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Im Sommer 1910 lernen sich Alma Mahler und Walter Gropius bei einer Kur kennen: Es ist der Anfang einer Liaison, die als leidenschaftliche Affäre beginnt und zu einer komplexen Beziehung mit Höhen und Tiefen wird. Rund 400 Briefe erzählen das Leben der jungen Frau und des Architekten. Bis zum Tod ihres Mannes Gustav im Mai 1911 war Alma Mahler zerrissen zwischen ihrer Auseinandersetzung mit seiner Musik, ihrer eigenen Kompositionstätigkeit und ihrem Freiheitsdrang. Walter Gropius hatte damals noch kaum mehr vorzuweisen als seine idealistischen Visionen. Das Buch, kenntnisreich kommentiert,…mehr

Produktbeschreibung
Im Sommer 1910 lernen sich Alma Mahler und Walter Gropius bei einer Kur kennen: Es ist der Anfang einer Liaison, die als leidenschaftliche Affäre beginnt und zu einer komplexen Beziehung mit Höhen und Tiefen wird. Rund 400 Briefe erzählen das Leben der jungen Frau und des Architekten. Bis zum Tod ihres Mannes Gustav im Mai 1911 war Alma Mahler zerrissen zwischen ihrer Auseinandersetzung mit seiner Musik, ihrer eigenen Kompositionstätigkeit und ihrem Freiheitsdrang. Walter Gropius hatte damals noch kaum mehr vorzuweisen als seine idealistischen Visionen. Das Buch, kenntnisreich kommentiert, macht erstmals die gesamte Korrespondenz der Jahre 1910-1914 zugänglich und gewährt völlig neue Einblicke in das dramatische Leben und das Werk dreier zentraler Protagonist_innen der Moderne.
Autorenporträt
Jörg Rothkamm, ist Professor für Musikwissenschaft an der Universität Tübingen. Er publiziert seit den 1990er-Jahren zu Alma und Gustav Mahler.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensentin Daniela Strigl liest den Briefwechsel zwischen Alma Mahler und Walter Gropius aus der Zeit von 1910-1914 und fragt sich, für wen die Korrespondenz interessant sein könnte. Die in pathetischen Beteuerungen dokumentierte Liebesaffäre hat laut Strigl mehr voyeuristischen denn literarischen Reiz, besticht für sie aber vor allem durch Einblicke in das kulturelle Leben in Wien, Weimar, München und Berlin in jener Zeit und in die Architektur und Musik. Die "profunde" Darstellung und "exzellente" editorische Begleitung durch Annemarie Jaeggi und Jörg Rothkamm macht den Band zu einer kulturgeschichtlichen Schatzkiste, findet Strigl.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.01.2024

Wir sind Kunst
Der Residenz-Verlag bringt den Jahrzehnte überdauernden Briefwechsel von Alma Mahler und Walter Gropius heraus.
Sicherlich sind die Jahre 1910 bis 1914, die Zeit ihres stürmischen Kennenlernens und sich wieder voneinander Entfernens der interessanteste Teil des umfangreichen Briefwechsels zwischen der 1879 geborenen Alma Mahler und dem Architekten und späteren Bauhaus-Direktor Walter Gropius (geboren 1883). Man schrieb sich über Jahrzehnte, über alle menschlichen Katastrophen und Brüche hinweg bis zum Tod Alma Mahlers am 11. Dezember 1964. Leider hat Mahler die Briefe von Gropius vernichtet. Allerdings sind die erhaltenen Notizen von Gropius, in denen er seine Briefe akribisch vorbereitet, möglicherweise aufschlussreicher als die Endprodukte selbst. Auf diesen Zetteln und den erhaltenen Briefen Alma Mahlers beruht die vorliegende Briefedition des Salzburger Residenz-Verlages.
Der hat schon 2012 den aufschlussreichen Briefwechsel zwischen Alma Mahler und Arnold Schönberg veröffentlicht und damit das Bild von Alma Mahler korrigiert. Die hatte man lange Zeit nicht nur als intelligenteste, gebildetste und schönste Frau von Wien vor Augen, sondern auch als virtuose Intrigantin, ja sogar als Rassistin. Diese Vorwürfe sind so wohl nicht haltbar, man bekommt beim Lesen der Briefe einen ganz anderen Eindruck von der Persönlichkeit Alma Mahlers. Den einer warmherzigen, leidenschaftlichen, menschenfreundlichen und im Gegensatz zu ihrem Mann, dem Komponisten Gustav Mahler, auch den Menschen zugewandten Frau, die zwar durchaus den Erfolg ihrer Männer liebt, aber keineswegs nur darauf aus ist.
