Ein witzig-charmanter Kinderroman von Bestsellerautorin Marie-Aude Murail
In Tristans Schule gibt es drei Banden. Zwei davon sind ja ganz in Ordnung. Aber vor der dritten, vor der von Olivier, hat Tristan ein bisschen Angst. Am besten, er lässt sich in eine von den anderen Banden aufnehmen ... Aber ob er es schaffen wird, die Mutproben zu bestehen? Oder muss doch eine andere Lösung her? Zum Glück hat Tristan Freunde, auf die er sich verlassen kann!
Humorvoll, spannend und klug - mit vielen frechen Bildern von Susanne Göhlich
In Tristans Schule gibt es drei Banden. Zwei davon sind ja ganz in Ordnung. Aber vor der dritten, vor der von Olivier, hat Tristan ein bisschen Angst. Am besten, er lässt sich in eine von den anderen Banden aufnehmen ... Aber ob er es schaffen wird, die Mutproben zu bestehen? Oder muss doch eine andere Lösung her? Zum Glück hat Tristan Freunde, auf die er sich verlassen kann!
Humorvoll, spannend und klug - mit vielen frechen Bildern von Susanne Göhlich
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.11.2013Ein echtes Wolfstalent
Leben lernen auf dem Pausenhof: Marie-Aude Murail hat ein Herz für Außenseiter und zeigt Wege aus der Bandenfalle.
Von Elena Geus
Bei uns war es erst Hans-Joachim, später Frank. Heute ist es Yannick. Manchmal auch Lina. In Marie-Aude Murails vor drei Jahren in Frankreich erschienenem, nun auf Deutsch vorliegendem Kinderbuch, das die mehrfach ausgezeichnete Autorin für ihren ältesten Sohn aber schon vor rund dreißig Jahren schrieb, heißt der Fiesling, der Schulkameraden mit blöden Sprüchen drangsaliert, sie erpresst und oft allein kraft körperlicher Präsenz einschüchtert, Olivier. Eins von Oliviers Opfern ist Tristan, einer der Leisen, der Vorsichtigen, eins der Kinder, die ihre Schwäche nicht reflexhaft hinter Großmäuligkeit und Aggressionen verstecken.
Allein, fürchtet Tristan, werde er sich nicht behaupten können, obwohl er als Drittklässler auch schon einer der Großen ist. Die Banden aber, die es an der Schule gibt und die Schutz gegen den rabiaten Bestimmer bieten könnten, bleiben ihm verschlossen, weil eine die von Olivier selbst ist und die anderen Aufnahmerituale haben, für die es Tristan an Mut, an Erfolg oder an beidem fehlt. Deshalb schart Tristan eigene Gefolgsleute um sich. Sein Stab wirkt allerdings nicht gerade eindrucksvoll: Erstklässler. Und Mädchen.
Als Grundschüler einer Bande anzugehören ist ein bedeutsamer Schritt auf dem Weg zum Großwerden. Rollen werden verteilt, soziales und demokratisches Verhalten geübt, und manch Bandenoberhaupt zeigt erstaunliche, auch überraschende Führungsqualitäten. Bei Marie-Aude Murail steht die Suche nach Verbündeten beispielhaft für die mitunter komplizierte Positionsbestimmung "Wer bin ich eigentlich, und wo bin ich richtig?", von leichter Hand geschrieben, wie man es von der französischen Autorin kennt, getragen von einem ebenso trockenen wie subtilen Witz. Nie wirkt Murails erzählerische Fertigkeit routiniert, ihre Anteilnahme am mitunter von allerlei Widrigkeiten begleiteten Ausloten, wer Freund ist und wer Feind - und wie man mit unterschiedlichen Typen auskommt -, hat etwas fast kindlich Unverstelltes.
Von viel Erfahrung und nicht nur guter zeugt der Satz "Jeder ist mal an der Reihe, auf einem Schulhof das Leben zu lernen", den Murail ihrem Text voranstellt. Dass ihr außergewöhnliche Kinder nahe sind und unter diesen die schüchternen, kreativen, deren Kraft nicht in den Armen, sondern in der Phantasie steckt, am nächsten, ist unverkennbar. So wird Olivier dann auch nicht von der Bande bezwungen, sondern von Tristans Großherzigkeit. Der sensible Neunjährige hat verstanden, dass der scheinbar furchtlose Olivier das viel ärmere Würstchen ist. Und weil er schon dabei ist, seine Stärken zu entdecken: Er ist nicht nur ein prima Gedichteschreiber - was seine kleine Schwester Carina mit dem Banden-Dienstrang "Oberst" schon immer wusste -, er gibt auch einen tollen Wolf im Schultheaterstück ab. Vor der gesamten Schule und allen Eltern. Das schien fast so unlösbar, wie von Olivier akzeptiert zu werden.
Auch aus Büchern lässt sich fürs Leben lernen. Wenn so zurückhaltend, warmherzig und fröhlich davon erzählt wird, dass der Wunsch dazuzugehören nicht ausschließt, sich sein Besonderssein zu bewahren, ist das alles andere als Qual.
