Marktplatzangebote
26 Angebote ab € 0,80 €
  • Buch mit Leinen-Einband

Emoticon‹ handelt von der komplizierten Freundschaft zweier Frauen: Ester und Lola, die ein halbes Leben lang alles miteinander geteilt haben – die Liebe, die Männer, die Eifersucht, das Mißtrauen, die Neugier auf Israel, die Liebe zu einem Kind namens Daniel, Lolas Kind. ›Emoticon‹ ist die Geschichte dieses Daniel, der zum Jugendlichen heranwächst, sich von seiner ersten großen Liebe enttäuscht fühlt, der vor allem aber eine Sehnsucht hat: seinen Vater, einen Israeli, kennenzulernen, was die Mutter ihm bislang verwehrt hat. In zweiter – hart kontrastierender – Linie ist der Roman zugleich die…mehr

Produktbeschreibung
Emoticon‹ handelt von der komplizierten Freundschaft zweier Frauen: Ester und Lola, die ein halbes Leben lang alles miteinander geteilt haben – die Liebe, die Männer, die Eifersucht, das Mißtrauen, die Neugier auf Israel, die Liebe zu einem Kind namens Daniel, Lolas Kind. ›Emoticon‹ ist die Geschichte dieses Daniel, der zum Jugendlichen heranwächst, sich von seiner ersten großen Liebe enttäuscht fühlt, der vor allem aber eine Sehnsucht hat: seinen Vater, einen Israeli, kennenzulernen, was die Mutter ihm bislang verwehrt hat. In zweiter – hart kontrastierender – Linie ist der Roman zugleich die Geschichte von Aischa, einer Palästinenserin und radikalen Aktivistin Mitte zwanzig aus Ramallah, die die Verzweiflung über die Misere ihres Volkes zum Äußersten treibt. Sie möchte für die Weltöffentlichkeit ein Zeichen setzen, und das Schicksal spielt ihr die Gelegenheit dazu in die Hände: Aischa lockt einen niederländisch-israelischen Jungen – Daniel! – in eine tödliche Falle. Ihr Lockmittel: das Internet und seine Zeichensprache, die Emoticons. Der Roman handelt last, not least von einem faszinierenden, vitalen, zerrissenen Land, das nicht zur Ruhe kommen kann. Er besticht durch seine komplexe und dennoch atemberaubende Dramaturgie, die den Leser bis zur letzten Seite in Hochspannung hält.
Autorenporträt
Jessica Durlacher, geb. 1961 in Amsterdam, hat als Literaturkritikerin für diverse Zeitungen und Zeitschriften gearbeitet und eine Reihe von Anthologien herausgegeben, die der Prosa von Autoren ihrer eigenen Generation gewidmet sind. Darüber hinaus übersetzte sie 'Maus I + II' von Art Spiegelman ins Niederländische. Für "Der Sohn" erhielt sie bereits den Opzij-Literaturpreis 2010 als bestes Buch des Jahres. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in Bloemendaal und in Kalifornien.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mit einem geglückten "Kunstgriff" gelinge der Autorin, das Thema des israelisch-palästinensischen Konflikts überzeugend darzustellen, lobt Julia Bähr. Daniel, der in Amsterdam aufgewachsen ist, ist eine nachvollziehbare Figur für europäische Leser. Zudem schlage sich die Autorin nicht auf eine Seite, sondern ergreife sozusagen für alle Parteien Partei. Neben den parallelen Handlungssträngen der Palästinenserin Aischa, die Daniel übers Internet in eine Falle locken will, und der tragischen Freundschaft von Daniels Mutter Lola mit Ester gelinge der Autorin ganz nebenher eine positiv gestimmte Hommage an Jerusalem und seine Einwohner.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.05.2006

