29,90 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Sofort lieferbar
payback
0 °P sammeln
  • Gebundenes Buch

1948 wird das Davidschild, der Davidstern zum Symbol des neugegründeten Staates Israel, zum Emblem der israelischen Nationalflagge. Im selben Jahr zeichnet Gershom Scholem in einem auf hebräisch verfaßten Essay die erstaunliche Karriere dieses Symbols in der jüdischen Überlieferung nach. 1963 veröffentlicht er in dem Band Judaica eine überarbeitete Fassung seines Essays auf deutsch. Noch kurz vor seinem Tod im Februar 1982 plante der große jüdische Gelehrte eine erweiterte hebräische Fassung.Der vorliegende Band greift auf das bislang unveröffentlichte Material zum Davidschild in Gershom…mehr

Produktbeschreibung
1948 wird das Davidschild, der Davidstern zum Symbol des neugegründeten Staates Israel, zum Emblem der israelischen Nationalflagge. Im selben Jahr zeichnet Gershom Scholem in einem auf hebräisch verfaßten Essay die erstaunliche Karriere dieses Symbols in der jüdischen Überlieferung nach. 1963 veröffentlicht er in dem Band Judaica eine überarbeitete Fassung seines Essays auf deutsch. Noch kurz vor seinem Tod im Februar 1982 plante der große jüdische Gelehrte eine erweiterte hebräische Fassung.Der vorliegende Band greift auf das bislang unveröffentlichte Material zum Davidschild in Gershom Scholems Nachlaß zurück und bietet eine grundlegende, erstmals auch um Quellennachweise ergänzte Neuedition dieser bedeutenden Studie.
Autorenporträt
Scholem, GershomGershom Scholem (1897-1982) begründete mit seinen Werken einen neuen Forschungszweig: die wissenschaftliche Erforschung der jüdischen Mystik, die ein neues Verständnis des Judentums und der jüdischen Geschichte eröffnet hat.

Necker, GeroldGerold Necker, geboren 1961, Dr. phil., Dozent für Jüdische Studien an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Forschungsschwerpunkte: Jüdische Mystik und Geschichte in Mittelalter und Früher Neuzeit, Amsterdam im 17. Jahrhundert sowie das erzählerische Werk des israelischen Nobelpreisträgers Samuel Joseph Agnon.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.06.2010

Wie anders wirkt dies Zeichen auf mich ein

Ein Klassiker der politischen Ikonographie: Gershom Scholems Abhandlung über das Davidschild analysiert die Geschichte des jüdischen Symbols. Die Neuausgabe ist hervorragend kommentiert.

Salomo ging in die Legende des Judentums und der muslimischen Araber nicht nur als der König und der Weise ein. Weisheit, so wollen es viele Märchen aus Tausendundeiner Nacht, bewährte Salomo in der Herrschaft über die Geister. Er bannte sie in Flaschen, verschloss diese mit Blei und zeichnete darin ein bannendes Siegel ein. Metallurgie und Magie treffen in den Legenden aufeinander. Und zu solchen Zauber-Siegeln gehörten auch zwei regelmäßige geometrische Figuren: der fünfzackige Stern, das Pentagramm, und das Hexagramm, der sechseckige Stern.

Natürlich ist dies eine späte, mittelalterliche Ausmalung und in keiner Weise ein Beleg für die Verwendung des Hexagramms als spezifisch jüdisches Symbol in der frühen Geschichte. Wo das Zeichen dennoch in spätantiken Synagogen erschien, war es eine rein ornamentale Bildung; es eignete sich - wie heute das Sechseck beim Fliesenlegen - dank seiner geometrischen Eigenschaften gut zur dekorativen Raumausfüllung. Und deshalb sind alle Versuche, dem "Siegel Salomonis" oder dem Davidschild, wie es später hieß, eine ehrwürdig-alte Vergangenheit als Inbegriff jüdischen religiösen Lebens anzudichten, gescheitert. Als den bedeutendsten Versuch in dieser Richtung - der aber philosophisch und gerade nicht philologisch-historisch angelegt war -, muss man Franz Rosenzweigs großartiges Spät-System "Stern der Erlösung" nehmen, in dem die Sternfigur nicht als ornamentales Beiwerk, sondern wirklich und wahrhaftig als Gedankenfigur ausgedeutet wurde.

