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Lyrische Erkundungen der Welt der Vögel.Sanderling und Nebelkrähe, Graureiher und Großer Brachvogel, die Wasseramsel, der Weißstorch - die Gedichte in Henning Ziebritzkis Zyklus »Vogelwerk« beziehen ihren Impuls aus den Besonderheiten der Vogelart, über die sie sprechen. Ausgehend vom Gesang des Gimpels, den Bewegungen einer Amsel oder dem Flug von Mehlschwalben erkunden die Gedichte die Vogelwelt ebenso wie den inneren Menschen. Wer im Vogelwerk spricht, entdeckt in der Begegnung mit dem Tier die Sprache und sich selbst. So vielfältig Gestalt und Federkleid, Flug- oder Brutverhalten,…mehr

Produktbeschreibung
Lyrische Erkundungen der Welt der Vögel.Sanderling und Nebelkrähe, Graureiher und Großer Brachvogel, die Wasseramsel, der Weißstorch - die Gedichte in Henning Ziebritzkis Zyklus »Vogelwerk« beziehen ihren Impuls aus den Besonderheiten der Vogelart, über die sie sprechen. Ausgehend vom Gesang des Gimpels, den Bewegungen einer Amsel oder dem Flug von Mehlschwalben erkunden die Gedichte die Vogelwelt ebenso wie den inneren Menschen. Wer im Vogelwerk spricht, entdeckt in der Begegnung mit dem Tier die Sprache und sich selbst. So vielfältig Gestalt und Federkleid, Flug- oder Brutverhalten, Lebensraum und Stimmen der Vogelarten sind, so verschieden sind auch die Formen und Töne dieser Gedichte. Der Band bietet ein poetisches Kompendium, das überraschend, beunruhigend und faszinierend ist. Die Beobachtung der Vogelart, die Regungen der Seele und ihre vielen Sprechweisen verschränken sich zu Poemen, die als Vogelwerk immer beides sind: raffiniertes Kunstprodukt und Vergegenwärtigung der Vogelart, der sie sich verdanken.Ausgezeichnet mit dem Peter-Huchel-Preis 2020.
Autorenporträt
Henning Ziebritzki, geb. 1961 in Wunstorf, Niedersachsen, studierte Theologie, Germanistik und Philosophie. Er lebt als Autor in Tübingen und Berlin. Zu seinen Veröffentlichungen zählen »Brennen« (2021) und, zusammen mit Heidi Specker, »Mohr Siebeck. Verlag für die Wissenschaften« (2020). Für seinen Gedichtband »Vogelwerk« (2019) erhielt er 2020 den Peter-Huchel-Preis.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.2019

Das Gefieder glänzt im Intercityblau
Geschult an Rilkes Metaphernkaskaden den Widerspruch feiern: Die wunderbaren Gedichte von Henning Ziebritzki

Henning Ziebritzki, Jahrgang 1961, wurde einmal promoviert mit einer Arbeit über die Dreieinigkeit, genauer über den Status des Heiligen Geistes bei Origenes und Plotin. Fünf Jahre arbeitete er als Pfarrer in der niedersächsischen Provinz. 2001 wurde er Lektor beim Verlag Mohr Siebeck in Tübingen, den er heute als Geschäftsführer leitet. Er ist Vater von vier Kindern. Seine Gedichte finden sich über die Jahre in Anthologien und literarischen Zeitschriften. Und dann erscheint in großen Abständen ein schmaler Gedichtband. 1998 kam "Randerscheinungen" heraus, 2007 "Schöner Platz" und nun, ein Glück für seine Leser, "Vogelwerk".

Auf den ersten Blick sind die Texte thematisch gebündelt wie ein Sachbuch: 52 Gedichte, von denen jedes als Titel einen Vogelnamen trägt. Wer diese Verse liest (eine Stimmenvielfalt, ein Gezwitscher in verschiedenen Sprechakten zwischen Parlando und Lied, zärtlich und grausam, tröstend und beängstigend), der spürt, dass es letztlich religiöse Texte sind. Einfach deshalb, weil sie an die Erlösungskraft des Wortes, der dichterischen Präzision glauben. Dass der Heilige Geist in der Dreieinigkeit oft als Vogel dargestellt wird, mag dazukommen.

