Marktplatzangebote
4 Angebote ab € 5,00 €
  • Broschiertes Buch

Die hier versammelten Texte legen Zeugnis ab von der ungeheuren Wucht der Ereignisse. 978 Tage hat dieser Krieg gedauert, wenige Monate später brach der Zweite Weltkrieg aus. Die Prosastücke entwerfen ein eindrucksvolles Bild des damaligen Spanien, seiner sozialen Dramatik und der politischen Zerrissenheit der Republik. Sie folgen der Chronologie der Ereignisse, auch wenn sie nicht nach dem Ziel angeordnet sind, eine fortlaufende Schlachtbeschreibung zu liefern. Wichtiger als die militärischen Situationen waren für die Auswahl der Zeugnisse die menschlichen und die politischen Gegebenheiten.…mehr

Produktbeschreibung
Die hier versammelten Texte legen Zeugnis ab von der ungeheuren Wucht der Ereignisse. 978 Tage hat dieser Krieg gedauert, wenige Monate später brach der Zweite Weltkrieg aus. Die Prosastücke entwerfen ein eindrucksvolles Bild des damaligen Spanien, seiner sozialen Dramatik und der politischen Zerrissenheit der Republik. Sie folgen der Chronologie der Ereignisse, auch wenn sie nicht nach dem Ziel angeordnet sind, eine fortlaufende Schlachtbeschreibung zu liefern. Wichtiger als die militärischen Situationen waren für die Auswahl der Zeugnisse die menschlichen und die politischen Gegebenheiten. In dieser Hinsicht bietet die Sammlung das bisher wohl breiteste Spektrum an Auffassungen, Prägungen und Sehweisen. Sie vereint Texte aus allen Lagern, ausgenommen die der nationalsozialistischen Legionäre und Beobachter; sie will eine Bühne der unterschiedlichen, oft gegensätzlichen Positionen deutscher Emigranten rekonstruieren. Wilfried F. Schoeller
Erstmals eine umfassende Anthologie zum Spanischen Bürgerkrieg mit den unterschiedlichsten Ansichten deutscher Autoren
Von Juli 1936 bis März 1939 versuchten Republikaner, Anarchisten, Sozialisten, Kommunisten und bürgerliche Demokraten aus aller Herren Länder die bedrohte spanische Republik zu verteidigen. Viele deutsche Schriftsteller und Publizisten engagierten sich mit Texten: von Thomas und Erika Mann bis zu Maria Osten, Hubertus Prinz zu Löwenstein, Gustav Regler, Arthur Koestler und Willy Brandt. Diese Anthologie umfaßt das bisher breiteste Spektrum ganz unterschiedlicher Positionen und bezeugt die ungeheuere Wucht der Ereignisse.
"Weh uns, wenn wir aus Spanien als Besiegte fliehen müßten!" Alfred Kantorowicz
Autorenporträt
Wilfried F. Schoeller, 1941 in Illertissen/Schwaben geboren, ist Literaturkritiker und Professor für Literatur des 20. Jahrhunderts, Literaturkritik und Medien an der Universität Bremen. Er lebt in Frankfurt/M. 1990 erhielt er den Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik. Seit 2002 ist er Generalsekretär des P.E.N.-Zentrums Deutschland.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.06.2004

Um zu siegen und zu fallen
Wörterschlacht: Deutsche Schriftsteller im Spanischen Bürgerkrieg

Man hat das Metzeln und Morden des Spanischen Bürgerkriegs nicht zu Unrecht einen Probelauf für den Kampf der Totalitarismen des zwanzigsten Jahrhunderts genannt. Es gehört also, milde gesagt, zu den geschichtlichen Ironien dieses Krieges, daß sein Ende im Frühjahr 1939 und seine Konsequenzen in den Jahren darauf kaum noch jemanden außerhalb Spaniens interessierten, weil die Welt längst mit Hitlers Eroberungskrieg beschäftigt war.

Dadurch wurde auch eine große Zahl von Berichten, Reportagen und Erinnerungen deutscher Schriftsteller und Journalisten ins Regal der bedeutungslosen - nostalgischen, rechthaberischen oder partisanenhaften - Bücher befördert, von Ludwig Renn bis Anna Seghers, von Heinrich Mann bis Willy Brandt. Und es war abermals das Ergebnis des Hitlerschen Krieges, die Deutung der ideologischen Konfrontation im Spanien der dreißiger Jahre unwiderruflich an die beiden Lager der neuen Weltordnung nach 1945 zu ketten. Eine nostalgische Gemütslinke etwa konnte auf die verlorene Zweite Spanische Republik ihre Sehnsüchte projizieren und dabei geflissentlich übersehen, daß viele ihrer Kämpfer im Dienst von Stalins Bespitzelungs- und Unterdrückungsapparat gestanden hatten, wie George Orwells "Mein Katalonien" schonungslos zeigt. Währenddessen durfte Francos Diktatur, angeschmiegt an den freien Westen, diskret bis ins Jahr 1975 überleben, ein politisches Skandalon am Rande Europas. Selten sind von Intellektuellen so viele vergebliche Seiten geschrieben worden.

