Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 20,99 €
  • Broschiertes Buch

Gedichte arabisch-deutsch

Produktbeschreibung
Gedichte arabisch-deutsch
Autorenporträt
Fuad Rifka wurde 1930 in Syrien geboren, wuchs im Libanon auf, studierte in Beirut und war Mitbegründer der literarischen Avantgarde-Zeitschrift SHI'R (Poesie). Er promovierte 1965 in Tübingen über die Ästhetik bei Heidegger. Er lehrt in Beirut Philosophie und übersetzt Hölderlin, Rilke, Trakl, Novalis und Goethe. Die deutsche Lyrik, sagt er, ist "ein Freund, mit dem ich ruhig im selben Haus wohnen kann." Für seine einzigartige Vermittlertätigkeit erhielt er im Herbst 2001 den Friedrich-Gundolf-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.¶¶
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.07.2007

Derwisch der Wege
Eine Begegnung mit dem libanesischen Dichter und Übersetzer Fuad Rifka
Eines Tages vor fast fünfzig Jahren ging der libanesische Philosophie-Student Fuad Rifka aus Langeweile ins Goethe-Institut in Beirut, nahm in der Bibliothek wahllos ein Buch aus dem Regal und begann an einer beliebigen Stelle zu lesen. Es war eine englisch-deutsche Ausgabe, und Rifka, der damals noch kein Deutsch konnte, las gebannt, im Stehen, die englischen Verse. Nach einer Stunde selbstvergessenen Lesens blickte er auf den Buchumschlag: Es waren Rainer Maria Rilkes „Duineser Elegien”. Kurzerhand steckte er das Buch unters Hemd und ging damit nach Hause. Wochen später gestand er dem Institutsleiter, was er getan hatte: „Der lachte lauthals und schenkte mir das Buch. Ich besitze es bis heute als Erinnerung.”
Fuad Rifka ist heute selbst Lyriker, einer der bedeutendsten des Libanon, und erster Übersetzer Rilkes ins Arabische. Für den 77-jährigen Philosophieprofessor war die erste Begegnung mit der deutschen Dichtung der Beginn seines Weges, der ihn letztlich in sein „Zuhause im deutschen Denken” führte. Erst kürzlich war er wieder im Hölderlinturm in Tübingen, am Neckarufer, wo er in der Bursa 1965 über Martin Heideggers Ästhetik promoviert wurde. „Mein Aufenthalt in Tübingen war wie ein Erdbeben für meine Existenz”, sagt Rifka. Er sagt es ohne Pathos. Eher so, als hätte er es sich gar nicht anders vorstellen können. Hier lernte er Hölderlin, Rilke und Trakl kennen. Hier, in der deutschen Kultur liegt seine geistige Heimat, „wo das poetische Wort denkt und das denkerische Wort poetisch durchtränkt ist”.
Zurück im weltoffenen Beirut der sechziger Jahre schloss sich Rifka dem Lyriker Yusuf Al-Khal an, dem Gründer der Zeitschrift „Shi’r” („Poesie”), an der auch Adonis mitwirkte. Die Forderungen der Avantgarde-Lyriker nach der Erneuerung des Denkens strahlten auf die ganze arabische Welt aus: Dichtung (nicht die Politik! Nicht die Ökonomie!) verändert die Welt. Sie befreiten das Gedicht von den traditionell strengen Formen, experimentierten mit dem freien Vers wie mit den alten arabischen Mythen. Und sie übersetzten französische, angloamerikanische – und, wie in Rifkas Fall – deutsche Lyrik der Moderne.
Hölderlin, Trakl und Rilke, aber auch Novalis und Goethe hat Rifka ins Arabische übersetzt. Diese insgesamt acht Gedichtbände waren schnell vergriffen. Für dieses Engagement bekam er 2001 den Friedrich-Gundolf-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Neben seiner Tätigkeit als Philosophieprofessor an der American University in Beirut und seinem eigenen dichterischen Schaffen arbeitet er seit 15 Jahren an einer Anthologie deutscher Lyrik des 20. Jahrhunderts – eine „Selbsterfüllung”, die er als Fellow am Berliner Wissenschaftskolleg derzeit abschließt. Wenn alles gut geht, wird Ende des Jahres der zweisprachige, etwa 250 Seiten starke Band in Beirut erscheinen und arabischen Lesern unter anderem Paul Celans „Todesfuge” oder Ingeborg Bachmanns „Gestundete Zeit” nahebringen.
