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Die Krise ist allgegenwärtig: Es geht um Finanzen, Wirtschaft, Politik, um das ganze System. Und niemand versteht wirklich, was passiert. Dieses Buch schafft Abhilfe: Der Ökonom und ehemalige Chefredakteur der ZEIT Roger de Weck erklärt die Lage im Europa der Globalisierung. Und er zeigt, ohne Zahlensalat und Wirtschaftsjargon, wie sich der Kapitalismus von Grund auf erneuern muss. Er skizziert eine Marktwirtschaft, die um ihre Unzulänglichkeit weiß und nicht länger systematisch das Kapital privilegiert, die nicht mehr viele Menschen ausgrenzt und natürliche Ressourcen verschwendet. Ein…mehr

Produktbeschreibung
Die Krise ist allgegenwärtig: Es geht um Finanzen, Wirtschaft, Politik, um das ganze System. Und niemand versteht wirklich, was passiert. Dieses Buch schafft Abhilfe: Der Ökonom und ehemalige Chefredakteur der ZEIT Roger de Weck erklärt die Lage im Europa der Globalisierung. Und er zeigt, ohne Zahlensalat und Wirtschaftsjargon, wie sich der Kapitalismus von Grund auf erneuern muss. Er skizziert eine Marktwirtschaft, die um ihre Unzulänglichkeit weiß und nicht länger systematisch das Kapital privilegiert, die nicht mehr viele Menschen ausgrenzt und natürliche Ressourcen verschwendet. Ein spannendes Buch über die Wirtschaft und die Gesellschaft, ihre Irrungen, ihre Chancen - und über unser aller Zukunft.
Autorenporträt
Roger de Weck, geboren 1953 in Freiburg, ist Publizist in Berlin und Zürich. Er war Chefredakteur des Hamburger Wochenmagazins Die Zeit und des Zürcher Tages-Anzeigers. Heute schreibt er für deutsche, französische und Schweizer Blätter Analysen, Kommentare und Kolumnen (u.a. für NZZ am Sonntag, Sonntagszeitung, Tages-Anzeiger Magazin).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.12.2009

