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Als Instrumente der Konfliktlösung bieten sich der Konsens der Parteien im Wege der alternativen Streitschlichtung oder die autoritative Entscheidung eines Dritten durch ein hoheitliches Gerichtsverfahren an. Während die Konfliktlösung durch Konsens auf Wiederherstellung von Versöhnung zielt, wird bei der Konfliktlösung durch Gerichtsentscheidung die Realisierung normativer Gerechtigkeit angestrebt.Günter Hager erläutert zunächst die Grundstrukturen beider Formen der Konfliktlösung und entwickelt die These, daß das moderne Recht der Ergänzung durch die alternative Streitschlichtung bedarf.…mehr

Produktbeschreibung
Als Instrumente der Konfliktlösung bieten sich der Konsens der Parteien im Wege der alternativen Streitschlichtung oder die autoritative Entscheidung eines Dritten durch ein hoheitliches Gerichtsverfahren an. Während die Konfliktlösung durch Konsens auf Wiederherstellung von Versöhnung zielt, wird bei der Konfliktlösung durch Gerichtsentscheidung die Realisierung normativer Gerechtigkeit angestrebt.Günter Hager erläutert zunächst die Grundstrukturen beider Formen der Konfliktlösung und entwickelt die These, daß das moderne Recht der Ergänzung durch die alternative Streitschlichtung bedarf. Anschließend widmet er sich dem Phänomen der Verhandlung und Mediation. Dabei werden Charakteristika, Anwendungsbereich und Bedingungen der einverständlichen Konfliktlösung sowie die Verhandlungs- und Mediationstechnik analysiert. Zudem entwirft er den zur Sicherung befriedigender Ergebnisse erforderlichen Ordnungsrahmen.Günter Hager thematisiert nicht nur Notwendigkeit, Erscheinung und Ordnungder alternativen Streitschlichtung, sondern versucht darüber hinaus, diese Form der Konflikterledigung in die allgemeine Rechtsentwicklung einzuordnen und ihr eine rechtstheoretische Grundlage zu geben. Er kommt dabei zu dem Ergebnis, daß sich alternative Streitschlichtung und richterliche Streitentscheidung sinnvoll ergänzen und im Idealfall miteinander verschmelzen.
Autorenporträt
Günter Hager: Geboren 1943; 1964-68 Studium der Rechtswissenschaft; 1974 Promotion; 1978 Habilitation; 1980-92 Professor an der Universität Marburg, 1992-95 an der Universität Jena; seit 1995 Professor für Bürgerliches Recht und europäisches Privatrecht an der Universität Freiburg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.07.2001

Zum Ewigen Frieden am Machendrahtzaun
Schlichten ist seliger denn Richten: Günter Hager begrüßt neue Wege aus der Streitgesellschaft und fordert Regeln für die Mediation

Das Buch des Freiburger Zivilrechtlers Günter Hager kommt gerade recht für die laut Matthias Beltz durch ihre ethnische Sondersituation streitgewohnten Hessen ("von anderen Deutschen umzingelt, ohne direkten Zugang zum Meer, zu den Alpen und zum Ausland"). Sie müssen seit Juni dieses Jahres die obligatorische Streitschlichtung durchleiden, bevor sie prozessieren dürfen: Bei zivilrechtlichen Auseinandersetzungen bis zu einem Wert von 1500 Mark sowie Nachbarstreitigkeiten und möglichen Ehrdelikten sind sie verpflichtet, eine neutrale Person einzuschalten, bevor ihnen der Gang zum Gericht offensteht. Die Einführung in Hessen wie zuvor schon in anderen Bundesländern folgt dem Bundesgesetz zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung, das am 1. Januar 2000 in Kraft trat. Zugleich illustriert sie die generelle Hinwendung zu außergerichtlicher Konflikterledigung.

Hager nimmt auf die aktuellen Gesetzgebungsprogramme allerdings keinen Bezug, sondern sondiert die grundsätzlichen Chancen und Risiken von Mediation und alternativer Streitschlichtung. Sein Interesse gilt der prinzipiellen Konstellation von Recht, Konflikt und Staat. Trotz der Kürze seiner Darstellung holt er historisch und kulturell weit aus, um die Notwendigkeit von außergerichtlicher, institutionalisierter Streitschlichtung zu begründen. Zu Recht hebt er hervor, daß wir dabei von außereuropäischen Kulturen wie von vorstaatlichen Rechtsordnungen lernen können. Denn konsensuelle Lösungen haben eine ganze Reihe von Vorteilen gegenüber der autoritativen Entscheidung eines Dritten. Leider verlieren Hagers ethnologische, literaturhistorische und alteuropäische Beispielsfälle viel von ihrer Überzeugungskraft, da der Autor meist den Stoff aus zweiter Hand gewinnt und ihn oberflächlich aufbereitet.

