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Wenn ein Buch und ein Kopf zusammenstoßen und es klingt hohl, dann ist nicht immer das Buch schuld, heißt es bei Lichtenberg. Die Lage wird allerdings unübersichtlich, wenn zwischen Kopf und Buch eine Glasscheibe in Form eines Bildschirms hängt und obendrein Literaturkritik die Zusammenstöße provoziert oder zu mildern versucht.Die Beiträger des Bandes entstammen allen Lagern: Schriftsteller, Kritiker, Fernsehleute, Leser kartographieren das unübersichtliche Terrain, vermessen das Schlachtfeld, schmieden Allianzen, begleichen alte Rechnungen, wechseln die Linien. Sie fragen: Was kann, soll,…mehr

Produktbeschreibung
Wenn ein Buch und ein Kopf zusammenstoßen und es klingt hohl, dann ist nicht immer das Buch schuld, heißt es bei Lichtenberg. Die Lage wird allerdings unübersichtlich, wenn zwischen Kopf und Buch eine Glasscheibe in Form eines Bildschirms hängt und obendrein Literaturkritik die Zusammenstöße provoziert oder zu mildern versucht.Die Beiträger des Bandes entstammen allen Lagern: Schriftsteller, Kritiker, Fernsehleute, Leser kartographieren das unübersichtliche Terrain, vermessen das Schlachtfeld, schmieden Allianzen, begleichen alte Rechnungen, wechseln die Linien. Sie fragen: Was kann, soll, darf, muss Literaturkritik? Was geschieht der Literatur und der Literaturkritik im Medium Fernsehen? Was heißt das für Leser? Und warum lassen sich all die Fragen nur beantworten, wenn man sie mit Blick auf konkrete Menschen stellt? Martin Lüdke beispielsweise.Uns begegnen Sprachverwirrung, Persönlichkeitsspaltung, Sport, bewusstseinserweiternde Rauschmittel (Rotwein), Personenkult und üble Nachrede gewissermaßen eine Diskussionsveranstaltung, in denen die Regeln des Mediums genussvoll neu definiert werden.Mit Originalbeiträgen u.a. von: Verena Auffermann, Meike Feßmann, Ulrich Greiner, Christoph Hein, Bodo Kirchhoff, Michael Krüger, Ingo Schulze, Ilija Trojanow, Martin Walser
Autorenporträt
Alexander Wasner, geboren 1965, studierte Germanistik, Philosophie und Buchwesen. Er arbeitet als Autor und Redakteur für Fernsehen und Hörfunk des Südwestrundfunks. Seit 2001 ist er Redakteur der Sendung "lesenswert". Jurytätigkeit, Moderationen, Herausgeber und Mitherausgeber verschiedener Anthologien.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.06.2008

Das finsterste und das hellste Wort
„Ich möchte lieber doch. Fernsehen als literarische Anstalt”: Der Literaturbetrieb macht dem Kritiker Martin Lüdke ein Geburtstagsgeschenk
Deutschland habe, schreibt der Verleger und Schriftsteller Michael Krüger, die beste Literaturkritik in Europa. Das wüssten alle, nur nicht die deutschen Kritiker. „Sie sollten einmal nach Boston gehen, nach Parma oder Nizza”, rät Krüger er seiner Zunft, die gern über ihre Wirkungslosigkeit klagt, in einer kurzen Schrift „Gegenpäpste, Unsterblichkeit”. Seine Reflexion über die Rolle der Literaturkritik ist – wie der gesamte Band, in dem sie erscheint – dem Kritiker Martin Lüdke zu dessen 65. Geburtstag gewidmet. Wer die Arbeit ebenso scheut wie den Müßiggang, der findet leicht zum Buch, lautet die Devise, die sich Lüdke zu eigen gemacht hat. Mit seiner 1997 gegründeten Sendung „Literatur im Foyer” im Südwestrundfunk schuf er eine Instanz der Literaturkritik im Fernsehen.
Der über zweihundertseitige, von Alexander Wasner herausgegebene Band „Ich möchte lieber doch. Fernsehen als literarische Anstalt” ist aber weit mehr als eine Sammlung von Gratulationsartikeln. Die übliche Konstellation, in der Kritiker über Autoren schreiben, wird darin nicht selten umgedreht. Alle Lager des Literaturbetriebs sind hier vertreten und halten ihrer Zunft den Spiegel vor – nicht ohne dabei auch alte Rechnungen zu begleichen.
Unsterblichkeit ist selten
„Jeder Autor hat, wenn er an einen Kritiker denkt, ziemlich schnell dessen finsterste und dessen hellste Aussage im Kopf. Wenn die hellste Aussage heller ist als die finsterste finster, kann der Autor mit diesem Kritiker leben”, beschreibt Martin Walser die heikle Beziehung zwischen dem Literaturschaffenden und seinem Rezensenten. In einer amüsanten Kurzgeschichte zeigt auch Annegret Held die Fragilität dieses Verhältnisses. Sie bietet eine Kutschenfahrt und Pflaumenkuchen auf, um den ihr ohnehin geneigten Kritiker und seine Frau zu ihren Freunden zu machen – und erzielt den gegenteiligen Effekt.
Deja-Lu Erlebnisse, ernüchternde Routine, Personenkult – das sind die Themen der literarischen wie poetischen, mal sachlich-analytischen, mal autobiografischen Texte, die der Herausgeber zusammengetragen hat. Er ergänzt sie durch Gespräche mit Protagonisten der Literaturszene. Ein immer wiederkehrendes Thema ist das Geld: Der Verleger Joachim Unseld und der Schriftsteller und Unternehmer Ernst-Wilhelm Händler betonen noch einmal, dass Autoren nicht von ihren Bucheinkünften leben können.
Unseld streitet eine Einflussnahme der Rezensenten auf die Verleger ab und gibt damit dem Klagen der Literaturkritiker recht, aus deren Beiträgen Selbstzweifel und Unzufriedenheit sprechen. „Kritiker werden selten mit Unsterblichkeit belohnt”, bedauert Michael Krüger. „Das Selbstbewusstsein derer, die im Kulturbetrieb arbeiten, ist nie ein ,gesundes‘ Selbstbewusstsein, wie etwa das des Chirurgen, der jeden Tag Menschen begegnet, denen er das Leben gerettet hat”, erklärt Martin Walser. Es mache dennoch Spaß, in dieser hysterischen Branche zu arbeiten.
In der Tat finden sich in den Texten auch die positiven, erhellenden und bereichernden Momente der Literaturkritik. Immer wieder, schreibt etwa der Lektor Martin Hielscher, könne man als manischer Leser an einen Punkt gelangen, „wo die Sprache, die beschriebene Szene, das Auftreffen der literarischen Suche auf den existentiellen Grund ein atemloses Innehalten bewirken, ein Erstaunen, In-Sich-Hineinhorchen, die das Denken öffnen, die Èrinnerung, die Sinne: Erwachen.”
„Ich möchte lieber doch. Fernsehen als literarische Anstalt” präsentiert Innenansichten des teilweise verworrenen Kulturbetriebs, deren Lektüre für Außenstehende wie für die darin Verwickelten nicht selten amüsant sein dürfte. Das Fernsehen findet übrigens außer im Titel des Bandes wenig Berücksichtigung. Es scheint schlicht selbstverständlich geworden zu sein, dass die Literaturkritik – wie in Gestalt von Martin Lüdke – eben auch im Fernsehen auftritt. ANNIKA MÜLLER
ALEXANDER WASNER (Hrsg.): Ich möchte lieber doch. Fernsehen als literarische Anstalt. Wallstein Verlag, Göttingen 2008. 239 Seiten, 19,90 Euro.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.04.2008

