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Die Seelen der Schwarzen (1903) gilt als das erste Manifest der Bürgerrechtsbewegung: "Das Problem des 20. Jahrhunderts ist das Problem der Rassentrennung".
Das Buch ist eine kritische Bestandsaufnahme der Situation der Schwarzen im Süden der USA nach dem Bürgerkrieg, der zwar die Sklaverei nominell abschaffte, sie aber durch ein modernes System der ökonomischen Abhängigkeit und der Apartheid ersetzte.
Die Seelen der Schwarzen wurde zum Grundlagentext der gesamten Bürgerrechtsbewegung, zur Quelle der Inspiration für so unterschiedliche Charaktere wie Martin Luther King und Malcolm X
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Produktbeschreibung
Die Seelen der Schwarzen (1903) gilt als das erste Manifest der Bürgerrechtsbewegung: "Das Problem des 20. Jahrhunderts ist das Problem der Rassentrennung".

Das Buch ist eine kritische Bestandsaufnahme der Situation der Schwarzen im Süden der USA nach dem Bürgerkrieg, der zwar die Sklaverei nominell abschaffte, sie aber durch ein modernes System der ökonomischen Abhängigkeit und der Apartheid ersetzte.

Die Seelen der Schwarzen wurde zum Grundlagentext der gesamten Bürgerrechtsbewegung, zur Quelle der Inspiration für so unterschiedliche Charaktere wie Martin Luther King und Malcolm X und zum Prüfstein aller schwarzen Intellektuellen bis zum heutigen Tag.
Henry Louis Gates nennt es in seinem Vorwort den "Urtext der afroamerikanischen Erfahrung".

Autorenporträt
William E. B. Du Bois wurde 1868 in Great Barrington, Massachusetts, geboren, studierte in Harvard und in Berlin an der Friedrich Wilhelm-Universität, wo er Treitschke hörte und Max Weber kennen lernte, der ihm ein Leben lang in Freundschaft verbunden blieb. Mit seinem Buch Die Seelen der Schwarzen wurde er zum wichtigsten "Schwarzenführer". Er ist Mitbegründer des Niagara Movement und des NAACP, der bis heute wichtigsten Organisation der Bürgerrechtsbewegung und war zu Zeiten McCarthys schwersten Verfolgungen ausgesetzt. 1960 kehrte Du Bois den USA den Rücken und nahm die Staatsbürgerschaft Ghanas an, wo er am 18. August 1963 starb, am Vorabend des "March on Washington", der historischen Kundgebung der Bürgerrechtsbewegung mit 250.000 Teilnehmern
Rezensionen
Stimme aus dem Verlag

Dieses Buch ist vielleicht der wichtigste Grund, weshalb ich orange-press im Jahr 2001 gegründet habe - im Mai 2002 kam das erste Buch heraus. Eine Weile versuchten der Übersetzer Juergen Meyer-Wendt und ich einen Verlag für diesen vom deutschen Buchmarkt ignorierten Klassiker der Weltliteratur zu finden. Vergebens - trotz einer dringenden Empfehlung von Max Weber aus dem Jahr 1905. Nun ist es geschafft. Seit Juni 2003 in Übersetzung erhältlich, mit ausführlichen Anmerkungen und Fotos - und natürlich einem Faksimile-Druck von Max Webers Empfehlung.
(Martin Baltes, orange-press)

