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Während eines Meetings verwandeln sich alle Vorstandsmitglieder in Frösche. Kurz vor seiner Operation findet ein Patient im Krankenhaus Zuspruch bei einer Eule. Das letzte Nashorn wird unter Applaus auf einem Zebrastreifen erschossen. Im 87. Stock führen Krokodile unbemerkt ein sehr komfortables Leben.
Der Ausnahmekünstler Shaun Tan beleuchtet in seinem neuesten Werk das sonderbare Verhältnis zwischen Mensch und Tier und schildert in traumartigen Sequenzen, wie Liebe und Fürsorge nicht selten Gleichgültigkeit und Grausamkeit gegenüberstehen. Die insgesamt 25 ganz unterschiedlichen Texte,
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Produktbeschreibung
Während eines Meetings verwandeln sich alle Vorstandsmitglieder in Frösche. Kurz vor seiner Operation findet ein Patient im Krankenhaus Zuspruch bei einer Eule. Das letzte Nashorn wird unter Applaus auf einem Zebrastreifen erschossen. Im 87. Stock führen Krokodile unbemerkt ein sehr komfortables Leben.

Der Ausnahmekünstler Shaun Tan beleuchtet in seinem neuesten Werk das sonderbare Verhältnis zwischen Mensch und Tier und schildert in traumartigen Sequenzen, wie Liebe und Fürsorge nicht selten Gleichgültigkeit und Grausamkeit gegenüberstehen.
Die insgesamt 25 ganz unterschiedlichen Texte, die jeweils um doppelseitige Ölbilder ergänzt werden, wirken poetisch und düster, bergen aber auch viel Witz und Wärme und dringen tief ins Herz unserer urbanisierten Welt vor.
Autorenporträt
Tan, Shaun 1974 in Perth in Australien geboren, ist in seiner Heimat bereits hoch gerühmt und vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem New South Wales Premier`s Literary Award für die Graphic Novel »Ein neues Land«. Außerdem gewann er mit »Die Fundsache« den Oscar für den besten animierten Kurzfilm und wurde 2011 mit dem Astrid Lindgren Memorial Award ausgezeichnet. Seine Bilderbücher erscheinen bei ALADIN. Schönfeld, Eike Eike Schönfeld wurde 1949 in Rheinsberg/Brandenburg geboren und wuchs in Schwäbisch Hall auf. Nach seinem Studium der Anglistik, Germanistik und Volkskunde in Freiburg/Breisgau, promovierte er 1985 zum Dr. phil. (Anglistik). Seit 1986 arbeitet Schönfeld als freier Übersetzer, Lektor und Autor in Hamburg.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.10.2018

