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Ein ganz und gar unmögliches Mädchen Königin wollte sie eigentlich gar nicht sein - und nicht nur deshalb war sie bereits zu Lebzeiten so berühmt und so berüchtigt wie kaum je eine andere Regentin vor ihr. Christina, Königin von Schweden, dankt mit 28 Jahren ab, tritt ein knappes Jahr später öffentlich zum katholischen Glauben über und zieht nach Rom, in die Stadt ihrer Sehnsucht. Sie will weder heiraten noch Kinder kriegen. Sie ist eine gute Jägerin und hasst Handarbeiten, Alkohol und Trunkenheit. Ihre Stimme ist dunkel, sie bewegt sich wie ein Mann und trägt nach ihrer Abdankung gern…mehr

Produktbeschreibung
Ein ganz und gar unmögliches Mädchen Königin wollte sie eigentlich gar nicht sein - und nicht nur deshalb war sie bereits zu Lebzeiten so berühmt und so berüchtigt wie kaum je eine andere Regentin vor ihr. Christina, Königin von Schweden, dankt mit 28 Jahren ab, tritt ein knappes Jahr später öffentlich zum katholischen Glauben über und zieht nach Rom, in die Stadt ihrer Sehnsucht. Sie will weder heiraten noch Kinder kriegen. Sie ist eine gute Jägerin und hasst Handarbeiten, Alkohol und Trunkenheit. Ihre Stimme ist dunkel, sie bewegt sich wie ein Mann und trägt nach ihrer Abdankung gern Männerkleidung. Die Frage ihrer Sexualität ist bis auf den heutigen Tag ein willkommener Anlass zu den wildesten Spekulationen. Anhand zahlreicher Originaldokumente in schwedischen, italienischen, vatikanischen, französischen und deutschen Archiven zeichnet Veronica Buckley den Lebensweg Christinas in den unruhigen Zeitläufen Europas des 17. Jahrhunderts nach. Ihre Darstellung ist gespickt mit Fakten, Anekdoten, Zitaten und kuriosen Funden, die das politische, religiöse und geistige Leben der Zeit zum Leuchten bringen. Ein flüssiger Stil, mit einem Erzähltempo gepaart, das bisweilen an Christinas Gewaltritte von Italien nach Hamburg erinnert, machen das Buch zur fesselnden Lektüre.
Autorenporträt
Veronica Buckley, born 1956, is a writer and biographer. She was born in Christchurch, New Zealand. In 1979 she graduated from the University of Canterbury with first class honours in French with philosophy, and was awarded a postgraduate scholarship in cultural and social history at the University of London. Before embarking on her writing career she worked as a musician, and as a technical writer and information management specialist in the IT industry.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.11.2005

Fluchende Heldin im Sinkflug
Veronica Buckley ringt mit der schwedischen Königin Christina

Der Prolog der Biographie soll ein Zeitpanorama entfalten, er wird aber durch einen Pro-Prolog aus dem Heute ins Stolpern gebracht. Befremdlich wirkt die Übernahme des romantisierenden Royalismus vergangener Jahrhunderte, der Christinas Vater Gustav Adolf zum "hochherzigen König" macht, welchem Veronica Buckley ein Kränzlein windet: "Wäre ihm ein Leben zu Friedenszeiten beschert gewesen, so hätten seine vielen Gaben noch edlere Früchte getragen." Kinder wachsen "im Schoß" heran, junge Männer geben "zu schönsten Hoffnungen Anlaß", ihre Zukunft allerdings steht dann "noch in den Sternen".

Veronica Buckley ringt bei ihrem Unternehmen auch mit dem Einfluß der feministischen Forschung auf ihr Sujet. Immerhin haben Christinas rustikale Erscheinung und ihre Neigung, sich in Männerkleidung zu werfen, sie nach Jahrhunderten zur Vorreiterin von Bewegungen gemacht, gegen die sie sich nicht mehr wehren konnte. Deren Erkenntnisse wirken ebenso auf Veronica Buckley wie auch die hohe Schule wissenschaftlichen Argumentierens, das sich gern durch das Erstellen von Fußnoten kenntlich macht. Die tauchen phasenweise auf im Buch, und sei es nur, um die Hafenstadt Helsingborg dem heutigen Dänemark zuzuschlagen, wohin sie nicht gehört. Hier scheint eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber dem Landstrich Skandinavien auf, welche auch die Literaturliste nahelegt: Lang und breit ist Christina, die königliche Skandalnudel, in Schweden erforscht worden, die Literatur dazu findet sich hier nur im angerissenen Zustand, derweil vorwiegend französische und englische Bücher benannt werden.