Fuad Rifka sieht sich als Übersetzer im weitesten Sinne am Werk: Als poetischer Mittler der Welt, etwa zwischen Hölderlin und der alten arabischen Tradition. Die Dichtung hat seit jeher eine bevorzugte Stellung in der arabischen Literatur, der Lyriker soll Inspirierter sein, Außergewöhnliches fühlen: „Shi’r” heißt auf Arabisch „Poesie” – aber auch „Gefühl” . Für Fuad Rifka ist der Dichter ein Mittler zwischen Himmel und Erde: „Er ist der Wissende / die Glut der Dichtung ist er, / ein Derwisch der Wege.” So endet das Gedicht „16. August 2001” aus dem jüngsten Band „Die Reihe der Tage ein einziger Tag”, seiner vierten auf Deutsch vorliegenden Gedichtsammlung (Hans Schiler Verlag, Berlin 2007. 200 S., 22 Euro). Der Originaltitel lautet „Kaahin al-Waqt”: Der Seher der Zeit.
Projekt der Selbsterfüllung
Es ist ein Seher ohne Pose. Und ohne Auftrag: Aus Rifka, der aus einer christlichen Familie stammt und an einer Bibelübersetzung beteiligt war, spricht kein Gott. Die Personen seiner bislang zwölf Gedichtbände, der Holzsammler, der Derwisch, der Sufi, der Indianer sind Erwählte ohne Absicht. Sie verstehen das Flüstern der Natur, das Rascheln der Herbstblätter oder die Metamorphosen der Wolken. Leise Töne sind dies – die in Rifkas bewusst reduzierter Sprache eine enorme Intensität erhalten: „Eine kalte Pappel, / auf ihren Wipfeln / ein Rabe, / plötzlich fliegt er weg, / tief im Nebel / sein Krächzen, / tief im Nebel / die Pappel.” Der Naturschau eines Haiku ähnelt dieses Gedicht aus „Tagebuch eines Holzsammlers” (1990).
Auf dieser Gratwanderung zwischen Genügsamkeit und absolutem Anspruch widmet er Zeile um Zeile seinen Themen: Der Zeit, der Endlichkeit, dem Alter, der Sehnsucht nach dem Ursprung und der Poesie. Und zunehmend – wie in dem jüngsten Band – der Überzeugung oder Hoffnung von der Einheit der Dinge: „Nach dem Tod verschmelzen der Mensch, die Seele, die Dinge, genau wie ein Tropfen, der sich im Meer verliert und keine Identität mehr hat. Aber es gibt eine Fortsetzung des Lebens in einer anderen Form.”
Der Dichter selbst tritt völlig zurück: „Ich freue mich, dass es mir ab und zu gelingt, ein Gedicht zu schreiben, als wäre das Gedicht vom Kosmos her und nicht von mir.” Denn mit Sprache kommt man dem Geheimnis am nächsten. Und so spricht er mit seinem Gegenüber, wählt jedes Wort mit Bedacht, schmeckt es nach, hält mit einer Bewegung seiner feingliedrigen Hände den Satz an, sekundenlang. Dann folgt ein weiteres Wort, dessen Nuance ihm wichtig ist.
Auch seine Gedichte klingen wie gut dosierte Beschwörungen. Die „Sprache des Kosmos” will er in ihnen hörbar machen. In einer ständigen Wiederaufnahme gleicher Motive, Bilder und Szenen umkreist er das Erlebnis: In jedem Gedicht gibt es einen Fortschritt, manchmal klar, manchmal schattenhaft. „Wenn wir die Sterne nicht erreichen können, brauchen wir zumindest das Licht der Sterne”, sagt Rifka. Er vergleicht den Prozess des Dichtens mit der Arbeit des Sisyphos, immer am Rande der Vergeblichkeit – allerdings mit einem entscheidenden Unterschied: Ihm rollt der Fels nicht immer wieder herunter. KATHRIN KOMMERELL
Der Dichter Fuad Rifka 2007 in Berlin Foto: Wissenschaftskolleg Berlin
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.02.2007

Humus der Begeisterung
Der Libanese Fuad Rifka mit einem neuen Gedichtband

Unter den großen arabischen Lyrikern der Aufbruchgeneration - hierzulande kennt man vor allem Adonis oder den ein wenig jüngeren Mahmud Darwish - nimmt der 1930 geborene Libanese Fuad Rifka eine Sonderstellung ein. Während sich Adonis nach Frankreich, andere, wie die Iraker Badr Shakir As-Sayyab oder Abdul Wahhab al-Bayyati in den englischsprachigen Raum hin orientierten - beide sind, wie nun auch Rifka, im Verlag Hans Schiler auf Deutsch zu entdecken - war Rifka der einzige, den es nach Deutschland zog. In der Zeitschrift der Beiruter Avantgardelyriker, dem 1957 gegründeten Magazin "Shi'r" ("Dichtung"), publizierte er neben seinem eigenen Frühwerk erstmals auf Arabisch Gedichte von Hölderlin, Rilke, Trakl und anderen. In den sechziger Jahren wurde er in Tübingen über die Ästhetik Heideggers promoviert, den er selbst noch kennenlernte. Der wilden Heidegger-Rezeption, die unter arabischen Intellektuellen grassiert, hat er als einziger solide Kenntnisse entgegenzusetzen. Der große Vermittler bekam 2001 den Friedrich-Gundolf-Preis. Er hat aber auch ein eigenes eminentes lyrisches Werk vorzuweisen. Jetzt ist sein vierter Gedichtband auf Deutsch erschienen.

