Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 9,99 €
  • Gebundenes Buch

1 Kundenbewertung

Albert, der Erzähler, entdeckt im Feierabendgedränge auf der Berliner Friedrichstraße zufällig einen Mann, in dem er seinen Jugendfreund Wilhelm erkennt. Mehr als 30 Jahre liegt es zurück, dass beide Blutsbrüderschaft geschlossen haben. Sie waren Rivalen im Wettkampf um das Mädchen Bettina. Wilhelm, der Wendigere und Entschlossenere von beiden, gewinnt sie schließlich. Albert, der Vorsichtigere und Zurückhaltendere, ist ein einzigesMal unvorsichtig, als er von Wilhelms tschechischen Zeitschriften und Flugblättern erzählt. Es ist das Jahr der Niederschlagung des Prager Frühlings. Alberts…mehr

Produktbeschreibung
Albert, der Erzähler, entdeckt im Feierabendgedränge auf der Berliner Friedrichstraße zufällig einen Mann, in dem er seinen Jugendfreund Wilhelm erkennt. Mehr als 30 Jahre liegt es zurück, dass beide Blutsbrüderschaft geschlossen haben. Sie waren Rivalen im Wettkampf um das Mädchen Bettina. Wilhelm, der Wendigere und Entschlossenere von beiden, gewinnt sie schließlich. Albert, der Vorsichtigere und Zurückhaltendere, ist ein einzigesMal unvorsichtig, als er von Wilhelms tschechischen Zeitschriften und Flugblättern erzählt. Es ist das Jahr der Niederschlagung des Prager Frühlings. Alberts Erinnerung an seinen Verrat lässt ihn nun - Jahrzehnte später - Wilhelm in der Friedrichstraße aus dem Weg gehen. Er beginnt Nachforschungen und entdeckt, dass derJugendfreund Schriftsteller geworden ist. Hat Wilhelm über den Freund geschrieben? Die Ungewissheit wirft ihn aus der Bahn. Als seine Frau Karola ihre Galerie mit Schriftstellerlesungen ankurbeln will, lädt sie Wilhelm ein. Wieder sind Albert und Wilhelm zu Rivalen geworden. Diesmal um Karola.
Autorenporträt
Michael G. Fritz, geboren 1953 in Dresden, lebt in Dresden und Berlin. Seit 1980 publiziert er in nationalen und internationalen Anthologien und Literaturzeitschriften.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.07.2007

Schönheit, die von innen kommt
Michael G. Fritz bereitet eine deutsch-deutsche Liebe auf

Wenn zwei sich lieben, leidet zuweilen ein Dritter. Zumal, wenn dieser davon überzeugt ist, er habe nur auf Grund eines Zufalls das Nachsehen. In jedem Fall trifft das auf Albert, den Erzähler in dem neuem Roman "Die Rivalen" von Michael G. Fritz, zu, der just zum Zeitpunkt des entscheidenden Rendezvous mit Bettina den Fernseher seiner Eltern zur Reparatur bringen muss. Damit hat sein Freund und "Blutsbruder" Wilhelm an diesem Nachmittag freie Bahn. Die Reparatur des Fernsehers duldet keinen Aufschub, weil in Prag die Panzer rollen. Albert, Wilhelm und Bettina leben in der DDR, man schreibt das Frühjahr 1968. Ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, da die Russen den Wenzelsplatz überrollen, bittet Bettina zum Stelldichein unter Walnussbäumen.

Eine schöne, nicht ungewöhnliche Geschichte aus vergangenen Tagen. Bettina wird später schwanger, Wilhelm lässt sie alsbald mit dem Kind zurück und sucht das Weite. Seine Spur verliert sich im Westen, wie Albert mutmaßt.

Doch die Vergangenheit kehrt wieder. Nach rund dreißig Jahren sieht Albert auf der Berliner Friedrichstraße im Feierabendgedränge seinen fülliger gewordenen, aber vital gebliebenen Rivalen mit einer jungen Frau vor dem Schaufenster eines Wäschegeschäfts stehen. Albert wird nervös, flieht geradezu panisch und forscht gleichzeitig wie besessen nach Wilhelms neuer Identität: Dieser ist Schriftsteller, noch kein sehr berühmter, aber sein neues Buch wird immerhin mit einer gewissen Spannung erwartet. Und das setzt Albert zu.

