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Mit diesem Band werden zum ersten Mal überhaupt Briefe von Djuna Barnes veröffentlicht.Diese von der besten Kennerin des nachgelassenen Werks sorgfältig editierte Auswahl von Briefen an Emily Coleman aus den Jahren 1934 bis 1938 zeugt von der engen Freundschaft der beiden Schriftstellerinnen. In fast schmerzhafter Offenheit schreibt Djuna über ihre verzweifelte Lage: Ihre journalistische Arbeit ist nicht mehr gefragt, das Einkommen bleibt aus; und sie schwankt zwischen den Wohnorten New York, Paris und England; das Ende ihrer großen, alles bestimmenden Liebe zu Thelma Wood hat eine tiefe Wunde…mehr

Produktbeschreibung
Mit diesem Band werden zum ersten Mal überhaupt Briefe von Djuna Barnes veröffentlicht.Diese von der besten Kennerin des nachgelassenen Werks sorgfältig editierte Auswahl von Briefen an Emily Coleman aus den Jahren 1934 bis 1938 zeugt von der engen Freundschaft der beiden Schriftstellerinnen. In fast schmerzhafter Offenheit schreibt Djuna über ihre verzweifelte Lage: Ihre journalistische Arbeit ist nicht mehr gefragt, das Einkommen bleibt aus; und sie schwankt zwischen den Wohnorten New York, Paris und England; das Ende ihrer großen, alles bestimmenden Liebe zu Thelma Wood hat eine tiefe Wunde hinterlassen; Peter Negoe, ihre neue Leidenschaft, ist verheiratet. Und ihr großer Roman Nightwood wird erst nach langen Bemühungen Emilys von T.S. Eliot bei Faber veröffentlicht. Ein eindrucksvolles Dokument von dem großen Zwiespalt zweier Frauen am Beginn der Moderne - ihrer neu entwickelten Eigenständigkeit und dem komplizierten Geflecht von Beziehungen zwischen Frauen und Männern ...
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Autorenporträt
Djuna Barnes, 1892 in Cornwall-on-Hudson geboren, begann ihre Karriere als Journalistin. 1919 ging sie als Korrespondentin nach Europa und lebte - als Mittelpunkt literarischer und künstlerischer Zirkel - lange in Paris. Anfang der vierziger Jahre kehrte sie nach New York zurück, wo sie 1982 starb.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.07.2002

Eine Bulldogge am Saum des Himmels
Zäh, auch im fleischlichen Sinne: Die Briefe der erbarmungslosen Djuna Barnes an Emily Coleman
Djuna Barnes gehört mit Virginia Woolf, Silvia Plath und Ingeborg Bachmann zu den großen Tragödinnen des 20. Jahrhunderts. In den siebziger und achtziger Jahren, in der Zeit der „Befindlichkeit”, des „Hinterfragens”, in der „Mein-Bauch-gehört-mir”-Epoche, bekamen ihre Namen einen Madonnenschein, und die Bücher wurden zur Pflichtlektüre beim Picknick Gleichgesinnter. Die meisten Frauen, bemerkt die erbarmungslose Barnes in einem der vielen Briefe an Emily Coleman, schreiben immer „sentimentalen Kitsch, Gott sei mein Zeuge”.
Wer davon überzeugt war, der Wagenbach Verlag habe in einer Bravourleistung Djuna Barnes’ Haut, schön und gut verpackt nach allen Regeln der Kunst, zu Markte getragen, und es sei kein Tropfen mehr aus dieser kostbaren Frucht herauszupressen, der hat sich, das beweisen die Briefe an Emily Coleman „Im Dunkeln gehen” geirrt. Der Band ist beispielhaft ediert, endlich sind alle vorkommenden Personen mit falschem wie mit richtigem Namen genannt und mit einer Kurzbiographie versehen. Die Herausgeberin Mary Lynn Broe hebt in ihrem umfassenden Vorwort groß an und macht aus Barnes und Coleman „briefliche Sparringspartnerinnen”. Coleman, 1899 geboren, Wellesley- Absolventin, lebte Ende der zwanziger Jahre in Paris, schrieb Gesellschaftskolumnen für den „Tribune”, arbeitete als Sekretärin für die Anarchistin Emma Goldman und muss eine vehemente kämpferische und vom eigenen Genie überzeugte Person gewesen sein. In ihrem Roman „Shutter of Snow” prangert Coleman den Zustand der modernen Psychatrie und der Irrenhäuser an, aber, schreibt Peggy Guggenheim, „im Gegensatz zu anderen Leuten, die verrückt sind, hat Emily es nie versteckt”.