Schluss mit den Quartalsberichten!
Roger de Weck entwirft einen anderen Kapitalismus
Eine Folge der Finanzkrise ist jetzt schon absehbar: Das ökonomische Denken wird sich repolitisieren. Die Zeiten, in denen mit Verweis auf die Eigengesetzlichkeit des globalen Marktgeschehens alle sozialen oder moralischen Ansprüche an Wirtschaftsleben und Finanzwesen abgeschmettert werden konnten, sind vorbei. Das von Ronald Reagan und Margaret Thatcher durchgesetzte Denken, das mit dem „Sieg” über den Kommunismus triumphale Züge annahm, war beherrscht von der Überzeugung, „die moralische Steuerung von Wirtschaft” (Luhmann) könne nur dysfunktionale Wirkungen zeigen, ja es ließ am Ende Bankchefs durchdrehen, die wie Rolf Breuer die Finanzmärkte gar als „fünfte Gewalt” der Demokratie verstehen wollten.
Inzwischen entdecken Sozialhistoriker wie Hans-Ulrich Wehler sogar die historische Schule der Nationalökonomie wieder, also jenen Gustav von Schmoller, der die Volkswirtschaft aus konkreten kulturellen und moralischen Voraussetzungen konstruieren wollte. Wer hätte das gedacht! Dass die grundlegende Theorie der Marktwirtschaft von Adam Smith aus einem moralphilosophischen Anliegen entstand, daran erinnert jetzt der Wirtschaftsjournalist Roger de Weck, der in einer Streitschrift einen „anderen Kapitalismus” entwirft.
Auf die fundamentale Unterscheidung seiner Argumentation kommt de Weck erst relativ spät zu sprechen: Er grenzt dort staatliche Regulation von staatlicher Intervention in der Volkswirtschaft ab. Der Staat, der interveniert, wird selbst zum ökonomischen Akteur, ja zum Unternehmer, im schlimmsten Fall verschmilzt er mit der Wirtschaft im sowjetischen Plansystem. Der Staat, der klare und feste Regeln setzt, ist dagegen ein Garant von Markt und Liberalismus. Er nimmt ein Kerngeschäft der liberalen Gesellschaft wahr. Dieser Unterschied wurde und wird von interessierter Seite immer wieder verdunkelt. Nur nichts überregulieren, heißt es, der Staat sei ein schlechter Wirtschafter. Aber das sind zwei verschiedene Dinge. Wer für die Freiheit des Individuums eintritt, wird die Bestrafung des Totschlags nicht als Überregulierung tadeln, sondern als Freiheitsgarantie für alle verstehen.
So stellt de Weck die Machtfrage, die zeigt, wie stark sich zuletzt die Verhältnisse zuungunsten der Staaten verschoben hatten, die nun zur Rettung des globalen Finanzwesens Geld geben müssen, aber bitte nicht zu viel regulieren sollen. Planwirtschaftlich gehen dabei nicht zuletzt große Konzerne vor, die ihre Macht zu Marktbeherrschung und Lohndumping, zum Steuer- und Standortwettbewerb ausnutzen. Die sozialmoralischen Erwägungen, mit denen de Weck einsetzt, werden bei den meisten Lesern offene Türen einrennen. Daher seien sie vor allem Finanzmenschen und Bankangestellten zur Berichtigung ihrer extremistischen Ansichten und zur Verbesserung der Kommunikation mit den Steuerzahlern, die sie jetzt retten mussten, ans Herz gelegt.
Die gute alte Tobin-Steuer
Konkreter und technischer sind Maßnahmen, die de Weck zur liberalen Regulierung der Übermacht des Finanzsektors und großer Konzerne vorschlägt. Dazu zählt, dass Unternehmen und Banken, denen der Staat neues Kapital gibt, enteignet werden, dass spätere Sanierungsgewinne ihm zustehen; „systemrelevante” Unternehmen müssen dem Staat „Versicherungsgebühren” zahlen, die mit der Rendite ansteigen; strukturierte Produkte dürfen nur verkauft werden, wenn die Bank mindestens zehn Prozent davon im eigenen Bestand hält – der Vorgang, dass ein Spitzenbanker wie Hilmar Kopper bekanntgibt, er persönlich habe solche Papiere, die man dummen Rentnerinnen aufschwatzte, selbstredend nie besessen, darf sich nicht wiederholen; auch eine persönliche Haftpflicht für den Konkursfall fordert de Weck.
Interessant ist auch ein Bündel von Maßnahmen zur Entschleunigung, so ein staatliches Verbot der Veröffentlichung von Quartalsberichten und Boni, die sich an der Durchschnittsleistung eines Managers in fünf Jahren bemessen, sowie Steigerung der Dividenden bei längerer Haltung von Papieren. Dass auch die Tobin-Steuer auf Börsentransaktionen, die Steuerung der Geldmenge durch die Zentralbanken mit einer „Vollgeld”-Regelung und die schon von John Maynard Keynes entwickelte Idee einer aus mehreren Währungen zusammengesetzten Leitwährung, die vor allem den Ungleichgewichten im Welthandel entgegenwirken soll, bei de Weck auftauchen, versteht sich fast von selbst.
Vieles lässt sich auf nationaler Ebene nicht verwirklichen, es ist in der Finanzwelt wie beim Klima: Ohne international bindende Abkommen geht es nicht. Kommen sie nicht zustande und kommt die nächste Krise, dürften die Folgen für die Demokratien so unabsehbar sein, dass fürs Klima keine Zeit mehr bleibt. Die Krise seit 2007 sei, resümiert de Weck, eine Folge des Ökonomismus, von „Kapitalismus als Religion”, einer enthemmten Wirtschaftsdoktrin, die Staaten und Gesellschaften zu Anhängseln des Marktes machen. Wirtschaftspolitik heute muss gegen diesen Ökonomismus arbeiten. Die Politik, die Demokratie müssen das Heft wieder in die Hand bekommen. Dann wird alles wieder viel langsamer – Gott sei Dank. GUSTAV SEIBT
ROGER DE WECK: Nach der Krise. Gibt es einen anderen Kapitalismus? Verlag Nagel & Kimche, München 2009. 112 Seiten, 10 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.02.2010

Revision des Kapitalismus?
Fünf Plädoyers für eine (öko)soziale Marktwirtschaft

Die zweite Weltwirtschaftskrise der Moderne ist in allen fünf zu besprechenden Büchern ein zentrales Thema: Sie wird zum einen als Versagen des Kapitalismus und zum anderen als die Folge der Missachtung zentraler Ordnungsregeln der Marktwirtschaft angesehen.

Für Heiner Geißler ist die Weltwirtschaftskrise die Konsequenz eines sich weltweit ausbreitenden Kapitalismus, der der Gier nach Profiten erlegen sei und die menschlichen Werte auf den Kopf stelle. Die Globalisierung attackiert er, weil die internationalen Finanzmärkte demokratische Entscheidungen ersetzt hätten. Sie hätten sich der staatlichen Kontrolle entzogen und seien schließlich zusammengebrochen. Nun müssten die Staaten sie retten.

