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Botho Strauß macht aus seinen politischen Vorlieben kein Geheimnis: Der Schriftsteller bekennt sich zur intellektuellen Rechten und verachtet die »Massenöffentlichkeit« der »Massendemokratie«.Dennoch lohnt ein zweiter Blick auf seine frühen Theater- und Prosastücke, denn diese handeln von einer seltsamen Paradoxie: Während in liberalen Gesellschaften die Freiheitsspielräume wachsen, verkümmern die kulturellen Narrative, mit denen die Bürger ihrer Freiheit einen Sinn geben.Thomas Assheuer zeichnet nach, wie Strauß seine originelle Kritik am »Spätkapitalismus« zu einer Kritik an der Moderne…mehr

Produktbeschreibung
Botho Strauß macht aus seinen politischen Vorlieben kein Geheimnis: Der Schriftsteller bekennt sich zur intellektuellen Rechten und verachtet die »Massenöffentlichkeit« der »Massendemokratie«.Dennoch lohnt ein zweiter Blick auf seine frühen Theater- und Prosastücke, denn diese handeln von einer seltsamen Paradoxie: Während in liberalen Gesellschaften die Freiheitsspielräume wachsen, verkümmern die kulturellen Narrative, mit denen die Bürger ihrer Freiheit einen Sinn geben.Thomas Assheuer zeichnet nach, wie Strauß seine originelle Kritik am »Spätkapitalismus« zu einer Kritik an der Moderne radikalisiert und nicht mehr auf eine »neue Sprache« hofft, sondern auf die »Wiederkehr der Götter«.
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Autorenporträt
Assheuer, ThomasThomas Assheuer ist Redakteur im Feuilleton der Hamburger Wochenzeitung DIE ZEIT. Seine Schwerpunkte sind Philosophie und politisches Zeitgeschehen.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Lothar Müller lobt Thomas Assheuers Vermögen, dem Werk Botho Strauß' ebenso leidenschaftlich wie kritisch entgegenzutreten. Der Kritiker spürt in den Aufsätzen des "Zeit"-Redakteurs Assheuer nicht nur die jugendliche Begeisterung für den Autor, sondern erlebt ihn auch als "unfrommen Leser", der sich eingehend mit dem Werk auseinandersetzt. So folgt der Kritiker gebannt Assheuers Rückblick auf "die hellsichtige Diskurskritik der frühen Theater- und Prosastücke" oder liest die lehrreiche Beschäftigung mit den Voraussetzungen des kulturellen und politischen "Anti-Liberalismus". Nach der Lektüre dieses informativen Bandes würde sich der Rezensent einen Dialog mit Strauß selbst wünschen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.12.2014

Verwandlung
durch das Wort
Ohne Kunstreligion: Thomas
Assheuer über Botho Strauß
Eine der interessantesten Figuren der Aufklärung ist der unfromme Leser. Nein, denken Sie jetzt nicht, das sei der Leser, der nicht an Gott glaubt. Es ist der Leser, der nicht an den Autor glaubt. Der Distanz wahrt, selbst wenn er ihm auf Schritt und Tritt folgt, der es seinem Respekt vor dem Autor schuldig ist, ihn nicht zu verklären, der ihm widerspricht, wo er ihm nicht folgen kann. Mit dem unfrommen Leser tritt im bürgerlichen Zeitalter der Kritiker auf, nicht minder leidenschaftlich als der fromme Leser, der seinen Autor auf den Altar der Kunstreligion erhebt.
  Thomas Assheuer, Redakteur im Feuilleton der Zeit, tritt dem Schriftsteller Botho Strauß, der an diesem Dienstag seinen 70. Geburtstag feiert, als ebenso leidenschaftlicher wie unfrommer Leser gegenüber. In Assheuer ist noch der Theatergänger lebendig, der in den Achtzigerjahren keines der Stücke von Botho Strauß versäumte, über die er nun schreibt: „Beständig ist nur die Unbeständigkeit, und so schwankt die Gemütslage des Strauß’schen Personals zwischen vegetativer Benommenheit und unbestimmtem Schmerz.“
  Wäre es nur die Gemütslage, so hätte Strauß in Assheuer nicht einen so treuen Leser und Zuschauer gefunden, der nun noch einmal die Theaterstücke von den „Hypochondern“ über die „Trilogie des Wiedersehens“ und „Kalldewey, Farce“ bis zu „Schlusschor“ und „Ithaka“ vor Augen ruft, die Figuren der Prosa von „Marlenes Schwester“ über die „Widmung“ bis zu „Rumor“ und „Der junge Mann“. Wenn er beschreibt, wie sie mit sich selbst zerfallen, mit ihrem Deutschsein hadern, aus der deutschen Geschichte austreten wollen, dann geht es nicht nur um Bewusstseinszustände, sondern um Zeitkritik. Und um die Wandlungen des intellektuellen Registers, in dem die Zeitkritik sich bewegt, um den Abschied des Autors Strauß von der Kritischen Theorie und von Adorno.