Djuna Barnes nennt Emily Coleman „eine Bulldogge am Saum des Himmels”. Emily kontert: „Dein Herz ist voller Scheiße” und Djuna gibt es ihrem „Herzchen” zurück: „Dein Gesicht sieht nicht aus wie Würmer, sondern wie ein Baby, das Würmer hat!” Doch solche Ausbrüche sind die Ausnahmen, denn eigentlich schreibt Djuna Bares Briefe an sich selbst. Sie verschafft sich Luft, jammert über Geldsorgen und ihre vielen Unsicherheiten und stellt Fragen. Nicht nur nach der Natur des Menschen, und wie man diese Natur „arrangiert”, sondern nach dem schöpferischen Prozess. Djuna Barnes beklagt, dass bei ihrem Schreiben nichts einen Zusammenhang hat, „bei mir”, schreibt sie, „hapert’s an der Verbindung”. Eine Frage fehlt jedoch ganz, die nach dem eigenen Ruhm. Sie hat offensichtlich keine Ahnung, welch epochales Werk ihr mit „Nachtgewächs” gelungen ist und sie weiß nicht, was für ein wildes, verwegenes großartiges Familien – oder genauer: Vaterbuch „Ryder” ist, und denkt nicht im Traume daran, dass ihre Bücher Auswirkungen auf nachfolgende Autoren haben könnten.
Das wenige, was sie schrieb, entstand in den zwanziger und dreißiger Jahren. Ihr Hauptwerk „Nachtgewächs” erschien 1937, von ihrem Lektor T.S. Eliot mit spürbarem Grimmen eingeleitet. In Deutschland kam das grandiose „Nachtgewächs” erst 1959, von Wolfgang Hildesheimer übersetzt und treffend kommentiert, heraus. In dem kurzen Roman geht es, ganz schnell und grob gesagt, um die Nacht in und um uns. „Nachtgewächs” ist, wie das meiste, was Djuna Barnes schrieb, eine verschlüsselte Recherche über die eigene Sexualität, in stark selbstzerstörerischem Affekt und in einer Sprache vorgetragen, für die Eliot nur das Wort „lyrisch” fand. „Ich glaube”, schreibt Djuna Barnes am 23. Juni 1935 an Emily Coleman, „ich habe die richtige Idee für den Titel: , Nachtgewächs‘ einfach so, in einem Wort, es klingt nach Nachtschatten, nach Gift und Nacht und Wald, und nach Zähigkeit, im fleischlichen Sinn.. .”
Zähigkeit – auch im Leiden und Klagen – gehört zu Djuna Barnes, wie die Wörter „zielen” und „treffen”. Das Treffsichere umschreibt sie selbst als „Raubgier nach anderer Leute Tatsachen”. Djuna Barnes war neugierig und klatschsüchtig. Ihre Mitmenschen sah sie mitleidlos im hellen Licht der Cafés und Salons. Die Kälte, die von ihrer Erscheinung ausging, war purer Selbstschutz: Fotos zeigen sie immer elegant, immer zur Pose bereit, Hut, Zigarettenspitzen, leicht vorgezogene, sauber geschminkte Unterlippe, eine unnahbare Lady.