Über zweihundert Seiten ist man damit beschäftigt, Veronica Buckley beim Justieren ihres Visiers zuzusehen. Zweihundert Seiten, in denen Christina zur Welt kommt, unter Jubel für einen Jungen gehalten und dann als einer erzogen wird; in denen sie früh den Vater verliert und ihrer Mutter ausgeliefert ist, die sich nach dem Tod Gustav Adolfs aus einer hysterischen Grundhaltung heraus in geistige Umnachtung verabschiedet; in denen Christina ihre sexuelle Identität im unklaren läßt, gern jagt und reitet, sich bildet und für italienische Malerei mit der Leidenschaft entflammt, welche ihr Körper ihr zu versagen scheint. Mit achtzehn kann sie die Regierungsgeschäfte übernehmen und anfangen, gegen ihren väterlichen Erzieher Axel Oxenstierna zu opponieren. Ungefähr hier, nach hundertundachtzig Seiten, als sie die große Tragikomödie zwischen Christina und René Descartes zu schildern beginnt, findet auch Veronica Buckley zu einem warm-ironischen Tonfall, der Christinas Vita für uns erlebenswert macht: als eine Heldin des Sinkflugs, des Sich-selbst-im-Weg-Stehens, des Abwärtsstolperns von der Thronhöhe hinunter in einen armseligen Ruhestand in schlechtem Ruf und zwielichtiger Gesellschaft. Christina hat nicht viel gebacken bekommen. Descartes ist darüber gestorben. Ihn hatte sie mit sanfter Gewalt zu sich nach Stockholm beordert, wo die kleine Eiszeit des siebzehnten Jahrhunderts gerade ihren klirrenden Tiefpunkt erreichte und wo statt des Ausschlafens in überheizten Räumen für den Philosophen anstand: Antreten morgens um fünf, in eisiger Kälte und ohne Kopfbedeckung. Was dessen materielle Hülle bald mit Grippe, Lungenentzündung und dem Tode quittierte, worauf sie in Stockholm, da katholisch, eher notdürftig begraben wurde.

Solcherart waren Christinas Unternehmungen: Aufwallungen, deren Impuls nie zu einem vernünftigen Ende geführt wurde. Vom provinziellen Stockholm aus begann sie, sich für die katholische, kultivierte Welt des Südens zu begeistern - dankte ab, reiste aus, konvertierte. Ließ sich in Rom feiern und wurde dort mit großem Pomp begraben. Sie nutzte allerdings die Zwischenzeit, um sich bei vielen einflußreichen Herrschaften unbeliebt zu machen. Ihre notorische Schuldenmacherei war dabei ein läßliches Übel, denn so lebten Fürsten nun mal. Doch hätte sie bei den Theateraufführungen der Herzogin von Orléans lieber so gesittet wie alle anderen Zuschauer dasitzen sollen, statt sich auf ihrem Sessel zu räkeln und lauthals zu fluchen. Ihre aberwitzigen politischen Pläne hätte sie für sich behalten sollen, als da waren: Thronbesteigung in Neapel, Thronbesteigung in Polen, Verkauf der schwedischen Kolonien, um ihren Unterhalt zu sichern, Invasion Schwedens. Schnell erwarb die Abgedankte sich den Ruf einer obskuren Gestalt, und nur wenige Getreue in den höchsten Kreisen brachten den Langmut auf, ihre Gesellschaft als Bereicherung zu erleben.

Nachhaltig unmöglich machte sie sich durch die brutale Hinrichtung ihres engen Vertrauten Gian-Rinaldo Monaldesco, einen Akt, der impulsiven Handlungswillen aufs schrecklichste mit exekutorischer Unfähigkeit verband. Hinfort war sie nirgends mehr gelitten, reiste sie uneingeladen zwischen Rom, Paris und Schweden hin und her, nicht ohne in Hamburg für einen provozierten Tumult mit Schießerei und acht Toten zu sorgen. Daß sie aufs Ende hin halbwegs zur Ruhe kam, hatte sie ihrem treuen Verehrer zu verdanken, dem päpstlichen Staatssekretär Kardinal Decio Azzolino. So konnte sie sich in Rom ihrem Garten, den Künsten, der Archäologie und der Alchimie widmen, statt wegen der moralischen und physischen Krawalltätigkeit, die sie umgab, der Stadt verwiesen zu werden.

Geblieben ist von Christina nicht viel. Der Triumphbogen zu ihrer Krönung mußte aufgrund schlechter Planung aus Holz und Leinwand gezimmert werden und wurde später abgeräumt; ihre Akademiegründungen versandeten; ihre eindrucksvolle Kunstsammlung wurde wegen des hinterlassenen Schuldenbergs aufgelöst; ihre Autobiographie fing sie zweimal zu schreiben an und ließ sie liegen. Es ist wohl diese Ziellosigkeit bei gleichzeitiger Hybris, die sie unter den Königlichen vergangener Jahrhunderte heute zu einer erzählbaren Gestalt macht, auch wenn das ihr gewidmete Buch streckenweise selbst ein wenig orientierungslos daherkommt.

KLAUS UNGERER

Veronica Buckley: "Christina - Königin von Schweden". Das rastlose Leben einer europäischen Exzentrikerin. Aus dem Englischen von Xenia Osthelder. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2005. 552 S., Abb., geb., 32,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Zufrieden zeigt sich Rezensentin Susanne Mayer mit Veronica Buckleys Biografie "Christina, Königin von Schweden", einem "wunderbar weitschweifigen" Buch. Mit großer Sympathie für die hochgebildete, in jeder Hinsicht unkonventionelle und lustvoll aneckende Königin zeichnet Mayer ausführlich den Lebensweg Christinas zwischen Rom, Paris und Stockholm im Europas des 17. Jahrhunderts nach. Buckley, von Haus aus keine Historikerin, merkt man der Rezensentin zufolge den Eifer an, mit dem sie dynastische Entwicklungen nachzeichnet oder die Machtstrategien der Kirche darlegt. "Mit dem Stolz einer Lernenden", so Mayer, "zeigt sie ihre Fundstücke her." Allerdings stelle Buckley ihre Heldin "zu kapriziös" dar und lasse ihre Fehler unverhältnismäßig groß, ja "monströs" erscheinen. Eine Einschätzung, die Mayer nicht ganz zu teilen scheint. Ihr hat es aber trotzdem Vergnügen bereitet, die "großen Eskapaden der kleinen Christina" zu studieren.

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