Bekannt und richtig ist Hagers Analyse der Krisensymptome: Der westliche Königsweg der Verrechtlichung der Konflikte ist in mehrfacher Hinsicht an seine Grenzen gestoßen. Finanziell und personell kann der staatliche Justizapparat kaum mehr alle ihm angetragenen Streitigkeiten sachgerecht erledigen. Damit einher gehen Steuerungsverluste des staatlichen Rechts und seiner hektischen Gesetzgebungsprogramme. Dieser Verrechtlichungskrise der westlichen Moderne begegnet Hager mit der Mediation als einer rechtskulturellen Alternative, die versucht, eine umfassende Harmonie zwischen den Menschen zu stiften. Denn auch auf der persönlichen Ebene bleiben Gerichtsurteile mit ihrer Alternative "Sieg" oder "Niederlage" unbefriedigend. Gerade da, wo nach einem Urteil der Kontakt der Streitparteien fortbestehen wird, sind konsensuelle Lösungen attraktiv. Die Einsatzmöglichkeiten von alternativer Streitschlichtung sind daher weit gespannt und reichen von Scheidungsverfahren (besonders wenn Kinder betroffen sind), Wirtschaftsstreitigkeiten bis hin zum berüchtigten Streit am Gartenzaun.

Zugleich dämpft Hager in der gebotenen Klarheit übertriebene Hoffnungen und zeigt die systematischen Schwächen der Mediation auf. Der Wunsch nach Personalisierung des Konflikts und Einbeziehung von Aspekten, die mit dem Fall zunächst nichts zu tun haben, sogar von Gefühlen, stößt in bestimmten Konstellationen an pikante Grenzen. Sollte ein Mediator wirklich den Streit des gelackmeierten Kunden mit dessen geduldiger Versicherung verhandeln? Bei Konflikten zwischen ungleichen Kontrahenten (das kann auch unter Eheleuten der Fall sein) wie auch bei Auseinandersetzungen mit besonderer politischer, wirtschaftlicher oder ökologischer Dimension bieten Gerichtsverfahren in ihrer wohlerwogenen Strenge und Verfahrensfestigkeit sicher eher den angemessenen Rahmen. Vergleichen kann man sich ja auch vor dem staatlichen Richter.

Hager zieht daher ein ausgewogenes rechtspolitisches Resümee: Die gegenwärtige Deregulierung durch gesellschaftliche Selbstregulierung ist begrüßenswert und bietet interessante Perspektiven. Zugleich muß auf die Deregulierung eine staatliche Regulierung der Selbstregulierung folgen. Man darf nicht alle Streitigkeiten in die völlige gesellschaftliche Autonomie entlassen. Das Mediationsverfahren ist vertrauenswürdiger, wenn bestimmte Verfahrensgrundsätze eingehalten werden müssen und bestimmte Inhalte nicht zur Mediation gelangen dürfen.

Der Blick in die Vereinigten Staaten gibt Hinweise, wie die künftige Rechtslage in Deutschland aussehen könnte. Eine Schlüsselstellung nimmt dabei der Mediator selbst ein. Seine Fähigkeiten sollten verschiedenen Berufsbildern entstammen. Die reine Ausrichtung auf Juristen, die diese wünschen, trifft auf verständlichen Widerspruch nicht nur der Psychologen. Immerhin geht es nicht nur um diverse Standesehren, sondern auch um einen lukrativen Zukunftsmarkt. Doch ebenso wie Mediatoren nicht Rechtsberater für zwei Parteien zugleich sein dürfen, wäre es fatal, wenn sie als "Therapeuten ohne Legitimation und Ausbildung" (Hager) agierten. Langfristig wird der Gesetzgeber wohl kaum um die Aufstellung von Mindestanforderungen herumkommen, sollen die Gerichte nicht erst ihre Pflichten in Haftungsprozessen entwickeln.

Die Rückbesinnung auf Ethik statt auf Recht wird daher auch in der Mediation staatlicher Kontrolle unterliegen, die Pflichten von Richter und Mediator werden langfristig konvergieren. Am Ende redet Hager beiden salbungsvoll mit Lessings Worten ins rechtsethische Gewissen, den streitenden Parteien Wege zu Versöhnung und Gerechtigkeit zu weisen. Leider ist Hager aber selbst zu sehr Jurist, um Lessing drei Seiten später in sein "Literaturverzeichnis" aufzunehmen - wo doch gerade hier der Titel ausnahmsweise mal gepaßt hätte.

MILOS VEC.

Günter Hager: "Konflikt und Konsens". Überlegungen zu Sinn, Erscheinung und Ordnung der alternativen Streitschlichtung. Mohr Siebeck Verlag, Tübingen 2001. 158 S., geb., 148,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Geteilter Meinung scheint Milos Vec über diesen Band zu sein. Einerseits gefällt es ihm, dass der Autor auf wenigen Seiten doch sehr weit "historisch und kulturell" ausholt, um deutlich zu machen, wie wichtig die außergerichtliche Streitschlichtung ist. Und auch bei Hagers Plädoyer, von "außereuropäischen Kulturen wie von vorstaatlichen Rechtsordnungen" zu lernen, äußert der Rezensent Zustimmung. Bedauerlich findet der Rezensent allerdings, dass der Autor seine "ethnologische, literaturhistorischen und alteuropäischen Beispielsfälle" nicht sehr tiefgreifend behandelt, wodurch sie nicht so überzeugend erscheinen, wie es ansonsten möglich wäre. Grundsätzlich scheint Vec mit Hager einer Meinung zu sein, wenn er für die Notwendigkeit der Mediation eintritt, besonders weil Gerichtsurteile (Sieger/Verlierer) oft Unzufriedenheit auslösen. Dennoch hält es der Rezensent für gut und richtig, dass Hager auch auf die Grenzen und Schwächen der außergerichtlichen Einigung eingeht und klar macht, dass auch bei der Meditation "bestimmte Verfahrensgrundsätze eingehalten werden müssen".

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