Es ist sicher nicht falsch, "Vogelwerk" neben dem PC zu lesen und ab und an nachzuschauen, wie die geflügelten Individuen aussehen. Denn es geht nicht nur um Amsel und Sperling, Kuckuck oder Kormoran. Wer kennt schon den Hadeda Ibis (über den brillant und brutal die Situation afrikanischer Flüchtlinge evoziert wird), den vom Aussterben bedrohten Seggenrohrsänger, die Rohrweihe?

"Vogelwerk" versammelt feingearbeitete Miniaturen in wundersamen Versen. So heißt es vom Weißstorch: "Auf dem weiten Acker / geht Zeit von ihm aus, bauscht der Wind / sein Halsgefieder, das herabhängt, auf, / daß es verwirbelt, weht." Aber die Zeilen führen meist vom Vogel weg, hin zum menschlichen Sänger. Ziebritzki - zweifellos geschult an den Metaphernkaskaden von Rilke - spielt mit unterschiedlichen Graden der Abstraktion.

"Wasseramsel" beginnt erzählerisch linear: "Als ich in der Dämmerung von der Arbeit komme / und sie am Stadtgraben unter mir entdecke, verwirrt mich / daß das Weiß auf ihrer Brust um so viel weißer ist / und weiter fließt, als ich es erinnern kann." Das Gedicht "Kolkrabe" ist in den Bildern hermetischer: "Schwüle, Lindenduft in der Straße, im Zimmer - die Ankunft immer, / als fiele ein Geschöpf von einem Förderband in einen schmutzig / abgenutzten Behälter." Es ist die Ankunft eines Ich im Hotel; der "ausgestopfte Rabe im Lichtschacht" wird zum Bild der eigenen "elenden Sehnsucht" (die bitter ist, nicht nur weil Goethes "Selige Sehnsucht" mitschwingt).

Auch wo sie abstrakt scheinen, sind diese Verse persönlich. Ein Tübinger Verlagsleiter, ein Lektor kommt den Stadtgraben, die Ammer entlang nach Hause, er arbeitet im Garten, er ist ein beruflich Reisender. Und bleibt ein Dichter: "Seit Mittag an der Bar, aber zu Ironie nicht fähig, fast verloschen / ohne Gesang, Flügel und Flug in Downtown Atlanta". Und über den "Teydefink" taucht seine ambulante Existenz in das Blau des Vogelgefieders: "Das ist auch das Intercityblau / der Lederbezüge, das wasserkühle / der Notebooks." Bis die Szenerie ihren Abschluss findet: "das Kommen / und Gehen, am Grund, die Scheibe, / das Arbeiten, in Eisblau verstaut".

Thematisiert ist die Doppelexistenz eines Dichters, der einen bürgerlichen Beruf ausübt, es geht aber auch um die Möglichkeit, die Gefahr, die Chance, die, davon unabhängig, im Schreiben liegt. Der Imperativ heißt Intensität. Wie lässt sich aus dem Alltag der Funke der Erweckung schlagen? Es braucht die rettende Aufmerksamkeit, das Beobachten der Vögel und das Beobachten des Ich, das in den Vögeln ein Alter Ego sieht. So kommt das Gedicht "Wandertaube", eine kleine Hommage an Robert Lowell ("Sprößling eines alten Clans, / in jedem Absturz aus dem Ei gepellt"), ganz ohne Vogel aus. Es setzt ein: "Jedes Gedicht ist ein Grabstein". Ist doch in ihm der "Aufruhr im Gedankenfleisch" einmal beruhigt. "Unverzeihlich nur, / den Widerspruch, für den wir geschaffen sind, nicht zu feiern, / Forsythien, Fingerschatten auf weißem Tuch, das Klirren / von Licht, das helle Schlachtfeld einer Cocktailparty im April". In jeder gefundenen Schönheit lauert die Ambivalenz: "Jede Zeile wie ein Schluck, ätzend, jeder Schluck ein Bollwerk / gegen alles, was nicht inspiriert ist, gegen das Leiden der Kreatur, / die Panik, eines Zombies Pilgerfahrt zu sein".

