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Noch immer werden Mädchen auf schreckliche Weise genital verstümmelt. In authentischen Beiträgen berichten die Autorinnen, warum Menschen in den betroffenen Ländern Afrikas an dem grausamen Ritual festhalten. Das Buch beschreibt zudem die rechtliche und soziale Situation der betroffenen Menschen in Europa, denn selbst in Deutschland werden afrikanische Mädchen verstümmelt. Solange die Verstümmelung von Mädchen gesellschaftlicher Konsens ist, können sich Einzelne nur schwer davon abwenden. Doch das Ritual wird brüchig: Das Buch gibt Einblick in viele Initiativen gegen Genitalverstümmelung im…mehr

Produktbeschreibung
Noch immer werden Mädchen auf schreckliche Weise genital verstümmelt. In authentischen Beiträgen berichten die Autorinnen, warum Menschen in den betroffenen Ländern Afrikas an dem grausamen Ritual festhalten. Das Buch beschreibt zudem die rechtliche und soziale Situation der betroffenen Menschen in Europa, denn selbst in Deutschland werden afrikanische Mädchen verstümmelt.
Solange die Verstümmelung von Mädchen gesellschaftlicher Konsens ist, können sich Einzelne nur schwer davon abwenden. Doch das Ritual wird brüchig: Das Buch gibt Einblick in viele Initiativen gegen Genitalverstümmelung im In- und Ausland, und es zeigt, in welcher Form man sich in eine Fremde Kultur einmischen kann und muß.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.01.2001

Nicht mit
meiner Tochter
Eine Anklage gegen das
grausame Beschneidungsritual
CONNY HERMANN (Hrsg. ): Das Recht auf Weiblichkeit. Hoffnung im Kampf gegen die Genitalverstümmelung, Dietz Verlag, Bonn 2000. 207 Seiten, 29,80 Mark.
In der Nacht wurden die Schmerzen größer. Amina und ihre zwei jüngeren Schwestern, sieben, sechs und fünf Jahre alt, weinten und jammerten. Lauter und lauter. Sie konnten nicht sitzen und nicht laufen. Ihre Hüften, ihre Knie und ihre Fesseln waren fest bandagiert. Sie lagen gekrümmt auf dem Boden. Die Eltern versuchten, ihre Töchter zu beruhigen. Der Vater war trotz ihres Leids froh – er hatte befürchtet, dass eines seiner Kinder bei der „Operation” hätte sterben können. Und die Mutter beschwor die Mädchen, tapfer zu sein.
Amina Hussein schreibt: „Wir waren ihr nicht böse. Sie musste tun, was alle Mütter vor ihr getan hatten. Ich stellte mir jedoch die Frage, ob Mutter zur Beschneidung nicht doch ,Nein’ hätte sagen können. Andererseits wusste ich, dass sie das tun musste, um als gute somalische Mutter anerkannt zu werden. Mit meinen sieben Jahren begriff ich damals noch nicht, dass meine Familie uns zum Beschneiden schickte, damit wir später einen in der Gesellschaft anerkannten Ehemann heiraten könnten. ”
Weibliche Genitalverstümmelung ist ein grausames Ritual, bei dem Mädchen die äußeren Geschlechtsorgane ganz oder teilweise entfernt werden. Oft wird die klaffende Wunde bis auf eine winzige Öffnung vernäht. Die Tradition scheint so übermächtig zu sein, dass wenig Hoffnung besteht, die rund 6000 Mädchen, die pro Tag in Afrika diesen Eingriff ertragen müssen, zu erlösen. Conny Hermann, Journalistin beim ZDF-Frauenjournal „Mona Lisa”, hat als Herausgeberin Texte zusammengestellt, die trotz alledem ein wenig Hoffnung lassen.
Zwar machen Berichte wie jener der Somalierin Amina Hussein die psychischen und physischen Auswirkungen der Beschneidungstortur quälend deutlich. Aber die Beiträge von Entwicklungshelferinnen und Völkerrechtlerinnen zeigen, dass der Kampf nicht aussichtslos ist. Behutsame Aufklärungsarbeit bewegte im Senegal dreißig Dorfgemeinschaften zu einer feierlichen Erklärung, dass kein Mädchen mehr beschnitten werden sollte. Projektgelder flossen in ein äthiopisches Krankenhaus, wo Frauen erstmals über die gesundheitlichen Folgen der Beschneidung aufgeklärt wurden und mutig beschlossen: „Nicht mit meiner Tochter!”
Das Buch ist keine Anklage gegen Menschen, welche die Beschneidung praktizieren – es macht vielmehr verständlich, warum sich das Ritual trotz seiner Grausamkeit halten kann. Und es erklärt, was man dagegen tun kann: etwa die Umschulung von Beschneiderinnen finanzieren. Dies geschah bei Oureye Sall aus dem Senegal, die nach 18 Jahren die Rasierklinge weglegte, nachdem sie an einem Schulungsprogramm teilgenommen hatte: „Ich habe erfahren, was Menschenrechte sind. Das war sehr wichtig für mich. Ich habe gelernt, dass ich andere leiden lasse. Ich hätte bestimmt nicht aufgehört als Beschneiderin zu arbeiten, wenn ich das alles nicht gelernt hätte. ”
ULRIKE HEIDENREICH
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.09.2000

