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Barock, so will es eine prominente Selbstbegründungserzählung der modernen Literatur und ihrer Wissenschaft, ist das Noch-Nicht der Goethezeit, die dann zu ihrem Eigensten zählen darf, was dem Barock noch unvertraut war - und was im Zeitalter digitaler Literatur historisch zu werden droht: Autor und Werk, Genialität und Inspiration, subjektive Ästhetik und individueller Ausdruck. Vor dem Hintergrund dieser modernekonstitutiven Alterität des Barock verfolgen die Beiträge dieses Hefts die barocke Schriftkultur unter poetik- und gattungshistorischen, medientheoretischen und medienanthopologischen Aspekten.…mehr

Produktbeschreibung
Barock, so will es eine prominente Selbstbegründungserzählung der modernen Literatur und ihrer Wissenschaft, ist das Noch-Nicht der Goethezeit, die dann zu ihrem Eigensten zählen darf, was dem Barock noch unvertraut war - und was im Zeitalter digitaler Literatur historisch zu werden droht: Autor und Werk, Genialität und Inspiration, subjektive Ästhetik und individueller Ausdruck.
Vor dem Hintergrund dieser modernekonstitutiven Alterität des Barock verfolgen die Beiträge dieses Hefts die barocke Schriftkultur unter poetik- und gattungshistorischen, medientheoretischen und medienanthopologischen Aspekten.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.02.2003

Die Entdeckung des Neuen
Landgewinn: "Text+Kritik" besichtigt den barocken Themenpark

Jede vielversprechende Expedition ins Feld der deutschen Barockliteratur tritt als Vorhut auf - obwohl bereits seit Ewigkeiten ein Stab von Gelehrten im siebzehnten Jahrhundert sitzt, um dort die Lebensspuren einzelner Dichter zu sichern und ihr Andenken in ehrenwerten Gesellschaften und Jahrbüchern zu pflegen. Die Epoche taugt immer wieder als Neuland. Nachdem schon die Romantiker die barocken Wunderkammern geplündert hatten, entdeckte das frühe zwanzigste Jahrhundert eine Ausnahmedichtung im Zeichen des Krieges. In den siebziger Jahren fiel schließlich die Masseninvasion der Sozialgeschichtler in die Fürstenhöfe, Universitäten und Lateinschulen der frühen Neuzeit ein. Heute hingegen wartet der Barock als futuristischer Themenpark auf seine Eroberung. Sowohl das Schillern der Texte lockt Besucher an wie das Datenwesen der Diskurse. Körperkunst und ungeschützter Schriftverkehr winken als besondere Attraktionen. Der Band der Zeitschrift "Text und Kritik" bietet Einblicke in die laufende Barockforschung, warnt jedoch zugleich vor dem Mißbrauch der Epoche als Spiegel einer auf selbstverliebte Weise nach Andersheit süchtigen Gegenwart.

Stephan Rieger vertraut, um Verkennungen zu vermeiden, auf die Härte der Wissensordnung und buchstabiert die künstlichen Gedächtnisspeicher des Barock noch einmal durch. Heinz Ludwig Arnold sucht das Ende der Barockliteratur, anstatt es einfach vorauszusetzen, in zeitgenössischen Anthologien und findet den Epochenbruch im Einzug der Literaturkritik zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts: Die Urszene aller modernen Rezensionen war die Verwerfung der barocken Regeldichtung.

Niels Werber freilich liefert den spannendsten und zugleich doppelbödigsten Vorschlag zum erneuten Lesen des Barock und weist an Philipp von Zesens Roman "Assenat" nach, wie das Neue gleichsam als unbestätigtes Gerücht in die Welten der Romane und des Lesepublikums eindringt. Die Frage, ob im Barock tatsächlich jene unbekannte Erde liegt, welche die Forschung stets aufs neue sucht, verliert damit an Bedeutung. Die Ursprünge unserer eigenen Suchbegriffe allerdings stellt uns das siebzehnte Jahrhundert auf einzigartige Weise vor Augen.

ANDREAS ROSENFELDER

"Barock". Herausgegeben von Heinz Ludwig Arnold. Edition Text+Kritik, München 2002. 124 S., br., 14,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Bereits von den Romantikern wurden die "barocken Wunderkammern" geplündert, fortgesetzt von den Kriegserfahrenen des frühen 20. Jahrhunderts, dann von den Sozialgeschichtlern der 70er Jahre, um schließlich heute als futuristischer Themenpark zu dienen, so der Rezensent Andreas Rosenfelder. Der Band 154 der Zeitschrift Text und Kritik stelle Teile der zeitgenössischen Barockforschung vor, angefangen von der bloßen Darstellung bis hin zur Untersuchung über das Ende des Barocks, erklärt der Rezensent. Lobend hebt er besonders Niels Werbers "spannenden" Aufsatz hervor, der am Beispiel von Philipp von Zesens Roman "Assenat" nachweise, "wie das Neue gleichsam als unbestätigtes Gerücht in die Welten der Romane und des Lesepublikums eindringt".

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