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Als Robert und seine Mitbewohner einen Raum in ihrer WG vermieten wollen, kommt der bescheidene Einzelgänger Stehle auf den ersten Blick gerade recht. Er ist hilfsbereit, ordentlich, ein wenig seltsam vielleicht, aber liebenswert. Doch mit Stehle hält unmerklich noch etwas anderes Einzug, etwas subtil Bedrohliches, eine stille Zerstörungskraft. Erst verschwinden Kleidungsstücke, dann erfolgen Übergriffe auf Roberts Computer, und manchmal machen es sich wildfremde Besucher in der Wohnung bequem. Langsam bemächtigt sich Stehle des Alltags der anderen mit scheinbar unbekümmerten, aber immer…mehr

Produktbeschreibung
Als Robert und seine Mitbewohner einen Raum in ihrer WG vermieten wollen, kommt der bescheidene Einzelgänger Stehle auf den ersten Blick gerade recht. Er ist hilfsbereit, ordentlich, ein wenig seltsam vielleicht, aber liebenswert. Doch mit Stehle hält unmerklich noch etwas anderes Einzug, etwas subtil Bedrohliches, eine stille Zerstörungskraft. Erst verschwinden Kleidungsstücke, dann erfolgen Übergriffe auf Roberts Computer, und manchmal machen es sich wildfremde Besucher in der Wohnung bequem. Langsam bemächtigt sich Stehle des Alltags der anderen mit scheinbar unbekümmerten, aber immer dreisteren Grenzüberschreitungen. Roberts schön geordnetes Leben löst sich mehr und mehr in Chaos auf: die Wohngemeinschaft zerbricht, sein Arbeitsplatz geht verloren und schließlich verbündet sich auch noch die Freundin mit Stehle ... Mit einem meisterhaften Sprachsog der Beiläufigkeit beschwört Andreas Münzner die Geschichte einer grotesken Eskalation. Er liefert den Leser an eine aberwitzige literarische Figur aus, einen Fabulierkünstler, Hochstapler und schillernden Sonderling, den man einfach gernhaben muss solange er nicht vor der eigenen Wohnungstür steht.
Autorenporträt
Andreas Münzner, geboren 1967, bei Zürich aufgewachsen. Studien in Zürich, Lausanne und Genf. Lebt als Autor und Übersetzer in Hamburg und in der Schweiz. Veröffentlichte Prosa und Gedichte in Zeitschriften und Anthologien. Von ihm erschien im Jahre 2002 der Roman Die Höhe der Alpen. Erster Preis Hamburger Lyrik- Wettbewerb 2001, Förderpreis der Jürgen-Ponto-Stiftung 2002, Irmgard-Heilmann-Preis 2003.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.08.2008