Am Himmel der Mondfisch
Shaun Tan erzählt hypnotische Bildergeschichten – „Reise ins Innere der Stadt“
Dieser Mann ist nicht zu fassen. Shaun Tan, Australier mit malaysischen Wurzeln, arbeitete zunächst als Concept Designer am Zeichentrickfilmmeilenstein „Wall-E“ mit und bekam kurz darauf für die Filmadaption seines Bilderbuches „Die Fundsache“ einen Oscar; zur selben Zeit veröffentlichte er seine erste und bislang einzige Graphic Novel. Völlig ohne Worte erzählt „Ein neues Land“ eine allgemeingültige Geschichte von Flucht und Vertreibung, die sich von Jahr zu Jahr mehr nicht nur als bleibendes Meisterwerk der Neunten Kunst, sondern als geradezu prophetisch für unsere Gegenwart erwiesen hat. 2008 erschien dann ein erster Erzählband mit Illustrationen, „Geschichten aus der Vorstadt des Universums“, wofür Tan nach dem Deutschen Jugendliteraturpreis als Krönung auch noch den Astrid Lindgren Gedächtnispreis erhielt, den höchstdotierten Preis für Kinder- und Jugendliteratur.
Shaun Tan – ein Autor für Kinder also? Die Kategorisierung liegt auf den ersten Blick nahe: Die vordergründig süßen Illustrationen sind hübsch anzusehen und die begleitenden Texte mit ihrer bewusst einfachen Sprache schnell zu lesen, noch dazu bevölkert von Kindern, Tieren und Monstern, vor denen sich aber niemand fürchten muss, so knuddelig kommen sie daher. So etwa in der inzwischen zum Klassiker avancierten Kurzgeschichte um den Austauschstudenten „Eric“, halb Kobold, halb Ahornblatt, dessen Gastfamilie sich redlich, doch erfolglos müht, Kontakt mit ihm aufzunehmen, um am Ende, nachdem er genauso plötzlich verschwindet wie er aufgetaucht war, mit dem schwer greifbaren Gefühl zurückzubleiben, beschenkt worden zu sein. Dass es sich dabei um eine ebenso rätselhafte wie brillante Parabel über das Fremde und unseren Umgang damit handelte, konnte man angesichts des hohen Niedlichkeitsfaktors der Hauptfigur leicht vergessen und damit ihren Autor unterschätzen.
Spätestens jetzt sollte sich das ändern. Leider geht in der deutschen Übersetzung der direkte Bezug von Tans zweitem Erzählband, „Tales from the Inner City“, auf seinen Vorgänger, im Original „Tales from Outer Suburbia“, verloren. Tatsächlich wirkt dieses Buch „erwachsener“ als alles, was Tan bisher gemacht hat. Der übermütige Spaß an formalen Spielereien ist einer strengen, ja, man könnte sagen klassischen Komposition gewichen. Alle der 25 nur wenige Seiten langen Texte, die zumeist von einem farbigen Ölbild begleitet werden, handeln von wilden Tieren in der Großstadt. Meistens schon im allerersten Satz und damit schockhaft plötzlich haben sie ihren Auftritt. „Die Krokodile leben im siebenundachtzigsten Stock“, heißt es etwa in der ersten Geschichte über die ungewöhnlichen Bewohner einer Hochhausspitze; oder in der zweiten: „Die Schmetterlinge kamen zur Mittagszeit“, woraufhin eine geradezu biblische Insektenplage für die Bewohner einer Stadt zu einem Moment der erlösenden Epiphanie wird.
Die Handlungen lediglich als surreal zu beschrieben, greift zu kurz. Immer wohnt ihnen eine tiefe Melancholie inne, eine Unmittelbarkeit des Gefühls, die sich vielleicht am ehesten als zartbitter bezeichnen ließe – Tan war wohl noch nie so todtraurig wie hier. Oder lassen sich berührendere Geschichten denken als jene über den kindlichen Ich-Erzähler im Krankenhaus, der bei seiner Ankunft seine Angst als riesige weiße Eule personifiziert sieht, die auf dem Bett auf ihn wartet – und ihn dann auf einmal tröstet? Oder jenes Gedicht über das Verhältnis von Mensch und Hund durch die Jahrtausende hindurch, über das es heißt „Und als du starbst / brachte ich dich zum Fluss. / Und als ich starb, / wartetest du am Ufer auf mich. / Und so verging zwischen uns die Zeit.“
Zweifellos ist es ein Balanceakt, den Shaun Tan hier unternimmt. Tiere als Topos des Unschuldigen, Ursprünglichen sind eigentlich ein alter Hut. Und dann scheut er auch nicht davor zurück, jede Geschichte gut oder zumindest nicht schlecht enden zu lassen. Aber selten wirkt das platt, etwa wenn sich Manager bei einer Vorstandssitzung auf einmal in Frösche verwandeln oder Bären sich Anwälte nehmen, um gegen das durch die Menschen erfahrene Unrecht zu klagen.
Warum aber bewegen all die anderen Geschichten so, ja, rühren zu Tränen? Eigentlich wirkt auch das Genre, für das sich Tan hier entschieden hat, die Parabel, normalerweise schnell unsubtil und mit ihrer mehr oder weniger zivilisationskritischen Botschaft nicht unbedingt originell. Und trotzdem geht von diesem Buch ein Zauber aus, staunt man über den Einfall eines schwebenden, nur von Tauben bewohnten Hochhauses, das für die Bewohner der Stadt zum Traumschloss wird; kuschelt man sich zusammen mit Büroangestellten in das Fell des weißen Riesen-Yaks, das sie abends zurück nach Hause trägt; oder guckt zum Himmel, wohin sich in einem der schönsten Texte des Bandes nach einer Katastrophe die Fische gerettet haben; eines Tages „angelt“ ein Junge von dort einen seltenen Mondfisch herunter und will ihn vergeblich einem mysteriösen Händler verkaufen. Der Tod des kostbaren Wesens war umsonst. Doch wie so oft gönnt Tan seinen Figuren und damit uns ein Happy-End: Wieder daheim, sind aus den Eiern des Fisches winzige Tiere geschlüpft, die wie Sternschnuppen in den Himmel steigen.
Genauso wie die Öl-Illustrationen, die zwischen europäischem Surrealismus und australischer Dreamtime changieren und doch einen großen Anteil an der hypnotischen Wirkung des Buches haben, kann man das gesamte Vorhaben Tans als naiv bezeichnen. Als kitschig. Als riskant. Denn es sind äußerst zarte, ja zärtliche Gebilde, die Tan hier entwirft und für die er eine eigenwillige, nicht leicht zu übersetzende, mäanderende Sprache gefunden hat, die am ehesten mit einem Prosagedicht vergleichbar ist, so zum Beispiel, wenn er abschließend den Menschen während einer archäologischen Ausgrabung beschreibt: „Wir plappern und plappern auf unsere Affenart, und die schwarzen Steinblätter fallen mit jedem Tocktock-tock unserer Hämmer so perfekt auseinander wie Seiten in einem alten Buch, eine Freude, für die kein Wort je erfunden war.“
Ist das nun Kinder- oder Jugendliteratur? Oder ein Bilderbuch für Erwachsene? Das ist vor allem eines: egal. Shaun Tan erweist sich in diesem Gesamtkunstwerk aus Bild und Text als universaler Erzähler, dem etwas überaus Seltenes und Kostbares gelingt: über der düsteren Landschaft der Katastrophen unserer Zeit die Utopien hell leuchten zu lassen, auf dass wir nicht den Glauben an sie verlieren.
THOMAS VON STEINAECKER
Schockhaft plötzlich haben sie ihren Auftritt: Tiere erscheinen als freundliche Fremde in der Großstadt.
Foto: Tan/aladin
Shaun Tan: Reise ins Innere der Stadt.
Aus dem Englischen von Eike Schönfeld.
Aladin Verlag, Hamburg 2018. 288 Seiten, 28 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.11.2018

