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Mit siebzehn verliebt sich die schöne Sidonie Csillag - geboren im Jahr 1900 als Tochter einer jüdischen Familie des Wiener Großbürgertums - in eine stadtbekannte Nobelprostituierte aus dem preußischen Hochadel. Ihr Vater schickt Sidi deshalb zu Sigmund Freud, wo sie einer der berühmten dokumentierten Fälle wird - ein Sensationsfund für alle Freud-Interessierten. Nach der Verwicklung in eine Giftmordanklage, deren Ausläufer in rechte Politikerkreise und in das Lila Berlin der Anita Berber führen, empfindet Sidi erstmals große Zuneigung zu einem Mann, doch diese Beziehung ist durch den frühen…mehr

Produktbeschreibung
Mit siebzehn verliebt sich die schöne Sidonie Csillag - geboren im Jahr 1900 als Tochter einer jüdischen Familie des Wiener Großbürgertums - in eine stadtbekannte Nobelprostituierte aus dem preußischen Hochadel. Ihr Vater schickt Sidi deshalb zu Sigmund Freud, wo sie einer der berühmten dokumentierten Fälle wird - ein Sensationsfund für alle Freud-Interessierten. Nach der Verwicklung in eine Giftmordanklage, deren Ausläufer in rechte Politikerkreise und in das Lila Berlin der Anita Berber führen, empfindet Sidi erstmals große Zuneigung zu einem Mann, doch diese Beziehung ist durch den frühen Tod des Geliebten zum Scheitern verurteilt. Es folgen eine von der Gesellschaft erzwungene Heirat, die Emigration nach Kuba zur Zeit des NS-Regimes, die Rückkehr in ein zerstörtes Wien und weitere Reisen ins Ausland, wobei die Liebe zu schönen Frauen stets bestimmend bleibt. Ein erfülltes Leben zwischen allen Normen und gekennnzeichnet von der Wechselhaftigkeit der Geschichte geht 1999 zu Ende.
Autorenporträt
Diana Voigt, Studium der Germanistik und Theaterwissenschaften. Langjährige Tätigkeit im österreichischen Verlagswesen und bei internationalen Agenturen. 1996 Eröffnung der Literarischen Agentur Diana Voigt in Wien. Mitherausgeberin von Von Frau zu Frau (mit Hilde Jawad-Estrak, 1990) und Mit Würde und Feuer (mit Karin Rick, 1993).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.10.2000

