hätte eigentlich hoffen dürfen, daß nach Helmut Dietls "Schtonk" und der großartigen Cartoon-Serie von Achim Greser dieses Thema ein für allemal erledigt wäre, und doch müssen wir nun erleben, wie Dalagers Hitler in der Wolfsschanze in einem ruhigen Moment seinen Gedanken nachhängt. Beflügelt vom Drogencocktail, den ihm sein Leibarzt verabreicht hat, geht die Reise einmal quer durch die Diktatorenbiographie und läßt nichts aus dem Arsenal des Führerkitsches aus, von der Geburt (die man ungleich besser bei Roald Dahl nachliest) über die Zeit als Postkartenmaler in Wien (hier hilft ein wenig Tabori als Gegenmittel) zur Kampfzeit von München bis zum Triumph in Berlin. An diesem Tag im Juli 1944 ist das allerdings alles nur noch entfernte Erinnerung, Hitlers Realitätssinn längst in einem Wechselspiel aus Paranoia und Glaube an die eigene Unverwundbarkeit untergegangen, und manchmal möchte er sogar kein Diktator mehr sein: "Mit Blondi spazierengehen. Nur das eine will er."

Das eigentlich Romanhafte an der Geschichte um Stauffenberg aber, also das, was sich in keiner Quelle genau bezeichnet findet und was nur ein Roman nachvollziehbar machen könnte, nämlich der Übergang vom strammen Soldaten und Befürworter des Nationalsozialismus zu einem Menschen, dem sein Gewissen nur noch den Mord übrigläßt, spielt in Dalagers Buch leider nur eine Nebenrolle. Die Entwicklung des Gewissens (und damit im Umkehrschluß die unerklärliche Frage, warum es sich bei so vielen anderen nicht entwickelt hat) erscheint bei Dalager als ganz einfacher Vorgang: "Immer deutlicher zeigten sich bei Hitler der nationalsozialistische Fanatismus und seine Menschenverachtung, und er begann ihn dafür zu hassen und als Verbrecher zu sehen."

Sosehr Dalager bei den Beschreibungen des Vorabends auf Spekulationen angewiesen ist, die er nicht plausibel zu machen vermag, so sorgfältig recherchiert und beherrscht ist seine Darstellung des Attentats und seiner Folgen. Wenn in der zweiten Hälfte des Romans die Handlung an Fahrt aufnimmt, der Putsch durch fehlende Informationen und menschliches Zögern viel zu langsam ins Rollen kommt und die Unsicherheit unter den Verschwörern wächst, dann leistet das Buch tatsächlich noch einiges von seinem Anspruch, ein Geschichtsereignis durch fiktionale Ausgestaltung nachvollziehbar zu machen. Am Ende erreicht man den Punkt, an dem man sich vornimmt, sich noch einmal gründlich über Verschwörung und Attentat zu informieren - aber eben nicht bei Stig Dalager.

SEBASTIAN DOMSCH

Stig Dalager: "Zwei Tage im Juli". Roman. Aus dem Dänischen übersetzt von Heinz Kulas. Gustav Kiepenheuer Verlag, Berlin 2004. 270 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Fiktionale Texte, die Geschichte erzählen und dabei die Perspektive von Tätern einnehmen, wandeln auf einem schmalen Grat, schickt Sebastian Domsch seiner Kritik vorneweg. Der Autor könne, je nachdem, wie bewusst und geschickt er erzählerisch mit der Gefahr der "Komplizenschaft" umgeht, ein gelungenes Werk erzeugen - oder scheitern. Und Stig Dalager, meint Domsch, ist mit seinem Roman über das missglückte Hitler-Attentat auf ganzer Linie gescheitert: "Er will uns beide Männer" - Stauffenberg und Hitler - "gleichermaßen nahebringen, verliert dabei jedoch die Unterscheidung zwischen Erzählerstimme und Figurenperspektive aus dem Blick". Weil er sich, vermutet der Rezensent, seiner Erzählperspektive unsicher war, agiert Dalager sprachlich so vage, dass sich die Stimmen verwischen, was Domsch natürlich hochgradig problematisch findet. Außerdem beklagt Domsch die inhaltliche Hilflosigkeit, wenn es etwa um die Gedankenwelt Hitlers geht: "einmal quer durch die Diktatorenbiografie" und mitten hinein ins "Arsenal des Führerkitsches". Das aber, was wirklich nur ein Roman leisten könnte, die geistige Entwicklung von Stauffenberg vom Anhänger zum Gegner, bleibt blass.

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