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Meine farbigere Welt - Die organischen Farbigkeiten stellt seine organische Farblehre für Bauten-Landschaften nachvollziehbar vor: Warum ist der Farbkreis in diesem Entwurfsgebiet sinnlos? Was ersetzt ihn? Welche Rolle spielt das Handwerk heute? Welche Rolle spielen Nachbarbauten bei der Farbwahl? Welche hilfreiche oder schädliche Rolle spielt die Corporate Identity? Sollen Bautenfarbigkeiten der Landschaft folgen oder sich in deren Gegensatz stellen? v.Garniers Philosophie der Nutzung organischer Farbwirkungen - Schaffung von Farbklängen statt Eintönigkeiten - wird mit positiven Eigenschaften…mehr

Produktbeschreibung
Meine farbigere Welt - Die organischen Farbigkeiten stellt seine organische Farblehre für Bauten-Landschaften nachvollziehbar vor: Warum ist der Farbkreis in diesem Entwurfsgebiet sinnlos? Was ersetzt ihn? Welche Rolle spielt das Handwerk heute? Welche Rolle spielen Nachbarbauten bei der Farbwahl? Welche hilfreiche oder schädliche Rolle spielt die Corporate Identity? Sollen Bautenfarbigkeiten der Landschaft folgen oder sich in deren Gegensatz stellen? v.Garniers Philosophie der Nutzung organischer Farbwirkungen - Schaffung von Farbklängen statt Eintönigkeiten - wird mit positiven Eigenschaften belegt. Sie ist beispielhaft für die Farblichtstimmungen in den Räumen und für diejenigen Räume zwischen den Bauten. Immer wieder spürt der Leser eine freundschaftliche, dabei aber sehr kritische Position zu vielen architektonischen Fehlentwicklungen ohne Farbigkeit.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.04.2008

Silber ist das Grau der Snobs, Beige das Weiß der Ängstlichen
Gegen die Trostlosigkeit unserer verbauten Welt: „Meine farbigere Welt” von Friedrich Ernst von Garnier ist eine große Schule des Sehens
Schwiegermütter haben keine gute Presse. Sie gelten als penetrant, borniert und kitschnah, als Urheberinnen allen Geranienschmucks und aller „Klofußumpuschelungen”, wie dieses häusliche Accessoire bei Max Goldt heißt. Sämtlich streben sie nach Schönheit, doch kommen sie nur im Kleinen auf ihre Kosten, denn vom großen Ganzen der Siedlungs- und Landschaftsbilder werden sie mit souveräner Geste ausgeschlossen.
Von dem auf vier Bände angelegten Werk „Meine farbigere Welt” Friedrich Ernst von Garniers, dessen Tätigkeitsfeld mit „Farbberater” nur sehr unvollständig umrissen wäre, sind jetzt Band zwei und drei erscheinen. Man sieht darin den metallfarbenen Lochblechbalkon einer gigantischen Fassade des sozialen Wohnungsbaus, an dessen Eck ein Vogelfutterhäuschen aus ungeschältem Birkenholz balanciert, versehen mit der Unterzeile: „Die Rache meiner Schwiegermutter”. Man kommt ins Sinnieren bei diesem Bild. Es scheinen hier zunächst zwei diametral entgegengesetzte Scheußlichkeiten zu kollidieren; aber es fällt doch sehr ihr asymmetrisches Verhältnis ins Auge. Es ist keine wirkliche Rache, die hier geübt wird, sondern der unberatene Versuch, sich vor der technisch-bürokratischen Übermacht in eine kleine private Nische zu retten. Hat sie nicht recht, die Schwiegermutter? Was sie aber bräuchte, wäre ein Beistand.
„Meine Schwiegermutter”, schreibt Garnier, „ist für mich eine Symbolfigur für alle die Millionen von Menschen, an denen beim alltäglichen Bauen vorbei empfunden wird. Und dieses ‚Vorbei-Empfinden‘ ist überheblich, sachfeindlich und unklug, denn es gibt mehr spontane Schwiegermütter als grübelnde Planer.”
