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Der Mann, der den Weltschmerz erfunden hat" Das meisterhafte Porträt eines Dichters, der den Nerv seiner Zeit getroffen und das Lebensgefühl einer ganzen Epoche geprägt hat wie kein zweiter: George Gordon Lord Byron, der den romantischen Helden schuf und verkörperte, aber mit derselben abgründigen Leidenschaft und genauso unwiderstehlich auch den Antihelden gab - und es auch war. Benita Eisler konnte sich in ihrer umfassenden Beschreibung und eindringlichen Analyse von Leben und Werk Byrons auch auf Dokumente stützen, die bislang unzugänglich waren. Sie zeigt, wie das Kind, das an einem…mehr

Produktbeschreibung
Der Mann, der den Weltschmerz erfunden hat" Das meisterhafte Porträt eines Dichters, der den Nerv seiner Zeit getroffen und das Lebensgefühl einer ganzen Epoche geprägt hat wie kein zweiter: George Gordon Lord Byron, der den romantischen Helden schuf und verkörperte, aber mit derselben abgründigen Leidenschaft und genauso unwiderstehlich auch den Antihelden gab - und es auch war. Benita Eisler konnte sich in ihrer umfassenden Beschreibung und eindringlichen Analyse von Leben und Werk Byrons auch auf Dokumente stützen, die bislang unzugänglich waren. Sie zeigt, wie das Kind, das an einem verkrüppelten Fuß, einen unförmigen Körper und an seinen armseligen Verhältnissen leidet, sich aus ureigenem Antrieb in eine äußerst elegante Erscheinung verwandelt, die das Leben in den Salons der Society durch Genialität und Witz, durch revolutionäre Ansichten, aber auch durch Liebesaffären und Skandale dominiert. Sie schildert seine in jedem Sinne abenteuerlichen Reisen und deren Transformation in Literatur: Byron wird buchstäblich über Nacht berühmt, und zwar weltweit. Eisler bringt uns aber nicht nur Byron in seiner Zwiespältigkeit nahe, sondern auch die vielen Frauen - und Männer -, die er liebte. Sie liefert damit auch eine farbige Chronique scandaleuse des angeblich so prüden 19. Jahrhunderts.
Autorenporträt
Benita Eisler Sieben Jahre lang hat Benita Eisler die Spuren von Lord Byron bis in alle Details hinein verfolgt – die seines literarischen Lebens und die seines wirklichen. Sie konnte sich dabei auf Familiendokumente stützen, zu denen bislang noch niemand Zugang hatte. Eisler lebt in New York. Bereits ihre 1998 erschienene Biographie über Georgia O'Keeffe und Alfred Stieglitz ("An American Romance") erhielt hervorragende Kritiken.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.01.2000

Abenteuerliches Herz
Überlebensgroß: Lord Byron in einer neuen Biografie von Benita Eisler
Goethe, Byrons größter Bewunderer, der in Benita Eislers monumentaler Biografie nur zweimal nebenbei erwähnt wird, sagt zu Eckermann: „Ich habe all mein Wirken und Leisten immer nur symbolisch angesehen, und es ist mir im Grunde ziemlich gleichgültig gewesen, ob ich Töpfe machte oder Schüsseln. ” Das ist das genaue Gegenteil zu Tonio Krögers oder Adrian Leverkühns Lebens- und Liebesverbot: Der Künstler muss das Leben dem Werk opfern. Anders als ihr in vielerlei Masken schillernder Held hat seine Biografin sieben Jahre ihres Lebens für die Darstellung einer fremden Vita und einer vergangenen Zeit hingegeben, wie sie im Nachwort, Thomas Mann zitierend, schreibt. Byron zählt wie Goethe zu den Dichtern, für die es die Alternative Kunst oder Leben nicht gibt. Künstlerische Produktivität ist ihnen Teil eines umfassenden Selbstverwirklichungsprogramms. Ob Töpfe oder Schüsseln, ob Wegebau oder Dramen, ob Freiheitskampf oder Versepen: Es sind die gleich gültigen Hervorbringungen einer kreativen Existenz.
Verächter der Nur-Literaten
Im Falle Byrons steht die Tat sogar über dem Werk. „Wenn ich noch zehn Jahre lebe”, schreibt der 29-Jährige im Februar 1817 an Thomas Moore, „wirst Du sehen, dass es nicht vorbei ist mit mir: Ich rede nicht von der Literatur, denn das ist nichts; und es mag seltsam klingen, dies zu sagen, aber ich halte sie nicht für meine Berufung. ” Nein, er will etwas tun, worüber sich wie über die Erschaffung der Welt die Philosophen aller Zeiten die Köpfe zerbrechen werden. Er hatte zwar nur noch sieben Jahre zu leben, aber der 35-Jährige beschloss, als Emissär der Londoner Philhellenischen Gesellschaft nach Griechenland zu gehen und die schon 1809 während seines ersten Griechenlandaufenthalts im Childe Harold fünf Mal wiederholte Frage, wer die Griechen aus der türkischen Herrschaft in die Freiheit führen solle, mit seiner eigenen Person zu beantworten. Den unvollendeten siebzehnten Gesang seines Don Juan hatte er zwar nach Kephalonia mitgebracht, nahm ihn jedoch nicht mehr zur Hand. Das Hauptwerk blieb ein Fragment.
