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"Durch Österreich" versammelt Fotografien von Inge Morath aus den letzten 50 Jahren und deckt damit die gesamte Schaffensperiode dieser Fotografin ab. Szenen aus dem Nachkriegsösterreich und dem Lebensalltag der 60er und 70er Jahre, das morbide und verklärte Wien mit seinen Originalen wie dem Fiaker und dem Oberkellner, die Architektur und vor allem die Österreicher selbst sind hier die Motive der Fotografin.
Der Schriftsteller Karl-Markus Gauß stellt den Fotografien eine intime und kritische Sicht auf einem Salzburger Mikrokosmos aus der Perspektive des heranwachsenden Jugendlichen gegenüber.
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Produktbeschreibung
"Durch Österreich" versammelt Fotografien von Inge Morath aus den letzten 50 Jahren und deckt damit die gesamte Schaffensperiode dieser Fotografin ab. Szenen aus dem Nachkriegsösterreich und dem Lebensalltag der 60er und 70er Jahre, das morbide und verklärte Wien mit seinen Originalen wie dem Fiaker und dem Oberkellner, die Architektur und vor allem die Österreicher selbst sind hier die Motive der Fotografin.

Der Schriftsteller Karl-Markus Gauß stellt den Fotografien eine intime und kritische Sicht auf einem Salzburger Mikrokosmos aus der Perspektive des heranwachsenden Jugendlichen gegenüber.
Autorenporträt
Inge Morath wurde 1923 in Graz geboren und lebte mit ihrem Mann, dem amerikanischen Dramatiker Arthur Miller, zuletzt in Connecticut, USA. Ab 1949 bei der Fotoagentur Magnum. 1991 wurde ihr der erstmals vergebene "Österreichische Staatspreis für Fotografie" verliehen. Inge Morath starb 2002 in New York.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.06.2005

