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»Wann beginnt das Alter?« - Eberhard Rathgeb wirft in "Unser Alter" einen schonungslosen und zugleich empathischen Blick auf das Altwerden und verkneift sich dabei nicht das ein oder andere Augenzwinkern. Philosophisch und realitätsnah beschreibt er den Alltag eines Jedermanns. Der weite Denkhorizont des namenlosen Mannes hängt über seiner kleinen, beschaulichen Lebenswelt: Er lebt allein, hat eine Freundin, mit der er Nachrichten schreibt, sich zum Spazierengehen verabredet und zu Gesprächen trifft; er denkt über den Vitalismus und das Stürmen und Drängen der jungen Tiere nach und wird sich…mehr

Produktbeschreibung
»Wann beginnt das Alter?« - Eberhard Rathgeb wirft in "Unser Alter" einen schonungslosen und zugleich empathischen Blick auf das Altwerden und verkneift sich dabei nicht das ein oder andere Augenzwinkern. Philosophisch und realitätsnah beschreibt er den Alltag eines Jedermanns. Der weite Denkhorizont des namenlosen Mannes hängt über seiner kleinen, beschaulichen Lebenswelt: Er lebt allein, hat eine Freundin, mit der er Nachrichten schreibt, sich zum Spazierengehen verabredet und zu Gesprächen trifft; er denkt über den Vitalismus und das Stürmen und Drängen der jungen Tiere nach und wird sich der eigenen Fragilität und Endlichkeit bewusst. So wie es körperlich zwickt und ächzt, so knarzig ist seine Art. Der geistige Widerstand, das Aufbegehren und Festhalten am Leben bestimmen seine Denkweise. Es entsteht bei uns Leser_innen eine Nähe und Intimität, die das Miterleben zu einem Mitfühlen werden lässt. Mit Klarsicht und Scharfsinn, Ernst und Humor sieht er auf das Vergangene und Kommende. Existentiell, aber nicht fatalistisch.
Autorenporträt
Rathgeb, EberhardEberhard Rathgeb, geboren 1959 in Buenos Aires, lebt in Norddeutschland. Er war Feuilletonredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und ihrer Berliner Sonntagsausgabe. 2013 erhielt er den aspekte-Literaturpreis für seinen Debütroman "Kein Paar wie wir". Es folgten die Romane "Das Paradiesghetto" (2014), "Cooper" (2016) und "Karl oder Der letzte Kommunist" (2018). Zuletzt erschien das Sachbuch "Die Entdeckung des Selbst. Wie Schopenhauer, Nietzsche und Kierkegaard die Philosophie revolutionierten" (2022).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensentin Kim Maurus meint zunächst, "Erhellendes" übers Älterwerden aus Eberhard Rathgebs Roman zu erfahren. So scheint ihr die Geschichte um einen Mann im Rentenalter, der nicht mehr viel macht, außer zur Physiotherapie zu gehen und selten Freunde zu treffen, anfangs manchmal noch "belustigend tiefsinnig" - etwa, wenn der Protagonist über das Recht seiner Physiotherapeutin auf frische Socken sinniert. Doch dann geht ihr das Buch schnell in eine zu "pessimistische" Richtung: Wie der Protagonist langsam einen Hass auf alle jungen Menschen entwickle und sich ausgiebig darüber auslasse, was für eine "intellektuelle Zumutung" sie seien, sei vielleicht authentisch, macht der Kritikerin aber keinen Spaß zu lesen. Letztlich erzähle Rathgeb das Klischee des alten, dauerunzufriedenen Mannes - genau so wolle man nicht werden, schließt sie.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.10.2022

Junge Tiere als Zumutung
Eberhard Rathgebs Roman "Unser Alter"

Was bleibt, wenn sich alles um einen herum wandelt und man sich selbst verändert? Der namenlose Mann ist unschlüssig. Sein Alter ist unbekannt, aber es hat eine gewisse Zahl erreicht. Er ist Rentner und macht nicht mehr viel. Er geht zur Physiotherapeutin, trifft alle paar Wochen eine Freundin, liest Bücher und Nachrichten. Ihm bleiben vor allem seine Gedanken - deren Grenzenlosigkeit ihn zunehmend einsperrt.