Schon Friedrich Torberg wies darauf hin, wie sehr sie sich für junge begabte Künstler wie etwa Arnold Schönberg engagierte. Und in ihrem Liebesleben gab es neben Alexander Zemlinsky, Gustav Mahler und Oskar Kokoschka eben auch Walter Gropius, der damals bestenfalls am Anfang seiner Karriere stand; er hatte gerade beim legendären Hamburger Büro Peter Behrens gekündigt und versuchte sich als freischaffender Architekt.
„Überschätzt Du mich auch nicht?“, notiert er in einem der Briefentwürfe an Alma im Juli 1910. „Ich habe noch nichts geleistet.“ Aber er spürt etwas in sich, das auch Alma spürt: „Ich glaube bisweilen selbst, daß die Freiheit meines Inneren (sic) Menschen einer Reihe genialischer Möglichkeiten entspringt, es sind aber vorläufig nur Anfänge, was daraus werden kann weiß ich selbst am wenigsten.“
Das gilt auch jenseits der beruflichen Karriere, das gilt auch für den Briefwechsel mit der Geliebten. Ganz offensichtlich waren die akribisch vorbereiteten Briefe für Walter Gropius eine profunde Schreibschule, und so ist die anfangs etwas exakte editorische Wiedergabe der Notizen – trotz der viel zu blass gedruckten Zwischentexte – mit allen Strichen und Hervorhebungen des Originals ein aufschlussreiches Zeugnis über die Entwicklung des jungen Architekten, der nicht richtig zeichnen konnte und sich auch keine geschliffene Rede zutraute. Anfangs ringt er um Worte, reflektiert dieses Ringen, das Fehlen der Worte, das Fehlen einer angemessenen Sprache.
Aber dabei bleibt es nicht, sein genialisches Talent erweist sich darin, sich durch Vergegenwärtigung seiner Problematik stetig weiterzuentwickeln. Im Oktober 1910, als Alma nach New York reist und der Briefkontakt abreißt, kommt er an einen Punkt, an dem die bislang losen und sprachlich oft unbeholfenen Skizzen sich wie von Zauberhand in schiere Lyrik wandeln: „Verschwinde mir des Lebens Atemkraft / Wenn ich mich je von Dir zurückgewöhne“ und bald darauf „Uns ging das Auge / auf daß wir des Himmels / unergründliche Tiefe / maßen“.
Man wird noch öfter fündig im Weiteren, es geht ihm jetzt leichter von der Hand, er gewinnt an Sicherheit und Souveränität im Schreiben, muss weder mit Unbeholfenheit kokettieren, noch sich über andere erheben. Beides findet man bis dahin immer wieder, aber jetzt hat er einen Ton erreicht, der zwischen triefender Sentimentalität und schierer Abstraktion einen sicheren Mittelweg beschreitet, um die eigenen emotionalen Reaktionen, ja mitunter das komplette Gefühlsleben, der Geliebten eindringlich zu vermitteln.
Und Alma Mahler? Verfügt von Anfang an über souveränen Ausdruck, kann in Extreme verfallen, ohne dass es jemals unangemessen oder gar peinlich würde: „Alles an Dir liebe ich. Es gibt nicht ein Härchen an Dir, das ich nicht durch die Lippen ziehen möchte …“ Das ist schon große erotische Prosa, aber auch in den weniger intensiven Beschwörungen wird sie nie platt: „Lege Dich nackt vor mir nieder – so wie damals in Tobelbad – als ich ins Zimmer kam.“ Sogleich hat man eine spannungsgeladene Szenerie vor Augen, die den banalen Tatbestand emotional auflädt. Natürlich bietet sie in ihren Briefen auch die eigene Nacktheit, die eines der zentralen Themen ist.
