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Frauen in der griechischen Antike
In der griechischen Antike trugen Frauen die Verantwortung für umfangreiche und vielfältige Aufgabenbereiche innerhalb des Hauses. Die Planung und Verwahrung der Nahrungsmittel über die erntelose Zeit und die künstlerisch und handwerklich- technisch anspruchsvolle Herstellung der Textilien sind Metiers, in denen sie eine bemerkenswerte Anerkennung erfuhren. Anhand literarischer und bildlicher Quellen beleuchtet die Autorin diese Arbeit der Frauen, die wenig mit der heutigen, oft als langweilig und als lästig empfundenen "Hausarbeit " zu tun hat.

Produktbeschreibung
Frauen in der griechischen Antike
In der griechischen Antike trugen Frauen die Verantwortung für umfangreiche und vielfältige Aufgabenbereiche innerhalb des Hauses. Die Planung und Verwahrung der Nahrungsmittel über die erntelose Zeit und die künstlerisch und handwerklich- technisch anspruchsvolle Herstellung der Textilien sind Metiers, in denen sie eine bemerkenswerte Anerkennung erfuhren. Anhand literarischer und bildlicher Quellen beleuchtet die Autorin diese Arbeit der Frauen, die wenig mit der heutigen, oft als langweilig und als lästig empfundenen "Hausarbeit " zu tun hat.
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Autorenporträt
Rosa Reuthner, Dr. phil., studierte und promovierte - nach langjähriger Tätigkeit als Wirtschaftsleiterin in Senioren- und Kinderheimen - an der Humboldt-Universität Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Die Befehlsgewalt im Haus
Rosa Reuthners arbeitende Frauen im antiken Griechenland

Putzen, Kochen, Strümpfe stopfen: Die Liste so notwendiger wie unangenehmer Arbeiten im Haus ließe sich beliebig erweitern, allein die Bewertung bleibt dieselbe: Hausarbeit ist lästig und unproduktiv, weil sie von "wirklicher" und kulturschaffender Arbeit abhält.

Diese Perspektive einer ökonomischen, aber auch kulturellen Geringschätzung des Hauses und der Tätigkeiten in ihm ist ein "junges" Phänomen. Denn waren die Ökonomiken noch bis weit ins achtzehnte Jahrhundert ganz an der Führung des einzelnen Haushaltes orientiert, wandelte sich das erst mit der klassischen Nationalökonomie, die nicht mehr das einzelne Haus, sondern den Staatshaushalt und den Markt ins Zentrum der Theorie rückte. Der ökonomische Bedeutungsverlust, den das Haus damit erfuhr, erfaßte auch die erforderliche Arbeit in ihm. Die traditionell von Frauen verrichteten Tätigkeiten galten bald als unproduktiv und unprofessionell, ja mit dem zivilisatorischen Fortschritt nicht mehr verbunden.

Eine Deutung, die sich in der Folge ungehindert ausbreitete und selbst bei Feministinnen wie Simone de Beauvoir oder "Ideologiekritikern" wie Jürgen Habermas als vermeintlich historisch übernommen wurde. War der Oikos, also der antike griechische Hausverbund, für Habermas nur das umschattete Reich der Notwendigkeit, dem die Öffentlichkeit als Reich der Freiheit gegenüberstand, klagte Simone de Beauvoir über die Arbeitsteilung, die die Frau seit Urzeiten zur Hausarbeit verurteilte und ihr damit die Teilhabe an der Gestaltung der Welt verbot.

Lange Zeit haben solche Klischees auch den Blick der Altertumswissenschaften getrübt, die der wirtschaftlichen und kulturellen Dimension des griechischen Oikos und der Arbeit von Frauen in ihm bisher kaum Beachtung geschenkt haben. Hier setzt die Dissertation der Althistorikerin Rosa Reuthner an, die diese Mißachtung zu ergründen und zu korrigieren sucht. Ihre schon im Titel gestellte Frage nach der Bedeutung der Arbeit von Frauen im antiken Griechenland erinnert dabei nicht von ungefähr an den kritisch-nüchternen Blick des "lesenden Arbeiters" bei Brecht. Auch bei Reuthner wird die Anklage gegen ein traditionelles Geschichtsbild ganz konkret geübt, und das heißt hier am Beispiel der Hausverwaltung und der Herstellung von Textilien.

Nachdem sie in einem umfangreichen ersten Teil den Traditionsbruch in der Ökonomik aufarbeitet und ein Bewußtsein dafür schafft, daß der griechische Oikos eben nicht dem modernen Bild einer "Dienstleistungseinheit für das Erwerbsleben außerhalb des Hauses" entspricht, wertet die Autorin im zweiten Teil die Quellen zur Bedeutung des Hauses als der "Werkstatt der Frauen" aus. Die bekannte Rollenverteilung von "Erwerbung" und "Thesaurierung" erhält eine neue Wendung dadurch, daß Reuthner (im Anschluß an Xenophon) gerade den letzten Bereich, also die Verwaltung und Mehrung der Güter innerhalb des Hauses, zum "ökonomischen Fundament der Polis" macht, da überhaupt nur durch sparsames Haushalten die Zeit zwischen den Ernteperioden überbrückt werden konnte.

Eine Bedeutung, die sich im Diskurs über den Ehebruch spiegelt. Wurden die hierzu überlieferten Gerichtsreden (etwa bei Lysias) bisher meist nur unter dem Aspekt unrechtmäßiger Erben gelesen, betrafen sie wohl ebensosehr den Zugriff auf die häuslichen Güter. Daß der "Verführer" einer Ehefrau mit dem Tod zu rechnen hatte, während der Vergewaltiger oft nur mit einer Geldstrafe davonkam, lag in der Furcht vor der Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses im Oikos, die so auch zur materiellen Bedrohung der Polis wurde.

