»Da haben wir`s, dachte ich, schon wieder eine wahre Fiktion, als zöge ich es an [...]«Mit dem anachronistischen Ziel, ein Schriftsteller der 20er-Jahre zu werden, reist der Erzähler dieses Buches 1974 nach Paris. Anstatt dort aber zu schreiben, betätigt er sich zunächst als Drogendealer auf schlecht beleuchteten Straßen und besucht billige Partys, bis er beginnt, an Türen und Nebenräumen Symbole und Signale zu erkennen. Diese verbinden nicht nur weitere Orte miteinander - Paris, Montevideo, Reykjavík, Bogotá, St. Gallen -, sondern führen ihn auch zum Wesen seines Schreibens sowie seinem Wunsch nahe, Erfahrungen in lebendige Seiten zu verwandeln. - Und wenn das Leben das ist, was uns passiert, weil wir Literatur haben?»Montevideo« ist eine wahre Fiktion, eine großartige literarische Erzählung über die Mehrdeutigkeit und das Spiegelkabinett unserer Welt. Vila-Matas findet hier einen Weg, über Dinge noch einmal ganz neu zu schreiben, über die bereits alles gesagt schien - über den zentralen Kern seines Werks, über die Modernität des Romans. Über Autofiktion, die es gar nicht gibt: »da alles autofiktional ist, denn was man schreibt, kommt immer von einem selbst«.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Enrique Vila-Matas schreibt immer wieder dasselbe Buch, meint Rezensent Marko Martin, aber warum auch nicht, wenn es so viel Freude bereitet wie diese neueste Inkarnation. Ein weiteres Mal lesen wir, berichtet Martin, wie ein Autor sich selbst über die Bücher anderer immer wieder neu erfindet. Diesmal lässt sich die Hauptfigur unter anderem nach Paris und, siehe Titel, in die Hauptstadt Uruguays treiben, die literarischen Stichwortgeber sind unter anderem Julio Cortázar, Ernest Hemingway und Juan Carlos Onetti. Eine soziale Grundierung sucht man hier vergebens, gesteht Martin ein, und wer in Romanen nach Dringlichkeit dürstet, wird hier nicht fündig werden; wem jedoch der Sinn nach spielerischer und gar nicht aufdringlich bildungshuberischer Metafiktion steht, der wird, glaubt der Rezensent, mit dem Buch glücklich werden.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»eine fluide, elegante Schreibweise« (Marko Martin, Deutschlandfunk Kultur Lesart, 10.04.2024)