Mann am Bildschirm

Wäre das Fernsehen nur vor die Hunde gegangen, wüsste man wenigstens, wo es ist. Gepriesen seien die Ausnahmen: Martin Lüdke zum Beispiel, einem der Top Dogs im Literaturvermittlungsbetrieb, gelingt seit vielen Jahren das Kunststück, sich als Verfechter des geschriebenen Wortes zwischen televisionären Superstars und Volksmusikanten zu behaupten, als wollte er trotzig McLuhans hingebellte Behauptung beweisen, dass der Inhalt eines Mediums immer ein anderes Medium sei und nicht manchmal einfach das Nichts. Da Lüdke am gestrigen Mittwoch nominell die Rentengrenze erreichte, wurde ihm zu Ehren eine Merci-Martin-Show ausgerichtet - charmanterweise in Buchform. Ein halbes Hundert an Kollegen, Freunden und Literaten gratuliert zum Fünfundsechzigsten mit so lustigen wie hellsichtigen Texten. Jochen Hörischs Hinweis, "Literatur und Fernsehen (...) passen zueinander wie Fisch und Fahrrad", bringt eine von den meisten Beiträgern geteilte Grundskepsis zum Ausdruck. Die mediale Diskrepanz hält der Gefeierte wohl auch deshalb aus, weil er, wie mehrfach betont oder beklagt wird, von A bis O seinen allwissenden Adorno auswendig kennt und weil seinem stupenden Wissen eine seltene Begeisterungsfähigkeit korrespondiert. Das Lob strahlt gar auf die ganze Zunft ab: Martin Walser möchte Kritiker generell "Autoren" genannt wissen, und der "Hanser"-Verleger Michael Krüger konstatiert: "Deutschland hat die beste Literaturkritik in Europa. Das wissen alle, nur nicht die deutschen Kritiker." Der belesene Jubilar, heißt es an anderer Stelle, würde bei Überblendung der physiognomischen Hund-Herrchen- mit der Buch-Leser-These quasi alle Hundeantlitze auf sich vereinen. Nur mit dem Kläffer Quotenzote hat Lüdke nichts zu schaffen. Wie schafft er das? Die SWR-Redaktionsleiterin Martina Zöllner bringt es auf den Punkt: "Martin Lüdke nimmt auch das Fernsehen nicht ernst." ("Ich möchte lieber doch". Fernsehen als literarische Anstalt. Herausgegeben von Alexander Wasner. Wallstein Verlag, Göttingen 2008, 240 S., geb., 19,90 [Euro].) oju

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Annika Müller hat diesen Sammelband zum 65. Geburtstag des Literaturkritikers Martin Lüdke mit Gewinn und Amüsement gelesen, geht er doch über eine bloße Gratulationsschrift hinaus, wie sie betont. Kritiker und Autoren reflektieren hier, mal ganz sachlich, mal autobiografisch gefärbt, über die Literaturkritik und bieten so einen interessanten und häufig sehr unterhaltsamen Einblick in den Literaturbetrieb, lobt die Rezensentin. Literaturkritik im Fernsehen, wie es der Titel anklingen lasse, werde in dem Sammelband allerdings kaum eigens zum Thema gemacht, stellt die Rezensentin fest, wahrscheinlich, weil das Medium mittlerweile auch für den Literaturbetrieb eine Selbstverständlichkeit ist, wie Müller vermutet.

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