Indem sie den "essentiellen Anteil" der Hausarbeit am Wohlstand der Polis wiederentdeckt, kommt Reuthner zu einer Neubewertung der Stellung der Frau insgesamt. So ist für sie das Bild vom Mann als dem "Oikosdespoten" (Habermas) nicht zu halten. Statt von einem hierarchischen Modell, wie es später von Pseudoaristoteles entworfen wurde, war im Hinblick auf das Blühen des Hauses eher von einer "funktionalen Trennung von Verantwortlichkeiten, Anweisungs- und Entscheidungsbefugnissen" auszugehen. Eine Aufgabenteilung, die, wie Menander bissig bemerkt, oft beklagt wurde: "Für glücklich hält man einen auf dem Markt, kaum öffnet er die Tür, ist er ein Nichts. / Die Frau ist Herr im Haus, befielt und zankt herum."

Ob als zänkische Despotin oder als die oft zitierte Bienenkönigin, das Haus leitete die Frau und verfügte dabei über entsprechendes Expertenwissen. Dazu gehörte neben der Ökonomik auch die Herstellung von Textilien, der sich Reuthner in einem letzten Teil widmet. Auch diese "Urtätigkeit" von Frauen ist im Laufe des Rezeptionsprozesses von Klischees nicht verschont geblieben. So erschienen die Frauen oft genug als "dilettierende Hausfrauen", die, zu großer Kunst nicht fähig, allein für den Eigenbedarf des Alltags sorgten. Daß dies die tatsächlichen Verhältnisse umkehrt, macht Reuthner überzeugend deutlich. So waren es gerade Frauen, die für wert- und kunstvolle Wollarbeiten berühmt waren und sich hier in Wettkämpfen maßen, während die Werkstätten der männlichen Weber ausschließlich grobes Leinen verarbeiteten. Die bis heute gängige Annahme, daß dennoch ausgerechnet für das größte, alle vier Jahre stattfindende Fest Athens, die Panathenäen, männliche "professionals" beauftragt worden sein sollen, das riesige Gewand (Peplos) zu Ehren Athenes zu weben, ist der Autorin darum nur noch eine "besonders absurde Annahme", die sich nicht aus den Quellen, sondern allein aus dem Mißtrauen gegenüber den technischen Fähigkeiten der Frauen speist.

Es ist das Verdienst dieser Arbeit, solchem Mißtrauen jeglichen Boden entzogen und gezeigt zu haben, welch große ökonomische wie kultische Funktion die von Frauen gewebten Stoffe im klassischen Griechenland hatten und wie sehr von ihrem Wissen und Geschick das Wohl des Hauses abhing. Es bleibt ein Aspekt ausgeblendet. Daß im Oikos nicht nur eine Trennlinie zwischen Mann und Frau, sondern auch zwischen Sklaven und Freien verläuft, ja, daß der Wohlstand des Hauses wesentlich von der Arbeit der Sklaven abhing, tritt merklich in den Hintergrund. Da ihre Anleitung in den Bereich der Hausherrin fällt, tauchen die Sklaven zwar sporadisch in der Darstellung auf, in ihrer spezifischen Arbeitsleistung werden sie jedoch nicht eigens (und nicht einmal im ansonsten umfangreichen Register) berücksichtigt, so daß Sklavinnen und Hausherrin gelegentlich zu einer Art Schicksalsgemeinschaft gegenüber männlichen Interpretationsmustern zu verschwimmen drohen. Der längst notwendigen Rehabilitation weiblicher Hausarbeit in der antiken Wirtschaftsgeschichte tut dies jedoch keinen Abbruch.

RICHARD POHLE

Rosa Reuthner: "Wer webte Athenes Gewänder?" Die Arbeit von Frauen im antiken Griechenland. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2006. 363 S., Abb., br., 39,90 [Euro].

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27.09.2006, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Die Befehlsgewalt im Haus: "Eine längst notwendige Rehabilitation weiblicher Hausarbeit in der antiken Wirtschaftsgeschichte."

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rosa Reuthners Studie betreibe eine Art Umwertung der Wertschätzung von Hausarbeit im klassischen Griechenland. Selbst kritische Zeitgenossen wie Jürgen Habermas oder auch Simone de Beauvoir hätten, erinnert Rezensent Richard Pohle, an einem Bild voller Vorurteile gestrickt, ganz zu Schweigen von der Geschichtswissenschaft. Die Autorin erkläre nun kühn und fundiert zugleich die Leistung der Hausökonomie zum wirtschaftlichen Fundament der griechischen Gesellschaft. Als interessanten Beleg verweise sie beispielsweise auf die juristische Behandlung des Ehebruchs. Ein vermeintlich harmloser Verführer der Hausfrau habe deshalb mit der Todesstrafe zu rechnen gehabt, weil dies die materielle Basis der Polis bedroht habe. Im Gegensatz zum Vergewaltiger, der nur gering bestraft worden sei. Die Umdeutung der Autorin erinnert den Rezensenten in ihrer "kritisch-nüchternen" Haltung an Bertolt Brecht. Allerdings ignoriere die Autorin ihrerseits, ohne dass dies den Wert ihrer Arbeit schmälere, die fundamentale Bedeutung der Sklavenarbeit im alten Griechenland.

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Die Befehlsgewalt im Haus
"Eine längst notwendige Rehabilitation weiblicher Hausarbeit in der antiken Wirtschaftsgeschichte." (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.09.2006)