Ein perfides Spiel
Jessica Durlacher stellt ihren Roman „Emoticon” vor
Es gibt viele Gründe, der Sprache nicht über den Weg zu trauen. Aischa aus Ramallah hat das bittere Gefühl, dass über die Sache der Palästinenser bloß geredet, aber nicht genügend getan wird. Ester, eine junge Jüdin aus den Niederlanden, versucht, mit Worten den Holocaust zu fassen und weiß doch, dass es nicht gelingen kann. Und Daniel, der unglücklich verliebte 17-Jährige, übersetzt die ihm fremde Sprache der Gefühle sicherheitshalber in Symbole, in „Emoticons”, die Zeichenkombinationen des E-Mail- und SMS-Jahrtausends.
„Emoticon”, so heißt auch der neue Roman von Jessica Durlacher über das tragische Ineinandergreifen der Geschichten von Aischa, Ester und Daniel, und mit seinen fast 500 Seiten ist er alles andere als eine Kapitulation vor der Ohnmacht der Sprache. Wobei Durlacher - trotz ihrer Erfolge nicht nur in ihrer niederländischen Heimat - auf sympathische Weise skeptisch geblieben ist, was die Strahlkraft ihrer Worte betrifft. „Jeder Satz, jedes Buch ist immer nur ein Versuch, die Geschichte, die einen als Autor selbst berührt, dem Leser nahe zu bringen”, sagt die Ehefrau von Kollege Leon de Winter - eine Verbindung, die anfangs hilfreich gewesen sein mag; inzwischen hat sie sich freigeschrieben aus dem Schatten des Bestseller-Gefährten.
Die Geschichte, die Jessica Durlacher berührt hat, war in diesem Fall eine Zeitungsnotiz. Eine junge Palästinenserin bandelt via Internet mit einem jungen Israeli an - und spielt ein perfides Spiel. Der Junge wird in eine Falle gelockt und erschossen. Die Meldung hat Durlacher schockiert, sie hat Kontakt mit der Mutter der jungen Frau aufgenommen, sich das Familien-Fotoalbum zeigen lassen. „Ich wollte ganz tief in diese Sache hineingehen und versuchen, nachzuempfinden, was das eigentlich bedeutet: So etwas zu tun. Und was es für die andere Familie bedeutet, den Sohn zu verlieren.” Gleichzeitig hat die Autorin in dem dramatischen Verbrechen den inneren Kern eines schon länger geplanten Romans über zwei ungleiche Freundinnen gefunden. Also hat sie die Geschichten verwoben: von Aischa, der radikalen Aktivistin aus Ramallah, die verzweifelt versucht, sich einen Platz als Frau unter vielen Brüdern zu erobern; von den Freundinnen Ester und Lola, die als Jugendliche neugierig ein heute seltsam entrückt erscheinendes Israel im Kibbuz erkundeten; und von Daniel, Lolas Sohn, der die Liebe der beiden Frauen zu Israel teilt und sie mit dem Leben bezahlen muss.
Präzision, Detailreichtum: Das nennt Durlacher als wichtiges Rüstzeug für einen guten Schriftsteller, und sie setzt ihre Forderung selbst um. Die genauen Recherchen, das Wissen um die Bedeutung von Zwischentönen merkt man dem Roman an. Die Autorin untersucht, sie urteilt nicht. Dass man sie dabei gerne begleitet, hat natürlich auch damit zu tun, dass das, was sie als „Versuch” bezeichnet, in Wahrheit ziemlich virtuoses Erzählen ist. (Durlacher liest heute, 20 Uhr, im Literaturhaus.)
ANNE GOEBEL
Schockierende Recherchen: Autorin Jessica Durlacher. Foto: Glaser Photosell
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.06.2006

Chat auf dem Vulkan
Fallensteller: Jessica Durlachers Roman über den Nahost-Konflikt

Rosen und Atombomben sehen sich recht ähnlich. Zumindest bei den sogenannten "Emoticons", die bei Unterhaltungen im Internet verwendet werden. Aus Strichen, Klammern, Pfeilen und anderen Zeichen, die eine gewöhnliche Tastatur hergibt, bauen die "Chatter" zwinkernde Gesichter, verteilen Küsse, Umarmungen oder eben Rosen. Auf diese Weise tauschen Menschen Zärtlichkeiten aus, die sich womöglich noch nie begegnet sind und nie begegnen werden, und bauen eine Intimität auf, die trügerisch sein kann. Daß die Beteiligten oft ganz andere Lebensläufe und Absichten haben, als sie vorgeben, und eine vermeintliche Rose am Ende doch eine menschliche Katastrophe nach sich ziehen kann, liegt dabei in der Natur des Mediums.

Diese Tücken der Internet-Bekanntschaften erreichen in Jessica Durlachers Roman "Emoticon" einen traurigen Höhepunkt. Hier wird ein alter Konflikt mit modernen Mitteln ausgetragen: Die junge Palästinenserin Aischa gibt sich als Israeli aus, um Daniel, einen siebzehnjährigen Niederländer und Halbisraeli, in eine Falle zu locken. Sie gaukelt ihm mit Hilfe der Emoticons Verliebtheit vor und stellt ihm ein sexuelles Abenteuer in Aussicht.