Seine Therapievorschläge laufen auf internationale Kontrollen der Finanzmärkte und auf eine Abgabe auf weltweite Finanztransaktionen, gemeinhin "Tobin-Steuer" genannt, hinaus. Damit bewegt er sich im Hauptstrom der veröffentlichten Meinung. Zu prüfen wäre freilich, ob die "Tobin-Steuer" Spekulationen unterbinden soll - dann wäre sie eine Lenkungssteuer - oder ob sie Finanztransaktionen steuerlich abschöpfen will. Dann wäre sie eine Aufkommensteuer.

Wenn er bei einem Hebesatz von 0,01 Prozent aus dieser Steuer einen Ertrag von 125 Milliarden Dollar erwartet, um die Millennium-Entwicklungsziele zu finanzieren, zielt er auf eine Aufkommensteuer. Dann werden aber die grenzüberschreitenden Kapitalbewegungen nicht abgewehrt. Trotz der Verdammung des Kapitalismus ist der Markt für Geißler alternativlos. Bei der Frage nach der zukünftigen Konzeption beruft er sich auf Ludwig Erhard, Walter Eucken, Wilhelm Röpke und Alexander Rüstow, angereichert um John Maynard Keynes.

Auch für Ulrich Thielemann gibt es keine Alternative zur Marktwirtschaft, doch will er die Lebenswelt vor den "kolonialisierenden" (Habermas) Übergriffen der Marktlogik schützen. Das global zirkulierende Kapital spiele die Staaten gegeneinander aus. Die Weltwirtschaftskrise sieht er als den Offenbarungseid der Marktlogik. Die Akteure seien auch Getriebene gewesen, da die institutionellen Investoren hohe Renditen hätten sehen wollen. Manche hätten auch um die Brüchigkeit der gehandelten Finanzprodukte gewusst.

Thielemann will die Globalisierung über eine Weltordnungspolitik so zähmen, dass nicht mehr der Wettbewerb die Politik dominiert. Er spricht sich für Protektionismus aus und beruft sich dabei auf Wilhelm Röpke, der für "Dämpfungen" und "Moderierungen" plädiert habe. Doch sah Röpke politische Aktionen nur gerechtfertigt, wenn sie marktkonform waren. Die Logik des Marktes wollte er nicht außer Kraft setzen. Es ist erstaunlich, dass weder Geißler noch Thielemann die fehlende Haftung der Finanzjongleure aufgefallen ist. Eine Marktwirtschaft ohne Haftung, also ohne Rückkopplung von Entscheidung und Ergebnis, kann nicht funktionieren.

Roger de Weck will den Kapitalismus von Grund auf erneuern, doch verwirft er das hektische Werkeln ohne Ordnungsprinzip. Globale Ungleichgewichte hätten die Weltwirtschaftskrise hervorgerufen: Die Exportländer China, Japan und Deutschland hätten der unmäßigen Verschuldung der amerikanischen Volkswirtschaft Vorschub geleistet, bis schließlich das Vertrauen der ausländischen Geldgeber und das Vertrauen der Sparer in diese Geldgeber selbst schwand. Als mentale Ursache habe die Ideologie des übersteigerten Eigennutzes die schiere Gier legitimiert. Die staatlichen Deregulierungen hätten die Schranken und Kontrollen für die weltweiten Kapitalströme abgeschafft.

Doch erwähnt der mit der Welt der Finanzen gut vertraute Roger de Weck nicht die großen Zentralbanken, die in den Vereinigten Staaten, aber auch in der Peripherie der Europäischen Union lange Zeit Geld zum Nulltarif zur Verfügung stellten, wenn man den Refinanzierungszinssatz um die Inflationsrate bereinigt. Sie förderten so den leichtfertigen Umgang mit Geld und ließen die Blasen auf den Immobilienmärkten zu. Auch übergeht er das "Moral-hazard-Verhalten" - nach mir die Sintflut - auf den verschiedenen Stufen des bankmäßigen Verbriefungsprozesses. Hier sind die Hebel zur Vermeidung zukünftiger Finanzkrisen anzusetzen. Wenn de Weck den Kapitalismus als ökosoziale Marktwirtschaft erneuern will, ist er ganz nah beim Ordoliberalismus: Alfred Müller-Armack wollte bereits vor fünfzig Jahren Wirtschaft und Umwelt in ein harmonisches Gleichgewicht bringen.