Diese Kritik geht natürlich zuerst einmal an die Adresse der Architekten, Bauausschüsse und Großbauherrn, deren Ordnungssinn, Stilwille und wirtschaftliches Interesse glaubt, auf Leute und Landschaft keine Rücksicht nehmen zu müssen; da sieht Garnier in unserer Gesellschaft einen riesigen Bereich, in dem undemokratische Gepflogenheiten walten. Der Architekt unterscheidet sich vom Normalverbraucher, über dessen Lebensraum er entscheidet, vor allem dadurch, dass er die von ihm gestalteten Manifestationen nicht dauerhaft bewohnen, ja nicht einmal anschauen muss. Darum sollte er fairerweise, meint Garnier, auf den Ehrgeiz, Künstler zu sein, verzichten, insofern sich Kunst durch Autonomie definiert. Insbesondere misstraut Garnier dem Leitgedanken der Funktionalität: Da spürt er allzu oft die Phantasielosigkeit und Anmaßung bequem gewordener Bauhaus-Enkel am Werk. Was, bitte, wäre die Funktion eines Wohngebäudes für zweihundert Mietparteien? Doch wohl die Wohnlichkeit – zu der konsequente Kuben und ungegliederter Sichtbeton nicht unbedingt beitragen. Der differenzierenden Farbgebung kommt hier eine unmittelbar praktische Aufgabe zu: Sie zerlegt die endlosen Riegel in kenntliche, je durch eine Haustür erschlossene Blöcke und hilft so den hilflosesten Bewohnern dieser Areale, den Kindern, ihren Heimweg zu finden. Der Mensch lebt in und durch Farbe.
Der Autor ist spürbar Auseinandersetzungen gewohnt, mit Bauherren, Malerfirmen, Gemeinde- und Aufsichtsräten, auf die er mit freundlicher Überzeugungsarbeit einwirken muss. Das prägt seinen originellen und humorvollen Stil, der sich mit moralischen Tönen möglichst zurückhält. Nicht immer ist es ganz möglich; zuweilen bricht sich auch ein produktiver Ärger Bahn.
Doch es geht um mehr als um die Usancen einer Zunft. Das Bauen, so lautet Garniers Ausgangsthese, ist heute überhaupt problematisch geworden, und zwar aus zwei Gründen: Erstens, weil das bloße Volumen der gebauten Massen über alles hinausgeht, was es je in der Geschichte gab, und in seinen Flächen und Türmungen selbst ohne jede böse Absicht unsere Landschaften unter schwersten Druck setzt. Zweitens, weil die klassischen Baumaterialien, Stein, Holz, Ziegel, die ihre Farbigkeit von Haus aus mitbrachten, durch prinzipiell farblose Nachfolger abgelöst worden sind: Beton, Stahl, Glas, mit denen mittlerweile der bei weitem größte Teil der Bauaufträge bestritten wird; und darauf hat sich die Architektur nicht rechtzeitig eingestellt. Sie tut, als wäre das kein Problem.
Aber es ist eins, und zwar ein gewaltiges. Was wäre denn zum Beispiel die Farbe von Glas? Hier, sagt Garnier, lügen allzu oft die Computermodelle, mit denen die Architekten ihre Ausschreibungen gewinnen. In diesen Modellen herrscht immer eitel Abendsonnenschein, und das Glas bietet sich in hellstem Blau dar. Bei unserem Klima jedoch erscheint stattdessen, wenigstens sofern keine Gardinen dahinter sind, fast immer ein „schwärzendes Gegläsere”, wie Garnier das nennt, und als abschreckendes Beispiel für eine irreführende Verheißung kontrastiert er Entwurf und Realität des neuen Berliner Hauptbahnhofs. Der Unterschied ist allerdings frappierend: Niemand hat uns gesagt, dass wir faktisch ein so finsteres Gebilde kriegen würden. „Die Halle sieht farblich aus an ihrem Himmel wie ein Netzstrumpf am Bein, wenn einer gestorben ist.”
