22,00 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Sofort lieferbar
payback
0 °P sammeln
  • Gebundenes Buch

In leichtfüßig schwebenden Versen führen Heinrich Deterings poetische Schattenbeschwörungen in eine Wirklichkeit, die zugleich ganz gegenwärtig und unheimlich verfremdet erscheint.Heinrich Deterings neue Gedichte führen in traumwandlerische Gegenden - nicht alle davon sind auf der Landkarte zu finden. Schattenhaft erscheinen die Spuren steinzeitlicher Horden und vergessener Zauberer auf Höhlenwänden. Märchengestalten, Wiedergänger und Wundertiere geistern durch das Dämmerlicht der Sehnsuchtsbilder und Alpträume.Was Hans Magnus Enzensberger an Deterings Gedichten bereits hervorgehoben hat,…mehr

Andere Kunden interessierten sich auch für
Produktbeschreibung
In leichtfüßig schwebenden Versen führen Heinrich Deterings poetische Schattenbeschwörungen in eine Wirklichkeit, die zugleich ganz gegenwärtig und unheimlich verfremdet erscheint.Heinrich Deterings neue Gedichte führen in traumwandlerische Gegenden - nicht alle davon sind auf der Landkarte zu finden. Schattenhaft erscheinen die Spuren steinzeitlicher Horden und vergessener Zauberer auf Höhlenwänden. Märchengestalten, Wiedergänger und Wundertiere geistern durch das Dämmerlicht der Sehnsuchtsbilder und Alpträume.Was Hans Magnus Enzensberger an Deterings Gedichten bereits hervorgehoben hat, bestimmt auch diesen Band mit seinen »versteckten Resonanzen, Echoräumen« und einer »Diskretion, mit der historische Dimensionen gewissermaßen über die Bande angespielt werden«.
Autorenporträt
Heinrich Detering, geb. 1959, lehrt Neuere deutsche Literatur und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Göttingen. 2003 erhielt er den Julius-Campe-, 2012 den H.-C.-Andersen-Preis. 2014 war er Aston Poet in Residence in Birmingham, 2012 Liliencron-Dozenzt für Lyrik in Kiel, 2008 Ehrengast der Villa Massimo, 2004 Poetikdozent in Mainz, 2003 Paul Celan Fellow in St. Louis. Veröffentlichungen u. a.: Holzfrevel und Heilsverlust. Die ökologische Dichtung der Annette von Droste-Hülshoff (2020); Menschen im Weltgarten. Die Entdeckung der Ökologie von Haller bis Humboldt (2020); Der Antichrist und der Gekreuzigte. Friedrich Nietzsches letzte Texte (2010).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensentin Beate Tröger hat sich verguckt in das denkende und sprechende Ich in Heinrich Deterings neuen Gedichten. Wie Detering "feingefügt" Übergangsbereiche auslotet und das Vergebliche des Menschseins ergründet, findet Tröger hinreißend. Auch die biblischen Verweise in den Texten über Schuld regen die Rezensentin zum Nachdenken an. Und wenn Detering sein sprechendes Ich in eine apokalyptische Landschaft versetzt, spürt Tröger noch wohlwollend die "fast meditative Stille".

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.07.2023

Es sieht aus, als könnte es diesmal gut werden

In Heinrich Deterings

Gedichtband "An der Nachtwand" findet man

Naturlyrik, häufig ins Theologische gewendet, und Exerzitien für die stiller werdende Welt.

Hans Christian Andersens "Die kleine Meerjungfrau" ist ein Märchen, das Heinrich Detering in seinem jüngsten Lyrikband "An der Nachtwand" zu zwei Gedichten angeregt hat. Viele der im neuen Buch enthaltenen Gedichte bewegen sich in Übergangsbereichen. In einem solchen lebt auch das Meerweibchen aus Andersens Märchen: ursprünglich halb Mensch, halb Tier mit Fischschwanz, ein Wesen glücklich im Meer tollend, dessen Anteile eines denkenden und fühlenden Menschen immer stärker werden, bis es sich so unsterblich in einen Prinzen verliebt, den es vor dem Ertrinken rettet, dass es seine Stimme bei einer Meerhexe gegen Menschenbeine eintauscht, um ihm nahezukommen. Diese Menschwerdung geschieht um den hohen Preis der betörenden Stimme, um den Preis, nicht mehr mit dem Prinzen sprechen zu können.

Noch höher aber schätzt Deterings Gedicht "Meerfrau, am Anfang" den Preis ein, der ebenfalls mit dem Tausch des Fischschwanzes gegen die Beine einhergeht. Die Meerjungfrau muss bei jedem Schritt schneidenden Schmerz verspüren, und das Gedicht konstatiert: "Es sind die Beine / der Gang auf den Messern die du riefest / du hättest beim Fischschwanz bleiben sollen." In diesen Versen ist nicht nur der Verlust des Lebens unter Wasser, sondern auch die Qual der unerwiderten Liebe kondensiert. Sie artikulieren den Zweifel daran, ob der Mensch im Stande des Denkens und Wünschens tatsächlich das bessere Tier sei - eine Frage, die durch das zugehörige zweite Gedicht "Meerfrau, am Ende" mit einem ambivalenten Unterton wiederaufgenommen wird.

Es nimmt das tragische Ende des Märchens in den Blick: "Immer bleibt der Bräutigam an Deck / immer überlebt die falsche Braut / immer wird die Hand, die das Messer warf // weiß wie Schnee dann rot wie Blut / dann leichter als Luft", gesellt Andersens Geschichte aber noch eine zweite Referenzebene hinzu: das Märchen vom Schneewittchen, das ob seiner Schönheit und durch den Neid der Stiefmutter vergiftet im Sarg landet, anders als die kleine Meerjungfrau schließlich aber durch die Liebe eines Prinzen daraus erlöst wird. In der Koppelung der beiden kanonischen Märchen irisieren in den beiden Gedichten Erfüllung und Unerlöstes in feiner Weise.