Der Leser erfährt die Dinge in diesem Roman immer nur häppchenweise. Das reicht lange nicht, um zu verstehen, weshalb sich Albert ständig mit einer Schönheitsseife waschen muss, von der er noch eine Kiste aus der DDR gerettet hat und die den verheißungsvollen Namen "Lilienmilch" trägt. Dass Alberts Frau Karola auch schon mal ein Stück der stark schäumenden Seife in die Toilette wirft, weil sie sich von den Rückständen aus der Vergangenheit genervt fühlt, ist nicht der schlimmste Nebeneffekt am Waschzwang des Erzählers. Albert fürchtet Wilhelms "Ruhm-Aroma", ein schon zu DDR-Zeiten von diesem benutztes Deodorant, dessen Namen inzwischen eher im übertragenen Sinne wirkt. Hinter dem Ruhm-Aroma des Schriftstellers lauert eine für Albert unangenehme Wahrheit, die, so glaubt er, Wilhelm in seinen Büchern aufdecken könnte. Es geht um tschechische Zeitschriften und Flugblätter, die Wilhelm seinerzeit bei sich deponiert hatte, und es geht um Alberts im Verhör bei der Stasi erzwungenen Verrat dieser Tatsache. Wilhelm wurde vom Studium in der DDR ausgeschlossen. Die hieraus resultierende Schuld ist es, die Albert umtreibt und die auch mit "Lilienmilch" nicht abzuwaschen ist. Gleichzeitig rückt ihm Wilhelms Ruhm-Aroma immer näher auf den Leib und dringt schließlich gar in seine Ehe mit Karola ein.

Michael G. Fritz erzählt seine konzentrierte, hoch verdichtete Geschichte auf zwei Zeitebenen, mit geschickt eingearbeiteten Nebensträngen und großem Sinn für die Sinnlichkeit von Sprachbildern. So entsteht eine Komposition, die den Leser fordert und unbedingt bei der Stange hält. Man wird ganz allmählich, unaufhaltsam in die Beziehungsabgründe der beiden Rivalen geführt. Deren verhängnisvolle Kräfte reichen bis in die Gegenwart.

Die bis in alle Feinheiten streng durchgearbeitete Sprache, deren herbe Musikalität einen nach kurzer Zeit nicht mehr loslässt, ist das Ergebnis der eindrucksvollen erzählerischen Könnerschaft dieses Autors. Zugleich bleibt sie bei aller Formulierungskunst immer auf dem Boden der Tatsachen. Fritz erschließt mit seinen Sätzen einen Vorstellungsraum, der ebenso knapp wie vielschichtig die deutsche Geschichte der vergangenen vierzig Jahre umgreift. Seinem Buch wäre zu wünschen, von einem größeren Publikum gelesen zu werden. Es ist ein kleiner Roman, eine komplexe Metapher auf das einst geteilte Deutschland zwischen 1968 und heute, über den Weg vom Bahnhof Friedrichstraße zum Checkpoint Charly nach Westen.

CHRISTIAN SCHÄRF

Michael G. Fritz: "Die Rivalen". Roman. Mitteldeutscher Verlag, Halle 2007. 160 S., geb., 16,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Christian Schärf liest diesen Roman von Michael G. Fritz als Metapher auf deutsch-deutsche Verhältnisse zwischen 1968 und heute. Nicht ungewöhnlich erscheint ihm die Dreiecksgeschichte mit dem Odeur von DDR-Deo und Stasi-Verwicklungen. Sprachlich, findet er, trumpft der Text allerdings derart auf, dass Schärf ihm sofort alle Leser der Welt wünscht. Mit ein bisschen Konzentration genießt er die auf mehreren Zeitebenen und Schauplätzen angesiedelte Story fast als Gedicht: Kompositorisch, musikalisch und sprachbildnerisch groß. Und doch realistisch, wie Schärf insistiert, indem sie dem Leser diesen speziellen Vorstellungsraum erschließt.

© Perlentaucher Medien GmbH