Gershom Scholems Abhandlung kann man als Gegenentwurf des pragmatischen Historikers zu Rosenzweigs steilen Ableitungen verstehen. Erst einmal wird mit dem überkommenen Bild aufgeräumt: Die wissenschaftliche und publizistische Literatur zum Davidschild, so liest man gleich zu Anfang, bestehe aus einem "Wirrwarr von richtigen und phantastischen Behauptungen". Die "wahre Geschichte des Davidsterns" sei in ihren Ursprüngen weder religiös noch politisch zu verstehen, sondern nur mittelalterlich oder schon spätantik-magisch. Damit stellt der Davidstern wohl einen Sonderfall in der politischen Zeichenwelt dar. Denn das eigentlich religiöse Symbol des antiken Judentums war vielmehr der siebenarmige Leuchter; er firmiert heute im Staatssiegel Israels, eingefasst von Zweigen - das Bild geht zurück auf eine prophetische Vision bei der Rückkehr aus dem babylonischen Exil und ließ sich deshalb gerade im zionistischen Kontext auch erneuern.

Aber auch an Versuchen, eine vornehmere Genealogie des Zeichens in der Kabbala zu finden, fehlte es nicht. Hier war Scholem nun auf seinem ureigensten Gebiet, und an schroffer Polemik gegen solche Bemühungen ließ er es nicht fehlen. Das Zeichen soll bei Isaak Luria die sublimsten Geheimnisse versinnbildlicht haben? Da müsse man doch fragen, "warum niemand sich herbeiließ, die lurianischen Schriften selber zu öffnen und das Symbol und seine angebliche Erklärung dort zu suchen. Freilich hätte er dann gefunden, dass es mit den ganzen Redereien nichts auf sich hat."

Anders sieht es mit dem aus, was man später als "praktische Kabbala" bezeichnete: mit der jüdischen Magie. Für die Gravur in zauberkräftige Amulette griff man nun auf Pentagramm und Hexagramm zurück - ganz im Gegensatz zur ursprünglichen Ansicht, Salomo habe mit seinem Siegelring dem Metall den Gottesnamen eingedrückt.

Es liegt nahe, den magischen Schutz, den das Zeichen versprach, mit der marginalisierten Stellung der Juden in der mittelalterlichen Welt in Verbindung zu bringen: Wo politische oder gar militärische Macht außerhalb jeder Reichweite lagen, konnte es geheimen Trost spenden. Langsam trat das Hexagramm aus dem Bereich volkstümlicher Esoterik über in die exoterische Politik jüdischer Gemeinden. Die wichtigste Station war, wenn wir Scholem folgen, die festliche "Judenfahne" in Prag, die für 1354 urkundlich verbürgt ist. Eine weitere sehr verwickelte Frage, die Scholem historisch beantwortet, ist die nach der Verbindung des Zeichens selbst mit den Namen der großen Könige. Erst im neunzehnten Jahrhundert wurde durch praktische Erwägungen - oder Verlegenheiten - beim Bau neuer repräsentativer Synagogen das Zeichen verbreiteter: Man benötigte ein Symbol, das sofort die Unterscheidung zu den Kirchen versinnbildlichen konnte.

Läuft also die Abhandlung auf eine Demontage des Symbols hinaus? Nein. Als "Judenstern" trat das Zeichen in die Vorbereitung der Vernichtungspolitik ein. Die Juden, so Scholem, sind "unter diesem Zeichen ermordet worden; unter diesem Zeichen sind sie nach Israel gekommen". Größe und Legitimität habe der sechseckige Stern nicht von jeher besessen, aber er sei "in unseren eigenen Tagen durch Leid und Grauen geheiligt worden". Die neue und erweiterte Ausgabe dieser Schrift lässt in puncto Kommentierung nichts zu wünschen übrig. Ein Desiderat - das deuten Scholems Arbeiten an - bleibt die Erforschung der Kabbala-Rezeption und der Aufnahme des Davidschildes in die Bilder- und Gedankenwelt der Hochgrad-Freimaurerei des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts.

LORENZ JÄGER

Gershom Scholem: "Das Davidschild". Geschichte eines Symbols. Aus dem Hebräischen und mit einem Nachwort von Gerold Necker. Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, Berlin 2010. 76 S. , geb., 29,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.07.2010

