Das Weinen zieht sich durch den Roman der jungen lettischen Autorin Dace Ruksane wie ein roter Faden, ein sich rhythmisch wiederholendes Motiv, ja ein Gesang, der für Gefühle, starke Gefühle steht. Ist das lettisch? Oder eher typisch Katrina, die sich dem Leben mit voller Wucht aussetzt, dafür aber auch von nichts verschont wird. Kein Wunder, daß sie aus dem Weinen nicht mehr herauskommt, denn »früher oder später findet sich ja für jeden etwas, worüber er weinen kann«. Und dabei ist die Welt so schön: es gibt Wlad, der allein weiß, wo die roten Margeriten blühen, es gibt Sergej, der den Akzent der lettischen Frauen liebt, und vor allem gibt es Oleg. »Olegs Lippen schmecken nach Honig. Olegs Hals duftet nach Bienenstock. Oleg hat einen klebrigen Bauch und süße Leisten. Olegs Nabel ist eine große Wabe. Olegs Schoß ist ein zarter Nektartropfen. Oleg klebt an Katrina fest und geht nicht mehr ab.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Hinreißend findet Peter Urban-Halle diesen Roman über die erste Liebe, den die lettische Autorin Dace Ruksane vorgelegt hat. Anders als ihr 2002 in Riga erschienenes Prosadebüt, das wegen seiner sexuellen Freizügigkeit einer der größten Skandale der lettischen Literaturgeschichte war, geht nach Ansicht des Rezensenten hier wesentlich diskreter zu. Zwar spielt Sexualität auch in "Warum hast du geweint" eine wichtige Rolle. Aber die intimen Passagen hier hält Urban-Halle auch wirklich für "intim". Gerade diesen Szenen bescheinigt er "viel Erfahrung und trotzdem noch Begeisterung". Darin besteht für ihn das "Wunder dieses Buchs". Die post-sowjetische Realität Anfang der neunziger Jahre, inklusive der nach Riga rollenden Panzer, scheint Urban-Halle "natürlich präsent". Zugleich unterstreicht er, dass Ruksane zu einer Generation gehöre, deren eigenes Innenleben Spannenderes verspreche. Kritisch sieht er allenfalls, dass die Autorin am Schluss des Romans nicht ganz zu einem gelungenen Ende kommt und sich ein wenig in "weitschweifiger Tagebuchprosa" verliert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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