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Trollopes klerikale Kabale zeichnet ein vergnügliches Porträt der englischen Provinz mit ihren Skurrilitäten und Unvollkommenheiten. Das satirische Spiel kann durchaus bissige Züge annehmen, verrät aber stets eine verständige Anteilnahme am allzumenschlichen Wesen seiner Figuren. In Barchester, einem fiktiven Domstädtchen im Westen Englands, lebt der Witwer Septimus Harding mit seinen beiden Töchtern. Als Kantor und Pfleger in einer Stiftung für verarmte ehemalige Kirchendiener erfreut er sich hohen Ansehens. Als er eines Tages unversehens zum Opfer kirchlicher Machtkämpfe wird, setzt er sich…mehr

Produktbeschreibung
Trollopes klerikale Kabale zeichnet ein vergnügliches Porträt der englischen Provinz mit ihren Skurrilitäten und Unvollkommenheiten. Das satirische Spiel kann durchaus bissige Züge annehmen, verrät aber stets eine verständige Anteilnahme am allzumenschlichen Wesen seiner Figuren.
In Barchester, einem fiktiven Domstädtchen im Westen Englands, lebt der Witwer Septimus Harding mit seinen beiden Töchtern. Als Kantor und Pfleger in einer Stiftung für verarmte ehemalige Kirchendiener erfreut er sich hohen Ansehens. Als er eines Tages unversehens zum Opfer kirchlicher Machtkämpfe wird, setzt er sich mit der ihm eigenen Integrität gegen das hinterhältige Denunziantentum zur Wehr.
Trollope ist in "The Warden" ein scharfsichtiger Chronist des viktorianischen Englands und ein Meister des feinen, liebenswürdigen Humors. Besonders köstlich geraten ihm die Parodien des kleinstädtischen Alltags, etwa der klischeehaften Umgangsformen ehrenwerter Bürger. Noch aus der schlichtesten Plauder ei hört man die Süffisanz des unterhaltsamen Parodisten heraus.
Autorenporträt
Anthony Trollope (1815-82), geb. in London, wuchs in einfachen Verhältnissen auf und wurde Postbeamter. Er lebte abwechselnd in den Vereinigten Staaten, in Irland und England. Seine Barchester-Romane machten ihn berühmt. Sie schildern humorvoll bissig und unpathetisch präzise die viktorianische Mittelschicht eines fiktiven und dafür umso realeren Domstädtchens im Süden Englands.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.07.2002

Das stumme Cello
Neues von Anthony Trollope, dem Menschenfreund

Da man mit Plädoyers für den Viktorianer Anthony Trollope auf deutschen Verlagsfluren nicht gerade offene Türen einrennt, kann Wiederholung nicht schaden. Trollope (1815 bis 1882) hat nicht nur siebenundvierzig meist spannende, komische, anrührende und manchmal außerordentlich fette Romane hinterlassen, er ist mit großer Wahrscheinlichkeit der Schriftsteller, der die meisten lesbaren Seiten der englischen Literatur - aller Zeiten, aller Gattungen - geschrieben hat. Nicht übel? Dann ist es um so erstaunlicher, daß wir, die wir eigentlich alles übersetzen, sofern es nur auf englisch daherstolpert, diesen Mann und sein gewaltiges Werk übersehen haben.

Neben Meisterstücken wie "The Way We Live Now" und "Orley Farm" hat Trollope zwei sechsteilige Romanzyklen von je dreieinhalb- bis viertausend Seiten verfaßt, die "Barchester"-Serie und die "Palliser"-Serie. Die erste betrifft das Provinzleben in dem Bischofsstädtchen Barchester, die zweite (auch als "Parlamentsromane" bekannt) eher die politischen Institutionen. Alle Romane sind breit angelegte Gesellschaftsporträts zwischen Drama, Romanze und Satire, alle setzen die private und öffentliche Sphäre in einen Kontrast, der wahrhaft Enthüllungscharakter hat, alle zeigen die Figuren bei Aufstieg oder Fall, und immer - oder fast immer - suchen und finden sich junge Paare, die es verdient haben, während andere sich verpassen (aber nie ohne Grund).

Von diesen beiden Romanserien haben wir auf deutsch beschämend wenig. "Septimus Harding, Spitalvorsteher" (The Warden) bildet Band 1 der "Barchester"-Serie, das kurze Buch erschien erstmals 1855 und verkaufte sich kaum vierhundertmal. Damals sagte der Autor, er hätte im Steinbruch mehr verdient, aber bald darauf stieg er zum erfolgreichen Großproduzenten auf, der die Taschenuhr neben sich auf den Tisch legte und jede Viertelstunde 250 Wörter schrieb. Eine frühere deutsche Übersetzung des Romans, bei Reclam, ist längst vergriffen. "Doctor Thorne" (Band 3 der ersten Serie) gab's mal bei Manesse, aber auch er ist seit Ewigkeiten verschwunden. Darüber hinaus ist fast nichts von Trollope auf dem deutschen Markt zu entdecken. In England kann man seine Werke in fünf verschiedenen Ausgaben kaufen.

