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Tal Schani ist als kleiner Junge mit seinen Eltern nach Israel ausgewandert. Jetzt ist er Anfang dreißig, lebt in Tel Aviv und fühlt sich wie ein ganz normaler Israeli. Das ändert sich schlagartig, als er zu einem Festival israelischer Kultur in seine frühere Heimat Ukraine eingeladen wird. Denn auf einmal ist er hin- und hergerissen zwischen zwei ihm eigenen und doch so gegensätzlichen Kulturen. Auf dem Flug nach Dniestergrad wird Tal - der früher Tolik Schnajderman hieß - von seiner Vergangenheit eingeholt. Plötzlich ist er wieder Tolik, und für den Israeli beginnt die oft amüsante, aber…mehr

Produktbeschreibung
Tal Schani ist als kleiner Junge mit seinen Eltern nach Israel ausgewandert. Jetzt ist er Anfang dreißig, lebt in Tel Aviv und fühlt sich wie ein ganz normaler Israeli. Das ändert sich schlagartig, als er zu einem Festival israelischer Kultur in seine frühere Heimat Ukraine eingeladen wird. Denn auf einmal ist er hin- und hergerissen zwischen zwei ihm eigenen und doch so gegensätzlichen Kulturen. Auf dem Flug nach Dniestergrad wird Tal - der früher Tolik Schnajderman hieß - von seiner Vergangenheit eingeholt. Plötzlich ist er wieder Tolik, und für den Israeli beginnt die oft amüsante, aber auch traurige Suche nach seiner Identität. Er sehnt sich zurück nach den Landschaften seiner Kindheit und erinnert sich an die àngste eines jüdischen Jungen, dessen Vater eines Tages entschied, mit der ganzen Familie nach Israel auszuwandern. In seinen Gedanken geht Tal mit dem kleinen Tolik durch verschneite Birkenwälder.Die Entbehrungen, die seine Familie während des Zweiten Weltkriegs und unter dem Joch des Kommunismus erleiden musste, sitzen ihm wie ein böses Tier im Nacken. Ein Bild von Hemingway hing damals an der Wand, Tolik glaubte, es handle sich um ein Porträt seines verschollenen Onkels. Aber Tal weiß heute, dass dieser im Gulag umgekommen ist. Und das Gelobte Land war nicht mehr als ein Stück Wüste für Tolik. Für Tal bedeutet es nun ganz einfach Heimat. Witzig und furchtlos melancholisch erzählt Boris Saidman die Geschichte Tausender junger Menschen, die während der letzten zwanzig Jahre unverhofft ein fremdes Land ihr Zuhause nennen sollten. Sie erhielten einen neuen Namen, sie mussten eine neue Sprache erlernen und sie wurden für dieses Land zum Militärdienst eingezogen. Doch die Erinnerungen an ihre Herkunft ließen sich nicht verdrängen.
Autorenporträt
Boris Saidman, geb. 1963 in Kischinjow in der ehemaligen UdSSR, wanderte als Dreizehnjähriger mit seinen Eltern nach Israel aus. Er studierte Visuelle Kommunikation und arbeitet heute als Art Director. Er lebt in Tel Aviv und in Galiläa.
Rezensionen
"Ein magischer, mitreißender Roman von großem Gespür und einer Sprache voller Leben.' (HAARETZ)