Unsere Landschaften sind alle viel dunkler, als wir wahrhaben wollen. Man nehme ein beliebiges im Freien entstandenes Foto aus diesem Land, zerlege es mit dem Computer in grobgerasterte Pixel, und man hat den Beweis in der Hand. Auf diesen Befund baut Garnier seine Palette. Sie enthält viele gedeckte Nuancen, variable Grüns, helle, aber zögerliche Blaus, Rot und Gelb, immer so, als käme es von den Erdpigmenten her. Farbigkeit, darauf legt er größten Wert, ist nicht gleichbedeutend mit Buntheit, sondern hat den drei Hauptkomponenten der Landschaft zu entsprechen, dem Boden, dem Pflanzenwuchs und der Lichtheit von Gewässern und Himmel. Hier kämpft er einen Krieg an zwei Fronten: Auf der einen Seite gegen das Grelle, das aggressiv Feuerrote, das mit dem Argument des „Mal was anderes” hingekleckst wird, aber auch gegen die riesigen Flächen des Corporate Blue. Auf der anderen Seite zieht er gegen die Farblosigkeit zu Felde, die als Weiß, Grau oder Silber, nicht selten auch, gänzlich asozial, als Schwarz daherkommt.
Nichts verleihe einer Landschaft, heißt es im Buch, so sehr die Anmutung des Zersiedelten wie ein einzelner weißer Großbau. Und sobald man einmal begonnen hat, darauf zu achten, kann man nur sagen: Das stimmt. (Es fällt in diesen Büchern nebenher eine Fülle solcher Beobachtungen und Gedanken ab.) Grau wiederum genießt eine gänzlich unbegründete Reputation als die ehrliche funktionale Haut des Betons.
Am meisten freut den Leser, dass er hier endlich einmal auf massiven Widerspruch gegen die grassierende Silber-Manie trifft. Silber, so wird es auf den Punkt gebracht, ist das Grau der Snobs (wie Beige – Garnier schreibt „Beesch” – das Weiß der Ängstlichen). Silber hat auf kleinen Flächen das Air des Kostbaren und wirkt in großen Erstreckungen als ein Knüppel, der Landschaften und Stadtbilder erschlägt. Und völlig verkehrt wäre es, Silber als den Naturton des Metalls zu rechtfertigen. Keine einzige Metall-Oberfläche im Freien kommt ohne einen Schutzanstrich aus, diesen und nicht das Metall selbst kriegt man zu sehen; und ein matter Farbanstrich ist da sogar redlicher als ein silberner, weil er sich als das bekennt, was er ist, während das Silbrige immer die Illusion nährt, es herrsche hier blanke Metallsichtigkeit.
Neben den Feinden aus den Reihen der Funktionalisten – die meinen, dass das Studio von Garnier zu viel tue, nämlich um die kernigen Strukturen sein Geschenkpapier zu wickeln –, gibt es umgekehrt auch die Skeptiker, die das für zu wenig halten, weil unter dieser dünnen Hülle unverändert die hassenswerte Struktur daure. Als dekorativ und palliativ zugleich muss Garnier sich schmähen lassen. In der Tat beneidet man ihn nicht um alle seine Aufträge. Sehr oft wird er gerufen, wenn die Katastrophe schon komplett ist, die Schaurigkeit eines Bauwerks vom Reißbrett, wo es noch seinen kühnen Reiz gehabt haben mag, für alle sichtbar in die volle dumpfe Wirklichkeit getreten ist und die verdutzten Verantwortlichen nunmehr meinen, mit einem Griff in den Farbtopf ließe sich alles wieder gutmachen. In zwei von drei Fällen übt sich Garnier nicht als Schönheitschirurg, sondern als Operateur von Hasenscharten, der nachträglich das Schlimmste entschärfen soll. Eigentlich dürfte es seinen Beruf, sagt Garnier, gar nicht geben; in einer besseren Welt als der unsrigen müsste seine Aufgabe in der des Architekten aufgehoben sein.
