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Das Buch basiert auf einer breit angelegten standardisierten Befragung von über 5.200 Schülern aus Bayern, Ost-Berlin, West-Berlin, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen zu ihren Kenntnissen und ihrem Urteil über die DDR und das geteilte Deutschland. Zusätzlich wurden mehrere hundert Schüler in Einzel- und Gruppengesprächen nach den Gründen für ihre Bewertungen gefragt. Um die Ergebnisse einordnen zu können, enthält das Buch Kapitel zum allgemeinen Verständnis von Geschichtsbildern und Geschichtspolitik, zu Geschichtskenntnissen und Geschichtsbildern in der Bevölkerung, zum Bild der DDR in der…mehr

Produktbeschreibung
Das Buch basiert auf einer breit angelegten standardisierten Befragung von über 5.200 Schülern aus Bayern, Ost-Berlin, West-Berlin, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen zu ihren Kenntnissen und ihrem Urteil über die DDR und das geteilte Deutschland. Zusätzlich wurden mehrere hundert Schüler in Einzel- und Gruppengesprächen nach den Gründen für ihre Bewertungen gefragt. Um die Ergebnisse einordnen zu können, enthält das Buch Kapitel zum allgemeinen Verständnis von Geschichtsbildern und Geschichtspolitik, zu Geschichtskenntnissen und Geschichtsbildern in der Bevölkerung, zum Bild der DDR in der ost- und westdeutschen Bevölkerung und in der Wissenschaft sowie in Lehrplänen und ausgewählten Schulbüchern. Dabei zeigt sich, dass die verharmlosende und verklärende Sicht auf die SED-Diktatur, die bei vielen, vornehmlich ostdeutschen Schülern vorhanden ist, ebenfalls in weiten Teilen der (ostdeutschen) Bevölkerung und auch unter Wissenschaftlern anzutreffen ist.Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass die Schüler ihr "Wissen" und damit ihr Urteil über die DDR und das geteilte Deutschland vornehmlich aus der Familie und Filmen ziehen und weniger aus der Schule, in der die DDR - in Ostdeutschland stärker als in Westdeutschland - als Thema nur wenig oder überhaupt nicht behandelt wird. Das Buch enthält zu den einzelnen abgefragten Dimensionen von Staat und Gesellschaft der DDR und der (alten) Bundesrepublik grundsätzliche Informationen und Hinweise auf weiterführende Literatur, so dass es von Lehrern, Studenten und Schülern auch als einführendes Kompendium in die DDR-Geschichte benutzt werden kann.
Autorenporträt
Klaus Schroeder, geb. in Lübeck-Travemünde, ist promovierter Soziologe und habilitierter Politikwissenschaftler. Er leitet an der FU Berlin neben dem Forschungsverbund SED-Staat die Arbeitsstelle Politik und Technik und arbeitet als Professor am Otto-Suhr-Institut der FU Berlin.
Im Rahmen seiner Forschungsarbeiten zur deutschen Teilungsgeschichte, zur DDR und zur Wiedervereinigung hat er mehrere Bücher verfasst.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.09.2007

Allmähliches Zusammenwachsen
Klaus Schroeders umfassende Diagnose zum wiedervereinigten Deutschland

Seit der Kernfusion der Wiedervereinigung vor inzwischen fast siebzehn Jahren ist das plötzliche und unerwartete Aufeinandertreffen der beiden deutschen Gesellschaften und die daraus resultierenden, bis heute spürbaren Folgen zum Gesprächsthema Nr. 1 der Deutschen aus Ost und West geworden. Nachdem die innerdeutsche Kommunikation jahrzehntelang erheblich blockiert war, wurde "Ossis" und "Wessis" erst im vereinigten Deutschland wieder bewusst, wie sehr man sich auseinandergelebt hatte. Nicht immer haben die unzähligen Begegnungen und Gespräche seither zu einem besseren gegenseitigen Verständnis geführt; oft wurden subjektiv vorhandene Vorurteile und Klischees wechselseitig nur bestätigt. Gleichwohl haben sich die inzwischen immer stärker angleichenden Lebens- und Arbeitsverhältnisse der bundesdeutschen Freizeit-, Konsum- und Mediengesellschaft zu einem spürbaren Abbau der subkutanen Spannungen geführt, die nur allzu oft die deutsch-deutschen Auseinandersetzungen präg(t)en. Gegenwärtig wird über die Befindlichkeit der Deutschen auffallend wenig diskutiert. Über die Ursachen hierfür lässt sich nur spekulieren. Handelt es sich um eine Folge des sukzessive weiter voranschreitenden gesamtdeutschen Integrationsprozesses oder um Auswirkungen der zur Zeit boomenden deutschen Wirtschaft, die auch in den neuen Bundesländern zu einem spürbaren Abbau der freilich noch immer hohen Arbeitslosigkeit beigetragen hat?