Dazu passt Byrons Verachtung für die Spezies der Nur-Literaten, die Tatsache, dass er seinem gesellschaftlichen Rang zeitlebens eine höhere Bedeutung zumaß als seinem Talent. Auf die Leistung, den Hellespont durchschwommen zu haben, war er „weit stolzer, als ich es auf irgendeinen Ruhm als Politiker, Dichter oder Redner jemals sein könnte”. Im Tagebuch notierte der schon berühmte Autor: „Keiner, der zu Besserem im Stande ist, sollte ein Verseschmied werden. ”
Dem Peer des Königreichs stand ein Platz im Oberhaus zu; doch seine politischen Ambitionen scheiterten an unzulänglicher Rhetorik. Goethe bedauerte dies, da das, „was von Opposition in ihm war”, auf diesem Wege nicht abreagiert und die Poesie davon rein gehalten werden konnte. „Einen großen Teil der negativen Wirkungen Byrons möchte ich daher verhaltene Parlamentsreden nennen. ” Wo Euphorion erscheint, hat Mephisto nichts mehr zu suchen.
Aber die Polemik, die Byrons Dichtungen auf weite Strecken durchzieht, ist nur die Kehrseite der romantischen Melancholie, in der sie sonst ertrunken wären. Beim Anblick der griechischen Ruinen verwandelt sich Childe Harolds Weltschmerz in wütenden Zorn über die Ausbeutung des Landes durch fremde Herren; Lord Elgin wird als schlimmster aller Räuber verflucht. Dabei wusste Byron sehr gut, dass er einen Unschuldigen opferte. Denn der britische Gesandte beim Osmanischen Reich hatte den Figurenschmuck des Parthenon, die gegenwärtig wieder recht aktuellen „Elgin-Marbles”, völlig rechtmäßig gekauft und rettete nicht nur sie vor der Zerstörung durch Verfall und Plünderung. Aus den Statuen und Säulen brannten die Griechen Kalk und verwendeten ihn für den Bau ihrer Häuser. Byron aber brauchte einen Scheingegner.
Schwermut und Schminke: der seelische Zwiespalt, den Professor Cornelius in Thomas Manns Erzählung Unordnung und frühes Leid zu seinem Befremden dem Gesicht eines jungen Schauspielers abliest, gehört zu den zahlreichen Widersprüchen, die Byron, der „Held im Kostüm”, in sich vereinigte. Mit psychologischen Kategorien kommt man angesichts dieses Phänomens nicht sehr weit; so liefert das aus Byrons verkrüppeltem Fuß abgeleitete Kompensationsstreben einen vielleicht notwendigen, aber keineswegs hinreichenden Grund für sein alle Konventionen sprengendes, an Exzentrizität und Bizarrerie unüberbietbares Verhalten. Benita Eisler widersteht leider nicht immer der Versuchung, ihrem inkommensurablen Gegenstand mit tiefenpsychologischen Formeln zu Leibe zu rücken.
Man muss sich schon damit abfinden, dass wir mit unseren beschränkten Mitteln das Übermenschentum – im Guten wie im Bösen – eines Individuums wie Byron zwar beschreiben, aber nicht erklären können. Goethe nannte ihn eine „Persönlichkeit von solcher Eminenz, wie sie nicht dagewesen und wohl schwerlich wiederkommen werde”. Auf das „Dämonische”, das er in Byron ähnlich wie in Napoleon wirksam sah, führte er seine unwiderstehliche Anziehungskraft zurück. Benita Eisler bietet Hunderte von Belegen für dieses Dämonische und seine „Attraktiva”. Und weil ihr weniger an der Auflösung des Rätsels Byron als an seiner Sichtbarmachung gelegen ist, kann sie ihrer narrativen Begabung freien Lauf lassen, was dem Wälzer nur zu Gute kommt.