Ein Hochregal wird immer ein Hochregal bleiben. Aber man kann seine grauenhafte, alle landschaftlichen Proportionen sprengende Möbelhaftigkeit zurücknehmen, indem man ihm das Selbstbewusstsein eines Bauwerks verleiht. Dies geschieht, außer durch dem Himmel zuarbeitende Farbigkeit, vor allem durch Akzentuierung der Höhe in einer ausgewogenen senkrechten Streifenmusterung. Allzu sehr haben wir uns daran gewöhnt, Landschaft nur wahrzunehmen, insofern sie sich idyllisch ausnimmt, und den gewaltigen Rest krampfhaft auszublenden. Nicht mit der Mühle am rauschenden Bach haben wir es mehr zu tun, sondern mit Turbinenhäusern. Wir sollten, meint Garnier, unseren Frieden damit schließen, auf welcher wirtschaftlichen Grundlage unsere Gesellschaft und ihr Wohlstand beruhen, und die Bauaufgaben, die sich ihr stellen, nicht verleugnen. In einer Welt, die auf Hochregale nicht verzichten kann, sollten es stolze Hochregale sein. In Stralsund hat Garnier es hinbekommen, den in jeder Hinsicht unmaßstäblichen Riesenkasten einer Werft direkt an der Altstadt in ein schwebendes Meerwunder zu verwandeln.
Vorteilhaft war es, dass die größten Auftraggeber Garniers aus den energetisch intensiven Branchen kommen; am wichtigsten dabei ist Thyssen-Krupp gewesen, für die er Hochöfen (die dürfen in zentralen Teilen dann auch richtig flammrot werden!), Walzwerke, Maschinenparks gestaltet hat, mit durchweg originellen Lösungen. Wenn die Arbeitswelt farbiger wird, müssen sich die Warnfarben innerhalb des Maschinenparks ändern, das angestammte Gelb geht unter. Was hilft? Garniers Antwort: Pink! Es ist die von Männern – und in diesen Hallen arbeiten ausschließlich Männer – einhellig verabscheute Farbe, ihr gehen sie immer aus dem Weg, und deshalb sind alle gefährlich beweglichen Teile in Pink gehalten.
Man legt die beiden Bände, nachdem man sich viele Stunden lang an ihren Bildern und schwungvoll geschriebenen Texten ergötzt hat, mit einem Gefühl der Dankbarkeit aus der Hand. Unerschöpfliche Schatzhäuser voll inspiriert sachdienlicher Ideen sind es, aus denen sich jeder, der ein Haus in die Landschaft stellt, Anregung holen kann, so viel er will. Diese Bücher sind eine Schule des Sehens, ein wahrer Augenöffner. In der Summe der dargestellten Fälle ergeben sie einen bedeutenden Beitrag zur ästhetischen Erziehung des Menschengeschlechts. BURKHARD MÜLLER
FRIEDRICH ERNST V. GARNIER: Meine farbigere Welt. Ein ganz unsachliches Sachbuch. Bd. 2: Menschliche Arbeitslandschaften. Bd. 3: Meine organischen Farbigkeiten. Verlag Matthias Ess, Bad Kreuznach 2007. Je Band 384 Seiten, 129 Euro.
Glas, Stahl, Beton – darf man das hässlich finden?
Der Kampf gilt greller Buntheit ebenso wie farbloser Funkionalität
Wenn wir schon Hochregale in die Landschaft stellen – dann stolze!
In Friedrich Ernst von Garniers Farbschule steht unter dem Bild des Vogelfutterhäuschens auf dem Lochblechbalkon eines Riesenwohnblocks (oben): „Die Rache meiner Schwiegermutter”. Das untere Bild zeigt einen der Versuche Garniers, die Wirklichkeit unserer Bauwelt wenigstens nachträglich mit dem Farbtopf aufzubessern. Abb. aus dem besprochenen Band
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Eine "große Schule des Sehens" erblickt Burkhard Müller in Friedrich Ernst von Garniers auf vier Bände angelegtem Werk "Meine farbigere Welt", von dem nun die Bände zwei und drei erschienen sind. Mit uneingeschränkter Zustimmung quittiert er Garniers Thesen zum Bauen heute, das nicht nur wegen seiner Masse und Materialien problematisch geworden sei, sowie seine Auseinandersetzung mit Architekten, Bauausschüssen und Großbauherrn und deren Rücksichtlosigkeit gegenüber Menschen und Landschaften. Eingehend skizziert Müller die Philosophie der organischen Farbigkeit, die nicht mit Buntheit zu verwechseln sei, und schwärmt von den klugen Gedanken, den geistreichen Texten sowie den schönen Bildern und bekennt, die beiden Bände mit einem "Gefühl der Dankbarkeit" nach Stunden wunderbarer Lektüre aus der Hand gelegt zu haben.

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