Gropius beklagt die „verlogene u impotente Pruderie (sic) des 19. u 20. Jahrhunderts“, und auch er spart nicht mit erotischem Anschauungsunterricht: „Welch ein Augenblick als Du schwach u schwindlig vor Erregung an den Türpfosten zurücksankst.“ Aber bei der gegenseitigen Erregung blieb es nicht, in beiden keimten zwei hartnäckige Visionen. Zum einen, sich selbst, den anderen und die Beziehung als Kunst zu begreifen. „Ich weiß jetzt“, schreibt Gropius, „Du verkörperst mir das, was ich meinen Stil nennen will, an Dir werde ich mir darüber klar werden. Kunst lässt sich nicht trennen vom (Mensch) u Leben. Du bist mir Kunst.“
Zum anderen, ein Kind zu zeugen. „Dein Geständnis unserer ersten Liebesnacht läßt mir keine Ruhe“, notiert Gropius, „welch Geschöpf könnte aus diesem ungebändigten Strom von Leidenschaften erwachsen.“ Einmal schwingt er sich gar zu maximalem Pathos auf: „Alma Maria Gropius – die Stammutter eines edlen Geschlechts.“
Und er stellt auch hier den Kunstzusammenhang her: „Etwas stärkeres können wir nicht tun – als zusammen ein lebendes, klassisches Kunstwerk zu schaffen.“ Bei Alma klingt es etwas irdischer: „Ein Kind muss ich haben u. bald! – Dann erst werde ich ruhig und selig sein!“ … „Dein Blut mit Liebe und Sorgfalt in mir zu pflegen – Dein Blut – mein Geliebter!! Du wundervollster Mensch Du – mein Jüngling – mein Mann – ich lebe u. sterbe für Dich.“ Aber es klappt nicht, Alma ist zutiefst deprimiert.
Das war im Juli 1910. Gustav Mahler hatte nicht die leiseste Ahnung, was hinter seinem Rücken vor sich ging. Bis ein – versehentlich oder absichtlich – an ihn adressierter Brief von Gropius an Alma Mahler alles offenbarte. Gropius nennt es „Katastrophe“, wie einst Richard Wagner, als dessen Verhältnis zur Frau seines Gönners Wesendonck aufflog. Für Alma Mahler war es tatsächlich eine psychische Katastrophe, denn sie liebte ihren Mann Gustav und machte Gropius schwere Vorwürfe. Der wiederum ist von Eifersucht geplagt und antwortet „beunruhigt“: „Bist Du in einem hilflosen Augenblick aus Edelmut ganz wieder Gattin geworden?“
Mit einem gemeinsamen Kind wird es erst mal nichts, man wird sich im Laufe der Jahre auseinanderleben – und nach dem Tod Gustav Mahlers 1911 und Almas Affäre mit Oskar Kokoschka – wieder zusammenfinden. 1915 heiraten Alma und Walter, 1916 wird die gemeinsame Tochter Manon geboren.
Das Kriegsende bedeutet für Gropius, der 1914 bei der großen Kölner Werkbundausstellung seinen internationalen Durchbruch feierte und dann an der Westfront diente, keine glückliche Rückkehr. Er kam mit einer nicht näher identifizierten „Krankheit meiner Kriegsverdorrung“ zurück. Er wirft Alma Mahler vor, nicht wie eine treue Ehefrau auf ihn gewartet zu haben. Denn Ende 1917 beginnt diese eine Liaison mit Franz Werfel, den sie später heiratet.
Auch das Glück der gemeinsamen Tochter Manon endet tragisch. Sie infiziert sich 1934 in Venedig bei einer von den Behörden verheimlichten Polio-Epidemie und stirbt ein Jahr darauf. Gropius war 1934, nach der Schließung des Bauhauses durch die Nazis, nach London emigriert, feierte schließlich in den USA Welterfolge.
Im letzten langen Brief dieses umfangreichen Bandes schreibt Alma Mahler im Juli 1914 an Walter Gropius – der hatte sich länger nicht mehr gemeldet – über Design, Einrichtung, Malerei, Musik. Vom Juni-Attentat in Sarajewo ist keine Rede. „Mir träumte heute Nacht von Dir – so sei glücklich – ohne mich. Ich aber schreibe – aus einem inneren Bedürfnis heraus – zu diesem feinen schönen Menschen – der mir einmal die Welt bedeutet hat und den ich nie aufgehört habe – zu lieben.“ Und sie beschließt diesen Abschied mit der Zeile „Greif Dir nicht an den Kopf – über meinen langen Brief – denk’ lieber, dass das, was einmal war – ewig weiter existiert (sic). Alma.

HELMUT MAURÓ
Für Gropius waren
die Briefe Schreib-
und Lebensschule
„Greif Dir nicht an
den Kopf – über
meinen langen Brief.“
Alma Mahler galt als
intelligenteste und schönste Frau Wiens, Walter
Gropius kam als Architekt zu Weltruhm.
Fotos: Louis Held/Staatliche Landesbildstelle Hamburg, IMAGo Heritage Images
Annemarie Jaeggi, Jörg Rothkamm (Hgg.):
„Du bist mir Kunst“.
Der Briefwechsel Alma Mahler – Walter Gropius 1910 bis 1914.
Residenz Verlag,
Salzburg / Wien, 2023.
781 Seiten, 49 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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