Zum ersten Mal wird hier eine umfassende Biografie der bedeutenden Dichterin vorgelegt. Die Autorin kennt Hilde Domin seit vielen Jahren und hat für das Buch zahlreiche Gespräche mit ihr geführt: über ihre Kindheit und Jugend, die Flucht vor den Nazis, ihre Jahre im Exil und die Rückkehr nach Deutschland. Die Stationen ihres Lebens, ihre gemeinsamen Gespräche über Dichtung und Politik, über Leben und Tod verknüpft sie mit ausgewählten Gedichten Hilde Domins, die zeigen, wie eng Leben und Werk der Dichterin miteinander verbunden sind.
So entsteht ein äußerst lebendiges Bild von Hilde Domin und ihrem Engagement für Humanität, Zivilcourage und Wahrhaftigkeit.
So entsteht ein äußerst lebendiges Bild von Hilde Domin und ihrem Engagement für Humanität, Zivilcourage und Wahrhaftigkeit.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.06.2006Spätberufene
Lassen wir uns niemals im Stich: Hilde Domin in einer Biographie
"Es ist ein schizophrener Vorgang, zugleich aktiv und passiv. Eine Art Zauberkunst, ein Akt der Befreiung durch die Sprache." So beschrieb die kürzlich verstorbene Hilde Domin einmal das Schreiben von Lyrik, das erst spät ein Teil ihres Lebens wurde. Zitate wie dieses, biographische Details und eigene Beobachtungen hat Ilka Scheidgen in ihrem Buch "Hilde Domin. Dichterin des Dennoch" zusammengetragen. Die Autorin pflegte zwanzig Jahre lang den Kontakt zu Domin und gibt viel von ihren Gesprächen preis, die die spätberufene Lyrikerin als lebhaften und warmherzigen Menschen zeigen, der viel über die Funktionsweisen der Gesellschaft nachgedacht hat. Domins persönliches Credo lautete, "nicht im Stich zu lassen. Sich nicht und andere nicht." Die kollektive Nichterfüllung dieses Anspruchs, die das jüdische Paar Hilde Domin und Erwin Walter Palm nach der Machtergreifung Hitlers zum Auswandern zwang, blieb auch nach der Rückkehr eines ihrer zentralen Themen, wie Ilka Scheidgen anhand von ausgewählten Gedichten analysiert.
Diese versieht die Autorin mit Interpretationsansätzen und ordnet sie in die Lebensgeschichte von Domin ein - meistens sehr geschickt und an passender Stelle; manchmal allerdings wirkt die Aneinanderreihung von Gedichtpassagen etwas zusammenhanglos. So persönlich sie auch sind und so schlüssig der biographische Bezug wirkt, gibt es doch etwas, das die Lyrikerin klarer und mit ganz einfachen Mitteln charakterisiert: Selbst wenn sie von der Ankunft im Exil und der verunsicherten Rückkehr in eine fremd gewordene Heimat berichtet, gibt es keine Schuldzuweisungen, sondern lauter positive Kleinigkeiten, als wäre das ihr widerfahrene Unglück nur ein nicht selbstgewählter Weg gewesen, andere schöne Seiten des Lebens kennenzulernen.
JULIA BÄHR
Ilka Scheidgen: "Hilde Domin. Dichterin des Dennoch". Kaufmann Verlag, Lahr 2006. 248 S., geb., 19,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Lassen wir uns niemals im Stich: Hilde Domin in einer Biographie
"Es ist ein schizophrener Vorgang, zugleich aktiv und passiv. Eine Art Zauberkunst, ein Akt der Befreiung durch die Sprache." So beschrieb die kürzlich verstorbene Hilde Domin einmal das Schreiben von Lyrik, das erst spät ein Teil ihres Lebens wurde. Zitate wie dieses, biographische Details und eigene Beobachtungen hat Ilka Scheidgen in ihrem Buch "Hilde Domin. Dichterin des Dennoch" zusammengetragen. Die Autorin pflegte zwanzig Jahre lang den Kontakt zu Domin und gibt viel von ihren Gesprächen preis, die die spätberufene Lyrikerin als lebhaften und warmherzigen Menschen zeigen, der viel über die Funktionsweisen der Gesellschaft nachgedacht hat. Domins persönliches Credo lautete, "nicht im Stich zu lassen. Sich nicht und andere nicht." Die kollektive Nichterfüllung dieses Anspruchs, die das jüdische Paar Hilde Domin und Erwin Walter Palm nach der Machtergreifung Hitlers zum Auswandern zwang, blieb auch nach der Rückkehr eines ihrer zentralen Themen, wie Ilka Scheidgen anhand von ausgewählten Gedichten analysiert.
Diese versieht die Autorin mit Interpretationsansätzen und ordnet sie in die Lebensgeschichte von Domin ein - meistens sehr geschickt und an passender Stelle; manchmal allerdings wirkt die Aneinanderreihung von Gedichtpassagen etwas zusammenhanglos. So persönlich sie auch sind und so schlüssig der biographische Bezug wirkt, gibt es doch etwas, das die Lyrikerin klarer und mit ganz einfachen Mitteln charakterisiert: Selbst wenn sie von der Ankunft im Exil und der verunsicherten Rückkehr in eine fremd gewordene Heimat berichtet, gibt es keine Schuldzuweisungen, sondern lauter positive Kleinigkeiten, als wäre das ihr widerfahrene Unglück nur ein nicht selbstgewählter Weg gewesen, andere schöne Seiten des Lebens kennenzulernen.
JULIA BÄHR
Ilka Scheidgen: "Hilde Domin. Dichterin des Dennoch". Kaufmann Verlag, Lahr 2006. 248 S., geb., 19,95 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Kurz und bündig äußert sich Julia Bähr zu dem Erinnerungsbuch über Hilde Domin, das Ilka Scheidgen aus biografischen Einzelheiten und vielen Gesprächen mit der Dichterin zusammengestellt hat. Bähr scheint vor allem das Intime dieser Kompilation zu schätzen, das Domin als "lebhaften und warmherzigen" Menschen zeige. Außerdem anerkennt sie die Erkenntnisarbeit der Autorin durch die Analyse ausgewählter Gedichte Domins. Dass die Kopplung der Werkpassagen zum Zweck der biografischen Verortung "etwas zusammenhanglos" wirkt, lässt Bähr nicht unerwähnt. Dem Menschen Hilde Domin aber begegnet sie in diesem Buch allemal - wenn auch manchmal zwischen den Zeilen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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