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Bereits die Ankündigung des Buches veranlasste Nachrichtenagenturen zur Verbreitung von Meldungen. "Genosse Knacki packt aus." Krenz packt in seinem Buch nicht aus, sondern schreibt über seine Erfahrungen mit der deutschen Justiz und über sein Leben in drei Vollzugsanstalten. Anfang 2000 wurde er für 4 Jahre inhaftiert. Der einstige Staatschef teilte seine Zelle mit Mördern, Betrügern und Schlägern, erlebte Solidarität und Ablehnung, erfuhr Zu- und Widerspruch. Daneben führte er die juristische Auseinandersetzung, die in eine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte mündete.…mehr

Produktbeschreibung
Bereits die Ankündigung des Buches veranlasste Nachrichtenagenturen zur Verbreitung von Meldungen. "Genosse Knacki packt aus." Krenz packt in seinem Buch nicht aus, sondern schreibt über seine Erfahrungen mit der deutschen Justiz und über sein Leben in drei Vollzugsanstalten. Anfang 2000 wurde er für 4 Jahre inhaftiert. Der einstige Staatschef teilte seine Zelle mit Mördern, Betrügern und Schlägern, erlebte Solidarität und Ablehnung, erfuhr Zu- und Widerspruch. Daneben führte er die juristische Auseinandersetzung, die in eine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte mündete. Daraus macht er seine "Gefängnis-Notizen", die im gleichen Verlag erscheinen wie 15 Jahre zuvor Erich Honeckers "Moabiter Notizen", die ein Bestseller waren.
Autorenporträt
Egon Krenz, geb. 1937, absolvierte eine Schlosserlehre und eine Lehrerausbildung. Nach Besuch der Parteihochschule in Moskau von 1964 bis 1967 wurde er Vorsitzender der Pionierorganisation und war von 1974 bis 1983 FDJ-Chef. Im Herbst 1989 wurde er Nachfolger Erich Honeckers als Generalsekretär des ZK der SED und Staatsratsvorsitzender. 1997 wurde er wegen der Todesschüsse an der deutsch-deutschen Grenze zu sechseinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Heute lebt er in Dierhagen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.10.2009

Heroische Attitüde
Egon Krenz rechnet mit der "Klassenjustiz" ab

Nach den "Moabiter Notizen", 1994 von Erich Honecker veröffentlicht, nun die "Gefängnis-Notizen" von Egon Krenz! 1989 SED-Generalsekretär und DDR-Staatsratsvorsitzender für sieben Wochen, war sich der bekennende Kommunist eine Agit-Prop-Abrechnung mit der "bürgerlichen Klassenjustiz" wohl schuldig. Er sieht sich als Justizopfer. Vergangenheitsbewältigung in eigener Sache. Den 1997 wegen seiner Mitverantwortung für die Todesschüsse an Mauer und Stacheldraht gegen ihn ergangenen Schuldspruch des Landgerichts Berlin disqualifiziert er als "Rechtsbeugung". Dass der BGH und das BVG Revision und Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil zurückgewiesen haben, ficht ihn nicht an. Klassenjustiz eben. Wer anders darüber denkt - wie seine mit ihm zusammen ebenfalls wegen Totschlags verurteilten einstigen Genossen Günther Kleiber und Günter Schabowski -, der wird als heuchlerisch und charakterlos verunglimpft und gebrandmarkt.

Von seiner Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren verbüßte Krenz "vier Jahre minus zwölf Tage" in den Justizvollzugsanstalten Moabit, Hakenfelde und Plötzensee. Die meiste Zeit war er Freigänger mit erheblichen Privilegien. Sein chronologisch als Hafttagebuch angelegtes Elaborat macht das anschaulich. Was den Autor in seiner Polemik gegen die "Siegerjustiz" nicht hindert, jedes Negativklischee zu strapazieren, das sich anbietet. Selbst für persönliche Schmähungen gegen die in seinem Strafverfahren tätigen Staatsanwälte und Richter ist er sich nicht zu schäbig. Krenz holzt. Der Strafvollzug ist für ihn nicht Sühne, sondern "Freiheitsberaubung". Seine Empörung über das ihm vermeintlich zugefügte Unrecht kompensiert er mit heroischer Attitüde. Zudem reklamiert er für sich die Entscheidung, dass im revolutionären Herbst in der DDR kein Schuss gefallen ist.

Gnadengesuche Dritter für ihn hat er mit trotzigem Nein zurückgewiesen. "Ich habe nie um Gnade gebeten, sondern immer Recht gefordert", resümiert er. "Seit 1990 bin ich Bürger der Bundesrepublik Deutschland. Habe nicht auch ich das Recht, mich auf das Grundgesetz zu berufen?" Natürlich hat er. Als er mit seinen Anwälten beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Beschwerde gegen sein Urteil einlegt, darf er frei nach Straßburg reisen. Welchem Bautzen-Häftling wäre das je gewährt worden? Als seine Beschwerde verworfen wird, unterstellt er den Richtern Käuflichkeit.

Der Rechtsstaat ist Krenz bis heute fremd geblieben. Dafür begreift er die DDR als "sozialistischen Rechtsstaat". Gegen ihre Charakterisierung als Unrechtsstaat zieht er vehement vom Leder. Immerhin räumt er ein, dass es unter der Diktatur der SED "überzogene und auch ungerechte Urteile" gegeben hat. "Jeder einzelne Fall, der mir zu Ohren kommt, bedrückt mich sehr." Mehr fällt ihm zu Menschenrechtsverletzungen und zur politischen Instrumentalisierung der DDR-Strafjustiz nicht ein.

Gelegentliche Rückblenden auf die gewesene DDR sind bei diesem Autor eo ipso apologetisch. Gewiss, Fehler und Schwächen hat es gegeben, aber sonst? Was war der DDR-Sozialismus? Ein historisch legitimes Experiment, das misslang. "Ich gehöre zu den Gescheiterten", bekennt er im Schlusskapitel. "Auch wenn ich inzwischen viel dazugelernt habe und wohl nicht zweimal dieselben Fehler machen würde, steht mir nicht der Sinn danach, Prinzipien eines neuen Sozialismus zu verkünden. Gleichwohl weiß ich, dass die Welt ohne Sozialismus keine Zukunft haben wird." Bis heute grübelt Egon Krenz darüber nach, warum der SED-Staat implodiert ist. "Solange ich lebe, wird mich die Frage bedrängen, warum die DDR scheiterte und welche Teilschuld ich daran trage." In seiner ideologischen Borniertheit wird er nie eine Antwort darauf finden.

KARL WILHELM FRICKE

Egon Krenz: Gefängnis-Notizen. edition ost, Berlin 2009. 238 S., 14,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Wenig angetan ist Roland Mischke von Egon Krenz' Gefängnis-Tagebuch, in dem der einstige DDR-Staatsratsvorsitzende seine Eindrücke, Erlebnisse und Gedanken im Knast schildert. Dabei zeigt sich Krenz seines Erachtens vor allem als schlechter Verlierer: Er lamentiert über die Mächtigen, die mit ihm abgerechnet hätten, stellt sich als politisch Verfolgter dar, sieht sich als Opfer der Wiedervereinigung. Zwischendurch scheinen Mischke die Gefängnis-Notizen zwar  unterhaltsam, etwa wenn der Autor erzählt, wie er im Knast das Vorbild gab. Insgesamt aber dokumentiert das Buch für ihn Krenz' Unfähigkeit zu lernen. Sein Fazit: "ein beschämendes und ein trauriges Buch."

© Perlentaucher Medien GmbH