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.10.2008

Das Herz hüpft wie ein Eichhörnchen in einem Rad
Fritzen, Iwans und Verräter: Boris Saidmans Auswandererroman „Hemingway und die toten Vögel”
Tolik Schnajderman und Tal Schani sind dieselbe Person, aber Tolik gibt es nicht mehr. Das wird Tal klar, als er von Tel Aviv nach Dnjestrograd in der Ukraine fliegt. Es ist sein Geburtsort, ein jüdischer Verein hat ihn zu einem Kulturfest eingeladen, und nun holt ihn die Vergangenheit ein – der Israeli fühlt sich plötzlich wie ein Bürger der UdSSR, der sein Vaterland im Stich gelassen hat. Ähnlich ging es wohl dem Autor des Romans „Hemingway und die toten Vögel”, Boris Saidman, der 1963 in Kischinjow in der ehemaligen UdSSR geboren wurde, einem Ort, der heute Kischinau heißt und Hauptstadt der Republik Moldau ist. Mit dreizehn wanderte er mit seiner Familie nach Israel aus.
Nirgends sind die Juden willkommen, vor allem daran erinnert sich Tal auf seinem Flug. Er denkt daran, wie selten in der Familie übers Judentum gesprochen wurde, als sei es etwas Peinliches. Die mehr oder weniger subtilen Arten des Antisemitismus sind es, die seine Jugend überschatteten, und auch zwei historische Ereignisse, der Krieg gegen die Deutschen und der Stalinismus. Als wäre die Vergangenheit nie vergangen, warnen die Eltern vor „Fritzen” und „Iwans”, die Toliks Phantasie terrorisieren. Was sich hinter den zwei vagen Gestalten des Bösen verbirgt, erfährt der Junge erst viel später.
Bis dahin glaubt Tolik, das Foto des bärtigen Mannes über dem Bücherregal seiner Großmutter zeige seinen Großvater Niuma, der sich im Zweiten Weltkrieg hervorgetan hatte, was die Stalinisten später nicht hinderte, ihn für den Diebstahl von etwas Mehl ins Gulag zu stecken. Aber es ist Ernest Hemingway, dessen Bücher dem Großvater, der im Gulag umkam, die liebsten waren. Saidman erzählt eine Geschichte, die für viele ostjüdische Schicksale steht. Die erste Generation erlebt die Katastrophe, die zweite verschweigt sie, und die dritte kann nicht anders, als sich ihr zu stellen. Nur hin und wieder scheint diese Geschichte hinter den Alltagsbeschreibungen des kleinen Tolik durch. Saidmans Roman ist voller Details wie dem, dass man das @-Zeichen in Israel „Strudel” nennt, oder dass man in Russland sagt, dass „einem das Dach wegrutscht”, wenn jemand verrückt wird. Zwei Wochen, bevor Toliks Familie ausreist, stellen die Behörden der „Verräterfamilie” die Heizung ab.
Die lange Schilderung der Reise, die Passkontrollen und die erste Begegnung mit westlichem Fernsehen und Video machen dagegen den Eindruck von Versatzstücken, die man aus anderen Büchern oder Filmen kennt. Leider ist das nicht die einzige Schwäche des Romans. Seine Episoden fallen Tal angeblich auf der Flugreise ein, wirken aber zusammengewürfelt, weil sie mit Ereignissen in der Rahmenhandlung nicht verbunden sind. Spannung könnte sich aus der Diskrepanz zwischen dem kindlichen Blick und der bewegten Familiengeschichte ergeben, was wiederum Saidmans gewollt witziger Stil verhindert. Orte sind „mikroskopisch klein”, und von einer israelischen Postbeamtin heißt es, „Ihr ‚Herrrr‘ ist kalt genug, um das Schwarze Meer mitten im August vereisen zu lassen.” Manchmal sieht man vor lauter Bildern in diesem Buch nichts.
Endlich in Israel eingetroffen, begegnet Tal einem alten Mann, der versucht, an einem Kartentelefon seinen Bruder in der alten Heimat anzurufen, die zufällig auch die des Erzählers ist. Zum ersten Mal entwickelt sich eine fesselnde Geschichte, und als der Alte von seinem in der Ukraine überraschend wieder aufgetauchten Bruder erzählt, macht er uns mit der vielleicht schönsten Redensart des Buches vertraut: „Mein Herz hüpfte wie ein Eichhörnchen in einem Rad.” KAI WIEGANDT
BORIS SAIDMAN: Hemingway und die toten Vögel. Roman. Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler. Berlin Verlag, Berlin 2008. 238 Seiten, 19,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Manuel Gogos spart nicht mit Lob für dieses "magische Buch", das Romandebüt von Boris Saidman. Es erzählt die Geschichte des Israeli Tal, der als Kind noch in der Sowjetunion lebte und und Tolik hieß. Damals waren für Friedenstauben überm Kreml und das synchrone Wasserballett mit seinen "zewitausend gespreizten Beinen" das Höchste. Zu Tal wurde er, nachdem er mit seinen Eltern nach Israel übergesiedelt war. Mittlerweile dreißigjährig, wirft ihn eine Russlandreise in alte, längst überwunden geglaubte Identitätskrisen zurück, erzählt der Rezensent weiter, zwei einander völlig fremde, gegensätzliche Welten begegnen sich auf dieser Reise: die frostige Sowjetunion Toliks zur Hochzeit des Kalten Krieges und das hitzeflirrende Israel Tals. Laut Gogos ein "komischer, melancholischer Roman".

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