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Als man dem kleinen Dschaladat die Flöte zum ersten Mal in die Hand drückt, entlockt er ihr sofort Klänge, die alle verzaubern. Der alte Sufi Ishaki Lewzerin nimmt ihn und seinen Freund in die Berge mit, um sein geheimes Wissen weiterzugeben.
Als der Krieg und die Bombardements beginnen, wandern die drei Flötisten von Dorf zu Dorf. In einer riesigen, namenlosen Stadt der Bordelle muss Dschaladat in einer Tanzkapelle seine ganze Kunst des Flötenspiels wieder verlernen, um nicht aufzufallen. Das rätselhafte Mädchen Dalia beschützt ihn, weiht ihn ein in ihre Geheimnisse und führt ihn auf einen…mehr

Produktbeschreibung
Als man dem kleinen Dschaladat die Flöte zum ersten Mal in die Hand drückt, entlockt er ihr sofort Klänge, die alle verzaubern. Der alte Sufi Ishaki Lewzerin nimmt ihn und seinen Freund in die Berge mit, um sein geheimes Wissen weiterzugeben.

Als der Krieg und die Bombardements beginnen, wandern die drei Flötisten von Dorf zu Dorf. In einer riesigen, namenlosen Stadt der Bordelle muss Dschaladat in einer Tanzkapelle seine ganze Kunst des Flötenspiels wieder verlernen, um nicht aufzufallen. Das rätselhafte Mädchen Dalia beschützt ihn, weiht ihn ein in ihre Geheimnisse und führt ihn auf einen Weg in die Tiefen seines Landes, der unsere Vorstellungskraft übersteigt.

Der monumentale Roman einer Welt, in der der Tod allgegenwärtig ist und die Künste ungeahnte Rettung bringen.
Autorenporträt
Bachtyar Ali,
Bachtyar Ali wurde 1966 in Sulaimaniya (Nordirak) geboren. 1983 geriet er durch sein Engagement in den Studentenprotesten in Konflikt mit der Diktatur Saddam Husseins. Er brach sein Geologiestudium ab, um sich der Poesie zu widmen. Sein erster Gedichtband Gunah w Karnaval (Sünde und Karneval) erschien 1992. Sein Werk umfasst Romane, Gedichte und Essays. Er lebt seit Mitte der Neunzigerjahre in Deutschland. 2017 wurde er mit dem Nelly-Sachs-Preis ausgezeichnet.

Peschawa Fatah,
Peschawa Fatah ist 1983 im kurdischen Teil des Irak geboren. Nach der Primarschule in Sulaimaniya besuchte er die Sekundar- und Wirtschaftsmittelschule in Luzern, Schweiz. Seit 2007 arbeitet er als Dolmetscher und Übersetzer für die Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch und Kurdisch. Seine Übersetzungen von literarischen und philosophischen Texten, Essays, und Interviews erscheinen in verschiedenen kurdischen Zeitungen und Zeitschriften. Er übertrug zahlreiche Werke ins Kurdische (Sorani), unter anderem von Franz Kafka, Bernard Schlink, Pascal Mercier, Sherko Fatah, Le Clézio.

Hans-Ulrich Müller-Schwefe,
Hans-Ulrich Müller-Schwefe, Lektor, arbeitet seit 1975 im Suhrkamp Verlag und nun auch für andere Verlage. Er lebt in Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.10.2017

