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Sylvie ist halb Französin, halb Engländerin. Seit dem Tod ihrer Mutter hat sie jede Woche an ihren Vater in London geschrieben. Als auch er unerwartet stirbt, wartet sie auf den Brief, den er vor seinem Tod noch aufgegeben haben muss. Und während sie auf diesen letzten Brief wartet, beginnt ihr sorgfältig geordnetes und kontrolliertes Leben leise auseinander zu brechen.

Produktbeschreibung
Sylvie ist halb Französin, halb Engländerin. Seit dem Tod ihrer Mutter hat sie jede Woche an ihren Vater in London geschrieben. Als auch er unerwartet stirbt, wartet sie auf den Brief, den er vor seinem Tod noch aufgegeben haben muss. Und während sie auf diesen letzten Brief wartet, beginnt ihr sorgfältig geordnetes und kontrolliertes Leben leise auseinander zu brechen.
Autorenporträt
Janet Davey, geboren 1953, lebt in London.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.04.2005

Geht ein Brief verloren
Kulturspagat für alle: Janet Daveys frankobritisches Debüt

Der letzte Brief ging verloren. Woche für Woche hat Sylvie Delacour, Tochter einer Französin und eines Engländers, ihrem Vater nach London geschrieben, rund zweihundert Briefe in fünf Jahren. Dann verstirbt George de Mora. Sylvie rechnet aus, daß er die Antwort auf ihren letzten Brief noch zur Post gebracht haben muß. Jenen Brief, in dem sie ihm sagte, sie wolle ihren Mann Paul verlassen und nach London kommen.

Sylvie, Ehefrau eines Chefkochs, Managerin eines kleinen Hotels in Nordfrankreich und Mutter eines fünfjährigen Sohnes, kann den Verlust des Briefs nicht verwinden. Ohne ihn bleibt der Tod des Vaters unwirklich, ihre Trennung von Paul eine Hypothese. Für Sylvie entsteht eine Art inneres Vakuum. Wie betäubt verrichtet sie ihre vielen Pflichten. Während sie noch um den Schein ringt, beginnt ihr straff organisiertes Leben zu entgleisen.

Sylvies Gemütslage erinnert an die der Emma Bovary, und wie diese wählt sie erotische Eskapaden, um sich ihrer eigenen Lebendigkeit zu versichern. Zuvor schreibt sie Briefe, einen an den Schachfreund ihres Vaters, der sie höflich, aber bestimmt zurückweist. Einen an Jerry, einen Engländer, der in ihrem Hotel ein Buch hat liegenlassen. Jerry antwortet humorvoll. Sylvie fährt nach London, um die Wohnung des Vaters aufzulösen. Sie liest ihre eigenen Briefe an den Vater, erkennt, wie "zwergenhaft" ihr bisheriges Leben war, sie betrügt Paul mit Jerry. London, die Briefe, der Ehebruch, all dies steht wie eine Synkope in der Mitte des Romans. Als Sylvie zurückkehrt, ist die Wandlung vollzogen. Sie verläßt Paul.

Die englische Autorin Janet Davey hat diesen Roman einer Wandlung wie ein Kammerspiel inszeniert. Ihr Personal ist klein, es gibt noch die Angestellte Maude, mit der Paul Sylvie betrügt; Yvette, eine so geschwätzige Stiefmutter, daß das Klischee winkt, was Davey nur einmal und nur hier unterläuft; schließlich tritt Felix auf, der diskrete Kellner, der manche Panne behebt.

Sie alle geben im Restaurant die immer gleiche Abendvorstellung, während es hinter den Kulissen knirscht. Davey zeigt sich hier stilsicher, sie vermeidet offensichtliche Pointen, spitzt ihr Thema unaufhaltsam zu. In der Mitte des Romans richten Paul und Sylvie eine Pensionsfeier aus. Noch während die Reden gehalten werden, bricht der Ehrengast tot zusammen. An diesem Abend, den Sylvie perfekt meistert, wird das Restaurant zum Guckkasten. Der Tod ist auf dieser Bühne immer präsent. Man erinnert sich, daß das Hotel an einer großen Straße gelegen ist, die keinen anderen Zweck als den des Transits erfüllt: Hier geht es nach Frankreich, dort nach England.

Im Innersten geht es in "Die englische Korrespondenz" auch um Sylvies Spagat zwischen zwei Kulturen, was Janet Davey auch stilistisch zum Ausdruck bringt. Sie hat den Plot britisch poliert, inklusive einer Intrige und eines Denouement, die sich um den verschwundenen Brief ranken. Die Dialoge hingegen wirken höchst französisch. Es wird viel geredet und messerscharf aneinander vorbeiparliert. Sylvies Gespräche mit Paul geben subtile Miniaturen des Scheiterns ab, die von Bettina Abarbanell vorzüglich ins Deutsche übertragen wurden.

Janet Davey hat einen kunstvollen Debütroman geschrieben, der aus wenig viel macht und der trotz seiner melancholischen Grundstimmung leicht wirkt. Wer das englische Theater liebt oder die Filme von Eric Rohmer, wird ihn mögen.

TANYA LIESKE

Janet Davey: "Die englische Korrespondenz". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Bettina Abarbanell. Kunstmann Verlag, München 2004. 240 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Dieses Romandebüt der britischen Autorin Janet Davey hat Tanya Lieske gut gefallen. Es geht um die aus England stammende Betreiberin eines kleinen Hotels in Nordfrankreich, die den Tod des geliebten Vaters zu verwinden und die Trennung von ihrem Ehemann zu vollziehen hat, erklärt die Rezensentin. Indem die Geschichte sich hauptsächlich mit wenigen Personen im Hotel entfaltet, erinnert sie an die Inszenierung eines "Kammerspiels", wo die "immer gleiche Abendvorstellung", von der Autorin "kunstvoll" in Szene gesetzt, gegeben wird, lobt die Rezensentin. Neben dem persönlichen Kämpfen der Hauptfigur dreht sich das Geschehen aber auch um ihren "Spagat zwischen zwei Kulturen", konstatiert Lieske, die positiv hervorhebt, dass sich dieses auch stilistisch abzeichnet. Während der Plot nämlich sehr "britisch" daherkomme, mit "Intrige und einem Denouement", wirkten die Dialoge "höchst französisch", so die Rezensentin eingenommen.

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