Für Norbert Walter hat die Weltwirtschaftskrise gezeigt, dass zentrale Werte unserer Kultur - Anständigkeit, Fairness, Verantwortungsbewusstsein - immer weniger gelten. Um die Eigenliebe nicht übermächtig werden zu lassen, sondern in den Dienst des Gemeinwohls zu stellen, greift er auf Adam Smith zurück. Es sei wichtig, im familiären Umfeld das dem Menschen ursprünglich innewohnende Mitgefühl für den Nächsten zu stärken. In größeren und komplexeren Gruppen müssten Belohnungen und Sanktionen hinzutreten, um die Eigenliebe zu kanalisieren. Schließlich müsse ein Rechtssystem Fehlverhalten sanktionieren. Aus dieser Perspektive lässt sich dann auch die Entwicklung von Gier und Verantwortungslosigkeit erklären und nach entsprechenden Abhilfen forschen.

In der Globalisierung sieht Walter die Quelle für weltweite Wohlstandsmehrung, insbesondere für Entwicklungsländer, wenn die Industrieländer ihre Märkte öffneten und sich vom Agrarprotektionismus lösten. Der Druck, der von der Globalisierung auf nationale Regierungen ausgehe, sei heilsam, weil eine ineffiziente Sozialpolitik schneller als solche identifiziert und sanktioniert werde. Aber ohne drei zentrale Institutionen und Werte - Familie, privates Eigentum und Aufrichtigkeit - könne keine Gesellschaft erfolgreich überleben.

Marc Beise attackiert eine vergiftete Sprache, die in die Schimpfworte Kapitalismus oder Neoliberalismus alle Übel dieser Welt hineinmische. Weil die Strukturen verwischt würden, werde argumentativer Schaden angerichtet. Er stimmt ein anderes Lied an: "Lasst uns froh und neoliberal sein." Der Begriff Neoliberalismus sei von Alexander Rüstow auf dem "Colloque Walter Lippmann" in Paris (1938) geprägt worden, um die dort von Röpke und ihm entwickelte Konzeption des Liberalismus gegen den Laissez-faire-Kapitalismus abzugrenzen.

Die Neoliberalen - unter ihnen besonders Walter Eucken - hätten ein System konstituierender und regulierender Prinzipien für eine marktwirtschaftliche Ordnung entwickelt, die die Exzesse in der Finanzwelt nicht hätten aufkommen lassen. Ein Währungsstabilisator und Haftung als Vorkehrungen gegen eine monetäre Gefälligkeitspolitik und gegen eine Verschleuderung von Kapital hätten von vornherein die beiden Kardinalfehler, Politik des leichten Geldes und fehlende Verantwortung als Ursachen für die Weltwirtschaftskrise, ausgemerzt. Als Abhilfe empfiehlt er einen Dreisprung: erstens Rettungspakete für die Banken - er fügt sich da grimmig ins Unabwendbare; zweitens das Haftungsprinzip, um Stabilität ins Bankensystem zu bringen; drittens die Entlassung der Bürger aus der sozialen Bevormundung.

Es ist interessant zu sehen, dass uns alle Autoren für die Gestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft bekannte Konzepte wie die (öko)soziale Marktwirtschaft vorschlagen. Freilich hätte man sich gewünscht, dass die Kapitalismuskritiker uns gesagt hätten, ob sie die Soziale Marktwirtschaft Erhardscher Provenienz meinen oder ob sie den interventionistischen Wohlfahrtsstaat ausbauen wollen.

JOACHIM STARBATTY

Der Verfasser ist Vorsitzender des Vorstands der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft e.V. in Tübingen.

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Zustimmend hat Rezensent Gustav Seibt diese "Streitschrift" für einen anderen Kapitalismus des Wirtschaftsjournalisten Roger de Weck gelesen. Er unterstreicht die Unterscheidung zwischen staatlicher Regulation und staatlicher Intervention in der Volkswirtschaft, die der Autor trifft. Deutlich wird für ihn, wie sehr sich zuletzt die Verhältnisse zuungunsten der Staaten verschoben hatten. Gerade mit seinen sozialmoralischen Überlegungen wird de Weck nach Ansicht Seibts bei vielen Lesern "offene Türen einrennen". Demgegenüber "konkreter und technischer" scheinen ihm die Vorschläge des Autors zur Regulierung der Übermacht des Finanzsektors und großer Konzerne. In diesem Zusammenhang hebt er auch Maßnahmen zur Entschleunigung und die kritische Auseinandersetzung mit einem enthemmten Ökonomismus hervor. Seibts Fazit: "Die Politik, die Demokratie müssen das Heft wieder in die Hand bekommen."

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