Auf der Suche nach der verlorenen Seele der Welt
Bachtyar Alis zweiter Roman „Die Stadt der weißen Musiker“ ist ein aufgeblähtes Epos geworden
Manche Menschen mag die Vorstellung beruhigen, dass einer alle Sünden auf sich nimmt. Dass es einen Ort gibt, an dem die Toten Frieden finden, und dass irgendwo jemand die Fäden zieht und den Überblick hat. Für diese Menschen mag Bachtyar Alis Roman „Die Stadt der weißen Musiker“ das richtige Buch sein.
Als Autor des ersten irakisch-kurdischen Romans in deutscher Übersetzung wurde Bachtyar Ali im vergangenen Jahr für „Der letzte Granatapfel“ gefeiert. Der Unionsverlag hat nun rasch ein zweites Buch übersetzen lassen, von einem neuen Team: Peschawa Fatah und Hans-Ulrich Müller-Schwefe haben den als Epos angelegten Roman, der wieder vom Schicksal der irakischen Kurden im 20. Jahrhundert erzählt, ins Deutsche übertragen.
War die Triebkraft des letzten Romans die Suche eines Vaters nach seinem Sohn, ist es dieses Mal die Suche eines außergewöhnlich begabten Jungen namens Dschaladati Kotr, dessen Flötenspiel „die Mauern des Todes zu sprengen“ vermag, nach seiner Bestimmung. Eigentlich aber sucht er nach der Seele der Welt.
Das ist aber schon der Überbau. Auf dem Papier ist „Die Stadt der weißen Musiker“ erst mal eine Art Heiligengeschichte, inklusive Stigmata. Und auch: eine Fantasie über Reinheit, Ehre und Opferbereitschaft. Schließlich noch eine Erlösungsgeschichte als Parabel über die Kraft der Kunst. Und zum Schluss handelt der Roman dann, in einer seiner stärksten Szenen, von etwas ganz anderem, nämlich von Gerechtigkeit. Vielleicht aber ist er zu guter Letzt doch eher ein philosophisches Spiel über die Konkurrenz zwischen Schönheit und Wahrheit?
„Die Stadt der weißen Musiker“ will alles auf einmal sein. Das führt dazu, dass sich Bachtyar Alis Figuren ständig verwandeln müssen und zunehmend an Überzeugungskraft verlieren, begonnen mit dem eitlen Schriftsteller, der am Flughafen von einer Erscheinung aus ebenjener sagenumwobenen weißen Stadt heimgesucht wird, dem für Musiker reservierten Totenreich. Er wird zu Dschaladati Kotr geführt und damit beauftragt, dessen Geschichte aufzuschreiben. Dschaladat ist ein Auserwählter, ein tumber Tor, den früh ein heiliges Licht, später ein Schwarm heiliger Vögel umgibt. Ihm zur Seite stehen neben diversen Lehrmeistern, Boten und anderen Romanabschnittsbegleitern vor allem eine Prostituierte, die Miniatur-Engel sieht, ein Arzt, der ein geheimnisumwobenes Bild in einem noch geheimeren Keller hütet, und ein reuiger Schlächter, ein Oberst, der nach Orangen duftet. Das ist ein buntes Ensemble, wie man es auch aus lateinamerikanischen Romanen kennt. Letztere stehen bekanntlich für eine weltliterarische Tradition, die auf eine bestimmte Weise, meistens aus dem Exil, also auf der Schwelle zwischen Leben und Tod geschrieben, von Krieg, Folter und kollektiven Traumata erzählt: Magischer Realismus ist das Stichwort.
Es gibt ihn längst in der arabischen Welt. In Bezug auf Ali wäre als Vorbild zum Beispiel der Roman „Der letzte der Engel“ zu nennen, den der ebenfalls im Nordirak geborene, allerdings arabische Schriftsteller Fadhil al-Azzawi Anfang der 90er-Jahre schrieb. Was bei diesem aber eine Erlösungssatire ist, wirkt bei dem auf Kurdisch schreibenden Bachtyar Ali trotz postmoderner Spielereien ernst gemeint: die Hoffnung auf Trost und der Glaube an den erzählenden Menschen. Wie sonst sollte man das weihevolle Präteritum verstehen, in dem Ali durch den zweiten irakisch-kurdischen Krieg, den Iran-Irak-Krieg und den Bürgerkrieg der 90er-Jahre führt? Wie sonst diese Hauptfigur begreifen, die „Schönheit und Liebe“ retten soll, deren Archetypen man aus der Bibel, aus Wolfram von Eschenbachs „Parzival“, aus der griechischen Antike und, in verjüngten Formen, aus J. R. R. Tolkiens „Herr der Ringe“ oder Michael Endes „Unendliche Geschichte“ kennt.
Man kann, in Sicherheit und fern der Katastrophen aufgewachsen, schnell Abneigung empfinden, wenn literarisch an der Erlösung gearbeitet wird. Aber ist die bloße, noch vom Kahlschlag des deutschsprachigen Erzählens herrührende Beschreibung dessen, was ist, die also rein rationale Einsicht in den dunklen Grund der Welt so viel weniger naiv? Sich auf das Argument zurückzuziehen, man hätte das doch schon alles gehabt, ist schwach. Bachtyar Alis leider viel zu aufgeblähter Roman wäre ein Anlass, um zum Beispiel mit jüngeren Autoren wie den Syrern Hamed Abboud („Der Tod backt einen Geburtstagskuchen“, erschienen 2017) und Nather Henafe Alali, der mit poetischen Kolumnen im Spiegel aufgefallen ist und gerade an einem Roman arbeitet, sowie mit ihren Übersetzerinnen darüber zu reden, wie sie sich in welchen erzählerischen Traditionen verorten und auf welche Weise sie aufgrund ihrer Erfahrungen mit ihnen brechen wollen und vielleicht müssen.
INSA WILKE
Ein buntes Figurenensemble
tritt auf, wie aus
lateinamerikanischen Romanen
Schnell lässt sich Abneigung
empfinden, wenn literarisch
an der Erlösung gearbeitet wird

Bachtyar Ali: Die Stadt der weißen Musiker. Roman. Aus dem Kurdischen (Sorani) von Peschawa Fatah und Hans-Ulrich Müller-Schwefe. Unionsverlag, Zürich 2017. 432 Seiten, 22,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Insa Wilke nimmt den Erlösungsroman des irakisch-kurdischen Autors Bachtyar Ali zum Anlass, sich mit jüngeren Autoren aus dem Nahen Osten zu befassen. Der Magische Realismus, wie Ali ihn in seinem neuen Buch pflegt, ist nur eine Art des Erzählens aus diesem Kulturraum, meint Wilke. Erlösung, Hoffnung auf Trost und der Glaube an die Macht des Erzählens scheinen ihr trotz aller Vorbehalte durchaus legitime Motive für einen Roman. Problematisch findet sie an Alis Epos um die Suche nach einem flötenspielenden Jungen die thematische Überfrachtung. Es geht um Gerechtigkeit, Schönheit, Wahrheit und die Kraft der Kunst, außerdem um Ehre, Opferbereitschaft und Fantasie.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Bachtyar Ali, in seiner kurdischen Heimat ein Star, erfindet mit Dschaladat einen Simplicissimus des Orients. Virtuos verbindet er Erzähltechniken der westlichen Moderne mit orientalischen Erzähltraditionen und eindringlichen Bildern. Mühelos verhandelt er große Fragen: Wer ist wichtig, Dschaladat oder der Schriftsteller, der seine Geschichte niederschreiben soll? Der Held oder sein Erzähler? Die Wahrheit oder die Freiheit der Kunst? Kann ein reuiger Henker Erlösung finden? Wie erlangen die Opfer Gerechtigkeit, ohne Rache, die den Strudel der Gewalt fortsetzt? Und was können Kunst und Musik inmitten von Grausamkeit?« Cornelia Zetzsche Bayerischer Rundfunk