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.02.2004

Kultur der schwarzen Seele
Nach 100 Jahren erscheint W. E. B. Du Bois auf Deutsch
Kaum sind einhundert Jahre vergangen, schon erscheint „The Souls of Black Folk”, Standardwerk zum Selbstverständnis Afroamerikas, in deutscher Sprache. Zwar regte Max Weber, Freund und Mentor Du Bois’, gleich nach Erscheinen im Jahr 1903 eine Übersetzung durch Elisabeth Jaffé an, doch reichte es schließlich nur zu einem Artikel für das Archiv für Sozialwissenschaft über „Die Negerfrage in den Vereinigten Staaten”
W. E. B. Du Bois blieb im deutschsprachigen Raum ein Autor, über den man mehr lesen konnte, als dass man von ihm einen Text gelesen hätte, ein schmaler, älterer Herr in strengem Anzug, ein verlorener Blick aus vergilbenden Aufnahmen, ein Säulenheiliger einer fremden Sache: der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Gettoaufstände und Straßenkampf, Black Power und Black Muslims hatten und haben mehr Medien-Appeal als ein Gelehrter, dessen wohl gewählte Worte durch ihre frühe Kanonisierung zu Staubfängern in Amerika-Häusern degradiert wurden. Dabei sind Du Bois’ Lebensgeschichte und sein einflussreichstes Buch über „Die Seelen der Schwarzen” bewegter als eine Tina Turner-Biographie und eleganter als eine Stevie Wonder-Platte.
Du Bois wurde 1868 in Neuengland geboren, wuchs in bescheidensten Verhältnissen auf und realisierte sein Anders-Sein, sein Schwarz-Sein erst durch die Zurückweisung eines Mädchens, das sich nicht mit Negern abgeben wollte. Aber bestimmend in jenen frühen Jahren muss wohl die Zustimmung, die Unterstützung gewesen sein, die er von seinen Mitmenschen erfuhr: Die Talente des jungen Mannes wurden erkannt und gefördert; Nachbarn und Freunde legten zusammen, um ihm eine Ausbildung an der schwarzen Fisk Universität zu ermöglichen, die er 1888 abschloss. Zwei Jahre später folgte ein B.A. in Harvard, 1891 ein Magistertitel. 1892 ging er an die Friedrich Wilhelm-Universität nach Berlin; 1895 war Du Bois der erste Afroamerikaner, der in Harvard den Doktortitel erhielt. Anschließend lehrte Du Bois in Atlanta, aber die politische Willfährigkeit der afroamerikanischen Wortführer wie Booker T. Washington, die ohne große Not auf die durch den Bürgerkrieg erlangten Rechte verzichteten und jeden Schwarzen zum Taglöhner und Dienstboten degradieren wollten, mussten für Du Bois wie ein Schlag ins Gesicht wirken.
„Die Seelen der Schwarzen” formulierte zu Hochzeiten der Rassentrennungspolitik eine spirituelle und politische Gegenposition, die schließlich im NAACP ihren Ausdruck fand, jener Bürgerrechtsorganisation, die in den sechziger Jahren am meisten zur Durchsetzung emanzipativer Ziele in der nordamerikanischen Zivilgesellschaft beigetragen hat. Fast 2000 Publikationen ließ Du Bois bis zu seinem Tod im Jahr 1963 den „Seelen” folgen, immer in Auseinandersetzung, nie bereit, sich mit den Verhältnissen zu arrangieren. 1934 verstieß ihn die NAACP, 1944 musste er seine Universität in Atlanta wegen zu radikaler Ansichten verlassen. Die fünfziger Jahre widerstand er den Pressionen der McCarthy-Zeit, ohne Reisepass ein Gefangener im eigenen Land. Während seiner letzten Lebensjahre wurde er dann tatsächlich Kommunist. Wie viele Black Power-Aktivisten nach ihm erkennt er, dass zahlreiche Missstände, die er beklagt, nicht in Rassen-, sondern Klassenantagonismen ihre Ursachen haben. Die Unabhängigkeit vieler afrikanischer Staaten muss ihm wie das eingelöste Versprechen seines Lebens erschienen sein: 1961 wird Du Bois ghanaischer Staatsbürger und stirbt dort, 95 höchst bewegte Jahre alt.
Hegel-Beat gegen Rassismus