Es gibt zwei emotionale Zugänge zu Eberhard Rathgebs Roman "Unser Alter". Der eine ist erhellend. Das Alter und das Altern gelten eigentlich als unliebsame Themen, die meisten empfinden sie im Small Talk und Alltag als Belastung. Wörter wie "Wutrentner" und "Boomer" haben Eintritt in die deutsche Sprache gefunden, sie sind ausschließlich negativ konnotiert. Es kann daher gegensätzliche Reflexe zeitigen, Altern zum Thema eines nur etwas mehr als hundert Seiten langen Romans zu machen. Denn: Vielleicht ist diese empfundene Belastung ja fehlgeleitet, vielleicht gibt es da noch mehr, was vor allem für eine Generation, die ihr Altern noch nicht spürt, interessant sein könnte.

Der andere Zugang ist ein pessimistischer, und er gewinnt im Laufe des Buches die Überhand - leider, ließe sich anfügen, aber auch: der Authentizität halber. Rathgeb wählt die Gedanken seines Protagonisten wohlüberlegt. Der Mann ist durchaus umsichtig, geht es um die wenigen Menschen in seinem Leben, etwa seine Physiotherapeutin: "Sie habe, dachte er, einen Anspruch darauf, dass er frische Socken trug, wenn er zu ihr kam." Er freut sich über die Nachrichten seiner Freundin, findet es aber auch nicht schlimm, mal länger nichts von ihr zu hören. "Die Nähe brauchte keine Bestätigung, keine Erneuerung, sie war da als gutes Gefühl, das half über kleine Unebenheiten hinwegzukommen."

Der Mann steigert sich jedoch immer mehr hinein in eine Gedankenspirale. Zu Beginn noch bringt er blassen Neid auf für jene Menschen, die gerne altern: "Das Alter, dachte er, ist doch Verstörung, Unruhe, Angst und Verzweiflung, und nichts davon scheinen sie zu kennen. Sie waren gleichgültig und zufrieden, und gleichgültig und zufrieden wollten sie aus dem Leben gehen." Dann aber gibt er den Bezug zu seinesgleichen weitgehend auf zugunsten eines unablässigen Spotts über Menschen, die er nicht mal als solche bezeichnet: junge Leute, in seinen Augen sind es bloß "Tiere".

Seine Gedanken sind dann nicht mehr belustigend tiefsinnig, sondern bloß noch menschenfeindlich: Die "jungen Tiere" sind demnach "eine intellektuelle Zumutung, eine Provokation. Irgendwann breiteten sie sich als geschlossene kulturelle Masse aus." Er hasse sie zwar nicht, aber er verachte sie - der Unterschied bleibt erklärungsbedürftig.

Der Mann nutzt die Kategorie "Alter", um seine Gefühle gegenüber einer Generation, die ihm seine Vergänglichkeit aufzeigt, zu rechtfertigen. Die Folgen seiner Einsamkeit interpretiert er bequem, sucht nach Schuldigen. Die Grenzen der eigenen Fähigkeiten hinterfragt er selten, verbindet sie lieber mit kindlicher Überheblichkeit: "Er hatte sein Auto wieder. Die Zukunft schien gesichert. Was auch kommen mochte, er konnte einsteigen und losfahren. Dass er krank werden würde und sich nicht mehr vom Fleck rühren könnte, das schloss er aus."

Und so ist die Geschichte dieses Mannes deprimierend und auch recht schnell auserzählt. Alles, was er an den "Tieren" bemängelt, trifft auf ihn selbst zu: "Kaum witterten sie den Geruch von Gleichaltrigen, wallte das Blut in den Adern auf und verlieh ihnen Kräfte, die sie überraschten und die sich verfestigten als Einbildung, wer sie wären, wie viel sie wüssten und was sie kriegen könnten." Sieht der Mann ältere Menschen, ist er gleichermaßen selbstbewusst.

Das Buch erzählt daher bloß das Klischee des alten, unzufriedenen Mannes, der sich aufregt, weil er den Gedanken der eigenen Endlichkeit nicht erträgt und sich sonst mit sich selbst beschäftigen müsste. Der Spiegel dürfte in manchen Fällen funktionieren, weil sich so mancher Leser verstanden fühlen könnte. Für alle, die sich ungeachtet ihres Alters nicht alt fühlen oder es tatsächlich nicht sind, dürfte die Geschichte lediglich ein Achselzucken hervorrufen: Genauso hatte man sich die "Boomer" vorgestellt, genauso will man nicht werden - und muss es auch nicht. KIM MAURUS

Eberhard Rathgeb: "Unser Alter". Roman.

Literaturverlag Droschl, Wien 2022. 112 S., geb., 19,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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