Auch "Wanderfalke", ein Gedicht auf den Moment, in dem der russische Pianist Grigori Sokolov sein Stück geendet hat, braucht keinen Vogel; denn der Künstler selbst ist hier vogelhaft da ("Soviel Erschrecken, soviel Möglichkeit in jedem Ton").

Alle Gedichte haben elf Zeilen. Auf diesem genau umgrenzten Raum werden die existentiellen Themen abgehandelt: Sehnsucht und Suche nach der Unio mit dem Vogelbild, die Hoffnung auf die Metamorphose, (schreibend) als ein Anderer, Freierer aufsteigen zu können. Das Gedicht "Kohlmeise" zeigt einen sterbenden Vogel, "blutig auf Beton verklebt", und endet mit der Frage, wie lange "dies Flattern / aus Panik und Agonie" noch andauern wird, gebannt "auf die Fläche einer Zigarettenschachtel". Mit diesem banalen Format wird zugleich die Ausdehnung des Gedichts auf dem Papier benannt, das dieses Drama hält.

Eine Ausnahme bildet das leicht gereimte Gedicht "Singdrossel". Es hat zwölf Zeilen. Hier spielt Ziebritzki mit dem Volksliedton. Rhythmisch klingt der Adoneus an ("Arbeit im Garten", "streuen in Rasen", "grabend verfließen"). Henning Ziebritzki feiert singend die Form. In "Kleiber" aber, dem Schlussgedicht über einen Vogel aus Pappmaché, "kinderleicht zu formen", lächelt er über das nur Machbare. Es braucht noch etwas dazu, damit ein Werk "auch ein Herz" hat aus "Bewegung und Gegenwart". Nennen wir es vielleicht den Heiligen Geist der Poesie, das, was nicht erzwungen werden kann. Aber erwartet, erlitten, geschenkt.

ANGELIKA OVERATH

Henning Ziebritzki:

"Vogelwerk". Gedichte.

Wallstein Verlag, Göttingen 2019. 63 S., geb., 18,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»wunderbare Gedichte« (Angelika Overath, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.10.2019) »Die Gedichte von Henning Ziebritzki sind verstörend und beglückend und gehören zum Besten, was in der deutschsprachigen Lyrik zur Zeit zu lesen ist.« (Margit Irgang, SWR2 Lesenswert Magazin, 03.11.2019) »Hennig Ziebritzki hat (...) ein Kalendarium sinnlicher Grenzerfahrungen und Überwältigungsmomente geschaffen, wobei in das Porträt der einzelnen Vogelart immer auch ein Selbstporträt des schreibenden Ichs eingezeichnet ist.« (Michael Braun, Tagesspiegel, 17.10.2019) »er macht das liebevoll, er macht das überzeugend, er macht das ganz und gar heutig« (Jan Bürger, Deutschlandfunk Kultur »Lyrik lesen«, 24.08.2019) »sehr feinsinnige und ausdrucksstarke Gedichte« (Alf Mayer, culturmag.de, 05.08.2019) »Henning Ziebritzki aber observiert nicht nur, er verleiht jedem Vogel in einem Gedicht eine Seele.« (Matthias Ehlers, WDR 5 Bücher, 13.09.2019) »Ich glaube, es gibt keine bessere Wahl für den Huchel-Preis.« (Lutz Seiler im SWR2 Lesenswert Gespräch, 05.04.2020) »ein Büchlein, das allen Freunden der Vogelwelt und der Dichtkunst zu empfehlen ist« (Stuttgarter Schriftstellerhaus, 08.04.2020) »Ein Werk, das in allen Farben schillert wie leuchtendes Gefieder.« (Stefan Kister, Stuttgarter Zeitung, 09.09.2020)