Djuna Barnes fühlt sich immer am falschen Ort, klagt, dass sie „verflucht oft alleine” sei, alleine „für ein paar gute Passagen”. Von 1941 bis zu ihrem Tod 1982 bewohnt sie, wenn man ihren Berichten glauben darf, einsam und vereinsamt im Village. Ein Raum etwa vier mal vier Meter, ein winziges Badezimmer und eine noch kleinere Kochnische, ein begehbarer Schrank, zwei Fenster zum Hof, eine Reiseschreibmaschine, dickverstaubte Bücher und eine Dose Kakerlaken-Spray. So beschreibt Kyra Stromberg in der lesenswerten Biografie „Djuna Barnes. Leben und Werk einer Extravaganten” das Verlies am Patchin Place 5.
All die flirrenden Bekanntschaften aus den Zwanzigern, die baumstarke Gertrude Stein, die finanzielle Tankstelle Peggy Guggenheim, die „ehemalige Suffragette” Janet Flanner, James Joyce, alle tauchen in den Bänden „Ladies of Fashion”, „Ladies Almanack” und „Portraits” auf. Aber Ende 1930 haben diese Personen kaum noch eine Bedeutung, abgesehen von Peggy Guggenheim. Ohne deren finanzielle Unterstützung hätte Djuna Barnes wohl kaum überlebt. Selbst die sechzehn Jahre ältere, in Djuna Barens verliebte Natalie Barney, die 1909 in Paris einen lesbischen Salon gründete, scheint nur noch ein Nachtgewächs in ihrem Leben zu sein.
Es waren diese Liebschaften, die das Interesse an Djuna Barnes bei den Mitgliedern der Frauenbewegung weckte und nicht die abgründige Poesie. Die Briefe an Emily Coleman, geschrieben zwischen Februar 1934 und September 1938, schließen dieses homoerotische Kapitel ab. Mal möchte sie „Nonne” werden, mal fürchtet sie, schwanger zu sein. Der Mann hat wieder seinen Platz eingenommen, oder auch nicht. Er ist selten anwesend, aber in die Phantasie zurückgekehrt. Die Politik interessiert sie nicht, als aber Sevillas schöne Kathedrale im Spanischen Bürgerkrieg angegriffen wird, ist sie erschüttert.
Im letzten Brief des Bandes ist es ihr einziger Wunsch, „in Frieden zu sterben”. Auf diesen „Frieden” musste sie noch vierundvierzig Jahre warten. Schon damals war ihr das Mitgefühl für andere Menschen, wobei es fraglich ist, ob es jemals stark ausgeprägt war, abhanden gekommen, sie saß da, wartete und pflegte den Zwiespalt. „Entweder hat man zu viele Leute um sich, oder zu wenig.”
VERENA AUFFERMANN
DJUNA BARNES: Im Dunkeln gehen. Briefe an Emily Coleman. Ausgewählt und mit einem Vorwort von Mary Lynn Broe. Aus dem Amerikanischen von Robin Cackett. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2002. 206 Seiten, 22,50 Euro.
Djuna Barnes
Foto: The Authors League
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Zwanzig Jahre nach dem Tod von Djuna Barnes, die 1982 in New York im Alter von neunzig Jahren starb, hat der Wagenbach Verlag eine Sammlung mit vierzig Briefen der Schriftstellerin an ihre Freundin Emily Coleman veröffentlicht, die nun "im Originalton" zeigen, wie einsam und deprimiert die berühmte Journalistin, Schriftstellerin und Exzentrikerin gewesen ist, berichtet Norbert Wehr. Entstanden sind diese Briefe, führt der Rezensent weiter aus, in den Jahren 1934 bis 1938, in einer Zeit, die von der Wirtschaftskrise in den USA, den faschistischen Diktaturen in Europa und dem Spanischen Bürgerkrieg geprägt war. "Einsamkeit", "Sinnlosigkeitsattacken", Einkunftsnöte, Zweifel, Skrupel, Alkoholprobleme und Nervenzusammenbrüche, die Barnes in den Briefen offen thematisiere, zeigten ein eher trauriges Bild der großen Künstlerin, meint Wehr. Das könne man zwar auch der Biografie von Kyra Stromberg entnehmen, aber die Eindringlichkeit dieser persönlichen Zeugnisse lasse den Leser, so der Rezensent, an dem schwierigen Leben von Djuna Barnes noch enger teilnehmen.

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