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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.08.2001

Knicker und holdseliger Knabe
Eine Erinnerung an den Verleger Johann Christian Dieterich

Johann Christian Dieterich hatte es seinen Autoren angetan. Einen "Tausendsassa" nannten sie ihren Verleger bisweilen, ein "Liebster, Bester, Einziger Freund" war er für Georg Christoph Lichtenberg. "Weder Hölle noch Tod, weder Engel noch Fürstenthum, könnte mich von dir holdseeligen Knaben scheiden", schrieb Gottfried August Bürger 1781, zwei Jahre nachdem er die Herausgabe des Göttinger "Musenalmanachs" übernommen hatte. Mit seinem Verlag ist Dieterich in die Literaturgeschichte eingegangen; er war das Glanzlicht in einem weitgefächerten Programm, eingerahmt von überwiegend wissenschaftlichen Werken. Denn als Universitätsverleger war der einstige Seidenhändler 1766 nach Göttingen berufen worden. Zu den führenden Unternehmen der Aufklärung zählte sein Geschäft schon nach wenigen Jahren.

Als er am 22. Juni 1800 im Alter von 78 Jahren starb, konnte Dieterich mit dem Namen ein beträchtliches Vermögen hinterlassen. Ein gefülltes Lager und eine gutgehende Offizin gehörten ebenso dazu wie zwei Häuser in der Stadt. Das eine, das er selbst bewohnt hatte, soll, wie Lichtenberg schrieb, "die Zierde von Göttingen" gewesen sein, auch Theater wurde dort gespielt. Goethe, Lavater, Wieland, Forster und der Herzog Karl August sind da zu Gast gewesen. Und allesamt müssen sie die lebhaftesten Eindrücke mitgenommen haben. Erinnerungen, die man gern wiederfände in der "Erinnerung an den Verleger, Buchdrucker und Buchhändler Johann Christian Dieterich".

In Form eines alten Taschenbuchs ist dieser Band erst unlängst, zum Gedenken an den Gründer, in der Dieterich'schen Verlagsbuchhandlung erschienen, "herausgegeben und mit einer Einleitung von Elisabeth Willnat". Das Lesebuch aber, ein Brevier historischer Texte, wie es der editorische Eintrag ankündigt, sucht man dann vergebens. Von den 190 Seiten, die das nobel gestaltete Bändchen umfaßt, sind 113 der Einleitung vorbehalten. Die Zeugnisse finden sich, wie bei wissenschaftlichen Arbeiten üblich, zitatweise eingestreut. Weniges ist dokumentarisch angehängt, so daß sich am Ende eine durchaus zuverlässige Darstellung der Firmengeschichte ergibt, sorgfältig exzerpiert aus der vorliegenden Literatur zur Buchhandelsgeschichte und dabei so unterhaltsam verfaßt, wie das in akademisch angelegten Arbeiten nun einmal üblich ist.

An geschäftlichen Daten und Fakten besteht kein Mangel, nur der Verleger selbst bleibt eigentümlich blaß. Wenig ist zu hören über das Temperament eines Mannes, der das Geschäft mit den Büchern schon betrieb, weil er im Licht der Autoren stehen wollte. Schmerzlich vermißt man die Ausdeutung dessen, was die Zeitgenossen erinnern: das dokumentarisch nachgezeichnete Porträt eines Verlegertyps mit Zukunft, das Bild eines Unternehmers, der beides zugleich sein konnte, ein taktierender Kaufmann und ein großzügiger Gastgeber, ein Mäzen, der die Schriftsteller mit Delikatessen verwöhnte, während er schlitzohrig auswich, wenn sie einmal nach der Abrechnung ihrer Honorare fragten. Gottfried August Bürger hat das oft genug erfahren müssen und den "Knicker", als den er Dieterich gelegentlich ansprach, dennoch für einen bezaubernden Menschen gehalten. Dem "Tausendsassa" wäre man gern in einer lebendigeren Darstellung begegnet, so zwiespältig, wie ihn die Autoren erlebten.

THOMAS RIETZSCHEL

"Liebster, Bester, Einziger Freund". Erinnerung an den Verleger, Buchdrucker und Buchhändler Johann Christian Dieterich. Herausgegeben von Elisabeth Willnat. Dieterich'sche Verlagsbuchhandlung, Mainz 2000. 190 S., 33 Abb., geb., 42,- DM.

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Thomas Rietschel hat in diesen Erinnerungen an Johann Christian Dieterich einiges recht schmerzlich vermisst. Am schmerzlichsten wohl die Erinnerungen an den legendären Gründer der Dieterich'schen Verlagsbuchhandlung selbst. Von den 190 Seiten, die das "nobel gestaltete Bändchen" umfasse, seien 113 der Einleitung vorbehalten. Die Zeugnisse fänden sich dort "eingestreut". Manches sei "dokumentarisch angehängt", was am Ende eine "durchaus zuverlässige Darstellung der Firmengeschichte" ergebe. Aber eben keine Erinnerung an einen epochemachenden Verleger. Und schon gar kein "Brevier historischer Texte", wie es der editorische Eintrag angekündigt habe.

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