In Wilfried F. Schoellers bemerkenswerter Anthologie "Die Kinder von Guernica" bekommen die deutschen Kommentare zum spanischen Krieg - fünfunddreißig insgesamt - nicht nur Namen und Kontur, sondern auch den richtigen Kontext. Wahrscheinlich ist Schoellers Wort von Francos "Totalitarismus" historisch nicht angemessen; insgesamt stellt sein langes Nachwort eine glänzende, faire Analyse der politischen Verhältnisse dar, ja gibt dem Band überhaupt erst seinen Wert.

Hier liest man nicht nur die kämpferischen Schriften der Mann-Familie, Erzähltexte von Franz Werfel, Gustav Regler und Albert Vigoleis Thelen oder die Todeszellen-Erinnerung von Arthur Koestler, sondern auch entlegenere Berichte von Ludwig Renn, Anna Siemsen oder Robert Weinand. Franz Borkenaus Buch "The Spanish Cockpit", 1938 auf englisch herausgekommen, erschien sogar erst 1986 in deutscher Ausgabe, kein aktuelles Zeitzeugnis mehr, sondern ein vergilbtes historisches Dokument. Und wer wußte, daß Alfred Kantorowicz in Spanien Ernst Blochs Mantel trug? Schoellers Anthologie, die erste umfassende Sammlung ihrer Art, ist ein Produkt des Mauerfalls von 1989 und eine Fundgrube entlegener Einzelheiten, die einen Zusammenhang verdient haben.

Was sieht man noch darin? Den polemischen Schwung Thomas Manns zum Beispiel. Madrid sei noch nicht erobert, schreibt er 1937 in einer Publikation des Schweizer Arbeiterkinder-Hilfswerks, "und das ,rote Gesindel', wie die interessierte Presse gerne sagt, nämlich das spanische Volk, verteidigt sein Leben, sein höheres Leben mit einem Löwenmut, der dem verdummtesten Interessenknecht über die hier waltenden moralischen Kräfte zu denken geben sollte". Heinrich Mann formuliert natürlich ähnlich deutlich. Bei ihm erkennt man, wie verführerisch das Bild des ungewaschenen Proletariers unter südlicher Sonne ist, der sich frei, anarchistisch und barfuß einer militärischen Übermacht entgegenwirft. Und doch kann man Heinrich Mann seine pathetischen Sätze ("Spanien lehrt, daß für die Freiheit zu kämpfen größer und besser macht") kaum verdenken, denn so holzschnitthaft wie diese Einschätzung war leider die Lage.

Es gibt Franco-Nostalgiker, auch in Deutschland, die beharrlich darauf verweisen, die Diktatur des "Caudillo" sei für Spanien angesichts der zerstrittenen Linken und der Einflußnahme Stalins nicht nur die humanere, sondern die einzig denkbare Lösung gewesen. Das ist nicht nur ein perverser Gedanke, es fällt auch schwer zu glauben, wenn man sich die Bilanz dieses regressiven und phantasielosen Regimes nüchtern vor Augen hält, und wird spätestens in den fünfziger Jahren zu einer grotesken Vorstellung. Doch es geht nicht mehr um die Wahl zwischen den Scheinoptionen von damals. Es geht um Schlachtenlärm, Propaganda, Verstrickungen und Zentimeterwahrheiten, die nicht als Granitblock, sondern als Mosaik zu begreifen wären. Dafür muß man beide Seiten sehen und beurteilen. Schoeller tut es. Sein Nachwort, das sich moralisch ganz zu Recht auf die Seite der Spanischen Republik stellt, kommt in der allerletzten Zeile zu dem Schluß: "In Spanien hat die europäische Linke ihre Unschuld verloren."

PAUL INGENDAAY

"Die Kinder von Guernica. Deutsche Schriftsteller zum Spanischen Bürgerkrieg." Reportagen, Erinnerungen und Kommentare. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Wilfried F. Schoeller. Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 2004. 320 S., br., 8,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Wilfried F. Schoellers "Stimmengewirr" von Texten deutscher Schriftsteller zum Spanischen Bürgerkrieg regt Franz Schuh zu einer ganzen Reihe historischer Assoziationen an, von Dollfuß bis Stalin. Über das Buch selbst sagt er wenig, er lobt allerdings das "hilfreiche Nachwort", das Guernica mit Dresden verbindet, für Schuh eine veritable "Renovierung alter Fronten im pazifizierten Raum". Bei den meisten Autoren fehlt ihm aber die unmittelbare Wucht der Ereignisse, das Geschehen werde nur indirekt vermittelt, aus einer bestimmten Geschichtstheorie heraus. Erstaunt hat den Rezensenten überdies der Text Carl Einsteins, in dem der "größte Ich-Sager von der Welt" der kollektiven Kraft der Truppe und dem schöpferischen Genie des Krieges das Wort redet.

© Perlentaucher Medien GmbH