Der Dichter bleibt unhörbar
Da Byrons Werk im Dienst des Lebens steht und nicht umgekehrt, hält sich auch die Crux einer Dichterbiografie in Grenzen: die Notwendigkeit, den Menschen zu porträtieren unter adäquater Würdigung des Œuvres, die aber andere Fähigkeiten erfordert als diejenigen, über die der Berichterstatter der Vita verfügen soll. Im Fall Seiner Lordschaft kann und darf die Biografin weitgehend auf gründliche Werkanalyse verzichten, weil das Leben schon für sich genommen interessant genug ist. Die Zitate aus den Dichtungen haben also vor allem dokumentarische Funktion. Trotzdem ist es ärgerlich, sie in der deutschen Übersetzung der Artemis-und-Winkler-Ausgabe lesen zu müssen, die hauptsächlich von Otto Gildemeister stammt und den für das fortgeschrittene 19.  Jahrhundert typischen epigonalen Ton aufweist. Zum Dichter Byron führt über die dargebotenen deutschen Strophen kein Weg.
Es stimmt: Der Rebell blieb formal erstaunlich unselbstständig, klassizistischen Konventionen verhaftet. Vor allem seine Dramen, ohnehin als „mental theatre” konzipiert, sind heute verstaubt. Aber so überholt und schwächlich, wie es die fade Reimerei eines Gildemeister uns glauben macht, ist Byrons unerhört wirkungsmächtiges Werk (es existieren allein 750 Kompositionen, die auf ihm basieren) nun doch nicht. Warum hat man nicht das englische Original beibehalten und eine wörtliche Übersetzung im Anmerkungsteil untergebracht?
Die Umrisse von Byrons überlebensgroßer, ebenso faszinierender wie abstoßender Person werden durch dieses Manko der deutschen Ausgabe von Benita Eislers beeindruckendem Gemälde allerdings kaum beeinträchtigt. Sie liefert darüber hinaus die Biografie einer zwischen rücksichtslos egoistischem Lebensgenuss und idealistischer Begeisterung, hemmungsloser Libertinage und zwanghaftem Puritanismus zerrissenen Gesellschaft. Ihre Heiligen waren zugleich ihre Parias. Byron, der grenzenlos Liebende, war von Quäl- und Rachsucht besessen, seine skandalösen Affären (mit Mädchen und Frauen aller Stände, mit Knaben und mit seiner Halbschwester Augusta) sind Legion. Allen Beziehungen drückte er das Kainsmal einer, wie er glaubte, prädestinierten Verdammnis auf. Und „Ariel”, der angeblich engelhaft reine Shelley, erweist sich als „unglückselige Schlange”, deren ahnungsloses Opfer Byron wurde. Einer der vielen, die von seiner Generosität lebten und seine menschliche, gesellschaftliche und künstlerische Überlegenheit mit Hass, Neid und Heuchelei vergalten.
Mit dem sehr unreinen Feuer, das auf Seite 733 den Leichnam des ertrunkenen Shelley am Strand von Livorno verzehrt, geht der romantische Mythos eines ganzen Zeitalters in Flammen auf.
ALBERT VON SCHIRNDING
BENITA EISLER: Byron. Der Held im Kostüm. Aus dem Amerikanischen von Maria Mill. Karl Blessing Verlag, München 1999. 864 Seiten, 31 schwarzweiße Abbildungen auf Tafeln, 68 Mark.
Porträt des Dichters als junger Mann: George Gordon Noel Lord Byron, gemalt von R. Westall. Beide Bilder zu dieser Rezension entnehmen wir der 1981 erschienenen rororo-monographie Byron von Hartmut Müller.
Byron nach einem Ausritt, um 1822 silhouettiert von Mrs. Leigh Hunt.
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Dem Umfang des Buches von 800 Seiten durchaus angemessen erscheint die außerordentlich umfassende Besprechung von Eva Leipprand. Lord Byron, so ihre Anfangsthese, ist nach längerer Zeit wieder en vogue. Die Unfertigkeit seiner Literatur, der Entwurfscharakter seines Lebens, von Promiskuität bis zur Lust am Kostümwechsel, fällt heute, meint sie, wieder auf fruchtbaren Boden. Da komme diese geradezu wie ein "pikaresker Bildungsroman" zu lesende Biografie gerade recht. Sehr gelobt werden sowohl der "Kenntnisreichtum" der Autorin, die auch neue Quellen aufgetan hat, als auch der "hohe Unterhaltungswert" des Buches. Leipprand findet es gut geschrieben und auch gut übersetzt und froh ist sie um die Fähigkeit der Autorin zur Ironie, ohne die jemand wie Byron kaum auszuhalten sei. Überzeugend, wenngleich nicht originell, scheinen der Rezensentin die psychologischen Deutungen Eislers, die entmythologisieren, aber nicht simplifizieren. Einen großen Kritikpunkt gibt es freilich doch: Über all der umfangreichen Lebensbeschreibung kommt Leipprand das Werk entschieden zu kurz. In einem eingeschobenen Referat neuerer Forschungsliteratur zu Byrons "Don Juan" versucht sie den Mangel dann selbst zu kompensieren, will einem scheinen.

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