Extreme Schmerzen
Hintergründe der weiblichen Genitalverstümmelung

Conny Hermann (Herausgeber): Das Recht auf Weiblichkeit. Hoffnung im Kampf gegen die Genitalverstümmelung. Verlag J. H. W. Dietz, Bonn 2000. 208 Seiten, 29,80 Mark.

Wie es sich anfühlt, unter leichter Betäubung an den intimsten Stellen des Körpers mit einer zuschnappenden Schere malträtiert zu werden, das beschreibt die Somalierin Amina Hussein auf herzzerreißende Weise. "Ich war doch noch ein Kind" betitelt sie eine Schilderung des für sie prägenden Erlebnisses ihrer Beschneidung im Alter von sieben Jahren.

Diese unmittelbare Darstellung ist zugleich Anklage an ihre Verwandten, Derartiges überhaupt zugelassen zu haben. Sie verurteilt vor allem die Umstände, die solche Grausamkeiten im engsten Familienkreis gesellschaftlich notwendig erscheinen lassen. Denn an dem schrecklichen und äußerst schmerzhaften Ritual der weiblichen Genitalverstümmelung halten bis heute viele Länder, vor allem in Afrika, fest - trotz zunehmender internationaler Proteste. Schätzungsweise 6000 Mädchen und Frauen unterziehen sich täglich der folgenreichen Prozedur. In manchen Ländern Afrikas haben mehr als achtzig Prozent unter den körperlichen und seelischen Wunden eines solchen Eingriffs ein Leben lang zu leiden. Wie vor ihnen schon eine lange Reihe weiblicher Ahnen: Seit Jahrtausenden werden in manchen Regionen der Erde die Geschlechtsorgane von Mädchen absichtsvoll verstümmelt, fast immer auf Betreiben der eigenen Mütter, die fürchten, ihre Töchter hätten sonst Schwierigkeiten, einen Mann zu finden, und wären auch sonst sozial geächtet.

Daß die Beschneidung zum Schrecklichsten gehört, was die Welt im 21. Jahrhundert Mädchen und Frauen antun kann, ist als Erkenntnis nicht neu. Seit einigen Jahrzehnten schon versuchen internationale Nichtregierungsorganisationen auf die blutige Praxis aufmerksam zu machen. Auch bei der ersten Weltfrauenkonferenz in Mexiko im Jahr 1975 erfuhr dieser massive Eingriff in die körperliche Unversehrtheit erhebliche Beachtung.

