Produktdetails
  • Verlag: Adwaita
  • 1999.
  • Seitenzahl: 192
  • Deutsch
  • Abmessung: 210mm
  • Gewicht: 266g
  • ISBN-13: 9783934281004
  • ISBN-10: 3934281001
  • Artikelnr.: 08466880
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.06.2000

Zwei schräge Vögel
J. ist groß, und Margott Schürings ist seine Prophetin

Die Menschheit ist von einer schrecklichen Krankheit heimgesucht, nämlich von der "kollektiven Amnesie". Sie hat vergessen, wer sie ist, woher sie kommt und wohin sie geht. Und statt dass der Mensch die großartigen Errungenschaften der modernen Medientechnologie wie Internet, Fernsehen und Radio einsetzt, um die Lebensqualität aller Menschen zu verbessern, missbraucht er sie, um sich vom Zweck und Ziel des Menschseins abzuhalten.

Zu unserem Glück gibt es einige wenige Personen, die von der Amnesie verschont geblieben sind und sozusagen ein spirituelles Kleinbonum bilden. Die bedeutendsten von ihnen sind der "King of Pop" und Nobelpreiskandidat Michael Jackson und der "größte Wissenschaftler aller Zeiten" (im Original fett gedruckt). Jedenfalls scheint Margott Schürings, Doktor der Philosophie, so zu denken, die gerade ihr Buch "Das Mysterium von Michael Jackson und Sathya Sai Baba" vorgelegt hat. Sathya wer? Weder der Rezensent noch - schlimmer! - sein Meyer kennen den Swami, der laut Literaturverzeichnis immerhin seit mindestens 1953 aktiv ist. Kollektive Amnesie. Aber was soll's? Schließlich liest man ja Bücher, um seine lückenhaften Kenntnisse zu vervollständigen. So ein Buch kann Goldes wert sein.

Nach der Lektüre weiß man aber auch nicht mehr über die äußeren Lebensumstände und die wissenschaftlichen Leistungen von Sathya Sai Baba. Ist er die stattliche Gestalt in der roten Robe auf der Titelseite? Wahrlich, wir wissen es nicht. Schürings beschränkt sich auf sein Mysterium. Sie verschweigt uns aber zum Beispiel, ob er je Wasser in Wein verwandelt hat. (Oder Wein in Wasser? Bei diesen asiatischen Asketen weiß man so etwas ja nie ganz genau.) Das ist unwichtig. Genauso unwichtig wie Michael Jacksons Lieblingsaffe.

Also sprach Sathya Sai Baba: "Das Individuelle, auf Sanskrit jîvin, und das Universale, auf Sanskrit îshvara, sind zwei Vögel, die auf demselben Baum sitzen, dem menschlichen Körper. Das Universale sitzt still, als Zuschauer des anderen Vogels. Wenn das Individuelle das Universale anschaut und erkennt, dass es nichts anderes ist als sein Ebenbild, dann entkommt es Kummer und Leid. Dann ist die Erkenntnis des Selbst, auf Sanskrit Atman, erreicht." Auch Michael Jackson schätzt die ornithologische Allegorie: "Zwei Vögel sitzen in einem Baum. Der eine pickt Kirschen, während der andere zuschaut. Zwei Vögel fliegen durch die Luft. Des einen Lied sinkt wie Kristall vom Himmel, während der andere still bleibt. Es ist leicht zu erraten, welcher Vogel ich bin. Dich jedoch werden sie niemals finden."

Im Buch wird die übereinstimmende Philosophie dieser dioskurischen Vögel, des amerikanischen Paradiesvogels und der indischen Eule, ausführlich dargestellt. Da sich missionarische Schriften wie diese auch an schlichtere Gemüter wenden, ist eine gewisse Redundanz sicher sinnvoll. Im Grunde könnte man alles in jenen zwei Zeilen zusammenfassen, die der verstorbene Dichter der personifizierten Freude entgegengeschleudert hat: Alle Menschen werden Brüder, wo dein sanfter Flügel weilt. Oder um es wie der kalifornische Orpheus zu formulieren: "Der Schöpfer und die Schöpfung tauchen ein in die Ganzheit der Freude." "Ich liebe alle Rassen, weil ich Menschen aller Rassen von Herzen liebe, mit wahrer Zuneigung." Seid umschlungen, Millionen!

Die Sammlung weiser Worte weiser Männer wird ergänzt durch das Zeugnis anderer Prominenter. Allerdings scheint der Autorin der westliche Kulturkreis doch vertrauter zu sein. Während Sathya Sai Baba fast nur in Zitaten aus seinen Print-Werken Erwähnung findet, wird Michael Jackson auch aus der Sicht seiner Kollegen aus der Medienbranche geschildert. Das sind zum Beispiel Elizabeth Taylor, Oprah Winfrey und Sir Bob Geldof. Oder auch ein kunstsinniger nachmaliger Bundeskanzler: "Jetzt verstehe ich seine Fans, er hat so etwas Rührendes" (Kommentar zu Jacksons Auftritt bei "Wetten, dass", 1997).

Margott Schürings hat es erkannt: Der Weg zum Verstehen führt über die Erkenntnis des "zweiten Vogels". Wer den "zweiten Vogel" erkannt hat, weiß, dass es nur "einen Vogel" gibt, dass der zweite das Spiegelbild, das Ebenbild des ersten ist. "Die Suche nach dem Selbst ist beendet, denn ich habe mICH gefunden." Neun Prozent vom Verkaufserlös sind für ein Michael-Jackson-Projekt, ein Sathya-Sai-Baba-Projekt des Dienens und die Semu-Huaute-Chumash-Stiftung (Semu wer? Man weiß so wenig!) bestimmt.

ERNST HORST.

Margott Schürings: "Das Mysterium von Michael Jackson und Sathya Sai Baba". ADWAITA VERLAG, HOHENPEIßENBERG 1999. 192 S., BR., 27,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ernst Horst kann dieses Buch nicht wirklich ernst nehmen, und seine Erläuterungen machen auch sehr deutlich, warum dies so ist. Denn trotz der Lektüre und eigener Recherche bleibt im Dunkeln, wer dieser Sathya Sai Baba eigentlich ist und was dieser nun überhaupt mit Michael Jackson zu tun hat. Lediglich die "Seid umschlungen, Millionen!"-Attitüde scheint beiden eigen zu sein, die Liebe an alle Menschen wird`s schon richten, und alles wird gut. Für Horst ist dieses Buch in erster Linie eine "missionarische Schrift", die sich "auch an schlichtere Gemüter" wendet. Daher wohl auch die ständigen Wiederholungen, vermutet Horst. Für Schürings Lebensweisheiten über einen `zweiten Vogel`, den man erkennen muss, um festzustellen, dass man in Wirklichkeit aber nur `einen Vogel` hat und der zweite lediglich ein Spiegelbild ist, kann sich der Rezensent ebenfalls nicht besonders erwärmen. Allerdings fragt er sich, wer oder was wohl die Semu-Huaute-Chumash-Stiftung ist. Denn an diese geht ein Teil der Verkaufserlöse des Buches.

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