Unsere Begleiter und eigentlichen Herren

Shaun Tan erzählt in "Reise ins Innere der Stadt" über die Wunder, die Tiere uns bereiten - real und imaginär.

Von Andreas Platthaus

Shaun Tan ist seit seinem annus mirabilis 2011, als er erst den Oscar (für den Trickfilm "Lost Thing") und dann den Astrid-Lindgren-Gedächtnispreis (für sein Gesamtwerk) gewann - beides in ihren jeweiligen Sparten, Film und Kinderbuch, die höchste Auszeichnung weltweit -, der prominenteste Jugendbuchillustrator unserer Zeit. Doch daran trägt er offenbar leicht, denn was Tan seitdem in den für ihn typischen großen Abständen publiziert hat, ist jeweils so ungewöhnlich, als wäre er ein Formwandler. Erst kamen plastische Umsetzungen von Grimmschen Märchenfiguren (für deren Nacherzählungen durch Philip Pullman), dann das geheimnisvolle Bilderbuch "Die Regeln des Sommers" und nun ein neues Werk namens "Reise ins Innere der Stadt", das sich jeder eindeutigen Klassifikation entzieht.

Ja, es ist ein Bilderbuch, denn es gibt allein 43 doppelseitige Illustrationen darin, dazu 25 Vignetten und eine grandios kombinierte Vorund Nachsatzzeichnung, und nein, es ist kein Bilderbuch, denn die großen Illustrationen sind meist jeweils nur als Coda einer einzelnen Erzählung angefügt und gehen kein unmittelbares Bündnis mit diesen Texten ein. Ja, es ist eine Erzählungssammlung, und nein, es ist keine, denn die 25 jeweils einer animalischen Daseinsform gewidmeten Kapitel ergeben als Kompositum das Porträt einer Großstadtszenerie, in der die Tiere so etwas wie stille Begleiter und eigentliche Herren des menschlichen Lebens sind. Und ja, es ist ein Kinderbuch, und nein, es ist kein Kinderbuch. Aber auch kein Buch für Erwachsene. Oder gerade das.

Warum? Weil Shaun Tan das Kunststück fertigbringt, mit allen literarischen Wassern gewaschene Erzählungen zu schreiben und zugleich die kindliche Unvertrautheit mit Prosa von Kafka, Borges oder Philip K. Dick als Kalkül miteinzubeziehen, denn im Stande der literarischen Unschuld eröffnet sich der Reiz des Tanschen Tons sicher genauso zuverlässig, doch man wird nicht abgelenkt durch seine vielfältigen Reminiszenzen. Nicht eine intellektuelle Forschungs-, sondern eine emotionale Abenteuerreise wird man dann erleben, und das wird dem Grundinteresse von Shaun Tan gerechter, der 1974 als Kind malaiischer Auswanderer in Australien geboren wurde und die abenteuerliche Familien- wie seine eigene geborgene Jugendgeschichte als gleichermaßen selbstverständlich empfunden hat. In seinem Meisterwerk, dem 2006 erschienenen Comic "The Arrival" (auf Deutsch "Ein neues Land"), ist beides perfekt miteinander verschränkt.