Es gibt nun beim Übersetzen von Trollope ein Problem: Er hat schneller geschrieben, als andere ihn übertragen können, allein deswegen bleibt ein einheitlicher deutscher Ton des Gesamtwerks reine Fiktion. Die erfahrene Andrea Ott hat ihre Sache sehr gut gemacht, wenn man von ein paar Schnitzern absieht. "A simple mind" ist ein schlichtes Gemüt, kein "simples", ein "favorite place" ist der Lieblingsort, kein "Lieblingsplatz", und so fort - es fällt wohl schwer, sich der schleichenden Anglisierung des Deutschen zu erwehren. Andererseits spricht sehr für sie, daß sie die Mittellage von Trollopes Stil über die gesamte Länge getroffen hat, man darf nämlich weder zuviel wollen noch zuwenig, wenn man Trollope übersetzt, und diese Entscheidung, jeder Übersetzer weiß es, hat mit Intelligenz und literarischem Gespür zu tun.

Septimus Harding, Hilfspfarrer und Musikliebhaber, ist Vorsteher eines Armenspitals in der englischen Provinz. Die gutdotierte Pfründe hat ihm der befreundete Bischof verschafft, und Harding erledigt seine Arbeit mit Liebe und Sorgfalt. Plötzlich wird er öffentlich angegriffen. Sein hohes Gehalt verletze den Willen des Stifters, dessen Vermögen den Armen des Spitals zugute kommen müsse. Der ihn angreift, ein junger Arzt namens John Bold, ist nicht nur ein feuriger Sozialreformer, sondern auch ein Freund Hardings und Verehrer von dessen Tochter. Neben der Frage nach persönlichen Loyalitäten und dem Skandal um Kirchenprivilegien schildert der Roman die Mechanismen der Medienöffentlichkeit und was geschieht, wenn ein Mensch in deren Mühle gerät: Mit Septimus Harding, der schuldlos profitiert hat, aber jedes Kalkül verabscheut und vor der öffentlichen Debatte in das stumme Spiel auf einem imaginären Cello flieht, hat Trollope eines seiner eindringlichsten Charakterbilder geliefert. Und in Tom Towers, dem jungen, gewandten Chefredakteuer des "Jupiter", betritt ein neuer Typus des Journalisten die Szene - der den Skandal nämlich öffentlich anprangert und ihn zugleich mit zynischem Geschick lenkt und dosiert.

"Septimus Harding, Spitalvorsteher" ist ein Roman voller menschenfreundlicher Ironie, doch Trollope-Freunde dürften außerstande sein, ihn als Solitär zu betrachten. Sie benutzen ihn als Gartenpforte zur immensen Figurengalerie der Barchester-Serie - mit ihren grandios komischen Szenen und rhetorischen Duellen, ihrem feinen Gespür für gesellschaftlichen Wandel und einem alles überstrahlenden Sinn für Gerechtigkeit. Daß der hier, im ersten Band, gedemütigte Hilfspfarrer auch in den fünf folgenden Bänden auftritt und wir ihn langsam altern sehen, bis er nach Tausenden von Seiten endgültig den Cellobogen aus der Hand legt, macht die enorme epische Qualität Trollopes aus. Kurz: Erst wenn Manesse dem ersten Roman auch den zweiten folgen läßt, wird aus einer hübschen Geste eine verlegerische Tat.

Anthony Trollope: "Septimus Harding, Spitalvorsteher". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Andrea Ott. Mit einem Nachwort von Doris Feldmann. Manesse Verlag, Zürich 2002. 383 S., geb., 19,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Den ironischen Ton kann sich Rolf Vollmann beim besten Willen nicht verkneifen: "Dies ist endlich ein Roman", schreibt er, "in dem keine Figur auch nur die entfernteste Ähnlichkeit mit unsereinem hat, weltenweit ist alles von uns weg, nichts geht uns etwas an, wir sind wie Träumende, und alles ist furchtbar langweilig." Damit ist eigentlich schon alles gesagt. Der Rezensent informiert über Trollopes Stellung und Popularität in der britischen Literatur des 19. Jahrhunderts, hangelt sich noch an einigen pathetischen Formulierungen des Romans entlang, es wird geseufzt und geweint, und man kann sich als Leser noch fragen, ob der Rezensent nicht schon längst in den Jammerchor der Romanfiguren eingestimmt hat.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Wie Trollope den Einbruch der Moderne in das verschlafene Städtchen Barchester schildert, wie intelligent und kurzweilig seine Erzählerfigur die Handlung darbietet, unterhält noch heute wunderbar." -- Süddeutsche Zeitung

"Ein Roman voller menschenfreundlicher Ironie." -- Paul Ingendaay, FAZ

"Unter den Schriftstellern, die dem menschlichen Herzen zur Selbsterkenntnis verhalfen, wird Trollope immer zu den zuverlässigsten zählen." -- Henry James
«Hinreißende Figurenporträts und ein Faible für absurde Situationskomik machen die Bücher [von Anthony Trollope] zu einem großen Lesevergnügen.» Susanne Ostwald, NZZ