Wie auch immer, auf den Zustand "Deutschlands nach der Wiedervereinigung", so der Untertitel des in jeder Hinsicht gewichtigen Bandes, sucht der Berliner Politologe und Soziologe Klaus Schroeder eine umfassende Antwort zu geben. Aufbauend auf seiner früheren Studie aus dem Jahr 2000 "Der Preis der Einheit. Eine Bilanz", ist indes ein ganz neues Werk entstanden, nicht zuletzt notwendig geworden durch neue Problemlagen und eine Fülle weiterer empirischer Studien seit der Jahrtausendwende. In der Tat hat sich "Die veränderte Republik" seit der Wiedervereinigung fortwährend verändert - und das wird auch in Zukunft so bleiben. Überdies ist kein Volk seit der "Wende" so oft demoskopischen Untersuchungen unterzogen worden wie das deutsche. Doch was wissen wir wirklich über uns seit dem annus mirabilis 1989?

Schroeder schöpft aus einer fast überbordenden Fülle von Meinungsbefragungen, statistischen Untersuchungen und soziologischen Analysen, die er akribisch zusammengetragen hat. Sie systematisiert und in einem lesbaren Buch untergebracht zu haben stellt keine geringe Leistung dar, auch wenn gelegentlich Wiederholungen auftreten und manche Schaubilder nur schwer "lesbar" sind. Positiv ist ebenfalls, dass seine Darstellung durchweg von einer historischen Perspektive getragen ist und sich nicht mit einer politologisch-soziologischen Momentaufnahme begnügt. Insofern wird die unterschiedliche "Verarbeitung" des nationalsozialistischen Erbes in beiden deutschen Staaten ebenso thematisiert wie die immer disparater werdende Entwicklung von "BRD" und DDR vor 1989/90, einschließlich des darauf folgenden, ungeahnt schwierigen Integrationsprozesses bis in die Gegenwart.

Die Ausgangsthese und zugleich leitende Perspektive seiner Darstellung ist, dass im Jahre 1990 zwei deutsche Gesellschaften aufeinandertrafen, die in fast allen Belangen kaum unterschiedlicher sein konnten. Die differenten kollektiven wie individuellen Sozialisationen, mentalen Prägungen sowie Berufs- und Alltagserfahrungen der Deutschen in Ost und West - sie alle entsprangen den konträren politischen, ökonomischen, gesellschaftlichen und rechtlichen Ordnungsprinzipien beider deutscher Staaten: Gewaltenteilung versus Gewalteneinheit, föderaler Staatsaufbau versus Zentralstaat, Parteienkonkurrenz versus Einheitspartei, Pluralismus gegen Gleichschaltung und Meinungskonformität, gesicherte Menschen- und Grundrechte gegen ideologisierte Rechtsprechung und nicht zuletzt Soziale Marktwirtschaft versus staatliche Planwirtschaft. Vor diesem höchst disparaten Hintergrund werden die einzelnen Problemkomplexe der deutsch-deutschen Entwicklung seit 1989/90 untersucht, diskutiert und bewertet: Die wirtschaftlich-sozialen Folgen der Vereinigung, einschließlich deren Finanzierung; die Gewinner und Verlierer dieses Prozesses sowie die zuvor entwickelten Identitäten und Lebensweisen; die politische und mentale Spaltung Deutschlands; die Lage der Jugend und der Rechtsextremismus; die Vereinigungsbilanz im Widerstreit. Mit dem Resümee: Ein Staat - zwei Gesellschaften? findet die breitgefächerte Synopse der "Lage der Nation" nach der Wiedervereinigung ihren Abschluss.

