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So bewegt und kontrastreich wie Köln selbst sind Herbert Hovens Begegnungen mit seiner Heimatstadt und ihren Menschen. Dabei zeichnet er ein eindringliches Bild der Sonnen- und Schattenseiten der Rheinmetropole und bleibt doch stets in sympathischer Nähe zur Realität der Kölner und ihres täglichen Lebens.
Karnevalsjecken und ein Großverleger mit Meinungsmonopol, Produktionsstätten deutscher Vorabendträume und verarmte Arbeiterviertel - in Herbert Hovens "Kölner Inszenierungen" wird die Stadt am Rhein in ihrem ganzen Facettenreichtum zwischen Feiertaumel und Alltagsrealität vorgestellt. Ob
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Produktbeschreibung
So bewegt und kontrastreich wie Köln selbst sind Herbert Hovens Begegnungen mit seiner Heimatstadt und ihren Menschen. Dabei zeichnet er ein eindringliches Bild der Sonnen- und Schattenseiten der Rheinmetropole und bleibt doch stets in sympathischer Nähe zur Realität der Kölner und ihres täglichen Lebens.
Karnevalsjecken und ein Großverleger mit Meinungsmonopol, Produktionsstätten deutscher Vorabendträume und verarmte Arbeiterviertel - in Herbert Hovens "Kölner Inszenierungen" wird die Stadt am Rhein in ihrem ganzen Facettenreichtum zwischen Feiertaumel und Alltagsrealität vorgestellt. Ob Hoven allgemeine Überlegungen zum Humor der Rheinländer anstellt, den Präsidenten der Prinzengarde im Sachsenturm, dem Domizil des Kölner Traditionskorps, aufsucht oder von Begegnungen mit den Machern von "Verbotene Liebe", den Drehbuchautoren, Dialogschreibern und Storylinern einer der populärsten deutschen Seifenopern erzählt; ob er mit der Kölsch-Rock-Gruppe BAP durch die deutsche Provinz reist oder vom engagierten Einsatz des kölschen Don Camillo für die Bedürftigen, Kinder und Jugendlichen in den weniger gut betuchten rechtsrheinischen Stadtteilen berichtet: In jeder seiner Begegnungen und Geschichten entdeckt der Leser einen weiteren unbekannten Aspekt der Stadt mit dem weltberühmten Dom, i n der es möglich ist, dass ein Kardinal im Fußballtrikot vor der Kirche eine Runde kickt, und sich in beinahe jedem Haus der Altstadt eine Kölsch-Brauerei befindet.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.04.2002

Der Schlenderer
Herbert Hovens Buch über „Kölner Inszenierungen”
Sechs Jahre ging Herbert Hoven durch Köln, sah heute nach dem Rechten, suchte morgen nach dem Linken. Klingelte hier, klopfte dort, plauderte gegenüber. 24 Prosastücke wurden daraus, Geschichten, kleine Reportagen, Satiren, kommentierende Betrachtungen. Vier pro Jahr: Welches Kleinod müsste da jedes sein, möchte man vermuten. Aber wir sollten unsere Ansprüche in Grenzen halten.
Man stellt sich den Autor vor, wie er lustwandelt und dabei hinter die Fassaden sieht, dahin, wo die Schmutzecken versteckt sind und die zu früh in den Müll getragenen Erinnerungen liegen, die lästig waren. Herbert, der Schlenderer, einfach auf gut Glück, wie er fragt, und wie es sich dann ergibt, ob er freundliche oder unfreundliche Worte dazu wählen wird. Zuweilen hängt es wohl auch von seiner Stimmung ab. Er fühlt sich dann offenbar so, als müsse er Köln verlassen und schriebe das Negative als Schutz gegen das Heimweh, das ihn schon vorweg erfasst. Er schlendert zum Heumarkt und lässt sich zum Puppentheater „Hänneschen” locken, und will eigentlich nur wissen, was das Theater in der Nazi-Zeit gespielt hat. Antisemitischer Schund wurde auch dort geboten, wen überrascht das? Da hatte er offenbar seinen lustlosen Tag.
Er schlendert zum Tanzbrunnen und gerät in eine turbulente Talentprobe. Es fallen ihm köstliche Sätze ein zum Versuch, Talente zu erproben, die gar nicht da sind. Da hatte er einen guten Tag. Wie auch in den Produktionsstätten der TV-Soaps. Wirklich ein Schmuckstück ist der Bericht über einen Prozess, der klären soll, wie laut Karnevalsmusik sein darf. Es ist beim Lesen wie im Leben: Wenn man seiner Meinung ist, gefallen einem die Betrachtungen besser, als wenn man sie missbilligt.
Er toleriert die Bläck Fööss mit ihrer Musik noch. Bei BAP klingelt er lieber an der Tür, während er den Kölner Humor wohl am liebsten in den Abfall werfen würde. Da mag man ihm nicht ganz folgen. Sicher ist der gerühmte Kölner Humor mindestens im Karneval zuweilen nur mit Humor zu ertragen. Er kann jedoch hilfreich sein, wenn es kaum noch was zu lachen gibt. Wie bei dem Schild, das 1944 an einer Ruine hing: „Fenster zum Rosenmontagszug zu vermieten. Fußboden ist mitzubringen.”
Hovens Einschätzungen pendeln zwischen Wohlwollen, die Klaus der Geiger als politisch engagierter Straßensänger erfährt, und der genussvoll bösen Denkmalsschändung, die dem Verleger und Ehrenbürger Alfred Neven DuMont widerfährt. Gut gestimmt schlendert er nach Vingst und Höhenhaus, wo der rührige Pfarrer ein Sozialwerk geschaffen hat. Seine Achtung hat der Kripochef, der die schlimmen braunen Jahre der Kölner Polizei aufarbeitet. Und sich von Hoven die fast heimtückischen Domgitter des Bildhauers Klaus Nagel erklären zu lassen, ist ein Vergnügen.
Unfreundlicher begegnet er dem Oberbürgermeister, widerwillig passiert er die Altstadt. „Potemkinsch” sei sie. Und erst die Hohe Straße! Da verliert er vor lauter Abscheu sogar manchmal das, was Heinrich Böll „eine bewohnbare Sprache” genannt hat. Er klingelt auch beim Klüngel. „Klüngel heißt: Etwas Dienstliches privat erledigen”, sagte der frühere OB Theo Burauen. Bei Böll ist Klüngel „die kölnische Form des Seidnettzueinander”. Klüngeln nennt man also, wenn persönliche und öffentliche Angelegenheiten miteinander vermischt und unter der Hand ausgekungelt werden. In Köln wurde der Klüngel verniedlicht – die Beiträge des Buches wurden geschrieben, bevor die Spendenaffäre aufkam.
Wie steht es um den Lokalpatriotismus? Wenn Massen mit Tränen in den Augen „Ich mööch zu Fooß noh Kölle jon” singen, ist dagegen die Marseillaise ein Wiegenlied. Hoven nennt das „Selbstbesoffenheit”. Gelegentlich ist es auch fast rührende Selbstgenügsamkeit. Wenn sich etwa ein Kölner zu Karneval verkleidet und es ihm reicht, dass er sich selber komisch findet.
Die Lektüre lohnt, macht nachdenklich und ist originell. Mosaiksteinchen, die kein Ganzes ergeben, aber Interessantes, Neues und manchmal auch Wichtiges über diese Stadt sagen. Wobei unser Schlenderer nur hier und da zu übersehen scheint, dass er selber Teil der Szene ist, die er so kritisch betrachtet. (Herbert Hoven, „Kirche, Karneval und Klüngel: Kölner Inszenierungen”, Picus Verlag, Wien)
DIETER THOMA
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.10.2002

Nestbeschmutzung mit Linksausleger

Das Umschlagfoto zeigt den Kölner Dom, die städtische Ikone schlechthin, doch im weiten Radius um diesen Mittelpunkt wird das so vertraut verpackte Buch kaum ungetrübte Freude machen. Nur scheinbar reiht es sich mit keckem Stabreim in jene längst unüberschaubare Schlange von Büchern ein, mit denen sich die Kölner, die Wahlkölner allen voran, so gerne selbst feiern. "Selbstbesoffenheit" nennt das der Autor und verrät zu den Reitern die Rösser wie "die Paveier, eine der grottenschlechten Musikformationen im Kölner Karneval". Wenn man ihm doch bloß widersprechen könnte! In kurzen, trockenen Reportagen oder Betrachtungen arbeitet Herbert Hoven eine imponierend gut gemischte Themenliste ab, vom Ehrenbürger und "Großverleger mit Meinungsmonopol" über die wohl noch immer berühmte Hohe Straße ("Kotz, kotz") und einen vielfältig (und manchmal einfältig) instrumentalisierten Dom bis zum selbstbewußt klüngelnden Karnevalspräsidenten, der den Sitz seiner Gesellschaft, einen Turm der alten Stadtbefestigung, als "meinen Turm" begreift. Weder die Geistreichelei noch das geschliffene Wort sind dabei seine Sache. Es ist, wenn überhaupt, der linke Haken. Hoven zielt auf den Punkt. Und er spricht Klartext: über die bewunderungswürdigen Mühen des Pfarrers im sozialen Brennpunkt wie über die rassistischen Ausrutscher des Kölner Hänneschen-Theaters, gelegentliche Schulterschlüsse von Polizei und Gestapo und die Zwangsarbeiter in den Fordwerken, die ehemaligen, versteht sich. Nicht alles ist Kritik, auch Klaus der Geiger, beispielsweise, hat sein eigenes Kapitel, doch das meiste läßt den gebürtigen Kölner Hoven, der auf manchen Schmutz im alten Nest verweist, in liebgewonnener Tradition als Nestbeschmutzer erscheinen. Wolf Biermann begründete es einmal in der DDR listig mit dem Prinzip der Arbeitsteilung, daß er mit seinen kritischen Gesängen deshalb "zu weit" gehe, weil eben viele andere "zu kurz" gingen.

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"Kirche, Karneval und Klüngel. Kölner Inszenierungen" von Herbert Hoven. Erschienen in der Reihe "Picus Lesereisen". Picus Verlag, Wien 2002. 132 Seiten. Gebunden, 13,90 Euro. ISBN 3-85452-755-1.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Wie Herbert Hoven in "kurzen, trockenen Reportagen" Köln und seinen gesellschaftlichen Kosmos unter die Lupe nimmt und dabei immer zielsicher den Finger auf die Wunde legt, dass imponiert dem "mbe" zeichnenden Rezensenten. Ebenso die "gut gemischte" Themenliste, auf der vom Ehrenbürger, der Hohen Straße und dem Dom bis hin zum Karnevalspräsidenten wenig fehlt. Wenn Hoven von den Bemühungen des Pfarrers im sozialen Brennpunkt oder den rassistischen "Ausrutschern" des Hanneschen-Theaters berichtet, immer spricht er "Klartext", schreibt der Rezensent voll Anerkennung. Und wenn er dabei manchmal "zu weit" gehe, sei das gerechtfertigt, da mit den Worten Wolf Biermanns viele einfach "zu kurz" gingen.

© Perlentaucher Medien GmbH