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Raffaels vielfältige künstlerische Fähigkeiten sind uns heute in den vatikanischen Gemächern, den Teppichentwürfen der Sixtinischen Kapelle, unzähligen Altarbildern und Porträts überliefert. Der Autor rekonstruiert die Entstehungsgeschichte der einzelnen Werke und erforscht die historischen, kulturellen und künstlerischen Strömungen, die die Ausführungen beeinflussten.

Produktbeschreibung
Raffaels vielfältige künstlerische Fähigkeiten sind uns heute in den vatikanischen Gemächern, den Teppichentwürfen der Sixtinischen Kapelle, unzähligen Altarbildern und Porträts überliefert. Der Autor rekonstruiert die Entstehungsgeschichte der einzelnen Werke und erforscht die historischen, kulturellen und künstlerischen Strömungen, die die Ausführungen beeinflussten.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.04.2000

Vom Madonnen-Poeten zum rastlosen Unternehmer: Raffaels Assimilationen

Die ästhetische Moderne ist der geballte Widerspruch gegen Raffael, den Inbegriff von Maß, Mitte und Vollendung. Jahrhundertelang oberste Instanz, verlor Raffael an Boden mit dem Schwinden des Offenbarungs-, des Kunst- und Geschichtsglaubens, mit der Entmachtung von Kirche und Akademie und dem Siegeszug der Subjektivität. Raffael war kein experimenteller, forschender, philosophischer Künstler wie Leonardo oder Dürer. Er ist nicht geheimnisvoll und dunkel wie Leonardo, nicht radikal und fragmentarisch, kein gewaltiger, monomaner Beweger wie Michelangelo. Raffael ist eher als Kunstfigur ohne Psychologie und Schatten überliefert. Die Vergötzung machte ihn zum Tugendhelden. Sein Wandel auf Erden und seine Entwicklung galten den Jüngern als rein, fromm und organisch, das Werk als Exemplum moralischer Integrität und religiöser Dienstbarkeit. Dies Bild haben die neuesten Forschungen gründlich erschüttert.

Der neue Raffael sieht ganz anders aus: nicht mehr der Gesetzgeber und das Originalgenie, sondern ein genialer Integrationskünstler und Meister der elastischen, grenzenlosen Assimilationen. Schon der junge, angeblich naive Künstler war ein Virtuose der Synthesen aus umbrischen, florentinischen und oberitalienischen Einflüssen. Raffael verleibte sich Perugino, Signorelli, Fra Bartolomeo, Leonardo und Michelangelo ein, übersah nicht die Flamen, machte sich die malerische Landschaftsatmosphäre Giorgiones zueigen und nahm als Intendant der römischen Altertümer umfassend die wiederentdeckte Antike auf - von Statuen und Reliefs bis zur Architektur und zu kompletten Dekorationssystemen.

Das offene und expansive, aber auch zerfließende "Spätwerk" des jung verstorbenen Malers stellt ein enzyklopädisches Angebot antiker und moderner Kunst dar. Raffael entwickelte eine Entwurfspraxis, eine Kompositionstechnik und Bildregie, die erlernbar, auf andere Hände und Medien übertragbar waren und damit die Fundamente für eine jahrhundertelange akademische Tradition bildeten. Raffael stiftete am Ende vor allem Ideen, so dass das "System Raffael" ihn selbst überlebte und seine Schule über seinen Tod hinaus Raffaelische Werke produzieren konnte. Unter diesen Erkenntnissen dehnte sich der Radius seines Werks aus. Die Zuschreibungsdebatte ist entbrannt.

Der Fall Raffael erscheint heute so schwierig, so heterogen und widersprüchlich, dass man für einen zuverlässigen Zwischenbescheid, eine schlüssige neue Darstellung dankbar ist. Konrad Oberhuber, früher Direktor der Wiener Albertina und vor allem Zeichnungsforscher, hat eine aktualisierte deutsche Fassung seiner Raffael-Monographie vorgelegt, die 1983 in Italien erschienen war. Oberhuber konzentriert sich auf den Maler und schildert in sorgfältigen, angenehm lesbaren Werkanalysen Raffaels Weg von Umbrien über Florenz nach Rom, von der frommen Einfalt der Madonnen zu den inszenierten Panoramen, den philosophisch-humanistisch-theologischen Systembildern der ersten Stanze im Vatikan und zur Historienmalerei seiner letzten Projekte mit ihrer rhetorisch-erzählerischen Dramaturgie. Was eher als Rinnsal begann, bildet am Ende ein mächtiges, kompliziertes und verzweigtes Flussdelta. Der interessanteste Teil des Buches sind daher die Schlusskapitel, die das noch unsichere Terrain einer Raffaelischen Akademie erkunden. Vom harmonischen Götterliebling bleibt wenig. Raffael ist ein rastloser, wechselhafter Unternehmer. Oberhuber widerspricht sich allerdings selbst, wenn er trotz dieses modernen Befundes an einem weltanschaulich getönten, von Rudolf Steiner geprägten Erklärungsmodell festhält, mithin an Raffaels Karriere die Entwicklung von der "Empfindungsseele" über die "Erfahrungsseele" zur "Bewußtseinsseele" demonstrieren will. Solche Irrationalität schwächt die Forschung. Unsere Abbildung zeigt ein Studienblatt aus dem Jahr 1514. (Konrad Oberhuber: "Raffael. Das malerische Werk". Prestel Verlag, München 1999. 260S., 238 Abb., 128,- DM.)

EDUARD BEAUCAMP

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Lobend stellt Eduard Beaucamp fest, dass Oberhuber in diesem Band endgültig das Bild vom "harmonischen Götterliebling" Raffael in Frage stelle. Beaucamp zeichnet nach, wie Oberhuber die verschiedenen Phasen im Werk Raffaels darstellt und zum Bild eines Künstlers gelangt, der es vor allem schaffte, die unterschiedlichsten Einflüsse zu assimilieren und dabei zu Techniken zu gelangen, die für spätere Künstler im Sinne akademischer Regeln verbindlich wurden. Nebenbei erweise sich Raffael hier auch als ein geschickter Maler-Unternehmer. Oberhubers Bildanalysen findet Beaucamp "angenehm lesbar". Gestört fühlt er sich allerdings durch eine Überlagerung dieser Analysen von einer anthroposophischen Begrifflichkeit, in der Oberhuber sich nur selbst widerspreche: "Solche Irrationalität schwächt die Forschung."

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