"Die gefangengenommenen Italiener mußten sich bis zur Hose ausziehen und ihre Erkennungsmarken abgeben. Ich hatte sofort den Verdacht, daß sie erschossen werden sollten, zumal einige hinknieten, sich bekreuzten und Bilder ihrer Angehörigen vorzeigten. Nachdem wir ca. zehn Minuten weitermarschiert waren, hörte ich mehrere Maschinengewehre zu gleicher Zeit feuern. Mir wie auch meinen Kameraden war nunmehr klar, daß die Exekution der Italiener durchgeführt wurde." Aussage eines Zeugen im Jahre 1965 über eines der Massaker auf Kephallioná im September 1943.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Endlich wird ein "zu lange" unbeachtetes Verbrechen der Wehrmacht untersucht, freut sich Christian Semler anlässlich Christoph Schminck-Gustavus' Untersuchung des Massakers von Kephallonia. Nicht Aktenstudium stehe dabei im Vordergrund, vielmehr habe der Autor Überlebende aufgesucht, Tatumstände ermittelt und Zeugenaussagen verglichen. Arbeiten, die eigentlich Aufgabe der deutschen Nachkriegsjustiz gewesen wären, kommentiert Semler säuerlich. Schminck-Gustavus gelinge es, die Gespräche mit den Opfern nicht als "dürre" Ermittlungsergebnisse zu präsentieren, sondern eine "sehr dichte, lebendige", und noch dazu von "Heiligenbildchenmalerei völlig freie" Geschichte zu erzählen. Mit diesem "begrüßenswerten Fall" von angewandter Wissenschaft erhalten die Opfer der deutschen Besatzungspolitik nun endlich ein Gesicht, schreibt Semler.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH