Marktplatzangebote
5 Angebote ab € 7,99 €
  • Gebundenes Buch

Acht neue Geschichten des preisgekrönten Autors, in denen das Leben im wahrsten Sinn des Wortes zur Sprache kommt. Das Leben mit all seinen Facetten, so verrückt und absurd, so grausam und endlich, so berührend und einzigartig, so unfassbar und undurchschaubar ...Ein Schriftsteller bekommt über Jahre hinweg Briefe von jemandem zugesandt, der sich nicht zu erkennen gibt. Er hofft, mit Hilfe eines Graphologen das Rätsel lösen zu können.Ein Kongressteilnehmer in einem Hotelzimmer mit Fenster zum Hof verwechselt Eros mit Thanatos.Ein Ehemann erwacht aus einem orgiastischen Traum und trägt von da…mehr

Produktbeschreibung
Acht neue Geschichten des preisgekrönten Autors, in denen das Leben im wahrsten Sinn des Wortes zur Sprache kommt. Das Leben mit all seinen Facetten, so verrückt und absurd, so grausam und endlich, so berührend und einzigartig, so unfassbar und undurchschaubar ...Ein Schriftsteller bekommt über Jahre hinweg Briefe von jemandem zugesandt, der sich nicht zu erkennen gibt. Er hofft, mit Hilfe eines Graphologen das Rätsel lösen zu können.Ein Kongressteilnehmer in einem Hotelzimmer mit Fenster zum Hof verwechselt Eros mit Thanatos.Ein Ehemann erwacht aus einem orgiastischen Traum und trägt von da an das Bild seiner Traum-Frau mit sich.Ein alter Mann schiebt den leeren Rollstuhl seiner verstorbenen Frau vor sich her und bilanziert ihr gemeinsames Leben.Ein Angestellter befindet sich im World Trade Center, während es brennt und zusammenstürzt. Er erfährt via TV von der Katastrophe, deren Teil er selber ist.Wie Jürg Amann knapp und klar vom Unerklärlichen erzählt, ist große literarische Kunst und Lesevergnügen zugleich.
Autorenporträt
Jürg Amann, geboren 1947 in Winterthur/Schweiz, lebte bis zu seinem Tod im Jahr 2013 in Zürich. Studium der Germanistik in Zürich und Berlin, Literaturkritiker und Dramaturg, seit 1976 freier Schriftsteller. Zahlreiche Auszeichnungen, u.a. Ingeborg-Bachmann-Preis, Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis. Bei Haymon: "Zwei oder drei Dinge". Novelle (1993), "Über die Jahre". Roman (1994), "Und über die Liebe wäre wieder zu sprechen". Gedichte (1994), "Schöne Aussicht". Prosastücke (1997), "Kafka". Wort-Bild-Essay (2000), "Am Ufer des Flusses". Erzählung (2001), "Mutter töten". Prosa (2003), "Übermalungen. Überspitzungen". Van-Gogh-Variationen (zus. mit Urs Amann, 2005), "Zimmer zum Hof". Erzählungen (2006), "Nichtsangst". Fragmente auf Tod und Leben (2008) und "Die Reise zum Horizont". Novelle (2010). Zuletzt erschienen: "Wohin denn wir". Roman (2012) und "Lebenslang Vogelzug". Gedichte (2014).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.11.2006

Dieser Rollstuhl ist ein Teddy
„Zimmer zum Hof”: Jürg Amanns höchst sparsame Kunst
Ein kleines Stück nur sind die Dinge von ihrem gewohnten Platz verrückt, und schon ist nichts mehr, wie wir es zu kennen glauben. So ist die Welt, in die uns Jürg Amann in seinen Novellen, Erzählungen, Romanen verlockt: vertraut und fremd zugleich. Vor den bekannten Kulissen ereignen sich die bekannten Dramen, aber eine leichte Drehung, die er dem Geschehen gibt reichen aus, dass seine Geschichten kippen, ein doppelter Boden sich auftut; mit einem Mal ist die Idylle gestört, der Frieden bedrohlich, und die Angst hat Einzug gehalten in Amanns geradezu wortkarge Prosa. An dieser Grenze von Routine und Verstörung, von Realität und Wahn geht der in Zürich lebende Autor seinem Metier seit bald dreißig Jahren nach.
In „Zimmer zum Hof”, der Erzählung, die seinem neuen Prosazyklus den Titel gegeben hat, steigt der Teilnehmer eines Kongresses in einem schäbigen Hotel ab, in dem die Zimmer weder mit Fernseher noch Minibar ausgestattet sind und in denen daher jeder Gast mit sich und seiner Langeweile selbst zurecht kommen muss. Ein „leises Hüsteln” aus dem Nebenzimmer ist es, das den Mann, der morgen seinen Vortrag halten wird, aus derRuhe und um den Schlaf bringt. Beim Frühstück sucht er zu erkennen, wem unter den gezählten Gästen er dieses Hüsteln zuordnen könnte. Er entscheidet sich für eine magere Frau, die ihn „wortlos nickend” grüßt: „Hoffentlich ist sie meineNachbarin, dachte er und fühlte sich ein wenig weniger allein.” Weniger „allein” schreibt Amann, das emphatischere „einsam” vermeidet er, wie er sich für die unterdrückten Gefühlsausbrüche seiner Protagonisten, für ihre leisen Tragödien die großen Worte fast ausnahmslos verbietet. Abends, nach dem Vortrag, fällt der Kongressteilnehmer erschöpft in sein Bett, aberer findet wieder keinen Schlaf, denn die Magere, an der anderen Seite der Wand, macht ihn stöhnend und ächzend zum lauschenden Zeugen ihrer Lust. Am nächsten Morgen, an der Rezeption, erfährt er es freilich anders, nicht die Liebe, sondern der Tod ist sein Nachbar gewesen. . .
Es sind nur acht Erzählungen von gerade achtzig Seiten, die Amann vorlegt. Aber so sehr sich die Texte darin ähneln, dass sie alle den Grat von grauerNormalität und Schrecken entlang führen, so variantenreich sind sie konzipiert. In „Lieber Vater” wird eine Frau von fünfzig Jahrennoch einmal zum Kind, um mit dem längst verstorbenen Vater zu klären, warum er ihre Mutter damals betrogen hat; denn es sind ihr, nach so langer Zeit,seine Liebesbriefe an eine andere in die Hände gefallen: „Lieber Vater. Dies schreibt Dir Deine damals sechsjährige Tochter. Die ja nun auchschon ein Stück älter ist. Auch im Namen der damals zweijährigen Schwester, die noch nicht schreiben kann. Ich kann es ja auch noch nicht. Zum damaligen Zeitpunkt.”
Wie in diesem Text treibt Amann oft ein raffiniertes Spiel mit der Figur des Erzählers. Da sinniert ein alter Mann, der einen Rollstuhl vor sich herschiebt, über das Leben, das ihm entschwindet. In seinem inneren Monologspricht er mit der verstorbenen Frau, die er jahrelang in diesem Rollstuhl geschoben hat – „Du immer vor mir. Ich immer hinter dir her” –, und wie nebenhin geschieht es, dass er sich nicht mehr an die abwesendeFrau, sondern an den Rollstuhl selbst wendet. Aus der „alten Fregatte”, einem liebevoll gemeinten „Kosename” für die Frau, wird das „alte Gefährt”, an das er sein Lebensresümee richtet. Wie sich kleine Kinder, wenn die Mutter die Tür geschlossen hat, zum Einschlafen an den von ihr gebrachten Teddy klammern, hat dem Mann das Objekt die Person ersetzt, mit dem er diese identifizierte. Verlassenheit wird hier zu Sprache. Amanns Domäne ist die Kunst des Unspektakulären.KARL-MARKUS GAUSS
JÜRG AMANN: Zimmer zum Hof. Erzählungen. Haymon Verlag, Innsbruck 2006. 79 Seiten, 14,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Jürg Amann macht in seinen knappen acht Erzählungen, die diesen Band füllen, weder viele noch große Worte, stellt Karl-Markus Gauss fest. In seinen Prosatexten, die sich darin ähneln, dass das Normale plötzlich ins Schreckliche oder Skurrile kippt, spiele der Schweizer Autor höchst raffiniert mit der Erzählerfigur. Die stille Tragik seiner Figuren wird nicht mit großen emotionalen Gesten beschworen, sondern geradezu "wortkarg" evoziert, so Gauss beeindruckt. In diesen Erzählungen erweise sich Amann einmal mehr als Meister des "Unspektakulären".

© Perlentaucher Medien GmbH