  „Kein wahres Leben in falschen Metaphern“ – mit diesem sprachkritischen Programm hat Botho Strauß seinen Leser Assheuer elektrisiert, mit dem Furor der Inszenierung von Sprachkrisen, die nicht, wie sonst in den Siebzigerjahren allerorten, aus einer „spätkapitalistischen“ Sinnkrise hervorgingen, aus ökonomischer Verelendung, sondern aus kultureller Verarmung.
Der Rückblick auf „die hellsichtige Diskurskritik der frühen Theater- und Prosastücke“ ist aber nur der Anlauf, mit dem Assheuer das Zentrum seines Buches erreicht: die Auseinandersetzung des unfrommen Lesers mit den Voraussetzungen des kulturellen und politischen „Anti-Liberalismus“ in den Essays und Büchern, die Strauß seit den späten Achtzigern veröffentlicht hat. Immer wieder erscheint darin die moderne Öffentlichkeit – der Essay „Anschwellender Bocksgesang“ (1993) formulierte das besonders drastisch – als „unblutige Gewaltherrschaft“, gegen die nur der Rückzug in die „heiligen“ Bezirke der Sprache hilft, dorthin, wo das Modell der Eucharistie und der gelingenden Sprachschöpfung einander begegnen: in der Verwandlung der Welt durch das Wort.
  Assheuer zeichnet minutiös nach, wie Strauß die Denkfigur einer „Wiederkehr der Tragik“ ästhetisch entfaltet und dann entschieden politisiert. Dass „die konsequente Säkularisierung aller Diskurse den Reichtum kultureller Werterschließungen mindert“, sieht er wie sein Autor. Zugleich erweist er sich an der entscheidenden Stelle als unfrommer Leser: dort, wo er die christliche Religion gegen ihre Inanspruchnahme durch Strauß verteidigt und zeigt, wie Strauß in seinen Plädoyers für die „Apokatastasis“, für das Wiedereinspielen mythischer Muster, die Grenze zwischen Mythos und Religion verwischt. Diese Grenze aber verläuft dort, wo Opfer gebracht werden. „Denn ich habe Lust an der Liebe und nicht am Opfer, an der Erkenntnis Gottes und nicht am Brandopfer“, wendet Assheuer mit Hosea 6,6 gegen Strauß ein, „der den opfer- und mythoskritischen Gehalt des biblischen Monotheismus abblendet“. Wäre Strauß nicht so allergisch gegen jeden öffentlichen Diskurs, hier müsste der Dialog mit seinem unfrommen Leser beginnen.
LOTHAR MÜLLER
Thomas Assheuer: Tragik der Freiheit. Von Remscheid nach Ithaka. Radikalisierte Sprachkritik bei Botho Strauß. Transcript Verlag, Bielefeld 2014. 274 Seiten, 32,99 Euro.   
Gegen moderne Öffentlichkeit
bleibt Rückzug in heilige Bezirke
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»Ein durchweg interessantes und intellektuell ambitioniertes Buch, welches geradezu danach verlangt, in einen neuen, von Polemik freien Dialog mit den Arbeiten von Botho Strauß einzutreten.« Jürgen Daiber, Arbitrium, 37/1 (2019) »Thomas Assheuer [zeichnet] den zuweilen verschlungenen Denkweg des Botho Strauß über 40 Autorenjahre geduldig, neugierig und kenntnisreich [nach] wie kein Forscher vor ihm.« Franz Wille, Theater heute, 12 (2014) Besprochen in: Konkret, 12 (2019), Gerhard Schweppenhäuser