Schon der Titel, "Die Reihe der Tage ein einziger Tag" schlägt den typischen Rifka-Ton an. Doch Resignation und Melancholie, die überall durchklingen, sind nur der Humus, auf dem der versöhnliche, ja begeisterte Blick auf das Sein wachsen kann. Rifka schreibt Verse, die die epiphanische Qualität von Haikus haben. In der gelungenen Übersetzung von Fouad El-Auwad: "Ein Spatz / seine Federn ein Kosmos." Zugleich ist Rifkas Lyrik unleugbar eine Alterslyrik, aber man ahnt, dass das Alter hier nur eine Maske für einen anderen, eben zeitlosen, dem Getriebe der Welt entrückten Bewusstseinszustand ist, den Rifka immer schon in seinen Gedichten angestrebt hat.

Seit fast einem Vierteljahrhundert schon tarnt Rifka dergestalt seinen anderen Blick auf die Welt. Unter den großen arabischen Dichtern der Gegenwart war er einer der ersten, die dem lyrischen Pomp und den maßlosen politischen und weltanschaulichen Visionen abgeschworen hatten. Während Adonis noch dichtete, er sei "Das Alpha und das Omega", schrieb Rifka schon 1983 im "Tagebuch eines Holzsammlers": "Wenn auf seine Hütte / die Blätter fallen, / wird der Kamin wach, und freut sich das Holz." Rifka ist es gelungen, trotz des Verzichts auf Grandiosität das Pathos, ja das Herzblut zu wahren und bei allem Gleichmaß nie Beliebigkeit und Gleichgültigkeit aufkeimen zu lassen.

Gewiss hält das Statische von Rifkas Spätwerk, wie es sich im vorliegenden Band noch einmal bündelt, für Kenner des Werks keine Überraschungen bereit, aber es hat wie stets die Intensität eines gut gesprochenen, wirkkräftigen Mantras. Dabei gerät Rifka immer wieder mit großer, uneitler Aufrichtigkeit an die Grenzen des Sprechens, des im Gedicht Sagbaren: "Im All, / wenn das Herz eins wird, / warum stolpert die Zunge, / fällt der Stift nieder / und stirbt das Papier."

Dass der ursprünglich aus Syrien stammende Rifka der letzte große christlich-arabische Dichter unter den vor dem Zweiten Weltkrieg Geborenen ist, spürt man nie direkt, aber wenn man es einmal weiß, glaubt man diese andere Herkunft an etlichen Stellen herauszuhören. Nur ein Mal (aber wie dezent!) bekennt sich Rifka, der auch an einer neuen Bibelübersetzung in ein natürlich klingendes Hocharabisch mitgewirkt hat: "An der Wand / eine Todesanzeige. / Er liest sie, er liest in ihr seinen Namen, / der die Wunde Golgathas liebt." Weiter und weiter wollte man aus dieser zweisprachigen Ausgabe zitieren. Doch machen wir es einfach, klar und kurz: Lest Rifka!

STEFAN WEIDNER

Fuad Rifka: "Die Reihe der Tage ein einziger Tag". Gedichte. Arabisch und deutsch. Aus dem Arabischen übersetzt von Fouad El-Auwad. Verlag Hans Schiler, Berlin 2007. 199 S., br., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Stefan Weidner schreibt eine Leseaufforderung. Zwar stößt der Rifka-Kenner Weidner im Spätwerk des "letzten großen christlich-arabischen Dichters" Fuad Rifka nicht auf Überraschungen, aber das ist auch nicht nötig. Der "typische Ton" aus Melancholie und Begeisterung in Rifkas vierten auf Deutsch erschienenen Lyrikband hält den Rezensenten bei Laune. Weidner bewundert das Epiphanische mancher Texte und ihren Verzicht auf lyrischen Pomp, der allerdings nicht durch Beliebigkeit ersetzt wird. Für Weidner entwickeln die Gedichte so die Wirkung eines guten Mantras.

© Perlentaucher Medien GmbH