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Johann Joachim Winckelmann, geboren am 9.12.1717 in Stendal und gestorben am 8.6.1768 in Triest, gilt als der Begründer der Klassischen Archäologie und der modernen Kunstwissenschaften. Sein Lebenswerk - in nur 50 Jahren geschaffen - beeinflusste viele Generationen von Wissenschaftlern, Künstlern und auch Politikern. Es prägt bis heute in nicht zu unterschätzendem Maß die Art und Weise, wie wir die Antike betrachten. Ein großes Talent Winckelmanns bestand auch darin, ein europaweites Netzwerk an Kontakten aufzubauen. Dieser europäische Blick auf Winckelmann, seine Zeitgenossen und sein Wirken…mehr

Produktbeschreibung
Johann Joachim Winckelmann, geboren am 9.12.1717 in Stendal und gestorben am 8.6.1768 in Triest, gilt als der Begründer der Klassischen Archäologie und der modernen Kunstwissenschaften. Sein Lebenswerk - in nur 50 Jahren geschaffen - beeinflusste viele Generationen von Wissenschaftlern, Künstlern und auch Politikern. Es prägt bis heute in nicht zu unterschätzendem Maß die Art und Weise, wie wir die Antike betrachten. Ein großes Talent Winckelmanns bestand auch darin, ein europaweites Netzwerk an Kontakten aufzubauen. Dieser europäische Blick auf Winckelmann, seine Zeitgenossen und sein Wirken bis heute stehen im Zentrum des Buches. Eine Gruppe von renommierten Autoren beleuchtet darin den Mythos Winckelmann aus verschiedenen Perspektiven und macht die große Faszination, die von ihm ausgeht, verständlich.
Autorenporträt
Friedrich-Wilhelm von Hase studierte Klassische Archäologie, Vor- und Frühgeschichte, Ethnologie und Alte Geschichte an der Universität Göttingen und der Universität "La Sapienza" in Rom. Knapp 20 Jahre lang war er Oberkonservator und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit am Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz und wurde 1994 zum Honorarprofessor an der Universität Wien ernannt. Nach seinem Eintritt in den Ruhestand arbeitete er an zahlreichen Ausstellungen mit, u.a. in den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim, im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle, im Badischen Landesmuseum in Karlsruhe (Antikenabteilung), im Antikenmuseum Basel und in der Sammlung Ludwig in Basel sowie in der Kunsthalle der Hypo-Kultur Stiftung in München.Sein wissenschaftlicher Forschungsschwerpunkt liegt auf dem Gebiet der italischen Vor- und Frühgeschichte, der mitteleuropäischen Hallstattzeit und der Etruskologie.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.12.2017

Vernünftig gefällig
Zum 300. Geburtstag von Johann Joachim Winckelmann: Das Jubiläumsjahr hat
neue Referenzwerke über den Propheten des Klassizismus hervorgebracht
VON JOHAN SCHLOEMANN
Es geht nicht bloß um eine Botschaft, sondern auch um einen Sound, einen Stil, der eine ganze Epoche erobert hat. Man stelle sich bitte mal einen durchschnittlichen Wandtext in einem heutigen Museum vor. Und dann höre man hier dem zu, was Johann Joachim Winckelmann schreibt, während er sich im Jahr 1759 in Florenz aufhält:
„Die Grazie ist das vernünftig Gefällige. Es ist ein Begriff von weitem Umfang, weil er sich auf alle Handlungen erstreckt. Die Grazie ist ein Geschenk des Himmels, aber nicht wie die Schönheit. Denn er erteilt nur die Ankündigung und Fähigkeit zu derselben. Sie bildet sich durch Erziehung und Überlegung und kann zur Natur werden, welche dazu geschaffen ist. Sie ist ferne vom Zwange und gesuchten Witze, aber es erfordert Aufmerksamkeit und Fleiß, die Natur in allen Handlungen, wo sie sich nach eines jeden Talent zu zeigen hat, auf den rechten Grad der Leichtigkeit zu erheben. (…) Über die Werke des Altertums aber hat sie sich allgemein ergossen und ist auch in dem Mittelmäßigen zu erkennen.“
Das ist noch nicht das Saftigste, Rasanteste, Pointierteste – das Körnigste, wie man damals sagte –, was Winckelmann geschrieben hat, der Liebhaber schöner Körper, Stifter der modernen Archäologie und Kunstgeschichte, der (Mit-)Anzünder der Weimarer Klassik, der neuhumanistischen Bewegung und des Klassizismus. Aber fast immer „laufen“ seine Texte hervorragend, die Grazie hat sich auch darüber ergossen, und so verdankte sich seine Berühmtheit ebenso wie einem inhaltlichen auch einem sprachlichen Effekt.
