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Hans Christian Andersen in Berlin Hans Christian Andersen, der große dänische Märchendichter, besuchte Berlin nur sieben Mal im Lauf der Jahrzehnte. Aber diese Besuche waren von besonderer Bedeutung und begründeten seinen Weltruhm. Hier traf er ein Vielzahl berühmter Zeitgenossen. Heinz Barüske geht in seinem Buch nicht nur Hans Christian Andersens Spuren in Berlin nach, sondern zeigt auch eine kleine deutsch-dänische Kulturgeschichte auf.

Produktbeschreibung
Hans Christian Andersen in Berlin
Hans Christian Andersen, der große dänische Märchendichter, besuchte Berlin nur sieben Mal im Lauf der Jahrzehnte. Aber diese Besuche waren von besonderer Bedeutung und begründeten seinen Weltruhm. Hier traf er ein Vielzahl berühmter Zeitgenossen. Heinz Barüske geht in seinem Buch nicht nur Hans Christian Andersens Spuren in Berlin nach, sondern zeigt auch eine kleine deutsch-dänische Kulturgeschichte auf.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

In einer Sammelrezension bespricht Hanns Grössel die folgenden vier Bücher von und über Hans Christian Andersen: "Ja, ich bin ein seltsames Wesen, Tagebücher von Hans Christian Andersen", hrsg. von Gisela Perlet, "Märchen, Geschichten, Briefe von H.C.Andersen" hrsg. von Johan de Mylius ,"Reise nach Dresden und in die Sächsische Schweiz" von H.C.Andersen, "Hans Christian Andersen in Berlin" von Heinz Barüske.
1) H.C. Andersen: "Ja, ich bin ein seltsames Wesen". Tagebücher.
Sehr ausführlich beschäftigt sich der Rezensent in seinem ausführlichen Aufsatz mit dem Tagebuchschreiber und Autobiografen H.C.Andersen, mit der Mischung aus "Selbstausstellung und Selbstverhüllung", die ihn auszeichnete. Der Schwerpunkt dieser von G. Perlet besorgten Auswahl liegt auf den Reisetagebüchern, und das, so der Rezensent, entspricht der Bedeutung des Reisens für den dänischen Schriftsteller. Immerhin neun Jahre hat er zusammengerechnet auf Reisen außerhalb seines Landes verbracht, und was ihm in der Fremde begegnete, hat ihn zu genauem Hinsehen erzogen. Auch sein "Innenleben" hat Andersen "mit hypochondrischer Wachsamkeit" beobachtet, notiert Grössel, vor allem Stimmungsschwankungen, Träume und Zustände der "Brunst" sind in seinen Tagebüchern penibel verzeichnet. In Sachen Sexualität scheint sich zu bestätigen, was allgemein vermutet wird: dass Andersen latent homosexuell war und weder mit Frauen noch mit Männern je schlief. Andersens Tagebuch ist kein Arbeitsjournal, nach Diskussionen literarischer Projekte sucht man also vergebens, schreibt Grössel, "doch werden die Eckpunkte des Rahmens, in dem sein Schreiben sich bewegt, deutlich erkennbar."
2) "Märchen, Geschichten, Briefe von Hans Christian Andersen".
Durch seine Auswahl hat der Leiter des H.C.Andersen-Centrums der Universität Odense den Schriftsteller als einen präsentiert, dessen "Werk in der dänischen Literatur die Brücke zwischen Romantik und Moderne" schlägt, zitiert Grössel den Herausgeber. Andersen war tatsächlich ständig an Neuerungen interessiert, reiste 1840 das erste Mal mit der Eisenbahn und besuchte die Pariser Weltausstellung. Sein jugendlich romantisches Eintreten für eine "vernünftige Freiheit" streicht er in späteren Werkausgaben, wie Mylius bemerkt, und sah darauf, dass er seiner Karriere nicht schadete. Mit welchem besonderen Gewinn die ausgewählten Märchen und Geschichten gerade dieser Ausgabe vielleicht gelesen werden könnten, darüber gibt der Rezensent leider keine Auskunft.
3) H. C. Andersen: "Reise von Leipzig nach Dresden und in die Sächsische Schweiz"
"Deutschland war das Ziel seiner ersten Auslandsreise", schreibt Grössel, und in erster Linie war dies ein kühl kalkulierter Schritt, sich nämlich mit namhaften deutschen Schriftstellern und Verlegern bekannt zu machen. Auf die Weise kam er auch nach Dresden, wo er Ludwig Tieck besuchte. Seine Reisebeschreibung, die ursprünglich u.a. auch Schilderungen aus dem Harz enthielt, sind hier in "kastrierter" Form vorgelegt; in einem Akt der Selbstzensur strich Andersen kritische Passagen, die in der dänischen Erstausgabe noch vorhanden waren, schreibt Grössel. Die Kenntnis darüber, welche Art von Reflexionen und Schilderungen in diesem Text enthalten sind, setzt der Rezensent gewissermaßen voraus.
4) Heinz Barüske: "Hans Christian Andersen in Berlin"
Der Autor hat die erste Reise H.C. Andersens nach Berlin, auf der er Adelbert von Chamisso besuchte, sowie auch spätere Aufenthalte in der Stadt hier nachgezeichnet, schreibt Grössel. Viel mehr erfährt der Leser nicht über die Besuche des dänischen Märchendichters in Berlin - auch nicht, ob der Autor sich auf spannende Weise oder eher akademisch-trocken seiner Aufgabe entledigt hat. Grössel betont vor allem den Aspekt der Karriere: da Chamisso, der Dänisch konnte, einige Texte von Andersen nach dessen Besuch schnell übersetzt und publiziert hat, trug Andersens Besuch in Berlin ganz entschieden zum Beginn seiner Weltkarriere bei.