Das magische Siegel
Eine neu herausgegebene Schrift von Gershom Scholem erklärt: Der sechszackige Stern ist kein uraltes jüdisches Zeichen
„Das Hexagramm ist kein jüdisches Symbol, und schon gar nicht ‚das Symbol des Judentums‘.“
Heute, da der sechszackige Stern ebenso unzertrennlich mit dem Judentum verbunden wird wie das Kreuz mit dem Christentum und der Halbmond mit dem Islam, mögen diese Sätze des besten Kenners jüdischer Geschichte und Kultur im 20. Jahrhundert, Gershom Scholem, so manchen überraschen. „Davidstern“ oder „Judenstern“ heißt das Hexagramm im Volksmund. Und selbst viele Juden sind davon überzeugt, dass es sich dabei um ein uraltes jüdisches Zeichen handelt. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts dagegen war diese Assoziation keineswegs gegeben.
Gershom Scholem schrieb seine wissenschaftliche Abhandlung zum Thema, die jetzt in einer neuen Ausgabe herausgekommen ist, im Zusammenhang mit der Entstehung des Staates Israel 1948. Das Motiv war klar. Es ging darum, das Symbol des neuen Staates einer kritischen historischen Betrachtung zu unterziehen. Theodor Herzl hatte bereits am Ende des 19. Jahrhunderts vorgeschlagen, den Davidstern in die Flagge des von ihm konzipierten „Judenstaats“ aufzunehmen. Inspiriert von seinen sozialutopischen Vorstellungen sollten gleich sieben solcher Sterne die Fahne zieren. Die Zahl Sieben repräsentierte für Herzl keine religiöse Zahlensymbolik – sondern ganz profan die von ihm geplanten sieben Arbeitsstunden des Tages.
Herzl wählte für den von ihm vorgesehenen säkularen Staat bewusst nicht das bekannteste religiöse Symbol des Judentums, die Menora, den siebenarmigen Leuchter. Mit dem Hexagramm griff er auf ein Zeichen zurück, das der Menora im Laufe des 19. Jahrhunderts immer mehr ihren Platz strittig machte. Wie kam es zu jenem Siegeszug des sechszackigen Stern über den siebenarmigen Leuchter?
Im Altertum taucht das Hexagramm durchaus als Ornament in jüdischen Sigeln oder etwa auf einem Fries der Synagoge von Kapernaum auf. Aber auf demselben Fries findet sich auch die Swastika, das Hakenkreuz, als Verzierung, und „niemand würde deswegen behaupten, dass dadurch die Swastika zu einem jüdischen Symbol würde“, so Scholem. Über Jahrhunderte findet sich das Hexagramm als eines unter vielen Symbolen auf jüdischen Monumenten – und ebenso findet es sich als ornamentales Motiv in indischen Moscheen, über Portalen spanischer Kathedralen und als Zoigl-Zeichen bayerischer Bräustuben. Weder die indischen Muslime noch die spanischen Bischöfe noch die bayerischen Bierbrauer dachten an das Judentum, als sie tagtäglich das Hexagramm passierten.
Die Umwandlung des Hexagramms in den „Davidschild“ führt Scholem auf die jüdische Magie zurück, die manchmal auch als „praktische Kabbala“ bezeichnet wird. In jüdischen – wie auch anderen – Amuletten und Talismanen tauchen sowohl Pentagramme wie auch Hexagramme häufig auf. Sie werden, zunächst durchaus austauschbar, als „Siegel Salomos“ oder „Schild Davids“ bezeichnet. In mehreren mittelalterlichen Texten ist erstmals von einem Schild Davids die Rede, auf dem eine Kombination heiliger Namen geschrieben war und das dem Träger magischen Schutz gewähren sollte. Bis sich die Bezeichnung Davidschild (mit dem dafür gebräuchlichen hebräischen Begriff magen david bezeichnen Juden heute das Hexagramm) allerdings allgemein durchsetzte, sollte es noch viele Jahrhunderte dauern. Noch 1674 behauptete der christliche Hebraist Johann Christoph Wagenseil, dass die deutschen Juden das Hexagramm als Siegel Salomos bezeichnen.
Ein weiterer Entwicklungsstrang des Hexagramms als jüdisches Symbol kommt aus dem Bereich der Heraldik. Spätestens seit dem 16. Jahrhundert führte die jüdische Gemeinde in Prag auf ihrer Fahne ein Hexagramm. Ob dies von außen oktroyiert wurde oder jüdischer Tradition entstammt, ob es lediglich ein Ornament bildete oder an ein angebliches Schild König Davids erinnern sollte, ist ungeklärt. Der Bedeutung der Prager Gemeinde aber ist es zu verdanken, dass dieses Symbol sich auch in andere Gemeinden, so nach Wien und Amsterdam, ausweitete.