Freiheit, Schönheit, Maßhalten und Harmonie, „edle Einfalt und stille Größe“: 1755 erschien Winckelmanns anti-barockes Manifest „Gedancken über die Nachahmung der Griechischen Wercke in der Mahlerey und Bildhauer-Kunst“, noch in Dresden, zur selben Zeit, als er um der Kunst willen zum Katholizismus konvertierte und, mit Kardinälen als Sponsoren, nach Rom zog. Die Ideen in dem Büchlein (etwa über den im Todeskampf angeblich so gefassten Laokoon, den Winckelmann jedoch später im Original anders wahrnahm) haben eine special relationship zwischen den Deutschen und Griechenland begründet, auch eine sich verselbstständigende Winckelmann-Verehrung, mit guten und schlechten Folgen; aber die Wirkung ist vom Schwung des Formulierens nicht zu trennen. In seiner Rezension schrieb der Berliner Aufklärer Friedrich Nicolai, ihm sei „keine deutsche Schrift“ bekannt, „die in dieser Schreibart abgefaßt wäre“.
Am Samstag nun, dem 9. Dezember, wird Winckelmanns 300. Geburtstag begangen. In diesem Jubiläumsjahr wurde schon Einiges über ihn geschrieben, auch in der SZ, aber jetzt sind zwei willkommene neue Überblickswerke erschienen. Das eine, von dem Archäologen Friedrich-Wilhelm von Hase besorgt, informiert solide über verschiedene Aspekte, von Winckelmanns erstaunlicher Aufsteigerbiografie über seine bahnbrechenden stilgeschichtlichen Erkenntnisse – es ging ihm nicht mehr nur um Einzelstücke oder das Gesamtwerk einzelner Künstler, sondern um die Entwicklung „der Kunst“ als solcher – bis zur großen Nachwirkung. Zum Teil ist das in einem etwas altbackenen humanistischen Ton gehalten, dafür aber reich bebildert. Das neue „Winckelmann-Handbuch“ hingegen ist fortan ein unersetzliches Instrument für alle, die sich mit Winckelmann beschäftigen, ungleich gründlicher, bestückt von maßgeblichen Experten auf dem Stand der Forschung.
Man staunt da über Manches: Wie Winckelmann Detail- und Anschauungslust mit Systematisierung und Synthese, Idealismus mit Geschichtsdenken genial verband, auch wenn seine fachlichen Einsichten längst überholt sind; wie man den freiheitsliebenden europäischen Aufklärer und eine Ikone der Homosexualität als Heros des kämpferischen Deutschseins missbrauchen konnte, und vieles mehr.
Im nächsten Juni jährt sich auch Winckelmanns Ermordung in einem Gasthaus in Triest zum 250. Mal – er kam und wollte wohl auch nie ganz nach Deutschland zurück. Deswegen wird auch das Winckelmann-Gedenken noch weitergehen: Auf dem Kapitol in Rom wurde soeben die Ausstellung „Il Tesoro di Antichità: Winckelmann e il Museo Capitolino nella Roma del Settecento“ eröffnet (bis 22. April); vom 13. bis 15. Juni wird in Berlin und der Geburtsstadt Stendal in Sachsen-Anhalt der internationale Kongress „Kunst und Freiheit“ stattfinden; und das umgebaute und erweiterte Winckelmann-Museum in Stendal soll vom 26. Mai 2018 an zugänglich sein.
Friedrich-Wilhelm von Hase (Hrsg.): Die Kunst der Griechen mit der Seele suchend. Winckelmann in seiner Zeit. Verlag Philipp von Zabern, Darmstadt 2017. 144 Seiten, 39,95 Euro.
Martin Disselkamp, Fausto Testa (Hrsg.): Winckelmann-Handbuch. Leben, Werk, Wirkung. J. B. Metzler Verlag, Stuttgart 2017. 374 Seiten, 99,95 Euro, E-Book 76,99 Euro.
Seine Wirkung war vom
Schwung des Formulierens, von
seiner Schreibart nicht zu trennen
„Die Grazie ist ein Geschenk des Himmels, aber nicht wie die Schönheit. Denn er erteilt nur die Ankündigung und Fähigkeit zu derselben“ – Johann Joachim Winckelmann (1717 – 1768), porträtiert von Angelika Kauffmann.
Foto: oh
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