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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.06.2000

Das Kind des Gedankens hüpft
Kierkegaard und Andersen gehen nach Berlin · Von Heinrich Detering

Man stelle sich einen Hörsaal vor, in dem unter den Zuhörern Alexander von Humboldt, Ranke und Jakob Burckhardt, Friedrich Engels und Bakunin, Lassalle, Savigny und der junge Kierkegaard säßen: Ein Professor, der dieses Auditorium für seine eigene Weltanschauung gewinnen wollte, müsste entweder größenwahnsinnig sein oder Schelling. "Ich bin so froh, Schellings zweite Stunde gehört zu haben", notiert der Kopenhagener Gasthörer, der sich eben noch "den unstetesten von allen Menschen" genannt hatte. Erweckt zur "Klarheit" inmitten seiner "philosophischen Leiden und Qualen", fühlt er sich unversehens guter Hoffnung. "Da", notiert er begeistert, "hüpfte das Kind des Gedankens in mir vor Freude wie in Elisabeth", wie die werdende Mutter des Täufers sieht er sich der schwangeren Maria Schelling begegnen. Wenig später ist die Hoffnung zerstoben; nun vertraut er einem Freund brieflich an, Schelling "salbadert unerträglich".

Als er das schrieb, war Kierkegaard eben promoviert worden und hatte sich fast gleichzeitig von Regine Olsen entlobt; damit fehlt von den biografischen Fundamenten, auf denen er ein existenzphilosophisches Lebenswerk zu errichten begann, nur noch eine neue intellektuelle Provokation und die Ruhe, um ihr schreibend zu begegnen. Beides fand er in Berlin: die Muße in seiner Beletage-Wohnung in der Jägerstraße, die Provokation in Schellings Hörsaal. Denn auch wenn er sich in der philosophischen Erlösergestalt getäuscht hatte - seine eigene Geistesschwangerschaft war nicht eingebildet. Was in seinen Berliner Tagebüchern heran wächst, ergibt nicht weniger als die Grundlagen für die philosophisch-theologischen Studie "Entweder - Oder", also auch für das darin eingegangene "Tagebuch des Verführers", sein bis heute meistgelesenes Buch; auch die "Wiederholung" und einige der "Erbaulichen Reden" bereiten sich in den Berliner Notizen vor. Er notiert während des Schelling-Semesters 1841/42 die ersten Stichworte; bei weiteren Aufenthalten in den Jahren 1843, 1845 und 1846, jedes Mal im Mai, kommen Ideen hinzu - Selbsterforschungen, philosophische und theologische Reflexionen, Bilder und Erinnerungsfragmente, Gebete, Skizzen zu Erzählungen und imaginären Predigten; das alles von abbreviaturhafter Dichte, zusammengedrängt auf wenige Seiten, angetrieben von Wahrheitsdrang und existenzieller Angst.