Aus der stupenden Fülle des ausgebreiteten Materials können nur wenige, vielleicht die interessantesten Ergebnisse und Erkenntnisse herausgegriffen werden. Während etwa in der wechselseitigen Selbst- und Fremdzuschreibung der West- und Ostdeutschen bis vor knapp zwei Jahren "ein dominanter Sieger einem trotzigen Verlierer" gegenüberstand, beginnen sich offensichtlich die diesbezüglichen (Selbst-)Einschätzungen langsam zu ändern. War eine absolute Mehrheit in beiden Landesteilen noch 2005 der Meinung, dass die Unterschiede zwischen den Deutschen insgesamt die Gemeinsamkeiten überwögen, näherten sich Ost- und Westdeutsche nach einer Umfrage im Jahr darauf in ihren Auffassungen an: Die Zahl derjenigen, die mehr Gemeinsamkeiten empfanden, stieg innerhalb eines Jahres von 18 Prozent auf 32 Prozent im Westen und von 10 Prozent auf 33 Prozent im Osten. Umgekehrt nahm der Anteil derjenigen, die überwiegend Unterschiede sahen, von 50 Prozent auf 28 Prozent im Westen und von 68 Prozent auf 34 Prozent im Osten ab. Damit korrespondiert, dass Ostdeutsche Anfang 2006 auf die zugespitzte Frage, ob sie sich eher als Deutsche oder als Ostdeutsche fühlten, zu 54 Prozent für "Deutsche" votierten und nur noch zu 35 Prozent für "Ostdeutsche". In Westdeutschland nahm die Zahl der "Deutschen" mit 71 Prozent ebenfalls zu und die der "Westdeutschen" mit 24 Prozent ab. Vom Erfolg des Zusammenwachsens ist seitdem auch eine knappe Mehrheit der Deutschen überzeugt. Ebenso scheint eine absolute Mehrheit (West: 59 Prozent; Ost: 54 Prozent) der Ost-West-Debatte inzwischen überdrüssig zu sein. Man hat sich trotz weiter bestehender Unterschiede offensichtlich aneinander gewöhnt. Bedeutet diese signifikante Änderung schon eine Trendumkehr? Wächst jetzt tatsächlich "zusammen, was zusammengehört?" Oder ist das nur eine bloße Nachwirkung der enthusiastisch gefeierten Fußball-WM in Deutschland vom Vorjahr?

Es zeichnet die Qualität der umfassenden Analyse Schroeders aus, dass er nicht bei der typisch deutsch-deutschen Nabelschau stehenbleibt, sondern einen weiteren, gewichtigen Faktor der "veränderten Republik" in den Blick nimmt, der gegenwärtig höchste politische Aktualität einnimmt, insgesamt aber zu spät Beachtung gefunden hat: die millionenfache Zuwanderung von Deutschstämmigen und Ausländern schon vor 1989. Mehr als jeder Dritte in Deutschland wurde in einem anderen politischen und gesellschaftlichen System sozialisiert - und demgegenüber jahrzehntelang auf eine aktive Integrationspolitik verzichtet. Das hat nicht nur zu einer Überforderung des (west)deutschen Sozial- und Bildungssystems geführt, sondern auch zu Einstellungen und Verhaltensweisen, die mit einer zivilen demokratischen Gesellschaft nicht vereinbar sind. Dabei geht es, wie Schroeder zutreffend feststellt, nicht nur um rechtliche Fragen, sondern auch um normative Werte. Zudem ist ein Mindestmaß an Sprachkompetenz unerlässlich, um den Immigranten die Werte einer liberalen westlichen Gesellschaft überzeugend zu vermitteln. Das Beispiel Berlin, aber auch anderswo, zeigt, welche Probleme aus Parallelgesellschaften und subkulturellen Inseln für das wiedervereinte Deutschland erwachsen können. Neben Gerhard A. Ritters Werk über den "Preis der deutschen Einheit" liegt mit Klaus Schroeders Analyse die bislang umfassendste Diagnose zum wiedervereinten Deutschland vor.

GÜNTHER HEYDEMANN

Klaus Schroeder: Die veränderte Republik. Deutschland nach der Wiedervereinigung. Verlag Ernst Vögel, München 2006. 767 S., 68,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Rezensent Eckhard Jesse findet im Großen und Ganzen Gefallen an dieser Bilanz über die Erfolge und Misserfolge des deutschen Einheitsprozesses - auch wenn er bemängelt, dass "Die veränderte Republik" an vielen Punkten nicht aus einem Guss erscheint und die einzelnen Bereiche nicht ganz stimmig gewichtet sind: "Weniger wäre mehr gewesen" bei einem solchen "Mammutwerk", findet der Rezensent. Doch was Jesse gefällt, sind die unorthodoxen Analysen des Berliner Sozialwissenschafters Klaus Schroeder. Besonders ausführlich behandelt er Arbeitslosigkeit und auch andere wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte - und räumt dabei mit manchem Mythos auf.

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