Die eigentliche Karriere des Davidschildes beginnt dann im 19. Jahrhundert, als sich das Judentum im Zeitalter der Emanzipation an christlichen Vorbildern orientierte, die Synagogenarchitektur an die Kirche anpasste, die Juden sich als „mosaische Konfession“ definierten und vom Kreuz ausgehend nach einem eigenen wirksamen Erkennungszeichen Ausschau hielten. Als 1822 die Familie Rothschild von den Habsburgern in den Adelsstand erhoben wurde, durfte das Davidschild nicht im neuen Familienwappen fehlen, Heinrich Heine benutzte es zur Signatur seiner Pariser Korrespondenz, und es zierte jüdische Ritualgegenstände von Wilna bis Amsterdam. Die Zionisten konnten in der Suche nach einem geeigneten politischen Symbol für das Judentum am Ende des 19. Jahrhunderts somit bereits auf das Davidschild zurückgreifen. Für die Nationalsozialisten diente der gelbe „Judenstern“ einige Jahrzehnte später als natürliches Symbol der Ausgrenzung.
Scholems differenzierte Dekonstruktion eines nationalen Symbols setzt sich in ihrer kritischen und kenntnisreichen Analyse wohltuend von manch neuerer Geschichtsbetrachtung ab, die entweder eine ungebrochene Kontinuität der Nation und ihrer Symbole voraussetzt oder aber einer schlichten Erfindung der jüdischen Nation das Wort redet. Scholem verwies bereits 1948 auf die komplexen Zusammenhänge bei der Rückbesinnung auf nationale Traditionen. Es ist daher durchaus zeitgemäß, dass sein Aufsatz, nachdem er bereits 1963 in einer vom Autor selbst überarbeiteten Fassung auf deutsch erschienen war, für den heutigen Leser – in der Übersetzung einer kritischen hebräischen Ausgabe von 2008 mit rekonstruiertem Anmerkungsapparat – neu präsentiert wird. Die von Gerold Necker bearbeitete deutsche Ausgabe besitzt zwar nicht den gleichen bibliophilen Wert wie die künstlerisch gestaltete hebräische Edition. Angesichts der vielen Mythen aber, die heute mit dem Davidstern verbunden sind, kann man dieser spannenden gelehrten Abhandlung nur viele Leser wünschen. MICHAEL BRENNER
GERSHOM SCHOLEM: Das Davidschild. Geschichte eines Symbols. Aus dem Hebräischen und mit einem Nachwort von Gerold Necker. Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, Berlin 2010. 76 Seiten, 29,90 Euro.
Das Hexagramm, der aus zwei gleichseitigen Dreiecken gebildete sechszackige Stern, wurde im 19. Jahrhundert zum allgemeinen Symbol des Judentums erhoben und dann von den Nationalsozialisten zur Ausgrenzung missbraucht. Ein eindeutig jüdischer Ursprung des „Davidschilds“ lässt sich nicht belegen. Abb.: SZ
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Den ersten Satz in Gershom Scholems Buch "Das Davidschild" findet Rezensent Arno Widmann völlig blödsinnig. Denn dort schreibe der Autor, Symbole würden aus dem "fruchtbaren Boden des Gefühls des Menschen wachsen", dabei wisse er genau, - wie dann auch in seinem Buch zu lesen ist, - dass Symbole nicht wachsen, sondern von verschiedenen Menschen gemacht werden. Diesen Prozess verfolgt Scholem anhand des Davidsterns, welcher eine interessante Geschichte aufweist. Über Jahrhunderte hinweg führte das Symbol ein Schattendasein neben der Menora; es wurde als Ornament, aber nicht als religiöses Symbol verwendet. Der Leser erfahre, dass im 19. Jahrhundert der Siegeszug des Davidschildes einsetze, leider habe Scholem aber nicht herausgefunden, warum er plötzlich zum Symbol des Judentums geworden sei. Während das Schild im Nationalsozialismus zu einem Mal der Erniedrigung gemacht wurde, ist er heute "würdig geworden, den Weg zum Leben und zum Aufbau zu erleuchten", zitiert der Rezensent. 

© Perlentaucher Medien GmbH
»Die deutsche Neuedition füllt eine Leerstelle. Unverzichtbare Zusatzlektüre sind das ausgezeichnete, spannende Nachwort des Hg. und seine editorische Notiz. Die Darlegung der Intentionen Scholems und die Informationen zur Textgestalt vertiefen das Textverständnis, kulturgeschichtliche Erläuterungen erweitern den Verstehenshorizont, und historische Angaben präzisieren das jüdisch-zionistische Bezugsfeld, aus dem das Davidschild 1948 zum Staatssymbol Israels aufstieg.« Elisabeth Fuchshuber-Weiß ZBKG. Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte