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Liebe, Verlust, Eifersucht und Mord - Vom Leben und Scheitern zweier Frauen im Frankreich der zwanziger und dreißiger Jahre.Mit ihrer Sympathie für die großen Menschheitsträume wie mit dem ihr eigenen Hang zur unerbittlichen Desillusionierung menschlicher Schicksale erzählt Claire Goll in den Romanen »Arsenik« (1932) und »Eine Deutsche in Paris« (1925) von Liebe, Verlust, Eifersucht, Erniedrigung und von Mord als Verzweiflungstat. Claire Goll führt in ihrer Prosa der nachexpressionistischen Zeit das Emanzipationsthema aus der Frühzeit des 20. Jahrhunderts im Stil der Neuen Sachlichkeit fort…mehr

Produktbeschreibung
Liebe, Verlust, Eifersucht und Mord - Vom Leben und Scheitern zweier Frauen im Frankreich der zwanziger und dreißiger Jahre.Mit ihrer Sympathie für die großen Menschheitsträume wie mit dem ihr eigenen Hang zur unerbittlichen Desillusionierung menschlicher Schicksale erzählt Claire Goll in den Romanen »Arsenik« (1932) und »Eine Deutsche in Paris« (1925) von Liebe, Verlust, Eifersucht, Erniedrigung und von Mord als Verzweiflungstat. Claire Goll führt in ihrer Prosa der nachexpressionistischen Zeit das Emanzipationsthema aus der Frühzeit des 20. Jahrhunderts im Stil der Neuen Sachlichkeit fort und wird damit zur Weggenossin Marieluise Fleißers.Für beide Romane fand Thomas Mann äußerst lobende Worte. So schrieb er 1933 in einem Brief an Claire Goll über »Arsenik«: »Diese Geschichte eines Verbrechens ist eine psychologisch und medizinisch sehr fein und sorgfältig fundierte Arbeit, und sie erschüttert durch den menschlichen Aufstieg, den sie aus kleinbürgerlicher Verstrickung und trüber Schuld in die religiöse Sphäre der Läuterung und Erlösung nimmt.«Und 1928 urteilte er über »Eine Deutsche in Paris«: »Es ist eine sehr schöne, klare und echte Geschichte, die mich in ihrer naiven und zarten Tragik sehr ergriffen hat. Gewiss wird sie ein dankbares Publikum finden.«
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Autorenporträt
Claire Goll, geboren 1890 in Nürnberg, wuchs in München auf. 1911 heiratete sie den Verleger Dr. Heinrich Studer. Nach der Trennung beider siedelte sie 1917 in die Schweiz über. Im Kreis der Zürcher Dadaisten lernte sie Yvan Goll kennen, mit dem sie 1919 nach Paris ging und ihn 1921 heiratete. Yvan und Claire Goll verkehrten im Kreis der Pariser Avantgarde um Breton, Cocteau, Dali, Eluard, Joyce, Malraux, und Valéry. 1939 flohen beide über Kuba in die USA. Sie kehrten 1947 nach Paris zurück. Claire Goll starb 1977 in Paris.

Barbara Glauert-Hesse studierte Germanistik und Amerikanistik in Mainz, Berlin und den USA. Sie arbeitete in Mainz und Frankfurt am Main als Rundfunkredakteurin und Verlagslektorin. Im Auftrag der Deutschen Schillergesellschaft katalogisierte sie gemeinsam mit Claire Goll die Werkbestände im Pariser Archiv von Yvan und Claire Goll. 1969 lernte sie, ebenfalls in Paris, auch Paul Celan und Gisèle Celan-Lestrange kennen, deren Werke sie für eine Ausstellung im Gutenberg-Museum zu Mainz vermittelte. Nach Claire Golls Tod 1977 setzte sie die Arbeit an den Goll-Nachlässen im Deutschen Literaturarchiv Marbach am Neckar und in Saint-Dié-des-Vosges, Frankreich, fort. Seit 1988 ediert sie die Gesamtwerke beider Autoren.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.03.2006

Warten auf den Genickschlag
Warum man die Romane von Claire Goll heute wieder lesen sollte

Gegenüber der Zwischenkriegszeit wird die europäische Literatur heute mehr wieder nach nationalen Koordinaten gelesen. Selbst die gegenseitige Beeinflussung und Vermischung wird über den Kamm des Eigenen und des Fremden geschert. Romane wie diese hier waren da schon einmal weiter. Das in "Arsenik" geschilderte Provinzstadtleben der jungen Ladeninhaberin Susanne Amiel etwa ist nicht das, was ein gebürtiger Provinzfranzose aus der Innen- oder ein Wahlfranzose aus der Fremdanschauung geschildert hätte. Es ist selbstverständlicher Bestandteil eines subtilen Mörderinnenporträts - weder aus deutscher noch aus französischer, sondern aus allgemein literarischer Perspektive erzählt.

"Un crime en province" hieß 1932 die französische Erstausgabe des Romans noch vor der deutschen ein Jahr später. Und auch die traurige Liebesgeschichte der Kunststudentin Erika Wolff kommt in "Eine Deutsche in Paris" ohne das Tapetenmuster deutscher Au-pair-Erfahrung aus. Claire Goll, die ab 1919 mit ihrem Gatten Yvan in Paris lebende Deutsche aus Nürnberg, schrieb wahlweise auf deutsch, französisch und nach dem amerikanischen Kriegsexil auch auf englisch. Ein "Émile Zola unserer Generation", wie ein Kritiker damals meinte, ist aus ihr nicht geworden. Golls autobiographisch geprägte Romane sind hervorragend in den Einzelheiten, mit Spuren expressionistischer Detailblähung, etwas schmal hingegen im großen Ganzen.