Abenteuer einer Nervensäge
Die Welt durcheinanderbringen: Andreas Münzners Roman „Stehle”
Eines Tages steht er vor der Tür und verändert alles. Das Abstellzimmer, so hat der WG-Rat beschlossen, soll vermietet werden, als Arbeitsraum tagsüber. Fünf Quadratmeter ohne Fenster. An sich schon eine merkwürdige Idee. Und dann kommt Stehle, ohne Gepäck, und sagt: „Ein Zimmer ist ein Zimmer.” Er zieht ein, schläft auf einem Stapel übereinander gestapelter Styroporplatten. Mit ihm zieht noch etwas Anderes ein: der Geist der Anarchie, der Auflösung sämtlicher bestehender Ordnungen.
Andreas Münzner, aufgewachsen in Zürich, heute in Hamburg lebend, ist im Jahr 2003 für seinen Debütroman „Die Höhe der Alpen” mit dem Preis der Pontostiftung ausgezeichnet worden. Auch dieses Buch lebte in erster Linie von seiner hintergründigen, situativen Komik, mit der das Aufwachsen eines begabten Jungen im streng reglementierten Umfeld der Schweizer Großbürgerlichkeit beschrieben wurde. Aus diesem Umfeld kommt auch Stehle. Vielleicht. Er selbst erzählt das so nicht, zunächst nicht; er erzählt eine völlig andere Geschichte. In dem bis dahin friedlichen bis apathischen WG-Leben beschwört der bescheiden, ruhig und liebenswürdig auftretende junge Mann mit Beharrlichkeit eine Atmosphäre der Konfusion herauf. Davon ist vor allem Robert, der Ich-Erzähler, betroffen, selbst ein Mensch, in dessen Leben viel weniger im Lot ist als es zunächst scheint. Ein Mann, der einen langweiligen, aber gut bezahlten Job ausübt (irgend etwas mit Computern), ansonsten jedoch in jeder Hinsicht eindeutige Fluchttendenzen zeigt.
Er ist von Beginn an angezogen von Stehle, dem Improvisationskünstler und Fabulierer, dem Deutschland zu eng und die Großstadt fremd ist: „Das Verhältnis der fingierten Vergangenheit zur echten, von Fiktion zu Realität schien ihm so gerade angemessen: ein Drittel realitätsgestützte Restsicherheit, mehr brauchte er nicht, das war wirklich original Stehle.” In Wahrheit ist dieser Stehle, man kann es nicht anders sagen, ein unverschämter Schmarotzer und eine Nervensäge noch dazu. Doch wie er diese seine Grenzüberschreitungen, oder besser: Grenzsteinversetzungen, quasi unmerklich zur Normalität werden lässt, das erzählt Andreas Münzner – zumindest zu Beginn des Romans – mit Charme und Gespür für die Pointen des Alltäglich-Skurrilen. Da steht urplötzlich ein wildfremder Mann im Bad und säubert sich die Zehenzwischenräume. Da benennt Stehle die Straßenzüge der Stadt Hamburg nach denen der Stadt Zürich und versetzt Touristen in Verwirrung.
Eines der Merkmale einer Groteske ist es ja, deren Zuschauer beinahe unmerklich in eine Welt zu überführen, in der auch das Absurdeste noch normal und geradezu selbstverständlich erscheint. Das gelingt Münzner mit seiner Stehle-Welt, in die sich der Ich-Erzähler hineinziehen lässt (sehr zu seinem Nachteil), ganz ohne Zweifel. Es kommt sogar so weit, dass Robert Schuldgefühle aufbaut, wenn er sich einmal mehr anschickt, die Eskalation des Privatsphärenraubes durch Stehle einzudämmen. All das geht zu Beginn erzählerisch gut und entwickelt ein hohes Maß an Unterhaltsamkeit.
Allerdings, und das ist ein Einwand, der sich bereits gegen Münzners ersten Roman formulieren ließ, bleibt die Konstellation recht statisch und unbeweglich stehen. Zwar werden die äußeren Vorgänge, die Zerfallserscheinungen des wohlgeordneten Lebens Roberts immer drastischer, doch an Tempo gewinnt „Stehle” deswegen nicht. Allzu vorhersehbar bleibt die Entwicklung des Verhältnisses Robert-Stehle im Großen und Ganzen, bei aller Gelungenheit im Kleinen. Münzner verfügt über eine Sprache, die ganz wunderbar mit der Sprunghaftigkeit und dem Schelmentum des Titelhelden korrespondiert. An der existentiellen Schicht, auf die „Stehle” ohne Frage auch zielt, vermag sie jedoch allenfalls zu kratzen. CHRISTOPH SCHRÖDER
ANDREAS MÜNZNER: Stehle. Roman. Verlagsbuchhandlung Liebeskind, München 2008. 255 Seiten, 18,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Durchaus angetan zeigt sich Christoph Schröder von Andreas Münzners Roman "Stehle", auch wenn ihn das Buch nicht hundertprozentig überzeugt hat. Die Geschichte um den zunächst höflich und bescheiden auftretenden neuen WG-Bewohner Stehle, der sich mehr und mehr als Nervensäge und Schmarotzer entpuppt, hat für ihn hohen Unterhaltungswert, jedenfalls zu Beginn. Besonders gefallen ihm Humor und Situationskomik des Buchs. Er attestiert dem Autor, die Grenzüberschreitungen Stehles mit "Charme und Gespür für die Pointen des Alltäglich-Skurrilen" zu schildern. Allerdings bleibt die Konstellation seines Erachtens "recht statisch und unbeweglich". Die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Stehle und den WG-Bewohnern scheint ihm "vorhersehbar". Außerdem hält er fest, Münzners Sprache, die zwar wunderbar dem Schelmentum von Stehle korrespondiere, vermöge an der "existentiellen Schicht", auf die der Roman auch ziele, "allenfalls zu kratzen".

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