Dieser Band war ganz wortlos, nur in Bildern erzählt. "Reise ins Innere der Stadt" lebt nun vor allem aus den Texten. Wobei die Bilder meisterhaft genug sind und es auch ein Kapitel gibt (zum Hund), das ein eigenes Bilderbüchlein im großen Buch ist: Dreizehn doppelseitige Illustrationen begleiten da ein kurzes Prosagedicht, und hier herrscht einmal Interaktion, obwohl Bilder und Text zwei unterschiedliche Geschichten zu erzählen scheinen. In der Strenge der literarischen wie der illustrativen Form ist dieser Abschnitt so etwas wie das Herz des Buchs.

Doch jede andere Erzählung darin darf ebenfalls für sich in Anspruch nehmen, ein lebensnotwendiges Organ dieses Geschichtenkorpus zu sein. So etwa die Erzählung zu den Eulen, auch sie übrigens von mehreren Illustrationen begleitet und wie ein Prosagedicht gesetzt. 61 Zeilen lang ist sie nur, doch die reichen aus für ein Plädoyer gegen die Angst vor Krankenhäusern. Was hier pädagogisch klingen mag, ist meisterlich verpackt ins Phantasma einer engelgleichen Begleitung der Kranken durch eine je individuelle Schutzeule - schneeweiß, als trüge sie einen Arztkittel: "Sie weiß nur eines, / ein kaltes Faktum, auf immer in Schweigen gehüllt: / Mit der Zeit wirst du gesund sein. / . . . . / jedes mal, wenn ich mich in Furcht an sie wende, / tue ich es voller Freude, / weil Eulen sich niemals irren". Das obligatorische Schlussbild zeigt dann das abendlich erleuchtete Spital, und in jedem Fenster ist ein kleiner weißer Schemen zu sehen.

Oder die Erzählung vom großen Katzensterben, bei dem sich aber herausstellt, dass all die trauernden Herrchen und Frauchen um dasselbe Tier klagen, das nur schlau genug war, sich von allen verwöhnen zu lassen. Und so sind Tans Protagonisten in dieser Episode, eine Frau und ihre kleine Tochter, auf der Begräbnisfeier getröstet: "Das Reden, das Seufzen, das Lachen und Schluchzen, das alles verband sich wie das Geräusch von schwarzem Wasser, das der Mutter um die Ohren brandete, nicht laut und tönend, wie sie sich eine solche Vernichtung immer vorgestellt hatte, sondern leise, wie Schaum, der im Küstensand versickert, und da weinte sie dann schließlich. Ihre Tochter blickte auf: ,Das ist das Geräusch von Schleppi, wie er vom Sofa springt und auf die Feuerleiter läuft', sagte sie. Und da war die tollste Katze der Welt weg, einfach so."

Shaun Tan nimmt die jeweiligen Tier-Klischees auf und überführt sie in eine phantastische Welt, die durch den Einbruch des Animalischen in die Stadt nichts Vertrautes mehr hat, aber doch immer noch etwas zutiefst Anheimelndes. Sein Buch ist zudem ein leidenschaftliches Plädoyer für Mitkreatürlichkeit. Und es enthält am Schluss, im Kapitel über Menschen, den bewegendsten Satz: "Hai, Bär, Krokodil, Eule, Schwein, Lungenfisch, Mondfisch, Papagei, Schmetterling, Biene, Flusspferd, Tiger, Hund, Schnecke, Katze, Schaf, Pferd, Yak, Orca, Nashorn, Fuchs . . . immerhin haben wir ihnen unsere schönsten Wörter gegeben." Und Shaun Tan sein schönstes Buch.

Shaun Tan: "Reise ins Innere der Stadt".

Aus dem Englischen von Eike Schönfeld. Aladin Verlag, Hamburg 2018. 288 S., Abb., geb., 28,- [Euro]. Ab 10 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Dieses Buch tut das, was große Literatur leisten kann; Mut zu machen, wo scheinbar kein Ausweg zu sehen ist." Kulturfalter 20190320