Die Außenwelt der Stadt dringt in diesen Weltinnenraum nur selten ein, sichtbar kaum, allenfalls hörbar. Der Gesang eines Leierkastenmannes unterm Zimmerfenster gibt Anlass zu neuen Lebensfragen; Opernbesuche lassen Mozarts "Don Giovanni" aufleben, mit weit reichenden Folgen für sein Konzept seines erotischen "Ästhetikers". Was immer den Eremiten an Lebensmaterial erreicht, es geht ein in das Werk, das sich in den vier kleinen "Berliner Tagebüchern" vorbereitet. Tim Hagemann hat sie aus den hinterlassenen Papieren des Dichterphilosophen rekonstruiert, glänzend neu übersetzt und so kompetent wie knapp erläutert. Herausgekommen ist ein schmaler und reicher Band, in dem man wenig über Berlin erfährt, aber dafür einiges über Gott und die Welt.

Es hätte nicht viel gefehlt, und Kierkegaard wäre Unter den Linden seinem Kopenhagener Antipoden begegnet. Immerhin sieben Mal hielt sich (dies der Titel von Heinz Barüskes materialreicher Darstellung) "Hans Christian Andersen in Berlin" auf, manchmal blieb er für mehrere Wochen. In Kierkegaards Wintersemester 1841/1842 traf auch er auf Schelling, mit dem er freilich, was auf Gegenseitigkeit beruhte, nichts Rechtes anzufangen wusste; das Tagebuch vermerkt knapp: "Amüsierte mich nicht." Im Übrigen aber war der Weitgereiste auch in Berlin durchaus amused; rastlos wie immer, fortwährend unterwegs zu Audienzen bei Standespersonen bis zu Friedrich Wilhelm V., zum Tee bei Tieck und den Brüdern Grimm, bei Theaterleuten, Verlegern und Journalisten; ein Promotor seiner selbst und zugleich ein fortwährend und wahllos Beobachtender. Vor lauter Notizen über Stadtklatsch und Sehenswürdigkeiten allerdings kommen seine Briefe und Tagebuchaufzeichnungen kaum zu einem ruhigen Gedanken, so dass die Freundschaft mit Chamisso das literarisch folgenreichste Ereignis dieser Besuche blieb. Im Gegensatz zu seinem Landsmann hat Andersen in Berlin viel erlebt und sich erstaunlich wenig dabei gedacht.

Anders als London und Paris hat Berlin den immer Neugierigen nicht zu poetischen Texten über sein Lieblingsthema von romantischer Tradition und industrieller Revolution inspiriert. Nein, unter den Metropolen der Moderne hat Berlin für Andersen eine eher nachrangige Rolle gespielt; weshalb Barüske seinen Bericht um eine Fülle von Mitteilungen anreichern muss, die zwar mit Andersen, aber gar nichts mit der Stadt zu tun haben. Mehr als ein Drittel des Bandes handelt von anderen Themen; und in den verbleibenden Teilen unterbricht nach jedem irgend geeigneten Stichwort ein Exkurs nach Art eines Lexikonartikels den Lesefluss, gleich ob es sich um Kunstwerke oder Gebäude handelt oder die Namen von (so der stehende Ausdruck) "Kulturpersönlichkeiten".

Nicht nur in der Anlage wirkt der Band unredigiert, sondern auch im Detail. Was Barüske über Andersen weiß, ist eine Menge; aber es geht hier unter in einem gewaltigen Kuddelmuddel aus Paraphrasen, Spekulationen und Banalitäten. Zu Versen aus Oehlenschlägers dänischer Nationalhymne weiß der Kommentator: "Auch bekannte deutsche Persönlichkeiten waren von Dänemarks Buchen begeistert." In jeder gelungenen Tagebuchpassage "merkt man sofort wieder den Dichter Andersen"; und dessen Ausdauer im Reisen und Schreiben ist Gegenstand dauernder Bewunderung: "Man muss sich immer wieder fragen, wie er das alles geschafft hat", "Immer wieder muss man seine Schaffenskraft bewundern", "erstaunlich, dass er trotzdem so viel schreiben konnte". Erstaunlich, allerdings; und kein Wunder deshalb, dass diesem Tausendsassa in Berlin so reichlich zuteil wurde, worauf der stille Kierkegaard noch lange warten musste: "großartige Akzeptanz".

Sören Kierkegaard: "Berliner Tagebücher". Aus dem Dänischen übersetzt und herausgegeben von Tim Hagemann. Philo Verlagsgesellschaft, Berlin und Wien 2000. 88 S., br., 20,- DM.

Heinz Barüske: "Hans Christian Andersen in Berlin". Hendrik Bäßler Verlag, Berlin 2000. 154 S., br., 14,80 DM.

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