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Goethes Urteil in den Frankfurter gelehrten Anzeigen war nicht eben freundlich: "verhaßte Mittelmäßigkeit" bemerkte er 1772 zu einem Gedichtband, der in seinem Titel zusammenstellt, was "wohl in ein paar tausend Jahren nicht beysammen gestanden haben" mag, wie es im Vorwort des Bandes heißt. Und in der Tat war die Zusammenstellung ungewöhnlich: Weltliche, noch dazu so weltlich verliebt redende Literatur war in der Welt des aschkenasischen Judentums weitgehend ohne Bedeutung geblieben. So wundert es nicht, dass die Veröffentlichung eines Gedichtbands für seinen Autor, den kurländischen Juden…mehr

Produktbeschreibung
Goethes Urteil in den Frankfurter gelehrten Anzeigen war nicht eben freundlich: "verhaßte Mittelmäßigkeit" bemerkte er 1772 zu einem Gedichtband, der in seinem Titel zusammenstellt, was "wohl in ein paar tausend Jahren nicht beysammen gestanden haben" mag, wie es im Vorwort des Bandes heißt. Und in der Tat war die Zusammenstellung ungewöhnlich: Weltliche, noch dazu so weltlich verliebt redende Literatur war in der Welt des aschkenasischen Judentums weitgehend ohne Bedeutung geblieben. So wundert es nicht, dass die Veröffentlichung eines Gedichtbands für seinen Autor, den kurländischen Juden lsaschar Falkensohn Behr so kühn war, daß er die Sammlung anonym publizierte. Behr orientierte sich an der Lyrik Ramlers und der Ästhetik Mendelssohns; aber die gesellige Literatur des Rokoko enttäuschte um 1770 bereits die jungen Leser wie Goethe. Das Urteil Goethes hat freilich verdrängt, daß hier zum ersten Mal im aschkenasischen Judentum Literatur auf der Basis einer entstehenden Autonomieästhetik geschrieben worden ist. Für das deutsche Judentum wurde Behrs Gedichtband neben der Lyrik Ephraim Kuhs und den Dramen Aaron Halle-Wolfssohns eines der ersten Dokumente ihrer Emanzipation. Der Band bietet einen Neudruck der Ausgabe von 1772, ergänzt um ein späteres Lobgedicht Behrs auf Katharina II. und um die Rezension des jungen Goethe.
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Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Gleich zwei Neuausgaben widmen sich Isachar Falkensohn Behrs Gedichten, die erstmals im Jahr 1772 veröffentlicht wurden - und ordentlich verrissen. Dass sie sich nun wieder eines breiteren Interesses erfreuen dürfen, erzählt Alexander Kosenina, verdanken sie vor allem der Prominenz des damals ungnädigen Kritikers: Der junge Herr Goethes war's, der gegen Falkensohn Behrs barocke Lyrik die wahren Empfindungen des Sturm und Drang in Stellung brachte. Und dabei die Bedeutung der Gedichte völlig verfehlte: Der akkulturierte Aufklärer Falkensohn Behr war laut Kosenina der erste jüdische Autor überhaupt, der statt in hebräischer Schrift in lateinischer Antiqua schrieb. Die beiden nun erschienenen Editionen der Gedichte findet der Rezensent gleichermaßen "schmuck", hebt aber Unterschiede in der Interpration durch die Herausgeber hervor. So betont Gerhard Lauer (Röhrig Universitätsverlag) die perfekte Integration in die barocken "anakreontischen Freundschaftsbünde", Andreas Wittbrodt (Wallstein Verlag) versucht, eine Wahrung der jüdischen Identität in den Gedichten aufzuspüren. Darüberhinaus findet Kosenina die Wittbrodt-Edition mit ihrem marmorierten Festeinband hübscher gestaltet, die Lauer-Edition enthält allerdings auch Goethes Verriss und Behrs Lobgedicht auf Katharina II.

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