Die Ladentürklingel, die den ganzen Roman lang vom Hutladen der Modistin Gaby Thomas über die Straße des Provinzstädtchens Lavallier zur Schreibwarenhändlerin Susanne Amiel herübertönt, schmerzt am Ende uns selber im Ohr. Susanne, die vorherige Inhaberin, hat dieses Hutgeschäft an ihre Nachfolgerin Gaby verkauft und den kleinen Schreibwarenladen vis-à-vis übernommen. Sie wollte einen Schlußstrich ziehen unter eine unglückliche Liebe, die im Modegeschäft begann und die durch die Entfernung dann gerade diesen Ort immer magischer, deren neue Inhaberin ihr immer verhaßter macht. Susannes Alltag beginnt pünktlich um halb acht, wenn überall ächzend die Rolläden hochgehen, wenn um fünf nach halb dann der Apotheker Diot mit einem Glas Wasser aus der nahe gelegenen Heilquelle vorbeikommt und bald der Doktor Marval, der Fechtmeister Schmidt und die übrigen Herrschaften zum Zeitungskauf sich einfinden. In diesem Minutentakt gedeiht Susannes fixe Idee. Sie gilt der Usurpatorin im Hutladen gegenüber. Als Lösung bleibt schließlich nur das, was schon der Romantitel verrät.

"Blutarmut, Fräulein Susanne", diagnostiziert der Arzt bei der in ihrer Obsession sich aufzehrenden jungen Frau und verordnet Fowler'schen Likör: "Etwas Arsenik regt den Appetit an - aber vorsichtig, nicht alles auf einmal trinken, sonst vergiften wir uns." Während das Gift bereits wirkt und hinüberwirkt bis auf die andere Straßenseite, windet Susanne sich wie in einem selbst gewobenen Netz aus Haß, Reue, Verzweiflung, trostlosem Unglück, Verhexungsphantasien, Kleinmädchenunschuld. Manche Stellen über Susannes verweinte Nächte schon als Waisenkind im Gitterbettchen oder über ihre an billigen Heftchenromanen geschulte Sentimentalität sind in der Darstellung bald zu knapp, bald überflüssig. Ihre gelegentlichen Ausflüge in die nahe gelegene Kreisstadt oder nach Paris bringen aber Szenen von abgrundtiefer Skurrilität.

Vor der Heimfahrt aus der fremden Stadt schlendert die Frau zum Zeitvertreib über einen Straßenmarkt, wo in einer Kiste ein Kaninchen beim Warten auf den Genickschlag wie wild sich immer neu auf eines der miteingesperrten Weibchen stürzt, bis der Bauer es mehrmals gegen die Holzwand schlägt und eine Frau es schließlich für zweiundzwanzig Francs ersteht: "fünf Pfund mitsamt seinem Trieb". Und in Paris, wo Susannes einstiger Liebhaber sich als Arzt etabliert hat, bekommt die junge Frau zwar nicht ihn selbst, wohl aber die ihr wohlbekannten Lederhandschuhe auf der Konsole des Eingangs zu sehen, die in ihrer durch die Mittelknochen der Finger am Steuer des Autos entstandenen Ausbuchtung und ihrer unterschiedlich starken Abnützung zwischen rechtem und linkem Handrücken ein ganzes Leben erzählen. Über solchen Details gäben wir gerne die ganze Romanhandlung der Vergiftung Gabys, der Vernehmung und Verhaftung Susannes dran.

Das versöhnliche Schlußkapitel in der Gefängniszelle, wo Susanne nach der Gewissensqual geradezu auflebt und sich in ihr Los schickt, stammt laut Barbara Glauert-Hesse, der Herausgeberin, nicht von der Autorin selbst, sondern von deren einstigem Geliebten, dem Verleger Kurt Wolff. Claire Goll steckte in jenen Jahren, wo ihr Mann Yvan ihr eine schmerzvolle Dreiecksbeziehung zumutete, wohl zu tief in ihrer eigenen schmerzhaften Verstrickung für ein so zuversichtliches Ende. Abgerundete Handlungskurven waren auch gar nicht ihre Stärke. Ob ihr 1933 erschienener Roman "Arsenik" damals in Deutschland überhaupt noch zum Verkauf kam, scheint fraglich. Die Autorin galt als "unzüchtig". Die in den siebziger Jahren erfolgte Ausgabe war bald vergriffen. So ist diese Neuausgabe willkommen. Sie zeigt eine Schriftstellerin, die zwar kein eigenständiges Werk schuf, jedoch die vielfältigen Anregungen aus ihrem weiten Bekanntenkreis in Zürich und dann in Paris - James Joyce, Stefan Zweig, André Malraux, Louis Aragon - talentiert aufzugreifen verstand.

JOSEPH HANIMANN

Claire Goll: "Arsenik", "Eine Deutsche in Paris". Romane. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Barbara Glauert-Hesse. Wallstein Verlag, Göttingen 2005. 279 S., geb., 26,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Joseph Hanimann bevorzugt die Details des in diesem Doppelband enthaltenen, neu herausgegebenen Romans "Arsenik" von Claire Goll. Darin sei Goll hervorragend, schreibt er, freut sich über die "abgrundtiefe Skurrilität" so mancher Szene und stört sich kaum an den "Spuren expressionistischer Detailblähung". Allein die Handlung! Zwar ist Hanimann erklärtermaßen ein Freund der von Goll gewählten "allgemein literarischen Perspektive", die keine Nationalitäten kennt, doch hält er den Text im Ganzen für "etwas schmal". Auf große Teile der Handlung - Mord, Verhaftung und Verhör - hätte Hanimann, so lässt er uns wissen, auch verzichten können. Und das ist bei einem Kriminalroman doch erstaunlich.

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