Im Bannkreis der Sphinx
„Durch Österreich”: Inge Morath hat ihr Geburtsland mit der gebrochenen Liebe der Ausgewanderten porträtiert
Inge Morath, die große alte Dame der Fotografie, die mit ihrer Kamera engagierte Zeitgenossenschaft, aber auch Witz und Menschenfreundlichkeit bezeugt, hat ihr Geburtsland Österreich mit der gebrochenen Liebe der Ausgewanderten betrachtet. Der postum erschienene Fotografieband „Durch Österreich” zeigt Werke aus den fünfziger Jahren und einige weitere Schwarzweiß-Fotografien aus späteren Jahrzehnten. Der brüchig gewordene Glanz der einstigen Reichs- und Residenzhauptstadt Wien bildet den architektonischen Rahmen für ihre Stadtansichten, die zugleich Bilder vom Leben der Menschen in der Nachkriegsära sind.
Aus der zeitlichen Distanz von fast fünfzig Jahren fällt dem Betrachter dieser Fotografien zuerst das Veralten von Aktualitäten ins Auge: Fassaden, Reklame, Berufe, das bescheidene Leben der Alten, die Lustbarkeiten auf dem Prater - sie alle haben an Vertrautheit verloren und nehmen bereits einen Platz in der Erinnerung ein. Eine visuelle Kontinuität eigener Art stellen Sphinxe und antikisierte Statuen dar, dazu gesellen sich barocke Heilige - die gesammelte Skulpturenpracht weltlicher und klerikaler Herrschaftsarchitektur, die das Stadtbild prägt. Wie sich die Menschen in dieser Stein gewordenen Geschichte bewegen, wie sie ihren alltäglichen Verrichtungen nachgehen und sich dabei stets doch im Bannkreis der Architektur einer untergegangenen Epoche bewegen, der man Kriegsbeschädigung und mangelnde Pflege ansieht, ist das große Thema des Buches.
Mit dem sicheren Blick für geometrische Entsprechungen, die den guten Fotografen traditionell auszeichnet, sind die Bilder tektonisch aufgebaut. Der Betrachter wird in einen Zeitsog eigener Art gerissen: hier das architektonische Erbe, dort der verhärmte Zeitgenosse, der für uns Heutige mit der Last der nationalsozialistischen Vergangenheit allmählich in die historische Ferne zu entschwinden beginnt. Die Sphinxe auf der Terrasse des Belvedere scheinen dann auf einer Aufnahme aus dem Jahr 1978 auch fürsorglich dem Betrachter zugewandt zu sein, während Männer und Frauen mit Hüten sich über die Brüstung beugen, ein Ereignis verfolgend, das dieser nicht sehen kann.
Porträts von Künstlern und Intellektuellen folgen auf die Bilder der Statuen: ein Maler mit Löwenmähne stützt sich auf einen Stuhl, eine Schauspielerin posiert mit einem Gartenzwerg. Ein Psychiater wird in seinem zellenähnlichen Arbeitszimmer gezeigt, an der Wand hängt eine afrikanische Maske, eine Grünpflanze vegetiert in einem Plastikübertopf aus Korb-Imitat. Das Leben in der Provinz schließlich wird mit bedrängenden Aufnahmen vom Faschingstreiben im Schnee vorgestellt. Zum Sinnbild für die Hierarchie zwischen den Geschlechtern gerät der Bildaufbau einer Szene, die Mann und Frau beim Wandern zeigt: In der oberen Bildhälfte sehen wir ein Wegkreuz mit Christus in seiner Qual; dann erscheint der mit einem Hut gezierte Kopf des Mannes - und ganz am Ende der Anordnung findet sich der Kopf der Frau, die eine einfache Wollmütze trägt. Die Köpfe beschreiben eine Diagonale.
Karl-Markus Gauss, der auf freundschaftlichem Fuß mit der 2002 verstorbenen Inge Morath stand, hat einen anregenden Text zur österreichischen Befindlichkeit geschrieben. Österreich vermittelte sich für einen, der seine Jugend in den frühen siebziger Jahren im „tiefen Österreich” verbracht hat, in der allgemeinen Rebellionsstimmung zuerst über die österreichkritische Literatur. Gauss, der sich später dem Werk vergessener Schriftsteller zuwandte, um sie dem Dunkel, in das der Nationalsozialismus sie verbannt hatte, zu entreißen, fand in den Romanen, die er schätzte, eine „Höllenfahrt, eine Expedition in die Abgründe der Niedertracht”. In seinem sehr persönlich gehaltenen Bericht räsoniert Gauss über die ewig gestrigen Figuren seiner Kindheit und über das immer gespaltene Verhältnis des österreichischen Schriftstellers zu seinem Land. Schade nur, dass der wohlformulierte Essay vor den Bildern und nicht nach den Bildern platziert worden ist - er verstellt so fast ein wenig die Sicht auf die Bilder, die eine ganz eigene, unverkennbare Sprache sprechen.
ANDREA GNAM
INGE MORATH: Durch Österreich. Mit einem Text von Karl-Markus Gauss. Otto Müller Verlag, Edition Fotohog, Salzburg 2005, 104 Seiten, 74 Fotografien, 36 Euro.
Maria Lanzendorf, 1961
Abb.: aus dem bespr. Band
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Beeindruckt zeigt sich Rezensentin Andrea Gnam vom postum erschienenen Fotoband "Durch Österreich" der "großen alten Dame der Fotografie" Inge Morath, der vor allem Werke aus den fünfziger Jahren versammelt. Morath porträtierte ihr Heimatland mit der "gebrochenen Liebe der Ausgewanderten", berichtet Gnam. Der brüchig gewordene Glanz der einstigen Reichs- und Residenzhauptstadt Wien bilde den architektonischen Rahmen für ihre Stadtansichten. Wie sich die Menschen in dieser Stein gewordenen Geschichte bewegen, ist laut Gnam das "große Thema" des Buchs. Sie würdigt Moraths "sicheren Blick für geometrische Entsprechungen". Der Betrachter werde in einen "Zeitsog eigener Art" gerissen: "Hier das architektonische Erbe, dort der verhärmte Zeitgenosse, der für uns Heutige mit der Last der nationalsozialistischen Vergangenheit allmählich in die historische Ferne zu entschwinden beginnt." Auf Bilder von Statuen folgen Porträts von Künstlern und Intellektuellen und schließlich Aufnahmen des Lebens in der Provinz. Ein "anregender Text" von Karl-Markus Gauß zur österreichischen Befindlichkeit komplettiere den Band.

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