Marie-Aude Murail: "Tristan gründet eine Bande".
Mit Bildern von Susanne Göhlich. Aus dem Französischen von Tobias Scheffel. Fischer KJB, Frankfurt am Main 2013. 96 S., geb., 10,99 [Euro]. Ab 8 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Leben lernen auf dem Pausenhof: Marie-Aude Murail hat ein Herz für Außenseiter und zeigt Wege aus der Bandenfalle.
Von Elena Geus
Bei uns war es erst Hans-Joachim, später Frank. Heute ist es Yannick. Manchmal auch Lina. In Marie-Aude Murails vor drei Jahren in Frankreich erschienenem, nun auf Deutsch vorliegendem Kinderbuch, das die mehrfach ausgezeichnete Autorin für ihren ältesten Sohn aber schon vor rund dreißig Jahren schrieb, heißt der Fiesling, der Schulkameraden mit blöden Sprüchen drangsaliert, sie erpresst und oft allein kraft körperlicher Präsenz einschüchtert, Olivier. Eins von Oliviers Opfern ist Tristan, einer der Leisen, der Vorsichtigen, eins der Kinder, die ihre Schwäche nicht reflexhaft hinter Großmäuligkeit und Aggressionen verstecken.
Allein, fürchtet Tristan, werde er sich nicht behaupten können, obwohl er als Drittklässler auch schon einer der Großen ist. Die Banden aber, die es an der Schule gibt und die Schutz gegen den rabiaten Bestimmer bieten könnten, bleiben ihm verschlossen, weil eine die von Olivier selbst ist und die anderen Aufnahmerituale haben, für die es Tristan an Mut, an Erfolg oder an beidem fehlt. Deshalb schart Tristan eigene Gefolgsleute um sich. Sein Stab wirkt allerdings nicht gerade eindrucksvoll: Erstklässler. Und Mädchen.
Als Grundschüler einer Bande anzugehören ist ein bedeutsamer Schritt auf dem Weg zum Großwerden. Rollen werden verteilt, soziales und demokratisches Verhalten geübt, und manch Bandenoberhaupt zeigt erstaunliche, auch überraschende Führungsqualitäten. Bei Marie-Aude Murail steht die Suche nach Verbündeten beispielhaft für die mitunter komplizierte Positionsbestimmung "Wer bin ich eigentlich, und wo bin ich richtig?", von leichter Hand geschrieben, wie man es von der französischen Autorin kennt, getragen von einem ebenso trockenen wie subtilen Witz. Nie wirkt Murails erzählerische Fertigkeit routiniert, ihre Anteilnahme am mitunter von allerlei Widrigkeiten begleiteten Ausloten, wer Freund ist und wer Feind - und wie man mit unterschiedlichen Typen auskommt -, hat etwas fast kindlich Unverstelltes.
Von viel Erfahrung und nicht nur guter zeugt der Satz "Jeder ist mal an der Reihe, auf einem Schulhof das Leben zu lernen", den Murail ihrem Text voranstellt. Dass ihr außergewöhnliche Kinder nahe sind und unter diesen die schüchternen, kreativen, deren Kraft nicht in den Armen, sondern in der Phantasie steckt, am nächsten, ist unverkennbar. So wird Olivier dann auch nicht von der Bande bezwungen, sondern von Tristans Großherzigkeit. Der sensible Neunjährige hat verstanden, dass der scheinbar furchtlose Olivier das viel ärmere Würstchen ist. Und weil er schon dabei ist, seine Stärken zu entdecken: Er ist nicht nur ein prima Gedichteschreiber - was seine kleine Schwester Carina mit dem Banden-Dienstrang "Oberst" schon immer wusste -, er gibt auch einen tollen Wolf im Schultheaterstück ab. Vor der gesamten Schule und allen Eltern. Das schien fast so unlösbar, wie von Olivier akzeptiert zu werden.
Auch aus Büchern lässt sich fürs Leben lernen. Wenn so zurückhaltend, warmherzig und fröhlich davon erzählt wird, dass der Wunsch dazuzugehören nicht ausschließt, sich sein Besonderssein zu bewahren, ist das alles andere als Qual.
Marie-Aude Murail: "Tristan gründet eine Bande".
Mit Bildern von Susanne Göhlich. Aus dem Französischen von Tobias Scheffel. Fischer KJB, Frankfurt am Main 2013. 96 S., geb., 10,99 [Euro]. Ab 8 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Leben lernen ohne Qual. Wie das geht, erfährt Elena Geus aus diesem bereits vor 30 Jahren geschriebenen, offenbar noch immer die Kraft guter Kinderbücher ausstrahlenden Buch von Marie-Aude Murail. Geus liest mit Begeisterung die Geschichte um den 9-jährigen Tristan vom Bestehen auf dem Schulhof, von Schwäche als Stärke und wie sich alles doch immer wieder löst. Für Geus liegt das an der leichten Hand, mit der die Autorin schreibt, aber auch an ihrem subtilen Witz, ihrer Warmherzigkeit sowie an ihrer Anteilnahme für die Schwachen und ihrem kindlichen Blick.
© Perlentaucher Medien GmbH
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