Bis die Verstümmelung als Menschenrechtsverletzung beim Namen genannt wurde und Eingang in internationale Dokumente fand, vergingen noch viele Jahre. Erst in den neunziger Jahren tauchten erste Formulierungen in Aktionsplänen und -plattformen auf. Zuletzt verurteilte die UN-Sondervollversammlung "Frauen 2000" im vergangenen Juni weibliche Genitalverstümmelungen sowie die sogenannten Ehrenmorde als eindeutige Verletzung von Menschenrechten. Damit ist noch lange nicht aus der Welt geschafft, was Frauen dauerhaft verletzt und erniedrigt, aber "das Ritual wird brüchig", schreibt Mona-Lisa-Redakteurin und Herausgeberin Conny Hermann. Sie nennt ihre Publikation ein Buch der Hoffnung, weil der Druck, Mädchen ohne Beschneidung aufwachsen zu lassen, beständig zunimmt. Die Opposition formiert sich an vielen Stellen, nicht nur im westlichen Ausland. In den betroffenen Staaten selbst kehrt eine sozial hoch geachtete Beschneiderin ihrer bisherigen Tätigkeit den Rücken, spricht ein afrikanisches Modell offen über ihre Verstümmelung, bilden sich Gruppen zur Aufklärung über die physischen Folgen derartiger Eingriffe. Sie zerstören nämlich nicht nur das sexuelle Empfinden von Frauen, sondern sie führen zu extremen Schmerzen bei der Menstruation, beim Geschlechtsverkehr und zu überdurchschnittlich häufigen Komplikationen bei Schwangerschaft und Geburt.

Trotz dieser negativen Effekte reicht die Beschneidung, wie aus dem Buch hervorgeht, weit in die Geschichte der Menschheit zurück. Sie hat eigentlich nicht direkt mit dem Islam zu tun und taucht auch im Koran nicht auf. Gleichwohl ist sie gerade in muslimischen Ländern weit verbreitet. Ihre genauen Ursprünge liegen im Dunkeln. Vermutlich handelt sich um ein Ritual an der Schwelle zwischen Kindheit und Erwachsenensein, das an Mädchen und Jungen (Beschneidung der Vorhaut) gleichermaßen vollzogen wurde, sich für das männliche Geschlecht aber schon aus körperlichen Gründen weitaus harmloser darstellte. "Erst nach dieser Kulthandlung war das Mädchen eine Frau und der Junge ein Mann; sie gehörten einer neuen Phase des Lebenszyklus mit anderen Aufgaben und Pflichten an." Mittlerweile ist aus dem Initiationsritus auch ein Instrument der Unterdrückung geworden, weswegen vor allem internationale Frauengruppen gegen diese archaisch anmutende Tradition lauthals protestieren.

Trotzdem hat Conny Hermann es lobenswerterweise vermieden, die westliche moralische Keule zu schwingen. Statt dessen lenkt sie zahlreiche Blicke auf das Thema: Der Leser taucht zum Beispiel ein in die Perspektive einer Betroffenen, einer Beschneiderin, eines aufgeklärten afrikanischen Mannes und sogar in jene der deutschen Entwicklungsministerin Wieczorek-Zeul. Dadurch schafft sie ein vielschichtiges Bild über die Hintergründe der weiblichen Genitalverstümmelung, bei dem die Zwänge der Beteiligten eingefügt sind und nicht die Verurteilung einer uns fremden Praxis allein im Vordergrund steht. Insofern leistet die Herausgeberin einen wertvollen Beitrag zur Aufklärung in Sachen Menschenrechte, die in allen Ecken der Welt nötig ist, um künftige Mädchengenerationen vor dem furchtbaren Schicksal einer Genitalbeschneidung bewahren zu helfen.

FRIEDERIKE BAUER

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Friederike Bauer lobt dieses Buch nachdrücklich. Dass die Beschneidung zum "Schrecklichsten" gehört, was Mädchen in unserem Jahrhundert angetan werden könne, sei zwar keine neue Erkenntnis. Doch das Buch habe das Verdienst, über das Thema zu berichten, ohne die "moralische Keule zu schwingen" und leiste damit einen entscheidenden Beitrag zur Aufklärung dieses dunklen Kapitels, so die Rezensentin beeindruckt. Durch die verschiedenen Blickwinkel der Untersuchung - ein afrikanisches Modell, eine Beschneiderin, ein aufgeklärter afrikanischer Mann u.a. kommen zu Wort - entstehe ein "vielschichtiges Bild" über Geschichte und Hintergründe der weiblichen Beschneidung. Bauer hofft abschließend, dass die Studie ein Schritt ist, diese grausame Prozedur abzuschaffen.

© Perlentaucher Medien GmbH