Die aggressive Rolle spielt hier also zunächst einmal eine Palästinenserin, doch Jessica Durlacher will mit ihrem Roman keine eindeutige Position im Nahost-Konflikt beziehen. Über weite Strecken des Romans stehen die Sichtweise der Israelis und die der Palästinenser gleichberechtigt nebeneinander. Dabei beweist die Autorin erzählerische Raffinesse. Aischa und Daniel sind beide gebildet und ambitioniert, aber nach üblichen Maßstäben müßte Daniel der Sympathieträger sein. Denn er ist nicht nur das Opfer, sondern auch noch der Augenstern zweier anderer Hauptfiguren des Romans, seiner Mutter Lola und ihrer Freundin Ester, die den Jungen nach Israel begleitet hat. Die symbiotische und doch selbstzerstörerische Freundschaft, die die beiden Frauen seit Jahrzehnten miteinander verbindet, bildet die Parallelhandlung des Romans.

Der Leser erfährt von Daniels erster Verliebtheit, seinem anfänglichen Sträuben gegen die Bar-Mizwa und seiner plötzlichen Hinwendung zu jüdischen Vereinen, die in leidenschaftlichen Zionismus mündet. Aischa hingegen hat die Intifada schon als Elfjährige mit Steinwürfen und später mit Zeitungsartikeln angeheizt. "Das also geschieht hier mit einem, dachte sie, daß sich jemand wie der nervöse, unbeholfene, brave Ibrahim genötigt sieht, mit entschlossen zusammengebissenen Zähnen eine Bombe auf seinem Bauch hochgehen zu lassen." Die Autorin läßt Aischa in seitenlangen E-Mails einer japanischen Internet-Freundin alles erzählen: vom Haß auf die Mörder ihrer Freunde, vom Freiheitsdrang beim Anstehen an den Grenzkontrollen. Weil Durlacher Aischas Geschichte so detailliert behandelt, kann der Leser viele ihrer Handlungen verstehen - zumindest, bis sie ihr böses Spiel mit Daniel treibt.

Was "Emoticon" von anderen Romanen mit der gleichen Thematik unterscheidet, ist der Kunstgriff, mit Daniel eine starke Identifikationsfigur für europäische Leser zu schaffen. Hier ist der Nahost-Konflikt nicht ganz weit südlich auf der Landkarte und findet zwischen oft fremd erscheinenden Kulturen statt, sondern er beginnt gleich bei Amsterdam. Dort wächst Daniel wohlbehütet auf und will anfangs gar nichts vom Judentum wissen. Erst nachdem seine erste große Liebe ihn verlassen hat, stürzt er sich in religiöses Engagement, will seinen jüdischen Vater kennenlernen und reist nach Israel, um als Freiwilliger der Armee zu helfen.

Neben dem Geschehen in Jerusalem wird von der Freundschaft von Daniels Mutter Lola und Ester erzählt. Je länger die beiden sich kennen, um so verquerer wird ihr Verhältnis, und obwohl sich ihre Wege immer wieder kreuzen, stoßen sie sich unentwegt ab: eine innige Haßliebe. Die Verstrickung ihrer Lebensläufe gipfelt in der Entdeckung Esters, daß ihre nie vergessene Urlaubsliebe sie mit Lola betrog und Daniel zeugte. Am Ende finden die Frauen ein glückliches Leben in verschiedenen Ländern und halten nur sporadischen Kontakt. Das ist zwar eine Metapher für den Nahost-Konflikt, wirkt aber im Buch wie ein Fremdkörper.

Jessica Durlacher hat erkannt, daß es nahezu unmöglich ist, beim Schreiben über das zerrissene Jerusalem keine Partei zu ergreifen. Sie löst dieses Problem, indem sie alle ergreift: die Partei der Israelis, die der Palästinenser, die der kaum involvierten Mütter, die ihre Söhne verlieren, und nicht zuletzt die der gebeutelten Stadt. Denn nebenbei beschreibt sie liebevoll und mit hoffnungsvollem Unterton die Schönheit und verblüffende Lebendigkeit Jerusalems, dessen Einwohner sich schon so lange darin üben, ihr Leben als Tanz auf dem Vulkan zu führen.

JULIA BÄHR

Jessica Durlacher: "Emoticon". Roman. Aus dem Niederländischen übersetzt von Hanni Ehlers. Diogenes Verlag, Zürich 2006. 479 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr
»Die niederländische Autorin Jessica Durlacher ist eine grandiose Schriftstellerin.« Brigitte Brigitte