Doch es ist nicht diese filmreife Lebensgeschichte, die eine solch späte Übersetzung von „Seelen” rechtfertigt: Der Grund liegt im Text selbst. Bei seinem Erscheinen von Rezensenten wegen seiner eleganten Sprache gewürdigt, lässt sich diese Wertschätzung auch in der Übersetzung von Barbara und Jürgen Meyer-Wendt nachvollziehen, der man nur in wenigen Formulierungen anmerkt, dass der emeritierte Colgate-Professor seit 1966 in den USA lebt.
Über die Sprache hinaus beeindruckt die tief empfundene Menschenliebe, die das Werk ausstrahlt, die Ausgewogenheit seiner Argumente, die Eindringlichkeit der gewählten Metaphern – und, seltsam genug, die Grundstimmung des deutschen Idealismus, der sich durch den Text zieht wie die Musik von Kraftwerk durch Amerikas House- und Techno-Musik: ein afro-germanischer Grundrhythmus, ein Hegel-Beat, der am deutlichsten zu fühlen ist, wenn Du Bois Amerikas Schwarzen die unbefangene Selbstwahrnehmung abspricht und in dieser „verschleierten” Sicht auf sich selbst das Haupthindernis sieht, das einem selbstbewussten Auftreten in der Gesellschaft entgegen steht. Diese Einsicht, dass Afroamerika sich ständig mit weißen Augen betrachtet, war für fast alle schwarzen Künstler und Politaktivisten des 20. Jahrhunderts jener archimedische Punkt, von dem aus sich die alte Weltsicht aus den Angeln heben ließ.
Und dann ist da noch die Musik: Mit einer für 1903 unglaublichen Hellsichtigkeit nannte Du Bois die Musik Afroamerikas „das größte Geschenk des Negervolkes” und das „einzige geistige Erbe”, das die Welt vom rohen amerikanischen Kontinent bisher entgegennehmen konnte. Das letzte Kapitel der „Seelen” ist ganz der schwarzen Musik gewidmet. Seine Beschreibung von Volkslied, volkstümlicher Musik und Popmusik ist auch heute noch gültig, auch wenn sich die Parameter der Rezeption verschoben haben. Bedenkt man die habituell kurze Halbwertszeit von Texten zur populären Musik wie zur Soziologie und Politik, ist „Die Seelen der Schwarzen” ein umso erstaunlicheres Buch.
KARL BRUCKMAIER
W. E. B. Du BOIS: Die Seelen der Schwarzen. Orange Press, Freiburg 2003. 288 Seiten, 24 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Zwar ist schon um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert viel über die Befindlichkeiten der schwarzen Bevölkerung in den Vereinigten Staaten geschrieben worden. Dies geschah aber nur aus Perspektive weißer Autoren. Erstmals nahm sich 1903 der Afroamerikaner William Edward Burghard du Bois (er promovierte 1895 als erster Schwarzer in Harvard) des Themas an, um aus schwarzer Sicht über Schwarze zu berichten. Und obwohl niemand Geringeres als Max Weber schon 1905 forderte, diese "großartige Arbeit" endlich ins Deutsche zu übersetzen, dauerte es genau hundert Jahre, bis dies nun endlich geschehen ist, schreibt ein begeisterter Malte Oberschelp in seiner Rezension des Titels. Das Buch habe nichts von seiner Aktualität eingebüßt. "Du Bois war nicht nur ein Mann der Wissenschaft, sondern auch ein Freund der Literatur, dazu ein begabter Journalist", erläutert er. Es gibt Reiseberichte, musikologische Texte und natürlich politische Texte - und in allen erscheint du Bois noch heute faszinierend. In einigem, so Oberschelp, nimmt Du Bois sogar postmoderne Gender-Theorien vorweg. Auch seine Betonung der Bildung als wichtigstem Instrument der Emanzipation erscheint dem Rezensenten bemerkenswert. Und so resümiert er: "'Die Seelen der Schwarzen ist ein großartiges Buch', auch mit den Augen der Gegenwart gelesen." Ausdrücklich lobt der Rezensent den Anmerkungsapparat von Herausgeber und Übersetzer, der zur Verständlichkeit des Buchs beiträgt.

© Perlentaucher Medien GmbH
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