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Produktdetails
  • Isländische Literatur der Moderne 8
  • Verlag: Kleinheinrich Buch- und Kunstverlag
  • Seitenzahl: 121
  • Deutsch
  • Abmessung: 305mm
  • Gewicht: 928g
  • ISBN-13: 9783930754274
  • ISBN-10: 3930754274
  • Artikelnr.: 09974503
Autorenporträt
Gyrðir Elíasson wurde 1961 in Rekjavik geboren. Er studierte nach seinem Abitur 1982 an der Pädagogischen Hochsule in Rekjavik und ist seit 1984 freier Schriftsteller. Seither veröffentlichte er Romane, Erzählungen und Gedichtsammlungen. 2011 wurde er mit dem Literaturpreis des Nordischen Rates 2011 ausgezeichnet.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.06.2001

Lesetipp zum Wochenende
Buch im Regen
Gyrdir Elíassons
Aquarell-Erzählungen
Vierundzwanzig Geschichten aus Island und 39 in Island entstandene „Wasserfarben”, ein schwarzes und ein weißes Lesebändchen – ein exquisites kleines Leseangebot. Kurze Prosa, zwei bis drei Seiten lang, und Aquarelle, die den Abstand zwischen den Texten diskret vergrößern oder inspiriert verkleinern. Eine Geschichte heißt „Die Sommerferien”, und trotz ihrer Kürze hat man keinen Zweifel daran, dass hier Sätze wie „So vergingen Nächte und Tage” oder „So verging dieser Sommer wie all die anderen” voll und ganz in Erfüllung gegangen sind.
Der 1961 geborene Gyrdir Elíasson nimmt sich alle Zeit der Welt, um von zwei Königskindern zu erzählen. Es beginnt wie eine kulturkritische Glosse: „Manchmal heißt es, die jungen Leute machten sich nichts mehr aus Büchern. Ich aber weiß von einem jungen Mann, der den größten Teil des Sommers in einem Antiquariat im Osten des Landes verbracht hat.” Neben dem Antiquariat gibt es einen Konsumladen, und in einer verregneten Julinacht klopft es plötzlich an der Tür: „,Das hört sich nach einer Frau an‘, dachte er.” Es ist das dunkelhaarige Mädchen aus dem Laden, und als der Sommer vorbei ist, weinen die beiden in ein altes Psychologiebuch von William James. Im letzten Satz gießt es wieder. Dann kommen zwei Aquarelle, das eine hat etwas von einer Pfütze, auf dem anderen möchte man zerlaufene Tränen sehen. Dennoch – es sind keine Illustrationen jener feuchten Ferien, die Bernd Koberling hier liefert, die Aquarelle bleiben wunderbar bei sich.
Gyrdir Elíasson ist ein magischer Impressionist; die Geschichte, die er an den Beginn seines klug komponierten Bandes stellt, scheut sich nicht, von „Jagden” zu erzählen, die den Trollen gelten: „Im Herbstdunkel fahren drei Wagen durchs Tal, gezogen von großen Hunden. Ihre gelbgemalten Räder, zwölf insgesamt, drehen sich wie Sonnen in die Finsternis hinein. Aber diese Sonnen haben keine Strahlkraft, nur von der Mondscheibe erhalten sie Licht.” Ab und zu muss man der märchenhaften Zusammenhänge und melancholischen Zumutungen des Bandes sich erwehren. Um dann nach einiger Zeit das Buch wieder aufzuschlagen. Irgendwann wird es wieder eine Sommergeschichte geben, mit einem halbverbrannten Buch, dem Roman „Pan” von Knut Hamsun, und eine weitere Bibliotheksgeschichte, über eine „Fensterbankbibliothek”: Tschechows Dramen, Kurzgeschichten von Sherwood Anderson, „Zeitvertreib” von Gröndal.
Das Kompositionsprinzip einer Fensterbankbibliothek ist auch das des ganzen Bandes. Vielleicht ist er sogar eine Art Roman, denn am Ende der 24 Geschichten steht das Wort Ende, und es dämmert einem, dass als Held nicht die Figuren fungieren, von denen er erzählt, sondern dass es derjenige ist, der ihn erzählt – „eines Geschichtenerzählers Geschichte”, wie ja ein Buch von besagtem Sherwood Anderson heißt. In der Geschichte „Regen” ist ein Mann auf dem Weg zur Bibliothek, unter dem Arm ein ungelesenes Buch von Elias Canetti. Es beginnt zu regnen: „Elias Canetti ist mit dicker Brille in schwarzer Fassung auf dem vorderen Umschlag und schaut aus der durchsichtigen Plastikfolie auf die Straße und die Autos und die Sträucher, und Tropfen fallen auf das Plastik, so daß er nicht gut sieht, obwohl er eine Brille trägt. Jetzt regnet es auf alle Dächer. Zwei ziemlich intelligente Augen starren durch dicke Gläser und Plastikfolie. Elias Canetti denkt ans Meer und an Aquarien und an den Silberfisch, den er vorhin gesehen hat und den die Katze jetzt verschluckt hat.” Als der Canetti-Mann die Bibliothek erreicht, sitzt da auf den Treppenstufen ein anderer Mann, „alterserfahren wie ein Nachtfalter”, und liest in einem dicken (russischen?) Buch: „Die Seiten des Buches sind vom Regen durchweicht, und das Buch wird immer dicker und dicker.” So ähnlich geht es auch den Geschichten von Gyrdir Elíasson in diesem Band mit den Aquarellen von Bernd Koberling.
HERMANN WALLMANN
GYRDIR ELÍASSON: Das Blueshorn. Aus dem Isländischen von Gert Kreutzer. Mit Aquarellen von Bernd Koberling. Verlag Kleinheinrich, Münster 2001. 124 Seiten, 80 Mark.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Hermann Wallmann ist ganz schön verzaubert. Nicht nur von den 24 Geschichten des 1961 geborenen Isländers Gyrdir Elíasson, sondern auch von den 39 Aquarellen von Bernd Koberling, die der Rezensent nicht für Illustrationen zum Text hält, sondern als eigenständige und zugleich ergänzende Teile des Bandes aufgenommen hat. Die Geschichten seien zwar kurz und im einzelnen sehr unterschiedlich, aber dennoch kann Wallmann nicht umhin, sie als "eine Art Roman" zu lesen, der von dem "magischen Impressionisten" Elíasson klug komponiert wurde. Ein exquisites kleines Leseangebot, findet der Rezensent, das ihm trotz seiner Kürze angenehm dicker erschienen ist, als es die reine Seitenzahl hergibt.

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