Durchs Lorgnon der Geschichte
Ines Rieder und Diana Voigt erzählen von der Jahrhundert-Frau Sidonie C.
Ein Fall für Professor Sigmund Freud: Eine Tochter aus gutem Hause hat sich in eine skandalumwitterte Nobelhure, Leonie Puttkamer, verliebt. Was sie erlebt hat, kleidet sie für ihn in der Berggasse 19 in Träume: „Durch irgendeinen leisen Eindruck gewarnt, erklärte ich ihr eines Tages, ich glaube diesen Träumen nicht . . . Bei unserer Träumerin stammte die Absicht, mich irrezuführen, wie sie es beim Vater zu tun pflegte, gewiss aus dem Vorbewussten, wenn sie nicht etwa gar bewusst war; sie konnte sich nun durchsetzen, indem sie mit der unbewussten Wunschregung, dem Vater (oder Vaterersatz) zu gefallen, in Verbindung trat, und schuf so einen lügnerischen Traum. ” Noch ein Dreivierteljahrhundert später wird sie sagen, Freud sei ein Trottel gewesen, weil er ihr auf den Leim ging. Doch hatte Freud sie doch durchschaut: „Als ich ihr einmal ein besonders wichtiges und sie nahe betreffendes Stück der Theorie auseinander setzte, äußerte sie in unnachahmlicher Betonung: Ach, das ist ja sehr interessant, wie eine Weltdame, die durch ein Museum geführt wird und Gegenstände, die ihr vollkommen gleichgültig sind, durch ein Lorgnon in Augenschein nimmt . . .”
Es muss diese Gleichgültigkeit gewesen sein, die diese Venus im Pelz so an ihrem Rosenkavalier Sidonie Csillag – so nennen die Autorinnen ihre Heldin – gereizt hat, denn „manchmal an diesen Nachmittagen reitet die Baronin der Teufel – sie möchte Sidi erröten sehen, verlegen herumwetzen sehen; sie möchte einmal wissen, wie es ist, wenn ihre edle reine Galanin das Kribbeln im Bauch und zwischen den Beinen spürt und nicht wissen wird, was tun. ” Dann lässt sie sich vorlesen aus einem abgegriffenen Büchlein: Josefine Mutzenbacher. Die Lektüre dient zu Sidonies Aufklärung. „Und vielleicht ist es ja auch die einzige Art, wie die beiden Frauen die immer schwülere Atmosphäre im Dunkelgrün, Burgunderrot und Gold von Leonies orientalischer Ecke ausleben können. ” Erst 16 Jahre später, nach einem Giftmörderskandal, werden sie sich in Berlin lieben, es wird das letzte Mal sein.
Die Wienerinnen Ines Rieder und Diana Voigt haben die jüdische Großbürgerin Sidonie C. am Ende ihres fast hundertjährigen Lebens kennengelernt. Aus Tonbandprotokollen haben sie respektvoll-zärtlich ihr Jahrhundertleben zwischen den Geschlechtern rekonstruiert. Eine Reise durch das 20. Jahrhundert mit Stops in Cuba, Rio, Bangkok, Berlin, New York. Eine Reise, die geprägt ist von einer unstillbaren Sehnsucht nach „Perfume and Pain”, ihrem Aphrodisiakum: „Wenn es zum Klappen kommt, ist es vorbei”, sagt sie sich immer wieder. Ihre drei großen Lieben, Leonie, Wjera und Monique, sind für die Traumwandlerin festgefroren in Raum und Zeit.
Mitte des Jahrhunderts verlässt sie die Neue Welt, die sie politisch-ahnungslos erst in letzter Minute angesteuert hatte, wieder: „Eine letzte Umarmung, zwei schnelle Küsse, dann geht Sidonie, neun Jahre nachdem der rissige Boden einer Anlegestelle ihr eine neue Heimat ankündigte, wieder einen Pier hinunter, nur in Begleitung ihres Hundes, um einen Kontinent hinter sich zu lassen, einen anderen anzusteuern und die Umrundung der Welt, die ihr von der Geschichte aufgezwungen worden war, abzuschließen. ” Ein halbes Leben wird noch vor ihr liegen, als Vagabundin. Dabei wird sie immer wieder mit saudade zurückkehren an die Orte ihres Glücks, wie ihre unsichtbaren Reisebegleiterinnen in angenehm altmodischem Tonfall berichten: „Wehmütig tritt sie auf die Terrasse hinaus und blickt von der rissigen Brüstung auf den Dschungel, der einst ihr Garten war, in dem sie so gern das damals noch gebändigte tropische Grün gemalt hatte. Wie alles in ihrem Leben hat sich auch Kuba verändert, nichts war festzuhalten, und sie ist dankbar, dass dieses Land in einer Zeit, die viel mehr die ihre war, ihr Sicherheit und Lebensfreude geschenkt hat. ”
VIKTOR ROTTHALER
INES RIEDER, DIANA VOIGT: Heimliches Begehren. Die Geschichte der Sidonie C. Franz Deuticke Verlag, Wien München 2000. 510 Seiten, Abb. , 48 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Sidonie Csillag ist berühmt geworden als Sidonie C., als Heldin einer der Fallstudien Sigmund Freuds, den sie freilich bis zum Ende ihres Lebens als "Trottel" bezeichnete. Als die Autorinnen dieses Bandes die Gespräche mit ihr aufzeichneten, die diesem Band zugrunde liegen, war Sidonie C. fast hundert Jahre alt. Der Band ist die Rekonstruktion ihres langen und sehr ereignisreichen Lebens. Die Autorinnen sind, stellt der Rezensent Viktor Rotthaler fest, in ihrer Schilderung "respektvoll-zärtlich", das Buch wird zu einer "Reise durch das 20. Jahrhundert".

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