Immer wieder stellt sich in "An der Nachtwand" eine solche Bewegung auch im Blick auf die Sprache ein: Sie ist so beweglich wie die Seejungfrau im Meer. Indem sie aber zu Erkenntnis und Reife strebt, gelangt sie zu bitteren Erkenntnissen. Menschsein, Denken und Schreiben heißt sich sehnen, scheitern, verkannt werden, ausgeliefert sein, sterblich sein, zum Schatten werden. Der Schatten kehrt als Motiv in "An der Nachtwand" immer wieder. Er markiert - wie der Titel des Bandes selbst, der auf den Nachtwandler anspielt - jene Zustände, in denen man die Entgegensetzung wie die Übergänge von Licht und Dunkelheit, Tag und Nacht, Denken und Fühlen, Mensch und Tier am besten erkennen kann.

Diese Gegensätze haben den 1959 geborenen Detering, Professor für Neuere Deutsche Literatur und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Göttingen, auch in der Wissenschaft stets interessiert, wie etwa seine Studie "Menschen im Weltgarten - Die Entdeckung der Ökologie" zeigte. Das darin von ihm untersuchte neu sich herausbildende Interesse an der Verbundenheit des Menschen mit der Natur, der dynamisch bewegte Zusammenhang alles Lebendigen in ihr spinnt das Gewebe, aus dem auch viele der Fäden seiner feingefügten, teilweise narrativ angelegten Gedichte gesponnen sind: Fäden, die, im Medium lyrischer Sprache das Begriffliche und Thesenhafte auflösend, paradoxerweise gerade durch die Wandlung des Begrifflichen ins Bildliche oft straffer gezogen erscheinen.

"An der Nachtwand" ist Lyrik im Geiste des "natureculture" (Donna Haraway), eng verwandt auch der "Lyrik im Anthropozän", bei Detering häufig ins Theologische gewendet und auf Texten des Alten und Neuen Testaments gegründet. Von der vermiedenen Vertreibung aus dem Paradies in der Genesis kündet das zweiteilige Gedicht "Eden". In dessen erstem Teil nimmt Adam die mit dem Apfel verbundene Schuld auf sich, Adam und Eva bitten Gott um Nachsicht für die Schlange. Im zweiten Teil sieht man beide im Paradies, häuslich eingerichtet: "es sieht aus als sei es nie anders gewesen / es sieht aus als könnte es diesmal gut werden". Dass hier keine Idylle imaginiert wird, beweist der Einschub des "als ob", es wird eben nicht gut. Mit diesen biblisch motivierten Gedichten über Schuld und Schuldigwerden ließe sich auch gut darüber nachdenken, was geschieht, wenn die Zensur vor einem Urtext wie der Bibel nicht mehr haltmacht, wie es jüngst in den Grundschulen Utahs geschehen ist.

Einige Gedichte wissen von einer noch existenzielleren Bedrohung als der durch die Vertreibung aus dem Paradies. Sie wissen um Untergang und Auslöschung. In einem der ungeschütztesten dieser durch ihre Bildungsfülle, ihre souveräne Form- und Stilsicherheit unangreifbaren Gedichte, "vor dem Schlag", imaginiert sich das sprechende Ich in ein Weltuntergangsszenario. Es schildert einen Gang durch eine Spätsommerlandschaft am Fluss mit Insekten und Wind, doch "dann stürzte der Himmel ein mit Donner / Hagel und Blitz es war ungeheuer / danach wurde es stiller als je / gewesen war so würde es bleiben // dachte ich als die Stille mich löschte". Der Rest wäre Schweigen. Heinrich Deterings Gedichte sind in ihrer agilen und eindrücklichen Beredtheit auch Exerzitien im Stiller-Werden. Man ist mit ihnen aus der Beweglichkeit und Lebendigkeit ihrer farbigen Sprache unterwegs in eine fast meditative Stille, die dem Mitvollzug der ebenso hochreflektierten wie empathischen Bewegungen dieses denkenden und sprechenden Ichs folgt. BEATE TRÖGER

Heinrich Detering:

"An der Nachtwand".

Gedichte.

Wallstein Verlag,

Göttingen 2023. 95 S., geb., 22,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr
»sinnlich und intensiv« (Björn Hayer, Berliner Zeitung, 25.03.2023) »Heinrich Deterings Gedichte sind in ihrer agilen und eindrücklichen Beredtheit auch Exerzitien im Stiller-Werden. Man ist mit ihnen aus der Beweglichkeit und Lebendigkeit ihrer farbigen Sprache unterwegs in eine fast meditative Stille« (Beate Tröger, FAZ, 11.07.2023) »Die Gedichte von Heinrich Detering sind leise und sanft im Ausdruck, wirken dafür aber umso mächtiger im Tiefenraum der menschlichen Seele. 'An der Nachtwand' ist das Meisterwerk eines Dichters, der mit seinen traumwandlerisch sicheren Formulierungen den Dingen zwischen Himmel und Erde auf den Grund geht.« (Matthias Ehlers, WDR5, 06.10.2023) »Mit wenigen Worten zeichnet Heinrich Detering sensible, farbige, auch farbenfrohe Träume nach (...), bleibt ein nüchterner Realist, der nicht versäumt, Gutes zu sehen, und die Endlichkeit furchtlos betrachtet.« (Thorsten Paprotny, Am Erker, Oktober 2023)